15.07.2015 - 10:46 Uhr
Gaukeleya
109 Rezensionen
Gaukeleya
Top Rezension
47
Singularis est...!
-------------------------------------Vorhang auf-----------------------------------
Wenn ich schon mal eine selbstgewählte Reise in eine andere Stadt tue, dann möchte ich dieses Erlebnis auch am liebsten mit einem neuen Duft, dort gekauft, krönen. So ging es mir kürzlich, als ich unsere schillernde Hauptstadt besuchte.
Was genau ich von dort mitbringen wollte, wusste ich nicht, keine Merkliste dabei, keine Wunschliste, kein Parfumo, keinen Plan... Ich wollte mich treiben lassen, vertraute ganz darauf, dass die Dinge - in diesem Falle hier: der Duft - zu mir kommen werden, wenn es an der Zeit ist. Und wenn es eben der Richtige ist. Der für *mich*.
Mit dieser etwas kräuterigen Einstellung schnupperte ich mich entspannt durch Lehmanns Sortiment und stiess danach auf einen kleinen, eher unscheinbaren, interessanten, nicht zu üppig sortierten Shop, der mir sogleich sympathisch war. Die Beratung war hervorragend, entspannt, freundlich, kompetent.
Ich testete Diverses. Zwei Kandidaten beliess ich auf meiner Hand, damit ich sie den Nachmittag über wirken lassen konnte. Singular Oud war nicht dabei, aber seine Schwester Gunpowder, auch von Urban Scents.
Im Laufe des zauberhaften, inspirierenden Nachmittags checkte ich immer wieder meine beiden Testdüfte auf der Hand gegen. Ja, schön waren die. Ja, sie gefielen mir. Aber es fehlte mir etwas. Nämlich dieser berühmte Funke, der überspringt und mich entzündet. Dieser eine Hebel, der umgelegt wird. Ich denke, Ihr versteht, was ich meine.
Da fiel mir ein, dass mir der Ladeninhaber noch einen dünnen Glasstab unter die Nase gehalten hatte, kurz bevor ich den Shop verliess. Auf den Glasstab hatte er Singular Oud gesprüht, den ich aufgrund des OUDs im Namen - ich bin keine Oud-Freundin - etwas skeptisch beäugte und deshalb lieber erstmal von einem Hauttest Abstand nahm *beschämtzubodenguck*.
Ich erinnerte mich dann, dass mir der doch irgendwie diffus gefallen hatte, aber ich konnte das natürlich jetzt nicht mehr genauer verifizieren. So entschloss ich mich doch noch zu einem Hauttest. Also folgte ein weiterer Besuch in der Rosa-Luxemburg-Strasse in dem schönen Laden.
-------------------------------------Hauptakt-----------------------------------
Und als ich mir Singular Oud aufsprühte, passierte es: der Hebel legte sich um. Der Funke sprang über und entzündete mich --- Jesses, was für ein Duft....!
Zunächst ergiesst es sich wie aus einem Füllhorn mit dunkelschokolierten, warmen Früchten, (zart)bitter/bittersüss, safrangepudert, über mich, es umwirbeln mich Farben von dunklem Violett, Beerenrot, Dunkelbraun, mit mattgoldenen und bronzenen Sprenkseln verfeinert. Welche Früchte? Hier lesen wir grüne Feige, aber es könnten auch Pflaumen sein, zusätzlich zur Feige. Und auch Zimt ist gleich dabei, ebenso folgt rasch warmes Holz.
Das klingt ganz schön bombig, ist es aber nicht. Singular Oud behält diese softe Geschmeidigkeit, die Angua in ihrer schönen Rezension schon beschrieb: hier klebt nichts, ist nichts stickig, nichts dick, nichts klebrig, nichts schwer. Edel ist schon dieser Einstieg, und edel geht es weiter, ohne dass Singular Oud zu trocken oder zu elegant oder "nur für besondere Gelegenheiten" wäre. Er hat dabei auch etwas Lässiges, Unprätentiöses, was ich generell schätze, nicht nur bei Düften.
Der Fett- und Zuckergehalt ist eher niedrig, und dennoch verströmt der Duft eine schnurrige, weiche Wärme und das Flair des Exquisiten, Hochwertigen und Besonderen.
Ich schnuppere durchaus auch einen Stich ins Animalische, gleichzeitig nimmt die bittere Note Fahrt auf, ohne dass es ins Unangenehme oder Kantige abgleitet. Nach ca. einer Stunde erhebt sich immer deutlicher das dunkelerdige, weiche und warme, völlig unmuffige Patchouli, angeweht von einer fast unmerklichen Rauchnote, die den Duft mitsamt Patchouli, Holz und Früchteresten dunkel, vibrierend, tief und geheimnisvoll hält.
Wo ist das Oud? Ich mühe mich ab, kann jedoch nur edles Holz wahrnehmen, die typische Oudnote will sich nicht so recht zeigen bei mir (ich bin nicht traurig deswegen).
Die Sillage, zunächst nicht von schlechten Eltern, verdimmt bald und wird spürbar diskreter, doch nicht zu hautnah. Und nun verschmilzt Singular Oud mit meiner Haut zu einem warmen, erdigen, geschmeidigen, zartdunkelschokoladigen Einklang, an dem ich mich laben kann. Lange!
12 Stunden und eine Dusche schafft er locker. Und noch mehr! Mir scheint, dass Singular Oud einfach nicht aufhören will zu duften, er ist die Hingabe in Duftgewand, mein dauerhafter, treuer Begleiter, kein Duft für Malsoebenaufdieschnelle oder Morgenistderschonwiedervergessen. Nein, der will´s wirklich wissen, scheint mir.
-----------------------------------------Abspann---------------------------------------
Im Grunde hatte ich mir gewünscht: einen Duft, der (für meine Begriffe) anders ist. Anders als die über 600 Düfte, die ich bisher in meinem Leben geschnuppert habe. Aber gleichzeitig wünschte ich mir, dass es kein verkopfter, allzu edgy Duft sei, keiner, der sich die Attitüde "ich bin anders" offensiv auf die Fahne schreibt. Nichts, was mich verstört, irritiert, wochen- oder monatelange Kämpfe um Zugang zu ihm herausfordert, zu einer olfaktorischen S/M-Beziehung reizt. Keiner, der seine Andersartigkeit anstrengend nach aussen kehrt, seine Abgrenzung zelebriert und sich als (besserer) Gegenentwurf sieht.
Sondern ein Duft, der trotz aller (freilich subjektiven) Andersartigkeit, seinem Facettenreichtum und seiner Tiefe anschmiegsam, zugänglich, zärtlich und freundlich ist, die Grätsche aus fremd und gleichzeitig vertraut hinkriegt. Ein kleines Juwel, das entdeckt werden möchte, das zu mir will, mit mir verschmelzen will, so wie ich mit ihm, und der doch seine besondere Persönlichkeit und Einzigartigkeit beibehält. Et voilà - hier ist er. Touché!
"Der Verstand sucht, doch das Herz findet." - George Sand -
Wenn ich schon mal eine selbstgewählte Reise in eine andere Stadt tue, dann möchte ich dieses Erlebnis auch am liebsten mit einem neuen Duft, dort gekauft, krönen. So ging es mir kürzlich, als ich unsere schillernde Hauptstadt besuchte.
Was genau ich von dort mitbringen wollte, wusste ich nicht, keine Merkliste dabei, keine Wunschliste, kein Parfumo, keinen Plan... Ich wollte mich treiben lassen, vertraute ganz darauf, dass die Dinge - in diesem Falle hier: der Duft - zu mir kommen werden, wenn es an der Zeit ist. Und wenn es eben der Richtige ist. Der für *mich*.
Mit dieser etwas kräuterigen Einstellung schnupperte ich mich entspannt durch Lehmanns Sortiment und stiess danach auf einen kleinen, eher unscheinbaren, interessanten, nicht zu üppig sortierten Shop, der mir sogleich sympathisch war. Die Beratung war hervorragend, entspannt, freundlich, kompetent.
Ich testete Diverses. Zwei Kandidaten beliess ich auf meiner Hand, damit ich sie den Nachmittag über wirken lassen konnte. Singular Oud war nicht dabei, aber seine Schwester Gunpowder, auch von Urban Scents.
Im Laufe des zauberhaften, inspirierenden Nachmittags checkte ich immer wieder meine beiden Testdüfte auf der Hand gegen. Ja, schön waren die. Ja, sie gefielen mir. Aber es fehlte mir etwas. Nämlich dieser berühmte Funke, der überspringt und mich entzündet. Dieser eine Hebel, der umgelegt wird. Ich denke, Ihr versteht, was ich meine.
Da fiel mir ein, dass mir der Ladeninhaber noch einen dünnen Glasstab unter die Nase gehalten hatte, kurz bevor ich den Shop verliess. Auf den Glasstab hatte er Singular Oud gesprüht, den ich aufgrund des OUDs im Namen - ich bin keine Oud-Freundin - etwas skeptisch beäugte und deshalb lieber erstmal von einem Hauttest Abstand nahm *beschämtzubodenguck*.
Ich erinnerte mich dann, dass mir der doch irgendwie diffus gefallen hatte, aber ich konnte das natürlich jetzt nicht mehr genauer verifizieren. So entschloss ich mich doch noch zu einem Hauttest. Also folgte ein weiterer Besuch in der Rosa-Luxemburg-Strasse in dem schönen Laden.
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Und als ich mir Singular Oud aufsprühte, passierte es: der Hebel legte sich um. Der Funke sprang über und entzündete mich --- Jesses, was für ein Duft....!
Zunächst ergiesst es sich wie aus einem Füllhorn mit dunkelschokolierten, warmen Früchten, (zart)bitter/bittersüss, safrangepudert, über mich, es umwirbeln mich Farben von dunklem Violett, Beerenrot, Dunkelbraun, mit mattgoldenen und bronzenen Sprenkseln verfeinert. Welche Früchte? Hier lesen wir grüne Feige, aber es könnten auch Pflaumen sein, zusätzlich zur Feige. Und auch Zimt ist gleich dabei, ebenso folgt rasch warmes Holz.
Das klingt ganz schön bombig, ist es aber nicht. Singular Oud behält diese softe Geschmeidigkeit, die Angua in ihrer schönen Rezension schon beschrieb: hier klebt nichts, ist nichts stickig, nichts dick, nichts klebrig, nichts schwer. Edel ist schon dieser Einstieg, und edel geht es weiter, ohne dass Singular Oud zu trocken oder zu elegant oder "nur für besondere Gelegenheiten" wäre. Er hat dabei auch etwas Lässiges, Unprätentiöses, was ich generell schätze, nicht nur bei Düften.
Der Fett- und Zuckergehalt ist eher niedrig, und dennoch verströmt der Duft eine schnurrige, weiche Wärme und das Flair des Exquisiten, Hochwertigen und Besonderen.
Ich schnuppere durchaus auch einen Stich ins Animalische, gleichzeitig nimmt die bittere Note Fahrt auf, ohne dass es ins Unangenehme oder Kantige abgleitet. Nach ca. einer Stunde erhebt sich immer deutlicher das dunkelerdige, weiche und warme, völlig unmuffige Patchouli, angeweht von einer fast unmerklichen Rauchnote, die den Duft mitsamt Patchouli, Holz und Früchteresten dunkel, vibrierend, tief und geheimnisvoll hält.
Wo ist das Oud? Ich mühe mich ab, kann jedoch nur edles Holz wahrnehmen, die typische Oudnote will sich nicht so recht zeigen bei mir (ich bin nicht traurig deswegen).
Die Sillage, zunächst nicht von schlechten Eltern, verdimmt bald und wird spürbar diskreter, doch nicht zu hautnah. Und nun verschmilzt Singular Oud mit meiner Haut zu einem warmen, erdigen, geschmeidigen, zartdunkelschokoladigen Einklang, an dem ich mich laben kann. Lange!
12 Stunden und eine Dusche schafft er locker. Und noch mehr! Mir scheint, dass Singular Oud einfach nicht aufhören will zu duften, er ist die Hingabe in Duftgewand, mein dauerhafter, treuer Begleiter, kein Duft für Malsoebenaufdieschnelle oder Morgenistderschonwiedervergessen. Nein, der will´s wirklich wissen, scheint mir.
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Im Grunde hatte ich mir gewünscht: einen Duft, der (für meine Begriffe) anders ist. Anders als die über 600 Düfte, die ich bisher in meinem Leben geschnuppert habe. Aber gleichzeitig wünschte ich mir, dass es kein verkopfter, allzu edgy Duft sei, keiner, der sich die Attitüde "ich bin anders" offensiv auf die Fahne schreibt. Nichts, was mich verstört, irritiert, wochen- oder monatelange Kämpfe um Zugang zu ihm herausfordert, zu einer olfaktorischen S/M-Beziehung reizt. Keiner, der seine Andersartigkeit anstrengend nach aussen kehrt, seine Abgrenzung zelebriert und sich als (besserer) Gegenentwurf sieht.
Sondern ein Duft, der trotz aller (freilich subjektiven) Andersartigkeit, seinem Facettenreichtum und seiner Tiefe anschmiegsam, zugänglich, zärtlich und freundlich ist, die Grätsche aus fremd und gleichzeitig vertraut hinkriegt. Ein kleines Juwel, das entdeckt werden möchte, das zu mir will, mit mir verschmelzen will, so wie ich mit ihm, und der doch seine besondere Persönlichkeit und Einzigartigkeit beibehält. Et voilà - hier ist er. Touché!
"Der Verstand sucht, doch das Herz findet." - George Sand -
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