03.04.2018 - 09:22 Uhr
Ttfortwo
89 Rezensionen
Ttfortwo
Top Rezension
20
Frühlingsgefühle auf lehmannsche Art - und ein trauriger Nachtrag
Zunächst: Der erste Teil dieses Kommentars bezieht sich auf die Version vor der 2020er Reformulierung. Der Nachtrag behandelt die neue Version.
-"Vamos" ist wieder einer dieser Düfte von Lehmann, die mich wegen ihrer subtilen Eleganz, ihrer Tragbarkeit und einer gewissen Größe bei aller Bescheidenheit begeistern. Ähnlich wie "Springfield" ist "Vamos" ein überaus kunstvolles kleines Parfum, das die Balance zwischen einer kleinen Eigenwilligkeit und großer Tragbarkeit mit unerhörter Leichtigkeit schafft.
"Vamos" startet sowohl zitrisch als auch durchaus blumig - ich würde daher - auch wenn in der Pyramide nicht angegeben - auf Bergamotte tippen. Eine zartgrüne Würze ist gleich von Anfang mit dabei. Diese seidiggrüne Würzigkeit wird nach und nach deutlicher, ich rieche aber immer auch lindes Geblümel. Kreuzkümmel hat so eine ätherische Rosigkeit im Duft - ist es das? Vetiver sowieso - ist es das? Sandelholz aber auch - ist es das? Darüber liegt ein feiner Hauch weicher balsamischer Süße. Und darunter watteweiches Moos, ein bißchen übertaut. Etwas feuchte Erde, dazu warmes Holz - wenn ich die Augen schließe, dann bin ich im Frühlingswald, sonnendurchflutet, die Buschwindröschen nicken freundlich.
Vielleicht wird der Duft etwas holziger und womöglich auch etwas rauchiger im Laufe der Stunden, er bleibt sich aber die ganze Zeit hinweg treu: Seidig grün, lind angeblüht, subtil gesüßt und immer transparent, weich und sanft leuchtend. Kein lauter Duft - aber immer vernehmbar.
Old school? Mag sein.
Outgedatet? Ü-BER-HAUPT nicht.
Zeitlos? Aber sowas von!
"Vamos" ist ein traumhafter Alltagsbegleiter mit lehmanntypischer Haltbarkeit und ausgewogener Sillage, für Frauen und Männer gleichermaßen geeignet und bei uns ein 100%-Nachkaufskandidat, denn mein Mann liebt den genauso wie ich und benutzt ihn mit Begeisterung.
-
Nachtrag
-Leider, Vamos mußte im Herbst 2020 überarbeitet werden. Ich habe beide hier stehen (ein dickes Dankeschön an KarateArwen), den Duft vor und den Duft nach der Reformulierung und tue mich jetzt außerordentlich schwer, nichts schlechtes über den "nachher" zu sagen. Im Prinzip ist es ein anderer Duft, der - vage - an den alten Vamos erinnert. Kein schlechter übrigens. Aber das, was mich so entzückt hat, diese zartsüße Harznoten, diese Seidigkeit, diese Transparenz, dieses Licht, dieses grüngoldene Vetiver-Schweben und natürlich diese tiefe, würzige Eichenmoosnote: Alles weg. Und daher: Streicht alles, was ich oben geschrieben habe, jedenfalls für die Version ab Herbst 2020.
Und das neue Vamos? Ein solider Duft, männlicher als das alte V, startet mit einer nicht unangenehmen Grapefruit-Frisch-/Bitterness, die das alte nie hatte. Ungewohnt, unerwartet, aber nicht schlecht, auf Vetiver warte ich länger, es kommt dann doch noch, in der Herznote, leider aber schwächer als bisher. Ingesamt ist der Duft etwas matter, nicht ganz so transparent, etwas behäbiger. Und er hält deutlich schlechter. Ich weiß, ein Problem aus der Eichenmoos-/Fixateur-Verbotsecke, vermutlich kaum zu ändern. Kein Vorwurf an Herrn Lehmann, ich denke, er hat unter den gegebenen Umständen das Beste aus der Idee "Vamos" geholt. Aber unendlich schade dennoch.
Und ich tue mich auch schwer mit der Beurteilung, den neuen würde ich jedenfalls nicht mehr mit einer 9 beurteilen. Ich denke noch darüber nach...
12 Antworten