05.12.2023 - 03:27 Uhr
Intersport
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16
də ʒwa / də bwa (Nachts an der Kreuzung II)
Als Nicht-Muttersprachler tue ich mir leicht zu behaupten dass Fils de Joie [fis də ʒwa] und Miel de Bois [mjɛl də bwa] (2005) zum Teil phonetische Gemeinsamkeiten aufweisen, noch dazu ist 'bois' bzw. 'de bois' Lutens'sches Grundvokalbular seit erster Stunde, aber bei Fils de Joie, kam mir immer wieder das mittlerweile eingestellte Miel de Bois in den Sinn.
Dabei ist auf den ersten Blick alles anders: bei Fils de Joie dreht sich viel um den sog. Nachtblühenden Jasmin (Cestrum nocturnum) engl. auch gerne, wenn auch nicht exklusiv, 'Lady of the Night' bezeichnet (was wiederum anderes anspielen mag was unter Fils de Joie auch verstanden werden könnte), eine Pflanze die aus ein paar Metern Entfernung auch optisch Jasmin Spezies ähnelt, noch dazu einen ähnlich betörenden Duft besitzen, der dann aber doch etwas wuchtiger, süsslicher daherkommt - zumindest so bei den mir vertrauten Stauden.
Mit dieser gefühlten Jasmin Verwandtschaft knüpft Fils de Joie intern an À la nuit (2000) und Sarrasins (2007) an, Lutens arbeitete oft in Dreier-Gruppen (etwa Encens et Lavande (1996), Gris Clair (2006/2019), Fourreau noir (2009) bei Lavendel, oder Santal de Mysore (1997), Santal Blanc (2001), Santal majuscule (2012) bei Sandel sowie v.a.m.). À la nuit's Besonderheit war dessen Jasmin Cuvée: eine Mischung dreier Extrakte unterschiedlicher Sorten, vom marokkanischen, ägyptischen und indischen, plus Grünzeug, Gewürze und leichten Honig: Auch wenn die Firma Lutens seit einiger Zeit - scheinbar um die Dinge zu vereinfachen - hier nur noch von Jasmin spricht; bis vor kurzem waren auch in der hier schon mal zu zwanghaft folgsam und zu kurzsichtig aktualisierten Datenbank diese Details vermerkt.
Bei genauerer Betrachtung scheint Fils de Joie aber mehr eine Kreuzung hausinterner Spezies zu sein als formale Komplettierung einer Trilogie: minimal indolische Jasmin Schattierungen werden hier mit der säuerlich animalischen Honignote aus Miel de Bois konfrontiert. Dem Auftakt könnte ich eine kurzlebige Kampfer-Nelken Nuancen unterstellen, eine weitere Sheldrake Spezialität wie sie z.B. bei Tuberose Criminelle (1998) ausgespielt wurde, doch muss dieses mehr oder weniger unmittelbar einer recht realistischen Nachtblühenden Jasmin Note weichen, welche sich sukzessiv mit einem Honigakkord ringen wird. Die Kombination klingt vielleicht fast schon too much - und ist es wohl auch, dabei aber irgendwie in sich stimmig. Das gute alte Miel de Bois wirkt im Vergleich nahezu zurückhaltend, formal, ja anständig - neuere Honig/Wachs lastige Düfte wie Bois Lumière (2014) oder Bee (2019) haben freilich wesentlich mehr Wumms, dennoch bleibt Miel de Bois ein Duft der mich wegen seiner Dualität von minimal anzüglichen Honig und akkurater, trockener Holznoten angesprochen hat.
Die eigentliche Transformation dieser nocturnen Honig Konstruktion ist in Folge den Moschus Noten geschuldet, die hier maximal funktional sind - bestimmt nicht mehr Waschküche aber auch noch nicht ganz verwegen - die kleinen aber potenten Blüten des Cestrum nocturnum werden kaleidoskopisch multipliziert, es scheint kein Ende in Sicht, die Honignote quellt über, Genussvermehrung oder Übermaß, der Moschus bauscht diese Facetten auf, und selbst wenn sich Fils de Joie nach Stunden in etwas mehr Hautnähe gewandelt hat - wirklich hautnah ist der Duft nie - die Ausdauer ist furchteinflößend - anders gesagt: ich komme mit einem Spritzer s e h r lange aus…
Das gestrüppige À la nuit oder das trocken-süss-säuerliche Miel de Bois bleiben die interessanteren Düfte - vor allem im Kontext/Zeitpunkt der jeweiligen Veröffentlichung; die nächtliche Kreuzung, də ʒw / də bwa ist dennoch eine geglückte Karambolage.
Dabei ist auf den ersten Blick alles anders: bei Fils de Joie dreht sich viel um den sog. Nachtblühenden Jasmin (Cestrum nocturnum) engl. auch gerne, wenn auch nicht exklusiv, 'Lady of the Night' bezeichnet (was wiederum anderes anspielen mag was unter Fils de Joie auch verstanden werden könnte), eine Pflanze die aus ein paar Metern Entfernung auch optisch Jasmin Spezies ähnelt, noch dazu einen ähnlich betörenden Duft besitzen, der dann aber doch etwas wuchtiger, süsslicher daherkommt - zumindest so bei den mir vertrauten Stauden.
Mit dieser gefühlten Jasmin Verwandtschaft knüpft Fils de Joie intern an À la nuit (2000) und Sarrasins (2007) an, Lutens arbeitete oft in Dreier-Gruppen (etwa Encens et Lavande (1996), Gris Clair (2006/2019), Fourreau noir (2009) bei Lavendel, oder Santal de Mysore (1997), Santal Blanc (2001), Santal majuscule (2012) bei Sandel sowie v.a.m.). À la nuit's Besonderheit war dessen Jasmin Cuvée: eine Mischung dreier Extrakte unterschiedlicher Sorten, vom marokkanischen, ägyptischen und indischen, plus Grünzeug, Gewürze und leichten Honig: Auch wenn die Firma Lutens seit einiger Zeit - scheinbar um die Dinge zu vereinfachen - hier nur noch von Jasmin spricht; bis vor kurzem waren auch in der hier schon mal zu zwanghaft folgsam und zu kurzsichtig aktualisierten Datenbank diese Details vermerkt.
Bei genauerer Betrachtung scheint Fils de Joie aber mehr eine Kreuzung hausinterner Spezies zu sein als formale Komplettierung einer Trilogie: minimal indolische Jasmin Schattierungen werden hier mit der säuerlich animalischen Honignote aus Miel de Bois konfrontiert. Dem Auftakt könnte ich eine kurzlebige Kampfer-Nelken Nuancen unterstellen, eine weitere Sheldrake Spezialität wie sie z.B. bei Tuberose Criminelle (1998) ausgespielt wurde, doch muss dieses mehr oder weniger unmittelbar einer recht realistischen Nachtblühenden Jasmin Note weichen, welche sich sukzessiv mit einem Honigakkord ringen wird. Die Kombination klingt vielleicht fast schon too much - und ist es wohl auch, dabei aber irgendwie in sich stimmig. Das gute alte Miel de Bois wirkt im Vergleich nahezu zurückhaltend, formal, ja anständig - neuere Honig/Wachs lastige Düfte wie Bois Lumière (2014) oder Bee (2019) haben freilich wesentlich mehr Wumms, dennoch bleibt Miel de Bois ein Duft der mich wegen seiner Dualität von minimal anzüglichen Honig und akkurater, trockener Holznoten angesprochen hat.
Die eigentliche Transformation dieser nocturnen Honig Konstruktion ist in Folge den Moschus Noten geschuldet, die hier maximal funktional sind - bestimmt nicht mehr Waschküche aber auch noch nicht ganz verwegen - die kleinen aber potenten Blüten des Cestrum nocturnum werden kaleidoskopisch multipliziert, es scheint kein Ende in Sicht, die Honignote quellt über, Genussvermehrung oder Übermaß, der Moschus bauscht diese Facetten auf, und selbst wenn sich Fils de Joie nach Stunden in etwas mehr Hautnähe gewandelt hat - wirklich hautnah ist der Duft nie - die Ausdauer ist furchteinflößend - anders gesagt: ich komme mit einem Spritzer s e h r lange aus…
Das gestrüppige À la nuit oder das trocken-süss-säuerliche Miel de Bois bleiben die interessanteren Düfte - vor allem im Kontext/Zeitpunkt der jeweiligen Veröffentlichung; die nächtliche Kreuzung, də ʒw / də bwa ist dennoch eine geglückte Karambolage.
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