Meggi
31.12.2015 - 10:23 Uhr
29
Top Rezension
8Duft 7.5Haltbarkeit 7.5Sillage 7.5Flakon

„Ich weiß, was ‚Die Nüsse‘ sind!“

Sowohl die Jahreszeit (deutlich vor der vorweihnachtlich-ubiquitären Benussung) als auch der triumphale Tonfall beim Vortrag des im Titel wiedergegebenen Stückchens vom Weltwissen eines Achtjährigen ließen keinen Zweifel zu, welche Art ‚Nüsse‘ mein Sohn meinte. Unser nachsichtiges Lächeln wurde indes etwas bemühter, als er die vielen anderen Ausdrücke ergänzte, die er inzwischen noch draufhat. Der Gipfel – in der Glotze lief eine Tanz-Sendung: „Das sieht ja aus wie F…!“ „Woher weißt Du denn das?“ „Das weiß man halt.“ Aha. Fragt sich nur: Ab wann? Ich habe mal gelesen, dass der elterliche Einfluss auf die Jugend erschreckend über- sowie derjenige der sogenannten „peer group“ bestürzend unterschätzt wird. Das glaube ich mittlerweile.

Aber bleiben wir bei den Nüssen. Die sind nämlich ein großes Thema in Blask, allerdings ist das einzige, was bei der Beschäftigung mit den hier vorliegenden Exemplaren rot sein sollte, der Wein. Dazu präsentiert mir meine Phantasie lustigerweise alles Mögliche andere, was inhaltlich passen würde: Innerhalb der ersten halben Stunde denke ich an milden Edelpilzkäse. Walnuss-Frischkäse ginge ebenfalls in Ordnung. Im Laufe der folgenden Stunden finde ich Feigen-Marmelade nicht unplausibel. Wo wir schon bei Käse sind….

Statt des für den Auftakt oft bestätigten Lorbeer hätte ich auf Piment getippt. In meiner Kindheit lief das unter „Gewürzkorn“ und wurde in ähnlicher Weise eingesetzt wie Lorbeerblatt. Buchen wir die letzten beiden Sätze als Spitzfindigkeit ab.

All dies wird vollends ins Ernsthaft-Ungängig-Gourmandige gehoben von einer brettharten Rotwein-Note. Und die hat es wirklich in sich. Sie mäandert hin und her zwischen einem eher zurückhaltend-wuchtigen deutschen Vertreter und einer Bordeaux-Barrique-Bombe. Da können die Experten hundertmal behaupten, Tannine könne man bloß schmecken und nicht riechen. Na und? Ihr Besserwisser erzählt uns schließlich auch, der Vollmond habe keinen Einfluss auf den Nachtschlaf und Elvis sei tot. Also, ich rieche diese adstringierende Note gewissermaßen als Proxy eines Rotweins. Punkt. Tannine kommen (habe ich gerade gelesen) zudem in der Fruchthülle von Walnüssen vor und das glauben wir angeschmecks deren gelegentlicher Bitterkeit doch sofort. Die bereits geschilderten Eindrücke von Möbelpolitur und Schuhcreme lassen an dieser Stelle grüßen.

Für das Tannin-Stechen scheint mir neben dem stichigen Harz, das mich an „Geste“ erinnert, sogar ein Beitrag vom Blattgrün Schwarzer Johannisbeere denkbar, ein meines Erachtens weithin unterschätzter Beißgeruchs-Alleskönner.

Zur Mittagszeit werden die blumigen Noten stärker und wiederum fühle ich mich außerdem an Feige erinnert. Und Rose. Klar. Kein Wunder, da gibt es derart viele Aromen - mal blumiger, mal fruchtiger - eines passt praktisch immer. Sie ist meines Erachtens die Dritte im Bunde beim Thema Wein-Geruch. Denn mancherorts bekommt die Rose schon für sich allein einen solchen beschwipsten Dreh, mir fallen da etwa „Aedes de Venustas“ von L’Artisan und „Sadanne“ von Slumberhouse ein. Dazu Johannisbeer-Strauch-Beißen und Trocken-Harz-Herum-Adstringiere und fertig ist der schwere Rotwein.

Dem sprichwörtlichen Fass den Boden aus schlägt freilich am Nachmittag ein sanft bitterer Geruch wie von kross geröstetem Weißbrot. Spätestens jetzt frage ich mich, ob meine Besprechung zum reinen Hirngespinst verkommen ist. Toll, wenn ein Duft sowas kann!

Zum Abend hin wird Blask zunehmend holzig, bleibt aber durchweg apart nussig-aromatisch-würzig mit einer Prise Floralem. Mit etwas Abstand zur Haut umweht bisweilen die oben erwähnte, stechende Note die Nase, ist jedoch nunmehr hinreichend weit abgedimmt, dass sie einen Akzent setzt, statt zuzuschlagen. In der Projektion nimmt diese Nennen-wir-sie-Harz-Note übrigens breiteren Raum ein, als man selbst ahnt. Als Aufheller des ganzen scheint mir Iris wahrscheinlich. In puncto Parfum – will heißen: in Abgrenzung zum Duft-Erlebnis der vorangegangenen Stunden – gefällt mir dieser Teil am besten.

Fazit: Schwierig. Hochinteressant, daran besteht kein Zweifel. Richtig angenehm tragbar finde ich Blask erst in der zweiten Hälfte. Einen Test lohnt…äh…diese Veranstaltung definitiv.
19 Antworten
GerdiGerdi vor 9 Jahren
Hoch, die Tassen!!
Säuerlicher Rotwein bestimmt den Grundton. Eklig!!!
Riecht wie der Atem eines Alkoholikers.
Dauert zum Glück nur 30 Minuten.
Aber dann... der Traumduftduft überhaupt! Würzig-harzige Lorbeer-Note. Fettig-nussig-sahnig! Ewig halbar! Warm, weich, besonders! Ungewöhnlich! Nach zehn (!) Stunden wandelt sich der Duft überraschenderweise in ein feines Jasmin-Parfum für Damen. Witzig!
Würde ich mir sofort wünschen, wenn dieser fiese Start nicht wäre.
Danke für die Probe!
PaloneraPalonera vor 10 Jahren
Jaja, sie scheinen immer früher zu reifen, die Kiddies - und die Humieckis sind Klasse, jeder für sich. Und doch so einfach nicht.
MarWicMarWic vor 10 Jahren
Noch völlig unbekannt-diese Marke-aber ist ab jetzt auf dem Schirm,dank dir !
KleopatraKleopatra vor 10 Jahren
Candour fand ich grausig, Bosque gefällt mir gut, Geste zieht nächste Woche ein, und Blask kenne ich noch nicht. Klingt aber auch nicht so, als würde er mir gefallen...
GaukeleyaGaukeleya vor 10 Jahren
Auf meine Haut hat er es noch nicht geschafft, auf dem Duftstreifen war er mir bisher zu... stark? Stechend? Aber dieses Jahr, isch schwör´, ist er fällig zum Test ^^
JoHannesJoHannes vor 10 Jahren
Mir geht es genau wie '0815abc': Blask fordert mich und ich muss klar (geklärt) sein, um mich mit ihm zu umgeben. Zumal das einer der langanhaltendsten Düften ist, den ich kenne ... danke (und Anerkennung) für diesen wesentlichen Kommentar.
TaurusTaurus vor 10 Jahren
Mich hat Blask leider nicht vollends überzeugt. Aber interessant gemacht ist er, da muss ich meinem Ex-Kollegen schon gratulieren ... :-)
IngerInger vor 10 Jahren
Da muß man durch!! Die Marke ist noch Neuland für mich.
0815abc0815abc vor 10 Jahren
Klasse!
Zum Duft:ich kann mich nur auf ihn einlassen,wenn ich vollkommen klar bei Verstand bin und das ist unheimlich selten!
TurandotTurandot vor 10 Jahren
Nur gut, dass sich diese Nebenwirkungen der Vorpubertät auswachsen :)
PlutoPluto vor 10 Jahren
Ubiquitär - das muss ich googlen.....
SeeroseSeerose vor 10 Jahren
Einer der beiden Düfte von H&G die ich mag. Rotwein? Habe ich bestimmt nicht gerochen, diesfalls hätte ich nienich 90 & vergeben.
ErgoproxyErgoproxy vor 10 Jahren
Hm, ich rieche nur Walnuss und Möbelpolitur und finde ihn einfach klasse.:)
RoMi58RoMi58 vor 10 Jahren
1
Zum Jahresabschluss ein echter "Meggi"! Habe Blask mal getestet, erinnere mich hauptsächlich an die Weinnote!
OrmeliOrmeli vor 10 Jahren
Wieder mal vorzüglich geschrieben. Scheint der passende Duft für einen festlichen Anlass zu sein.
YataganYatagan vor 10 Jahren
Ich würde die H&G wirklich seit jeher so gerne richtig mögen, weil ich das Konzept klasse finde, aber ich schaffe es dann doch immer wieder nicht so richtig. Gut sind sie allemal.
DOCBEDOCBE vor 10 Jahren
Passt für einen frankophilen Ex-Saarländer als prima zusammen: Käse, Rotwein und ein Stück Weißbrot. Voila. Hochinteressant, auch der Kommentar.
ChaiTeeChaiTee vor 10 Jahren
Meine Große hat aus dem Kindergarten(!) Ausdrücke mitgebracht, bei denen ich (!!) rot wurde. Bei uns war es übrigens am besten, wenn wir dieses 'Wissen' ignorierten ;)
YallaYalla vor 10 Jahren
Ich hatte zuerst an die Aschenbrödelnüsse gedacht *rotwerd* lalalalalalalala lala. Dieser hier ist aber m.E. eine echte Sommernuss!