Patou pour Homme 1980 Eau de Toilette

Version von 1980
Patou pour Homme (1980) (Eau de Toilette) von Jean Patou
Flakondesign Serge Mansau
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8.4 / 10 123 Bewertungen
Ein beliebtes Parfum von Jean Patou für Herren, erschienen im Jahr 1980. Der Duft ist würzig-holzig. Die Haltbarkeit ist überdurchschnittlich. Die Produktion wurde offenbar eingestellt.
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Duftrichtung

Würzig
Holzig
Ledrig
Harzig
Animalisch

Duftnoten

MuskatellersalbeiMuskatellersalbei Mysore-SandelholzMysore-Sandelholz PimentPiment VirginiazederVirginiazeder Bourbon-VetiverBourbon-Vetiver Malabar-PfefferMalabar-Pfeffer

Parfümeur

Bewertungen
Duft
8.4123 Bewertungen
Haltbarkeit
8.596 Bewertungen
Sillage
8.099 Bewertungen
Flakon
7.8101 Bewertungen
Preis-Leistungs-Verhältnis
6.524 Bewertungen
Eingetragen von Kankuro, letzte Aktualisierung am 08.11.2024.

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Rezensionen

15 ausführliche Duftbeschreibungen
1
Preis
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Flakon
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Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Foxear

22 Rezensionen
Foxear
Foxear
Top Rezension 43  
Totentanz
Patou pour Homme - um dieses Wässerchen ranken sich zahlreiche Mythen – so liest man von sicher verwahrten Flakons in bombensicheren Tresoren, Bankschließfächern, versteckten Azteken-Tempeln und die Amerikaner sollen sogar fässerweise Restbestände in Area 51 und auf dem Mond gebunkert haben – daher rühren auch die horrenden Mondpreise, zu denen dieses mittlerweile eingestellte Wasser gehandelt wird.

Parfumos rätseln unschlüssig, ob es sich hierbei um den besten Herrenduft aller Zeiten handelt – die Exklusivität dieses raren Duftwassers befeuert natürlich den Legendenstatus. Unvoreingenommen und objektiv betrachtet stellt sich die Frage – wird dieses Wasser seinem ikonischen Status gerecht? Ein Grünschnabel auf der Suche nach der Wahrheit.

Geschaffen wurde dieser Brocken 1980 vom Ausnahmetalent Jean Kerléo, der von 1967 bis 1999 für Jean Partou tätig war und insgesamt nur eine Handvoll Männerdüfte kreiert hat – nämlich genau fünf, darunter auch Patou pour Homme als Eau de Toilette und After Shave. In den 80ern sprießten Chypre Düfte wie Pilze aus dem Boden- auch Kerléo versuchte sich daran. Sein Experiment war geglückt, das Ergebnis war mehr als nur das: ein widersprüchlicher orientalischer Fougere-Chypre mit einer so wandelbaren Transformation, wie es nur Christian Bale ihm gleichtun könnte.

Preislich war das Parfum in der oberen Kategorie der Designerdüfte angesiedelt, heutzutage vergleichbar mit Dior oder Chanel, da laut eigener Aussage ausschließlich hochwertige Duftstoffe verwendet wurden. Wann genau Patou Pour Homme eingestellt wurde, konnte ich nicht herausfinden.

2013 wagte sich das das Haus Jean Patou, inzwischen unter Leitung von Parfumeur Thomas Fontaine, an einer Neufassung des Dufts mit gleichem Namen. Allerdings konnte der vielbesagte heilige Gral nicht geborgen werden – der Duft hatte außer dem Namen mit dem Vintage-Kracher nichts gemein – zum Verdruss vieler Anhänger. Das Haus erklärte dies damit, dass man wegen Verboten diverser Inhaltsstoffe (u. a. Eichenmoos) durch die IFRA nicht mehr den gleichen Duft kreieren könne, mit synthetischen Alternativen erreiche man nicht das gleiche Ergebnis. Daher beten noch heute Jünger der Kirche des Olfaktismus in Patou pour Homme getränkten Roben während geheimnisvoller Zeremonien unter hellem Mondschein zu den Duftgöttern, dass ein Messias Ihnen die Erlösung in Form eines identisch riechenden Zwillings offenbart.

Muskatellersalbei, Lavendel, Basilikum, schwarzer Pfeffer, Estragon, Pimentsamen, Patchouli, Vetiver, Geranie, Tanne, Zeder, Leder, Zibet, Vanille, Tonkabohne, Sandelholz, Ladanharz – so die Duftstoffe laut gängigen Internetforen dieses Duftfeuerwerks. Wer beim Lesen dieser 17 Inhaltsstoffe noch nicht ohnmächtig geworden ist, erwartet jetzt sicherlich keine konkrete Aufschlüsselung eines Parfumo Grünschnabels. Das wäre so, als würde Rocky Balboa Quantenmechanik erklären– kurzweilig und amüsant, aber verstehen tut weder er noch man selbst etwas.

Freilich versuche ich meine Eindrücke zu schildern. Der Duft startet kräftig herb und staubtrocken, ich würde sogar behaupten: rauchig. Zitrusfrüchte kannte man damals wohl noch nicht, oder diese gehen im staubtrockenem und dunklem Holz unter. Danach tut sich sehr viel Würze auf, die fortwährend von derbem Leder umschlungen wird. Zuweilen kam mir der Duft spontan leicht seifig vor – nur um dann im nächsten Moment wieder zu wechseln. Im gesamten Verlauf ist der Duft sehr warm und wird abklingend sogar leicht süß – allgegenwärtig ist eine intime, dunkle zugleich jedoch wärmende und vertraute Aura. Rundum ein fein abgestimmter Männerduft, der viele Facetten hat: grün, holzig, würzig, ledrig, süß und womöglich rauchig. Dass ich nicht eine Duftnote gezielt herausriechen kann, spricht entweder für die komplexe Genialität dieses Wassers oder meine stümperhafte Nase – entscheidet selbst.

Ein Beispiel aus dem Alltag zur Veranschaulichung meiner Bewunderung für diesen Duft: höre ich als Laie Beethovens „Die Ode an die Freude“, „Nocturnes“ von Chopin oder „Zarathustra“ von Strauß –bin ich verwundert von dem, was sich mir auditiv offenbart. Musik, welche die Zeit überdauert – geschaffen aus Freude, Leid und Hoffnung. Was da genau passiert, kann ich nicht erklären. Ein Experte auf dem Gebiet könnte die Musikstücke sicherlich analytisch aufschlüsseln und den Zauber erklären. Eines jedoch haben der Laie und Connaisseur gemeinsam: beide sind vollends fasziniert.

Mein Fazit: Die Exklusivität und die Nostalgie vieler Anhänger dieses Wässerchens befeuert womöglich bewusst oder latent das Verteilen von Bestnoten. Lässt man die Ikonisierung und den Legendenstatus außen vor, erhält man einen vielseitigen und erstklassigen Männerduft mit Powerhouse-Charakter. Für mich ist es nicht der heilige Gral, einen Platz im Äther der besten Herrendüfte aller Zeiten hat er indes sicher.

Ich schnapp‘ mir jetzt meine in Patou pour Homme getränkte Robe und bete unter hellem Mondschein zu den Duftgöttern – und ihr?

Passende Musik: Camille Saint-Saëns - Danse Macabre
27 Antworten
9
Duft
Naaase

109 Rezensionen
Naaase
Naaase
Top Rezension 29  
Die wilden Jahre des Monsieur Patou
Die wilden Jahre des Monsieur Patou

Wir schreiben die 80er Jahre.
Im Rahmen der Umweltbewegung werden überall in Europa grüne Parteien gegründet, so "Die Grünen" in Deutschland, die dann 1983 mit 5,6 Prozent Stimmen und 27 Abgeordneten in den Deutschen Bundestag einziehen sollten. Hätte Nena nicht erst 1983 das Lied von den "99 Luftballons" gesungen wäre womöglich der Erste Golfkrieg (ab 1980) zwischen dem Iran und dem Irak sowie der Falklandkrieg (2. April – 20. Juni 1982) vermieden worden. Am 1. Oktober 1982 wird Helmut Kohl deutscher Bundeskanzler (und sollte es auch noch für das eine oder andere Jahr bleiben). Dank Michail Gorbatschow, der 1985 Generalsekretär der KPdSU wurde, erweiterte sich unser Wortschatz um Begriffe wie "Perestroika" und "Glasnost". 1987 wurde das Volk gezählt und im selben Jahr verfolgten wir gespannt die sogenannte "Barschel-Affäre". So lange, bis uns dann 1989 der Fall der Berliner Mauer in seinen Bann zog. Ein Jahr zuvor hatte Bundestagspräsident Philipp Jenninger seine vorzüglichen rhetorischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt und musste -wohl zu Recht- zurücktreten. Dieser Rücktritt störte uns nicht sehr, denn uns war bereits im Jahre 1981 der IBM-PC (Personal Computer) vorgestellt worden. Wir wurden aber auch mit einem Heimcomputer bedacht: So verschönten uns fortan der Commodore 64 (1982) und der Apple Macintosh 1984 unser Leben. Auch Computerspiele und Spielkonsolen fanden zunehmenden Absatz. Eine der ersten gängigen Konsolen war z. B. das Atari 2600 (seit 1980 in Europa erhältlich).
Wir durften unsere telefonischen Nachrichten erstmals auf einem Anrufbeantworter hinterlassen, ein inzwischen etwas in die Jahre gekommener Vorfahre unserer heutigen "Mailbox". Nur der Mikrowellenherd von damals heißt heute immer noch so. Wir kannten zwar noch keine DVD, dafür aber schon Video-Recorder mit den unerlässlichen VHS-Kasetten, mittels derer wir dann "Wetten, dass", "Die Schwarzwaldklinik" oder "Miami Vice" aufzeichneten. Das Privatfernsehen kam auf. Im Radio hörten wir "Saga" und natürlich auch Falco's "Jeanny". Letztere natürlich nur so lange, bis einige Rundfunkanstalten sich weigerten, dieses Lied abzuspielen. Auch "Modern Talking" konnte es nicht verhindern, dass ein rothaariger Tennisspieler aus Leimen auf dem grünen Rasen in Wimbledon des Öfteren der weißen Filzkugeln hinterher hechtete. Lange Zeit, bevor er dann seine Stärken in einer anderen "Sportart" in dunklen Besenkammern ausleben sollte.

Zwar womöglich kein Kind von Boris Becker aber ein Kind dieser Zeit ist "Patou Pour Homme" von Jean Patou aus dem Jahre 1980.
Er startet würzig und -wie es sich für einen Duft aus dieser Zeit gehört- mit einem ordentlichen Knall: Da sind Basilikum, Salbei und Lavendel mit von der Partie. Nicht so heftig, wie die extrem komplexe Kopfnote des ein Jahr später erschienenen "Antaeus" (Chanel), aber: Das hat schon was. Es fehlt nach meinem Geschmack auch völlig das leicht zitrische Element (Bergamotte ?) im Vergleich zu dem im Jahre 1986 kreierten "Bel Ami" von Hermès, obgleich dort der Salbei in der Kopfnote ebenfalls prominent herausragt (bevor "Bel Ami" dann in Richtung einer wundervoll rauchigen Lederkreation wandert). Selbst der in manchen Düften so klassisch auftretende Lavendel ist hier fast schon ein Krawallbruder. Nun ja, wie es sich für ein Kind dieser Zeit gehört: Eben nicht der englische distinguierte Lord, sondern der Halbstarke mit Karottenjeans, Schulterpolster und Strähnchen im (dauergewellten) Haar.
Das Ganze wird in der Herznote etwas ruhiger, etwas gediegener und auch etwas runder: Dazu trägt ein süßlich-erdiges Patchouli bei, das den Boden bereitet für ein paar Bäumchen. Es sind würzig-grüne Tannenbäume, die nunmehr auf dem erdigen Patchouli stolz thronen. Nein, das Ganze wird jetzt kein "Kneipp'sches" Heilbad. Natürlich nicht ! Die Herznote dieses wunderschönen Duftes ist vielmehr ein traumhafter Ruhepol inmitten eines leicht zitrisch-krautig (Vetiver) angehauchten Tannenwaldes mit leicht feuchter Erde (Patchouli). Man möchte sich geradezu niederlassen und diesen einzigartigen Moment und diese einzigartige Stimmung zu genießen. Das kann man auch, denn der Träger dieses Duftes hat viel von der lang andauernden und ihn sehr erfreuenden Herznote.
In der Basis klingt dann unser erdiger Tannenwald leicht ledrig-süß aus. Ein cooles glattes Leder, versüßt mit einem leichten Hauch von Vanille.

Mein Fazit:
"Patou Pour Homme" ist bereits auf den ersten Blick "ein Kind seiner Zeit". Nicht zu Unrecht kann dieser Duft mit den olfaktorischen Meisterwerken "Antaeus" (Chanel 1981) und "Bel Ami" (Hermès 1986) in einem Atemzug genannt werden. Nach einem -für Düfte dieser Zeit typisch- heftigem Auftakt (unter anderem) mit Salbei wird "Patou Pour Homme" ruhiger und tiefer, um dann wunderschön ledrig-süß auszuklingen. Stören sich manche womöglich an der durch das Bibergeil hervorgerufenen "seifigen" Basis von Chanel's "Antaeus", so kann ich mir bei "Patou Pour Homme" kaum vorstellen, dass jemand Anstoß an dessen Basis nehmen kann. Ein Meisterwerk seiner Zeit. Mir gefallen jedoch die anderen beiden Genannten einen kleinen Tick besser.
3 Antworten
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Flakon
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Haltbarkeit
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Duft
DasguteLeben

132 Rezensionen
DasguteLeben
DasguteLeben
Top Rezension 28  
The One
Ist es nun das größte Herrenparfüm aller Zeiten? Das wäre ein zweischneidiges Kompliment, denn was sind Herrendüfte mehr als die Zweite Liga der Parfümkunst? Die L'Origans, Mitsoukos, Shalimars, Tabac Blondes, Chanels, die Sternstunden der haute parfumérie, waren immer den Frauen gewidmet. Deshalb sage ich lieber, Patou pour Homme ist eines der ganz ganz großen Parfüms und diese Bewertung ist unabhängig von persönlichen Vorlieben. Die mythische Überhöhung dieses Duftes hat ihre Berechtigung, denn Jean Kerléo hat mit Patou pour homme ein handwerkliches und ästhetisches Wunder geschaffen, ein atemberaubend schönes und technisch verblüffendes Astrolabium des Duftes, in dem sich die dei Sphären der Parfümerie, Fougère, Chypre und Oriental, in perfekter Harmonie umeinander winden, in einem Miniaturkosmos mit einer unsichtbaren und unerklärlichen Mechanik. Betrachtet man den Bauplan, die Duftpyramide, und zwar in der umfangreichsten und wie ich glaube zutreffendsten Variante aus dem H&R Duftatlas, so bemerkt man die Fülle an Komponenten: Lavendel - Heu (Coumarin) - Moos bilden die Fougère-Achse; Petitgrain, Patchouli Moos und Leder die des Chypres; Zimt, Jasmin, Sandelholz Olibanum, Castoreum, Ambra, Vanille und Tonka den Orient, und dazu kommen noch Muskatellersalbei, Basilikum, Origanum, Nelke, Geranium, Vetiver und Fichte, Als erstes geht das Fougère am Horizont auf, krautiges Lavendel, sehr herb, fast anstrengend nach heutigen Maßstäben. Doch schon bald erwächst im Hintergrund eine würzige Süße und es entsteht ein dreidimensionaler Duftraum - das Astrolabium entfaltet sich magisch. Patou wird jetzt auch zugänglicher, deutlich vernehmbarer wird über die nächsten zwanzig Minuten der Zimtplanet, begleitet von Jasmin und Nelke - welch ein "olfaktorischer Anblick:" das Fougère steht am Himmel, das Oriental erwächst daneben und sie stören sich nicht, sondern greifen mysteriös ineinander in ihrem kosmischen Duftballet. Aber es bleibt nicht beim pas-de-deux, die mediterranen Kräuter haben schon eine Vorahnung des Chypres vermittelt (das Petitgrain ist anno 2016 vermutlich schwächer, als es im non-vintage-Zustand dieses Flakons war) und dann tritt es auch auf seiner Bahn ins Licht, gestützt von Vetiver und Fichte, als Patchouli-Moos Komplex (und ja, manche Komponente springt hier munter zwischen den Genres her oder verknüpft sie). Und statt in diesem Prozess der zunehmenden Komplexität dichter und dicker zu werden gewinnt das Meisterwerk sogar an Transparenz, es bleibt ein Tanz. Ètonnant! Monsieur Kerléo, wie haben Sie das gemacht? Wenn Patou pour homme immer wieder als Fougère, Chypre oder Oriental klassifiziert wird, so von blinden Weisen die einen Teil des Elefanten ertasten, von Astronomen, die nur ihren Himmel sehen - aber Kerléos Schöpfung ist das kosmische Ganze, eine kaum zu fassende Überführung des Duftbrutalismus der Powerhouse-Jahre mit seiner manchmal ins Absurde gesteigerten "everything but the kitchen sink" Philosophie in vollkommene Harmonie. Das ist in dieser Form nie wieder gelungen und wäre heute schon rohstofftechnisch und regulatorisch auch gar nicht mehr möglich. Ich bezweifle sogar, dass der Großteil heute arbeitender Parfümeure in der Lage wäre ein solches Parfüm zu kreieren, oder auch nur Kerléos Formel nachzubauen. Sein Werk grenzt an Alchemie und man möchte fast glauben, dass er, wie man es auch gerne von Robert Johnson erzählt, für dieses Talent seine Seele verkauft hat. Aber dafür ist Patou pour homme zu sehr das perfekte Abbild eines "ordre divine" der Duftwelt, das wir Parfümadepten mit großem Staunen, mit Ehrfurcht und tief bewegter Freude bewundern - und genießen sollten. Denn auch das ist Teil dieser Kunst: dass dieses unendlich komplexe und fein abgestimmte Gewirk aus der Entfernung der Umstehenden eine fugenlose, makellose Einheit repräsentiert - unkompliziert gut duftet und mit der nötigen Zurückhaltung aufgetragen selbst für eine kontemporäre ungeschulte Nase ein Genuss sein kann.
5 Antworten
10
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
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Duft
Yatagan

405 Rezensionen
Yatagan
Yatagan
Top Rezension 25  
Winnetou III
In meiner Kindheit geschah etwas ganz Schreckliches: Winnetou starb, und zwar im berüchtigten dritten Teil der Filmstaffel (bekannt als Winnetou III). Winnetou wirft sich in einem Gefecht mit dem Schurken Rollins vor seinen Freund und Blutsbruder Old Shatterhand und wird von einer Kugel getroffen. Er hört Glocken läuten, fühlt sich als Christ und haucht seinen Geist aus. Wie auch immer man den theologischen Hintergrund dieser Szene deuten mag, die gefühlte Tragik war unbeschreiblich und wahrscheinlich habe ich mich nie wieder ganz von diesem Verlust erholt. Natürlich kann man im Zeitalter von Downloads und DVD‘s die Filme immer wieder schauen und sich Winnetou immer wieder ins heimische Wohnzimmer holen, aber das ist natürlich nicht dasselbe. Winnetou ist tot, unwiederbringlich verloren, von dieser Erde getilgt.

Betrachtet man die Gestalt Winnetous aus einem intellektuellen Blickwinkel, dann mag auffallen, dass Winnetou eine Erlösergestalt ist, dabei Jesus recht ähnlich. Er bringt Frieden und Versöhnung, stellt sich gegen diejenigen, die mit Gewalt herrschen wollen und bezahlt dafür mit seinem Leben. Sicherlich ist Winnetou nicht so pazifistisch gesinnt wie Jesus, immerhin greift er ja gelegentlich auch zu seiner berühmten Silberbüchse. Letztlich hat man als Zuschauer (oder Leser) aber immer das Gefühl, dass es sich um einen Akt der Notwehr handelt. Und dennoch bleibt ein schaler Nachgeschmack, weil etwas rückhaltlos verloren ist, weil ein Held, vielleicht der Held meiner und eurer Kindertage, starb und ins Dunkel verschwand.

Mit Patou pour Homme geht es mir ganz ähnlich. Für viele offenbar der Heilige Gral der Düfte ist es eine Legende, die ebenso unwiederbringlich verloren zu sein scheint wie mancher verstorbene Held. Patou hat nie auch nur den Versuch unternommen, diesen Duft am Leben zu erhalten oder wieder zu beleben, einen ähnlichen zu lancieren oder eine Reformulierung anzukündigen. Das ist der Stoff, aus dem wahre Legenden sind.

Die Gründe sind sicherlich vielschichtig: Einerseits kann man vermuten, dass Patou pour Homme den einen oder anderen bösen, allergieauslösenden Wirkstoff enthielt, wie so viele andere Düfte, die das zeitliche segnen mussten. Denkbar wäre auch, dass Patou pour Homme im Grunde auch nicht mehr konkurrenzfähig wäre, da es ein schwerer Duft ist, ein Kind der frühen 80er und überdies ein Duft, dem die zitrische, frische Kopfnote weitgehend fehlt, also die Mindestvoraussetzung, um heute auf dem Markt bestehen zu können.

Wer ganz genau prüft, kann allerdings feststellen, dass der Duft zu Beginn auch eine helle Komponente entwickelt; vermutlich ist dies der Lavendel, der dafür sorgt, dass der Duft den Träger (oder die Trägerin) nicht gleich mit voller Wucht erschlägt. Eine scharfe und damit den dominierend weichen Tönen gegenüberstehende Note könnte auch von der in der Duftpyramide angegebenen Tanne (oder einem anderen Nadelgehölz) herrühren, die man vielleicht doch noch aus diesem Gesamtkunstwerk heraus riechen kann.

Für mich ist jedoch in diesem Duft die Ledernote so dominant, dass sie alles andere überlagert. Ursache könnte der angenehm animalische Unterton sein, der vermutlich vom Zibet herrührt, dem eine solche Eigenschaft eigen zu sein scheint, und das sich vermutlich mit der Vanille und der Tonkabohne zu diesem warmen, strahlenden Ton verbindet.
Bei nahezu allen anderen Noten, die in der Pyramide angegeben oder von meinen Vorrednern benannt wurden, bin ich überfragt: Ist es drin - oder nicht? Kann ich es riechen - oder geht es in der Gesamtkomposition unter?

Wie stark das Gefühl des Verlustes ist, erweist sich an meiner persönlichen Geschichte mit Patou pour Homme: Als ich vor ca. 10 bis 15 Jahren das Sammeln von Düften ausweitete, orientierte ich mich stark am Duftatlas von Haarmann & Reimer. Diese Bibel der Duftliebhaber lag mir in der Auflage des Jahres 1989 vor, deckte als die Zeit vom Beginn der Duftaufzeichnung bis zum Ende der berüchtigten 80er Jahre ab. Dabei fiel mir Patou auf, weil seine Duftpyramide ein spannendes Erlebnis versprach und der Flakon außergewöhnlich und originell war. Schon bald wurde mir aber klar, dass der Duft selbst in den einschlägigen Internetforen nicht so leicht aufzutreiben war. Nach längerer Suche erstand ich schließlich vor ca. 10 Jahren eine Miniatur und einen deutlich mehr als halb vollen Eau de Toilette-Flakon. Seinerzeit noch zu einem recht günstigen Preis.

Inzwischen ist der Flakon fast ganz gelehrt, die Reste zur Sicherheit in eine neue, besser schließende Sprühflasche umgefüllt. Der Duft ist noch klar erkennbar, hat aber schon ein wenig den charakteristischen Cognacton angenommen, den Düfte ausprägen, bevor sie einige Zeit später endgültig kippen. Die Vorstellung entbehrt nicht einer gewissen Tragik, dass dieser wunderbare Duft bald aufgebraucht sein könnte, dass er bald für immer - und dann angesichts der aktuellen Preises für lächerliche Reste - wirklich für immer verschwunden sein könnte.

Winnetou III: Helden werden allzu oft zu Helden, weil sie sterben. Ist das vielleicht das Geheimnis der Legendenbildung bei Patou pour Homme?

Eine Anmerkung zum Schluss: Die spärlichen Reste liegen bei mir im Tresor und werden nicht mehr abgefüllt. Kein einziger Tropfen!
16 Antworten
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Apicius

1107 Rezensionen
Apicius
Apicius
Top Rezension 19  
Chypre-Legende mit Nachruhm
Manche Düfte sind Legende, und Patou pour Homme gehört dazu. Wer ihn noch hat, der halte ihn gut fest – für eine 5ml Abfüllung werden inzwischen an die 200 USD verlangt!

Patou pour Homme gehört in das Umfeld einer zur Zeit bei den Herrendüften wenig angesagten Sparte: Chypre. Dabei muss man einschränken, dass er den typischen 3-stufigen Aufbau mit zitrischem Kopf und floralem Herz nicht besitzt. Das ist kein Fehler, ist es doch gerade jene dunkle Basis, welche die Düfte dieser Richtung so attraktiv macht. Stattdessen liegt über dem Ganzen eine an Piment erinnernde Würze, die so dezent verfeinert und verfremdet ist, dass sie jede Assoziation an das Küchenregal oder den orientalischen Basar vermeidet. Auch eine Einstufung als Fougère wäre schlüssig, ziehen sich doch grün-krautige Anteile bis in die Basis hinein. Verwirrung herrscht bei Duftnoten – da gibt jeder etwas anderes an, komplett nachvollziehbar finde ich keine. Hier die Version von Basenotes:

Top: Hot Pepper, Lavender, Tarragon, Black Pepper, Bergamot, Galbanum
Middle: Bourbon Vetiver, Cedar, Patchouli, Clary Sage
Base: Oakmoss, Sandalwood, Mysore, Cistus Labdanum

Nach dem ersten oberflächlichen Test hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Ein passables, dunkles Chypre, sicher interessant für die Anhänger dieser Duftrichtung. Na schön – muss man um es wirklich trauern? Das aktuelle Monsieur de Givenchy kam mir in den Sinn, als gleichwertiger Ersatz. Erst langsam merkte ich, dass sich Patou pour Homme damit nicht erledigen lässt.

Die meisten Düfte trägt man ja doch als solche vor sich her, nur wenige aber entwickeln eine Qualität, die sie gleichsam mit ihrem Träger verschmelzen lässt. Mit diesen wenigen Düften fühlt man sich unglaublich wohl – oft hat man hat den Eindruck eines Deja-Vu, als habe das Parfum schon immer zu einem gehört. Bei dem immer noch mageren Wissensstand über die Psychologie des Duftempfindens wird man wohl kaum eine rationale Erklärung für solches finden können. Egal, es reicht, dass Parfümeure unter glücklichen Umständen in der Lage sind, uns diese Düfte zu schenken.

Und genau das scheint die Magie hinter diesem so souverän gemachten Patou pour Homme zu sein. Die Vertrautheit, die es beim Träger hervorrufen kann, verankert es ganz unbedingt positiv im Duftgedächtnis. Für mich hat es damit die Wertigkeit eines Chamade pour Homme, oder auch eines hervorragenden arabischen Dehn al Ouds aus natürlichem Öl. Da kann man sich dran gewöhnen, und wenn es dann plötzlich weg ist, ist der Schaden spürbar.

Dennoch: Wäre Patou pour Homme heute noch auf dem Markt, hätte man er möglicherweise zu Tode reformuliert. Ich hatte leider beim Testen eine allergische Reaktion, und ich denke, es ist nicht IFRA-konform.

Patou pour Homme wurde mir als Miniatur geschenkt, anlässlich eines Kaufs zweier Parfums in der Parfümerie Schwope in Wolfsburg. Nach einem Plausch über diesen oder jenen Duft zog Frau Schwope die Miniatur plötzlich mit sicherem Griff aus der Schublade, wo man sonst nur die aktuellen, in Massen unter das Volk zu bringenden Allerweltspröbchen vermutet. Ob ihr wohl klar war, dass die kleine Miniatur den Wert meines Einkaufs deutlich überstieg?

Besucht die kleinen, inhabergeführten Parfümerien! So etwas erlebt man nicht bei Douglas!
7 Antworten
Weitere Rezensionen

Statements

22 kurze Meinungen zum Parfum
FoxearFoxear vor 4 Jahren
8
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Bachs Präludium verzaubert Connaisseurs sowie Laien gleichermaßen; genau so verhält es sich mit diesem Duft. Eine betörende Sinfonie.
29 Antworten
Eggi37Eggi37 vor 2 Jahren
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Entfernter Verwandter vom Derby
Noten nicht vollständig
Lederchypre
Lavendelseife
Grün-krautig-pfeffrige Würze
Trockenholzig
Warme Basis
37 Antworten
SchatzSucherSchatzSucher vor 3 Jahren
8
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Selten hat trocken-holzige Würze schöner geduftet. Hier wird nichts süß oder verspielt.
Großartiger Herrenklassiker mit ernsthaftem Charme.
25 Antworten
ErgoproxyErgoproxy vor 1 Jahr
7
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Toll und heute immer noch tragbar. Wirklich frisch finde ich den abgesehen von dem kurzen Intermezzo im Auftakt nicht. Danach wird es ..
39 Antworten
Can777Can777 vor 5 Jahren
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Es gibt viele Dinge die ein Mann mal in seinen Leben getan haben sollte. Eins ist Patou pour Homme getragen zu haben. Quintessenz Mann!
12 Antworten
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So ordnet die Community den Duft ein.
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Themen zum Parfum im Forum
CappellusmanCappellusman vor 11 Jahren
Herren-Parfum
Patou pour Homme
Ich habe noch diese zwei passenden Threads gefunden: http://www.parfumo.de/forum/viewtopic.php?t=17390http://www.parfumo.de/forum/viewtopic.php?t=18244

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