FvSpee
Top Rezension
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Voll auf die grüne Zwölf
Bei In Between handelt es sich um das vierte von fünf Parfüms der limitierten (und im, ähem, gehobenen Preissegment angesiedelten) Edition "Vintage Spirit", und auch dieser Duft ist mir einen Kommentar wert. Er ist unter den Vieren sogar mein Favorit.
Der Name des Duftes, die zugehörige Illustration und der Werbetext legen nach meinem Dafürhalten lauter falsche Fährten:
In Between heißt "dazwischen" (oder "zwischendurch"), ist aber eigentlich eher voll (gut) drauf auf der grünen Wiese. Die zugehörige Grafik von Francois Cadière zeigt eine auf ihrem Flossenschwanz stehende Nixe von hinten inmitten Fischen und Wasserpflanzen, die ihrem menschlichen, auf den Füßen stehenden Nachbarn (die beiden scheinen quasi gemeinsam an einer Unterwasserhaltestelle auf den nächsten Bus zu warten) den Hintern tätschelt. Ob es sich bei diesem Wartenachbarn um einen Mann oder eine Frau handelt, ist trotz dessen Nacktheit nicht erkennbar. Aquatisch oder gar fischig kommt dieser Duft aber ebenfalls nicht daher.
Der Werbetext (von mir aus dem Englischen übersetzt) lautet: "Ein Duft, der Sie in den revolutionären Unisex-Duft-Trend der 90-er zurückversetzt. Frisch-zitrische Bergamotte-Noten, aromatische und würzige Noten mit Artemisia, Koriander, Szechuanpfeffer, durchscheinend-sauberem Jasmin und Moschüsse" [ob "musks", die Pluralverwendung des auch im Englischen ein singulare tantum darstellenden "musk" hier auf Schalk im Nacken oder Unkenntnis beruht, sei dahingestellt]. Das passt schon eher, aber ich nehme die gewürzigen Noten hier kaum eigenständig wahr; Pfeffer und Koriander stecken vielleicht mal die Zehenspitzen rein, aber mehr auch nicht.
Für mich ist "In Between" eine saubere, schlichte, feine Schönheit ganz in strahlendem, lichten hellgrün. Die deutliche Zitrik tritt nicht selbstständig auf, sie ist ebenso wie die ganz zarte Süße in die dominierenden hellgrünen Noten fest eingebunden. Man kann dem Duft die Adjektive "pudrig", noch eher "cremig" anhängen, vor allem aber ist In Between ein sanfter, linder Duft von zarter, aber stimulierender Frische. Fast wollte ich auch zu dem Beiwort "trocken" greifen, aber das könnte falsche Vorstellungen wecken, "In Between" ist wie ein junger, biegsamer, weicher Frühlingszweig, vielleicht einer mit Weidenkätzchen.
Zwei im Gesamtcharakter verwandte Düfte (die mir beide ebenfalls sehr gut gefallen), sind "Gunpowder Cologne" aus demselben Hause (allerdings aus der "Standard-Linie") und "Springfield" von Harry Lehmann - Springfield ist allerdings etwas schwerer und männlicher, und Gunpowder Cologne perlender und weniger grün als dieser hier.
Aus dem bisher Gesagten erhellt schon, dass In Between etwas Jungmädchenhaftes hat; dennoch ist er zu Recht als Unisex deklariert und für einen Mann absolut tragbar. Er ist mit Sicherheit das absolute Gegenteil von verrucht, und doch wohnt seinem lichten Aroma eine verhaltene Sinnlichkeit inne; es ist wirklich ein Duft im vollen Sinne zum Verlieben.
Die Haltbarkeit und Sillage dieses Duftes sind allerdings ebenso verhalten wie seine Sinnlichkeit und Schönheit. Nach einem Abgleich zwischen meinem Gehaltszettel und dem Preisschild werde ich diesen Duft nicht erwerben. Sollte ich allerdings im Lotto gewinnen, so kündige ich hiermit in aller Form und verbindlich an, mir, noch vor der Eröffnung einer Herrenbutike auf Island mit dem Papst, mindestens einen Liter davon zuzulegen.