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Profuma
Sehr hilfreiche Rezension
6
Das Siegel der Rose
Ich war gerade in der Parfümabteilung eines namhaften Kaufhauses am Duft-Schnäppchen stöbern, als ich noch zu einem etwas verborgenen Gestell einbog, das komische Gefühl im Bauch, dass ich da nicht ganz freiwillig hinging. Ihr kennt das sicher. Man ist irgendwo unterwegs und hat dann plötzlich das Bedürfnis hier oder dort hin zu gehen, ohne dass man sich das so richtig erklären kann und es vor allem zuvor so gar nicht geplant war. Als würde man dahin gezogen. An einen unsichtbaren Faden gebunden.
Also. Ich hinterfrage zwar solche Aktionen, aber weil sie mir immer wieder die eine oder andere angenehme Überraschung eingebracht haben, liess ich mich also führen und war gespannt, was mich wohl diesmal erwartete.
Ich stand also zunächst etwas ratlos vor diesen zig, mal hübschen oder auffälligen oder hin und wieder simplen Ausführungen von Düften, die fernab von Mainstreamern und Klassikern waren. Die Ecke war auch sehr schlecht ausgeleuchtet und ich dachte mir schon, dass das wohl nicht die Parfum-Verkaufsschlager sein können, die hier auf neugierige Nasen warten.
Da fiel mir die schwarze Black xs Linie von Paco Rabanne auf. Zum Glück mit dem roten Siegel auf der Flaconbrust, sonst hätte ich auch die nicht bemerkt in dem Halbdunkel.
Ganz aussen dann das "Potion".
Es schien mich schier anzuflehen, dass ich es ausprobiere, denn mein desinteressierter Gesichtsausdruck verriet, dass ich die anderen Ausführungen bereits kenne und nicht zuhause habe.
Aber das "Potion" kannte ich bisher noch nicht. Also flugs etwas davon vorsichtshalber auf einen Teststreifen gesprüht und wirken lassen. Während ich die anderen duftigen Leidensgenossen in der sinistren Ecke auch noch etwas näher unter die Lupe nahm, wehte mir dabei immer wieder ein wenig vom Streifen entgegen. Und was es war gefiel mir immer mehr.
Mit Nachschub auf Handgelenk und Pullover gings dann ab nachhause zum nachwirken lassen.
Zur Erinnerung: Rosendüfte sind nicht so meins. Draussen in der Natur liebe ich Rosen. Da kann ich kaum an einem Strauch vorbeigehen, ohne den Duft zu inhalieren. Aber abgefüllt in Fläschchen und wenn dann auch noch in hoher Konzentration, bekomme ich davon Kopfschmerzen oder es wird mir gleich übel.
Das "Potion" aber entwickelt den Rosenanteil sehr eigenwillig und einfach anders. Anders, auf eine sehr schöne und mal etwas andere Art. Ich bekam also meine Nase kaum noch von der Stelle am Pullover, wo ich es aufgesprüht hatte.
Es kam wie es kommen musste, die Einladung in meine vier Wände war beschlossen.
Als erstes nimmt man eine leicht maskuline Note wahr. Sandelholz ist unbestritten tonangebend. Pudrig und gleichzeitig vibrierend vermischt es sich mit den Rosen, die Grapefruit verleiht ihnen Leichtigkeit.
Ich empfinde den Duft als eher cremig-herb, nicht blumig-süss. Dass es zwei verschiedene Rosenarten sind, macht das ganze Dufterlebnis zu einem Hochseilakt. Man schwankt etwas nach rechts, etwas nach links, immer die Balance suchend. Beim jedem Schritt ist es dasselbe. Es lässt sich nicht strikte nach hier oder dort weisen. Und die individuellen Hautbeschaffenheiten werden ihr Weiteres tun, um diesem Duft weitere Irrungen und Wirrungen zu verleihen. Das Schlussbouquet verbindet alle Komponenten noch einmal so gekonnt elektrisierend, dass man denkt, kurz vor der Lüftung des Rätsels zu stehen, um sich dann doch wieder vor einem neuen zu sehen.
Dabei bleibt er aber immer unaufdringlich und bei mir körpernah. Die Haltbarkeit ist bei mir enorm, nachsprühen nicht nötig. Und mit nur vier verschiedenen Komponenten könnte der Duft in Verdacht geraten, allzu simpel gestrickt zu sein. Doch wer ihn aufsprüht, wird staunen, dass es für ein besonderes, geheimnisvolles und gleichzeitig sehr anziehendes Parfum eigentlich gar nicht mehr braucht. Es ist richtig so wie es ist und jede weitere Note würde es des Vibirerens und Aufblühens berauben.
Paco Rabanne hat dem blickdichten schwarzen Hochglanzflacon in angedeuteter Herzform, mittig ein plastisches, blutrotes Siegel aufgedrückt, das die geheimnisvolle und satte Aura des Duftes erahnen lässt. Die Farbgebung könnte also passender nicht sein.
Aufgrund seines cremig-herben Charakters würde ich ihn durchaus auch an einem Herrn erschnuppern mögen, der die langweiligen 0815 Kräutergarten- und Gewürzregaldüfte satt hat.
Dieser Duft ist so ganz anders als meine anderen. Und vielleicht gerade deshalb reiht er sich so nahtlos ein.
Ich hoffe, dass sich noch viele andere dieses Siegel der Rose näher ansehen und sich vielleicht wie ich, in seinen Bann ziehen lassen.