Der weibliche Geruchssinn
In letzter Zeit wurde in Foren darüber gesprochen, dass "Frauen generell einen besseren Geruchssinn haben als Männer".
Der Mechanismus
Warum sollten Frauen einen besseren Geruchssinn haben? Könnte es daran liegen, dass Frauen mehr Zellen im Riechkolben haben als Männer?
43% mehr laut der Daily Mail. [1]
Das Evolutionsargument
Es gibt ein evolutionäres Argument, das besagt, dass Hominiden ihren Geruchssinn entwickelt haben, um gute Lebensmittel zu erkennen und Giftstoffe zu vermeiden. [2]
Und auch heute noch, wenn wir zum Beispiel mit Milch von zweifelhafter Frische konfrontiert werden, riechen wir zuerst daran, um zu sehen, ob sie schlecht geworden ist.
(Man beachte die Ausdrucksweise, die hier verwendet wird: " Riechen, um zu sehen", wir werden gleich darauf zurückkommen).
Die Argumentation lautet: Frauen haben eine höhere Sensibilität für Gerüche entwickelt, weil sie sich zum einen mit der Auswahl und Zubereitung von Lebensmitteln beschäftigen und zum anderen ihre Kinder, insbesondere Ungeborene, schützen wollen, die empfindlicher auf Giftstoffe reagieren als Erwachsene. [3]
Geruch und die Partnerwahl
Dass Frauen über einen ausgeprägten Geruchssinn verfügen, zeigt sich in ihrer Fähigkeit, geeignete Partner am Geruch zu erkennen. In einem wissenschaftlichen Blindversuch, bei dem Frauen an T-Shirts von Männern riechen sollten, bevorzugten die Teilnehmerinnen den Geruch von Männern, mit denen sie genetisch kompatibel waren. Andere, denen sie genetisch zu ähnlich waren, wurden nicht bevorzugt.[4] Dies ist ein Beispiel dafür, dass der Geruchssinn auf einer weitgehend unterschwelligen Ebene funktioniert, um den Genpool vor Kreuzungen zu schützen, wie Biologen wissen. [5]
Geruch als Bindung
Die olfaktorische Bindung zwischen Neugeborenen und ihren Müttern ist gut bekannt [6]: Der blinde Säugling findet die Brustwarze über den Geruchssinn, noch bevor er den Tastsinn einsetzt. [7] All dies deutet darauf hin, dass das weibliche Gehirn auf Gerüche eingestellt ist, die für Männer nicht oder nicht in gleicher Weise gelten.
Emotionale Intelligenz
Ein weiteres Argument dafür, dass Frauen generell einen besseren Geruchssinn haben, besteht darin, dass sie im Allgemeinen für emotional intelligenter gehalten werden als Männer. Frauen neigen dazu, sich mehr in andere einzufühlen, [8] was ein Zeichen für emotionale Intelligenz ist. Das zeigt sich in der Reaktion einer Frau auf andere, die leiden: Während das Gehirn einer Frau die Emotionen des Leidenden registriert und sich darauf einlässt, registriert das Gehirn eines Mannes die Emotionen und schaltet sich ab. [9]
Empathie
Die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, kann in zwei Kategorien unterteilt werden: emotionale Empathie - das Nachempfinden der Gefühle anderer - und kognitive Empathie - das Hineinversetzen in die Situation anderer.
Es ist möglich, dass ein hohes Maß an kognitiver Empathie es einer Person ermöglicht, sich besser mit ihren Erfahrungen in der Umwelt zu identifizieren (und nicht nur mit ihren Erfahrungen mit anderen Menschen in der Umwelt). Dies könnte auch die Erfahrung des Riechens eines Geruchs einschließen, obwohl die Theorie nicht direkt auf den Geruchssinn anwendbar zu sein scheint.
Wenn mit einem Geruch auch eine Erinnerung verbunden ist, wird das Erlebnis emotional aufgeladen, [10] wodurch es möglicherweise empathischer wird.
Da Frauen in der Regel über ein höheres Einfühlungsvermögen verfügen - sowohl auf emotionaler als auch auf kognitiver Ebene -, sind sie bei entsprechender olfaktorischer Schulung in der Regel besser in der Lage, einen Duft zu analysieren und sich intuitiv oder emotional mit seinen Botschaften zu identifizieren.
Daher kann eine Frau ein Parfum im Allgemeinen besser interpretieren als ein Mann, der nicht nur eine weniger gut mit Riechzellen ausgestattete Nase hat, sondern sich auch seiner Gefühle gegenüber dem Parfum weniger bewusst ist und/oder diese weniger gut in Worte fassen kann.
Sprachliche Fähigkeiten
Ein weiterer Faktor, der in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt, betrifft die Sprache: Frauen sind in der Regel sprachbegabter. [11] Daher ist es wahrscheinlich, dass Frauen besser in der Lage sind, ihre Erkenntnisse über Gerüche auszudrücken. Und das, obwohl es schwierig ist, Gerüche zu beschreiben. Die olfaktorischen und sprachlichen Teile des Gehirns sind so weit voneinander entfernt, dass es schwer ist, sie miteinander zu verbinden, weshalb wir uns Metaphern von anderen Sinnen leihen müssen, die uns auf Nebenwege führen wie "riech mal an der Milch und schau, wie sie riecht".
Das empirische Argument
Ein letztes Argument, das ich hier anführen möchte, ist empirischer Natur.
Obwohl 90 % der Parfümbewerter und -bewerterinnen Frauen sind und sie die Mehrheit der Studenten und Studentinnen an Parfümschulen stellen, ist nur eine Minderheit der Parfümeure und Parfümeurinnen weiblich.[12] Möglicherweise hat dies weniger mit den Fähigkeiten als mit der Einstellung zu tun, die Frauen auf untergeordnete Rollen in der Branche beschränkt.
Parfum zu kreieren und zu bewerten ist natürlich nicht dasselbe, die Fähigkeiten sind zwar ähnlich, aber nicht identisch. Es wäre also ein Fehler, alle Bewerter als Parfümeure zu bezeichnen, und auch nicht alle Parfümeure sind gute Kritiker.
Es gibt eine Rollenhierarchie, aber es ist kein einfacher Aufstieg auf der Karriereleiter - und manche Menschen haben mehr als eine Rolle inne.
Aber es bleibt eine Tatsache. In der Regel werden Frauen mit der Bewertung beauftragt, der ersten Hürde, die ein (Mainstream-)Parfüm auf seinem langen Weg zum Markt nehmen muss. Dabei können Unsummen auf dem Spiel stehen - sowohl in Form von potenziellen Gewinnen als auch in Form von Verlusten durch Werbung und andere damit verbundene Kosten, falls sich ein Parfüm nicht verkauft.
Anekdotische Belege
Es ist kein Zufall, dass Frauen diese Schlüsselrolle in einer männerdominierten Branche übertragen wird. Eine Parfümeurin berichtet, dass sie in ihrer gesamten Karriere in einem Parfümhaus nur einen einzigen männlichen Bewerter kennengelernt hat. [12]
Warum ist das so?
Überzeugungen der Branche
Könnte es sein, dass in der Branche der Glaube weit verbreitet ist, dass eine ausgebildete Frau nicht nur in der Lage ist, ein Parfum in seinen Noten und Akkorden zu analysieren, sondern auch eine bessere Fähigkeit hat, eine Beziehung zu ihm aufzubauen? Mit anderen Worten: Sie versteht nicht nur die technische Funktionsweise, sondern auch den Charakter eines Parfums besser.
Nach dieser hypothetischen Annahme kann eine geschulte Frau die Botschaft eines Parfums also im Allgemeinen besser lesen, verstehen und interpretieren als ein Mann.
Heißt das, dass der Geruchssinn von Frauen - ganz allgemein gesprochen - besser ist?
Quellenangaben
[1] https://www.dailymail.co.uk/sc...
[2] https://www.theguardian.com/sc...
[3] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.go...
[4] https://www.themantic-educatio...
[5] https://www.lakeforest.edu/new...
[6] https://onlinelibrary.wiley.co...
[7] https://link.springer.com/cont...
[8] https://edition.cnn.com/2022/1...
[9] https://www.psychologytoday.co...
[10] https://news.harvard.edu/gazet...
[11] https://kuow.org/stories/maybe...
[12] https://mag.bynez.com/dossiers...
Bildnachweis: Unsplash, iStock (benoitb)
Wie wir alle hier wissen kann man die olfaktorische Empfindung sehr gut schulen, trainieren, verfeinern.
Warum sollten Frauen hier besser sein wie Männer? 🤔
Frauen haben sicherlich ein anderes Empfinden und besitzen gewiss eine höhere Sozialkompetenz,die selbstverständlich mit Sprachnutzung und Kommunikation zutun hat,allerdings finde ich es sehr weit aus dem Fenster gelehnt zu sagen,dass sie "besser" riechen können,zu mal Frauen hormonbedingt Gerüche ständig anders wahrnehmen,unter anderem in der Intensität der Gerüche.
Der Punkt:"Der blinde Säugling findet die Brustwarze über den Geruchssinn, noch bevor er den Tastsinn einsetzt. [7] All dies deutet darauf hin, dass das weibliche Gehirn auf Gerüche eingestellt ist, die für Männer nicht oder nicht in gleicher Weise gelten."
Gilt das nur für weibliche Säuglinge?
Ich bin mir sicher,dass ein männlicher Säugling ebenfalls die Mutterbrustwarze findet und diese Gegebenheit auf beide Geschlechter zutrifft.
Manch anderer Punkt auch eher kritisch,allerdings reichen die Zeichen nicht.
Ich finde das die Damen den Gasamt
Eindruck eher bevorzugen und wir Männer
wie auch im waren Leben den Dingen
auf die Spur gehen müssen 🙂 LG
https://www.wiley.com/en-au/Handbook+of+Olfaction+and+Gustation%2C+3rd+Edition-p-9781118139226
Der Beitrag ist recht nett gemeint, wirft jedoch zu viel Verschiedenes in ein und die selbe Waagschale.
Sei es nun der linguistische Aspekt, der empathische oder meinetwegen auch Die Vanille (Karotte) für den Mann: hierzu ein Link zu einer alten Studie:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1351272/
Trotzdem Danke für diesen Beitrag.
NeO
Dass Frauen sprachbegabter als Männer seien, ist nur ein Gerücht/ Vorurteil, ein hartnäckiges, aber trotzdem nur ein Vorurteil und stimmt nicht. Mag sein, dass es im Bereich Parfum mehr Rezensentinnen gibt als Rezensenten, aber das liegt mehr daran, das in unserem Kulturkreis Parfum immer noch hauptsächlich mit Frauen assoziiert wird und weniger an der Sprachkompetenz und dem Wortschatz. Wer's nicht glaubt, möge sich bitte einfach mal in Foren zu Hifi-Anlagen oder Weinkennerforen umsehen.
Die Industrie ist sich dessen allerdings bewusst dass es öfter die Damen sind die Entscheidungen treffen in diesem Bereich. Frauen sind definitiv nicht sprachbegabter, allerdings ergab eine Studie unter Kindern das Mädchen öfter und schneller soziale Kompetenzen entwickeln als Jungs. Natürlich gibt es auch immer mal Ausnahmen.
Das heisst für mich, dass ALLE Säuglinge, gleich welchen Geschlechts, von Geburt an mit einem guten Geruchssinn ausgestatten sein müssen.
Zumindest was den Duft der Muttermilch anbelangt.
Ich selbst mag solche Vergleiche nicht besonders. Sie bedienen das Schubladendenken.
Ja, bei blindem Säugling wird es richtig abenteuerlich!!!👍🙃
Danke für den Hinweis. 🌷
Man sagt ja auch, Frauen haben das bessere Immunsystem, obwohl ich einige kenne, die öfter krank sind als so mancher Mann XD verhält sich wahrscheinlich ähnlich.
Ich kann von mir sagen, dass der Geruchssinn innerhalb des Zyklus auch stark variiert.
Während bei männlichen Parfümeuren die Duftnoten eher nicht so ganz perfekt miteinander harmonieren, die Düfte aber dafür viel stärker sind. Auch tendieren Männer in meinem Bekanntenkreis (ich eingeschlossen) oft etwas zu übertreiben mit dem Auftragen von Düften, während es bei den Damen eher weniger der Fall ist.
Es ist aber nur eine Beobachtung, die teilweise auf die Düfte und Menschen, die ich kenne größtenteils zutrifft.
Treffe häufiger auf Frauen,die zu viel Parfüm auftragen oder deutlich stechendere Düfte tragen.
Auch das Nachsprühen von Deo oder Parfüm scheint bei Frauen häufiger zu sein,vermutlich auch das "Nasenblindwerden" und dann deutlich zu viel draufhaben.
Oh Frauen besser riechen können? Das glaub ich nicht, aber sie können durchweg auf bestimmte Sachen empfindlicher sein. Letzten Endes ist aber auch jeder Mensch und auch jede Frau zu Individuell- was ich als toll empfinde kann für eine andere Dame eklig sein und Vice Versa, trotzdem gerne gelesen!:)
Zudem: Es gibt natürlich körperliche Unterschiede, die auf die genetische Ausstattung des Individuums zurückzuführen sind. Einer davon ist das y-Chromosom. Die psychische oder seelische Identität kann daraus nicht hergeleitet werden.
Ausreichend recherchiert.
Ob Frauen aber besser riechen bzw. der Geruchssinn besser ist, kann man glaube och so gar nicht sagen. Ich finde, dass Geruch auch viel mit der Persönlichkeit zu tun hat. Jeder interpretiert was anderes und jeder von uns hat andere Bilder vor Augen, wenn er sich mit dem Geruch befasst und förmlich in ihn eintaucht.
Ich denke das ist individuell, bei Frau und bei Mann. Anders eben, wie schon Gschpusi sagte.
Wenn ich mich so auf Parfumo umschaue und dabei insbesondere manche (aus meiner Sicht kritisch zu betrachtende) Entwicklungen männlicher Parfum-"Fans" in den Blick nehme, so würde ich jedenfalls für mich zu dem Schluss kommen, dass zumindest der Umgang (!) mit der Materie bei Frauen in besseren Händen ist. Dort höre ich eigentlich von all den (vermeintlichen) Leiden der Männer so gut wie gar nichts. Im Normalfall keine H/S-Schlammschlachten, Komplimentemonster-Diskussionen oder Ähnliches (Ausnahmen bestätigen die Regel). Um den Kreis zu deinem Beitrag zu schließen: Vielleicht bedeutet das auch, dass es Frauen viel mehr auf den Duft ankommt als auf die Funktion, die mit ihm erreicht werden soll. Duft um des Dufts wegen. Das sollte doch auch der Antrieb sein. Vielleicht stützt diese anekdotische Beobachtung deine These ein bisschen.
-> Klasse... das sollten sich die H&S-Freaks zu Herzen nehmen.