Madonna Lisas Lächeln ist eingefangen auf dem Karton des Parfums, nur ihr Lächeln und die Reminiszenzen an Histoire des Parfums. So schön gemacht. Wenn man den Karton öffnet und "7753" zum ersten Mal auf die Haut sprüht, sieht man dieses Lächeln vor sich:
Sie lächelt. Sie hat eines ihrer edlen, dunklen Samtkleider angelegt. Ein safranfarbenes Seidenunterkleid schmiegt sich nah an ihren Körper, während die goldenen Brokatbordüren aus Persien, erst kürzlich bei diesem Halsabschneider von Händler in Siena erworben, das dunkelgrüne Samtkleid am Oberarm abschließen. Sie liebt die feine Plissierung am Dekolleté, und sie liebt ihr Velum, ihren zarten, transparenten Schleier, der mehr von ihrem glänzenden, sorgfältig frisierten Haar freigibt, als er verbirgt. Als verheiratete Frau muss sie diesen Schleier tragen, natürlich. Doch sie weiß ihn so einzusetzen, dass sie die Regeln einhält und trotzdem sie selbst sein kann. Denn das will sie: sie selbst sein.
Sie eilt zu diesem Maler, der ihr ein wenig suspekt ist, weil er ihrem Charme so ohne Weiteres widersteht, der sich nur darauf konzentriert, sie von ihrer schönsten Seite darzustellen. Sie mag ihn, diesen seltsamen, vergeistigten, dem weiblichen Geschlecht gegenüber so unempfänglichen Kauz. Sie sind beide aus dem gleichen Holz geschnitzt: desinteressiert an den Normen, die den Alltag regeln, stets bereit, auszubrechen, sich selbst zu verwirklichen. Er untersucht Leichen, sagt man. Nachts unternehme er anatomische Studien an Toten, im Geheimen, um nicht den Häschern der Inquisition in die Hände zu fallen. Bremsen lässt er sich nicht. Kriegsmaschinerien und Flugobjekte habe er entwickelt, erzählt man sich. Davon versteht sie nichts - als Frau. Das macht ihr nichts aus. Sie weiß, welche Fähigkeiten sie hat. Sie ist die Schöne, die mit dem verführerischen, rätselhaften Lächeln, das sie einsetzt, wo immer sie es für nötig hält. Was weiß ihr Gemahl schon davon, wie oft sie dieses Lächeln eingesetzt hat, um von ihm alles zu bekommen, was sie wollte? Die feinsten Seidenstoffe, die er als Seidenhändler immer wieder mit nach Hause bringt, sind nur ein kleiner Teil davon. Er ist ihr dankbar, denn sie wahrt den Schein, so wie ihr Velum, und spielt die perfekte Gemahlin. Was wirklich in ihrem Leben passiert, das verrät sie niemandem... wie der Maler auch... Deshalb lächelt sie. Sie kennt diesen Leonardo nicht allzu gut, doch sie beide sind Komplizen in dieser Welt der strengen Regeln. Sie beide leben das Leben, das sie leben wollen... Bevor sie zu ihm gegangen ist, um sich für Francesco del Giocondo, ihren Mann, malen zu lassen, hat sie ihr Parfum aufgelegt, auch deshalb lächelt sie.
Dieser Duft ist berauschend schön. Unglaublich spritzig und frisch bilden Bergamotte, Mandarine und Pfeffer sowie grüner Efeu den Auftakt, der minutenlang wie ein Wachmacher funktioniert, belebend und köstlich frisch und ganz zart saftsüß. Dann dringt die Herznote durch, langsam und nacheinander treten einzelne Blüten in den Vordergrund: eine sehr gemäßigte, zarte Tuberose, ein wenig Heliotrop, ohne starke Süße, nur mit minimalen Spritzern von frischen Früchten, schwarzen Johannisbeeren, die dem Duft ein wenig Tiefe verleihen, und Orangenblüte. Zu diesem Zeitpunkt ist noch viel vom Auftakt zu spüren, der Übergang ist völlig fließend, nichts überrascht, nichts überrollt, eine perfekte Harmonie der einzelnen Noten, die Melodie wird nur voller, mehr Instrumente setzen ein, doch das Thema bleibt unverändert. Langsam, nach mehreren Stunden, zeigt sich eine etwas herbere, grüne Basis, die das zarte Duftgewebe zusammenhält: unverkennbar Sandelholz und eine minimale Prise Patchouli tanzen neben Eichenmoos und Vetiver.
"7753" ist ein wunderschöner, zarter, spritziger, frischer, blütenreiner Frühlingsduft, den ich mir aufgrund der grünen Noten nicht halb so schön vorgestellt hatte. Der Flakon, nur Teil des Großen, ist überraschend gemacht - wer schon einmal einen 60-ml-Flakon in Händen hält, weiß, was ich meine: Er wirkt wie in der Mitte durchgeschnitten, mit einer geraden Schnittfläche auf der rechten Seite, sodass auch die Beschriftung nur etwas mehr als halb zu sehen ist - ganz halbiert ist er ja nicht, das wäre mit dem Verschluss nicht aufgegangen, und so bekommt man 60 statt 50 ml. Das gefällt mir fast noch besser als der große Flakon.
Der Name des Parfums ist natürlich, wie immer bei Histoire des Parfums, Programm: "7753" sind die Maße des Gemäldes von Leonardo, 77 mal 53 Zentimeter, groß genug, um zum vermutlich berühmtesten und meistgesehenen Gemälde der Welt zu werden, und doch auch klein genug, um einfach so unter dem Mantel versteckt und aus dem Louvre gestohlen zu werden, was ja im August 1911 geschah, als der einfache Arbeiter Vincenzo Peruggia die clevere Idee hatte, sich im Louvre in einem Schrank einschließen zu lassen, um am nächsten Tag seelenruhig mit der Mona Lisa unter dem Arm aus dem Museum zu spazieren. Mehr als zwei Jahre hielt er es in einer lächerlichen Entfernung vom Louvre in seiner Wohnung versteckt, bevor er es einem Kunsthändler zum Kauf anbot, der die nötigen Schritte unternahm, um die Mona Lisa letztlich wieder in ihr Zuhause zu bringen. Weitaus länger befand sie sich auf Reisen, als die deutsche Wehrmacht sie 1940 zusammen mit anderen Gemälden konfiszierte und zunächst auf Chambord, später an anderen Orten in Frankreich deponierte. Erst 1944 wurde sie zurückgegeben, erst 1947 kehrte sie nach einer weiteren kleinen Reise in den Louvre zurück.
Dort, im Louvre, ist in diesem Jahr die große Leonardo-Ausstellung. Ich erwähnte bereits in meinem Kommentar zu Oud Satin Mood, dass die Karten wirklich teuer sind. Wer in diesem Jahr nicht nach Paris fährt und die Mona Lisa noch einmal im Original bewundert, sollte vielleicht über eine Anschaffung von "7753" nachdenken. Der Duft ist nicht nur preiswerter als das Museumsticket - man hat auch länger etwas davon. Man kann sich von ihm durch den Frühling begleiten lassen und ein paar schöne Bildbände anschauen, während man an seinem Arm schnuppert. Das ist eine ganze Menge Mona Lisa, finde ich.