Boisé Vanillé

Pollita
01.05.2024 - 06:43 Uhr
31
Top Rezension
5
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
8
Duft

Hidden Gem

Blindtests sind manchmal so spannend und ich mach das immer wieder gern mal, obwohl ich sehr oft daneben liege, was das Ergebnis angeht. So auch bei Montale Boisé Vanille. Ein Duft, den ich niemals erwogen hätte, zu testen. Montale ist einfach nicht meine Marke. Hatte ein paar probiert und war meistens abgeschreckt von brüllend lauter Chemiekeule und stundenlanger Haltbarkeit sowie Sillage bis nach Düsseldorf. Und das ist ein Stückchen vom schönen Albtrauf hier in Baden-Württemberg.

Eine solche Sillage, die hat Boisé Vanille, einer der älteren Montales, durchaus auch. Allerdings duftet das hier sehr schön. Und da ich nur ein Tröpfchen zum Test aufgetragen habe, passt das so für mich. Sprühen würde ich diesen Duft, wollte ich ihn richtig tragen, allerdings eher nicht. Das ist einer zum Tupfen. Für die Körperstellen, unter denen das Blut pulsiert. Ein sinnlicher Duft mit einer wunderschönen Balsamik ist das. Er wirkt für mich auf den ersten Schnupperer wie ein klassisches Vintageparfum aus den Fünfzigern oder Sechzigern. Wegen mir auch noch älter. Diese würzige Kopfnote lässt mich ganz kurz an Klassiker wie Opium oder Must de Cartier denken. Doch schnell zeigt der Duft sein Herz. Ein voller, satter Amber leitet die Herznote ein. Das Parfum wird süßer, sinnlicher aber driftet dabei niemals in eine gourmandige Richtung ab. Diese Klassik, die dem Duft innewohnt, bleibt die ganze Zeit bestehen. Später in der Basis wird er würziger durch Patchouli. Ich meine auch Labdanum und etwas Animalik, vermutlich Moschus, wahrzunehmen. Auch Zibet, sehr dezent, schließe ich nicht aus.

Tja, mit meiner ersten Vermutung, hier einen Vintageklassiker unter der Nase zu haben, lag ich komplett daneben. Ich hätte vieles vermutet. Einen Lagerfeld, einen Armani, meinetwegen auch Nische, aber dann eventuell etwas Älteres von Nicolaï, von Maître Parfumeur et Gantier oder vielleicht auch Villoresi. Er hat in seiner Amberphase durchaus Züge von Amre Tibet von MPeG. Aber Montale? Nein, auf diese Marke hätte ich hier niemals getippt. Umso schöner die Überraschung. Und ein Beweis, dass wir eine Marke niemals komplett abstempeln sollten, wenn die ersten Testdüfte so gar nicht gefallen wollen. Auch im Portfolio meiner Lieblingshäuser gibt es schließlich so einige Kandidaten, die von mir keine besonders gute Wertung bekommen würden.

Dieser Montale tut es, auch wenn das so überhaupt nicht mein Dufttyp ist. Wer Klassiker und Amber liebt und gerne etwas mehr Sillage hat, der ist hier auf jeden Fall richtig.

Vielen lieben Dank an Ergoproxy für die Testmöglichkeit.
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