Florecilla
Florecillas Blog
vor 4 Jahren - 30.09.2021
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A Discovery of … Byredo oder Lagom in olfaktorisch

Von den leichten Gourmands (in meinem Blogbeitrag über Les Notes Gourmandes Reminiscence nachzulesen) mache ich heute einen Schwenk zu den Leichtgewichten etwas anderer Art, und zwar zu angesagten Düften von Byredo. Die schwedische Lifestyle-Marke genießt in der Welt der Düfte ein hohes Ansehen und erzielt seit 2006 kontinuierlich große Erfolge mit ihrer Produktspalette, zu der nicht nur Parfums gehören, sondern auch Raumdüfte, Pflegeprodukte, Accessoires und Lederwaren.

Natürlich konnte ich nicht umhin, mir einen Eindruck von Byredo-Kreationen zu verschaffen und habe drei Düfte getestet, die meinen Vorlieben entsprachen und mich sehr interessiert haben:

Rose of No Man's Land Eau de Parfum - auf der Suche nach idealer Rose

La Tulipe Eau de Parfum - ein guter Tulpenduft ist halbe Miete

Bal d'Afrique Eau de Parfum - der Gute-Laune-Duft ever?

Wenn es um das Markenportrait geht, so wird auf unterschiedlichen Internet-Plattformen vor allem moderner puristischer Luxus als Hauptmerkmal des Byredo-Duftuniversums angeführt. Beigetragen zum Branderfolg hätten: hochwertige Ingredienzen, namhafte Parfumeure, einprägsames schlichtes Flakondesign, facettenreiche und dennoch reduzierte Düfte, die kühle Ästhetik Nordens mit orientalischen Wurzeln des Markengründers verbinden, und das Bestreben von Ben Gorham, die essentielle Eigenschaft jedes Duftes, Emotionen und Erinnerungen heraufzubeschwören, als Markenkredo zu etablieren (daher auch der Markenname „Byredo“ – „by redolence“).

Nun, was hat denn das alles mit dem Titel meines Blogbeitrags zu tun und warum bezeichnete ich Byredo-Düfte als Leichtgewichte?

Was mir bei sehr vielen Parfumo-Bewertungen von Byredo-Düften auffiel und mit meinen Erfahrungen bei den drei getesteten Düften übereinstimmt, ist deren gewisse Leichtigkeit, Schlichtheit und Zurückhaltung – und nicht nur bei der Sillage, Projektion und Haltbarkeit, die allesamt sehr moderat sind, sondern auch bei dem Duftaufbau und der Duftstilistik. Daher auch der Ausdruck „Leichtgewichte“, der allerdings nicht unbedingt negativ auszulegen ist. Für mein Dafürhalten bilden diese Eigenschaften die Byredo-DNA und werden in sehr vielen Byredo-Reviews mit dem skandinavischen Design bzw. Lebensstil verbunden.

Ich würde hier sogar einen weiteren Vergleich ans Land ziehen, weil der schwedische Lebensstil, so wie wir ihn kennen - reduziert, minimalistisch, funktional – sehr viel dem schwedischen „lagom“ verdankt. Dieser Begriff bezeichnet ein typisch schwedisches oder gar nordeuropäisches Lebensgefühl und bedeutet in etwa „weder zu viel noch zu wenig“ oder „genau richtig“. „Lagom" kann auf alle Lebensbereiche angewandt werden – Essen, Trinken, Wohnen - und gewinnt immer mehr an Popularität unter heutigen Lifestyle-Trends. Genau das zeichnet für mich die getesteten Byredo-Düfte aus – sie wollen weder opulent noch übertrieben, sondern „lagom“ – im richtigen Verhältnis – sein.

Hier ruht auch die angesagte Modernität dieser Düfte - sie sind einfach nicht dafür da, um Sinne zu vernebeln, zu berauschen, um richtig krachen zu lassen. Ihre Aufgabe ist, in der modernen Gesellschaft zu funktionieren – nicht zu belästigen, nicht overdressed oder gar aufdringlich, sondern eher harmonisch und moderat zu erscheinen und dennoch als Ausdruck der Persönlichkeit fungieren. Ob dieser Spagat gelungen ist und auf allgemeine Beliebtheit stößt, sei dahingestellt. Viele würden diesen Anspruch mit mäßiger Performance und Charakterlosigkeit gleichsetzen. Vielen würden Ecken und Kanten fehlen.

Was ist denn mein Eindruck von den drei Byredo-Düften? Hier - wie üblich - die Übersicht meiner Eindrücke je Duft (als Statements verfasst), erweitert durch mein Ranking:

3. Platz: Bal d'Afrique Eau de Parfum. Kein Ball, höchstens ein gediegener Empfang mit Fruchtcocktails in einer afrikanischen Botschaft. Im Drydown deutliche maskuline Retro-Vibes. Ich kriege hauptsächlich die Ananas hier, was sehr nice und unbeschwert rüberkommt, allerdings auch nicht unbedingt mich vom Hocker haut. Zu wenig Gute-Laune-Vibes, von denen viele sprechen:) Ich bekomme in der Herznote etwas mit, was mich an 90ger-Jahre-Deos erinnert. Im Drydown werden diese Retro-Noten noch spürbarer und maskuliner. Spätestens ab dann wird der Duft für mich ziemlich unattraktiv.

2. Platz: La Tulipe Eau de Parfum. Leicht synthetische grüne blumige Frische initial - zarte Frühlingstulpen mittendrin –eine ordentliche Waschmittelladung hinterher. Ein ebenfalls netter frisch-blumiger Sauberduft, optimal für Jobs mit viel Kunden- und Kollegenkontakt. Allerdings mit Nachsprühbedarf, da nicht lange haltbar. Mich hat er leider bis jetzt nicht besonders stark beeindruckt. Die Kopfnote kommt bei mir beliebig grün-frisch mit Hauch Synthetik an, die Herznote ähnelt tatsächlich dem Tulpenduft, die Basisnote schiebt mir eine Persilbox rüber. Ich würde gerne weitere Tulpendüfte testen, um einen besseren Vergleich zu haben, vielleicht revidiere ich dann meine Meinung.

1. Platz gehört unangefochten dem Rose of No Man's Land Eau de Parfum. Elegante moderne Rose ohne madamige Schwülstigkeit und girlyhafte Süße. Und endlich ohne Oud und Patchouli! Fein und hell! Ich habe nicht so viele Rosendüfte bis jetzt getestet, die beliebten Kombis Rose+Oud und Rose+Pachouli habe ich „in schön“ deswegen noch nicht entdeckt (bin aber dabei). Die Byredo-Rose, die hingegen ohne Oud und Pachouli auskommt, finde ich ausnehmend fein und elegant. Der Duft durchlebt von allen drei Düften am wenigsten Entwicklung, bleibt dafür auch im Drydown richtig schön.

Alle getesteten Düfte nehme ich als klar, korrekt, angemessen und zurückhaltend wahr. Selbst der Bal d'Afrique, der eigentlich in meiner Vorstellung eine Fruchtexplosion darstellen sollte, kommt sehr angepasst daher, als ob die Parfümeure befürchtet hätten, man würde ihnen sonst „kulturelle Aneignung“ unterstellen. Die Sillage ist bei allen drei sehr moderat, die Düfte wirken sehr schnell hautnah. Die Haltbarkeit an meiner Haut ist am schlechtesten bei dem Bal d'Afrique, gefolgt vom La Tulipe. Am besten performt der Rosenduft, der zwar ebenfalls nach ca. 6 Stunden hautnah bleibt, trotzdem noch am späten Abend (am frühen Morgen aufgetragen) deutlich spürbar ist.

Was mir auffiel – ein schnellerer Parfumverbrauch aufgrund dieser Duft- „Asthenie“. Meine Testpröbchen wurden deutlich schneller leer, als es bei den Samples anderer Marken der Fall war.

Würde ich selbst diese Parfums kaufen und tragen? – Wie bereits erwähnt, alle drei Düfte sind extrem gesellschaftsfähig und sind bestens für den Alltag und Arbeit geeignet, sogar der Bal d'Afrique. Besonders der Rose of No Man's Land und der La Tulipe haben dieses Sauber-/ Elegant-Image und sind daher sicherlich für viele attraktiv. Aber da der Bal d'Afrique mich nicht begeistert hat und der La Tulipe mich momentan eher gleichgültig ließ, so würde ich, wenn überhaupt, eher den Rose of No Man's Land vorziehen. Eigentlich finde ich den Rosenduft sogar richtig schön, aber der gezwungenermaßen erhöhte Parfumverbrauch hat mich bis jetzt angesichts des hohen Preises vom Kauf abgehalten.

Die getesteten Düfte von Byredo waren letztendlich nicht "lagom" genug für mich:) Allerdings werde ich auf jeden Fall auch weitere Byredo-Kreationen testen, denn die Marke finde ich nach wie vor sehr spannend.

Was haltet ihr denn von den Düften von Byredo? Habt ihr eure Lieblinge? Wie immer freue ich mich riesig über eure Rückmeldungen!

19 Antworten
EdithLyriEdithLyri vor 3 Jahren
Ich versuche immer mal wieder, die Byredos zu testen, aber irgendwie werd ich mit der Marke nicht warm. Oft sind mir die Düfte zu kühl... zu künstlich... "Gut" fand ich bishet noch keinen.
Nizza13Nizza13 vor 4 Jahren
Falls Du nochmals Richtung Sauberduft testen möchtest, schlage ich Blanche vor, meine Tochter liebt diesen Duft, gerade weil er extrem gesellschaftsfähig, frisch im besten Sinne und unaufdringlich ist.
JaneAmberJaneAmber vor 4 Jahren
Da stimme ich mit der Friesin überein. Firmen-Philosophie und Design gefallen mir gut, die bisher getesteten Düfte fielen für mich jedoch eher nett bis enttäuschend aus.
Toller Beitrag, gern gelesen :)
LeonaSternLeonaStern vor 4 Jahren
Ich habe bisher von dieser Msrkr nur den Slowe Dance getestet. Er ist mir weder positiv noch negativ in Erinnerung geblieben. Also gehe ich davon aus, dass ich ihn zu gefällig und langweilig fand.
SchalkerinSchalkerin vor 4 Jahren
Gold hat recht. Auf jeden Fall sehr tragbare Düfte. Aber begeistert bin ich auch nicht. Accord Oud gefällt mir gut. Gut vorgestellt.
GoldGold vor 4 Jahren
Sehr informativ. Die Marke spricht mich persönlich nicht an, konnte bisher noch keinen einzigen Duft von Byredo wirklich leiden, obwohl die Sachen auf jeden Fall tragbar, clever gemacht und sogar oft innovativ sind. Vielleicht bin ich nicht der "lagom" - Typ.
Lenka85Lenka85 vor 4 Jahren
Schön geschrieben. Ich fand bisher keinen einzigen Duft dieser Marke total schlecht, aber zu einem Kauf hinreißen konnte mich bisher auch keiner. Mixed Emotions, Mojave Ghost und Super Cedar haben mir ganz gut gefallen. Auch Gipsy Water hat was.
PonticusPonticus vor 4 Jahren
Eine sehr nachhaltige und intensive Vorstellung dieser Düfte! Wir sind zu Dank verpflichtet ob Deiner umfangreichen Eindrücke und Versuche. Ich nehme es als Anregung, die Düfte dieser Marke vielleicht auch selbst mal kennenzulernen!
FlorecillaFlorecilla vor 4 Jahren
@ all - Herzlichen Dank an alle, die schon gepostet haben und an alle, die eventuell noch sich melden würden! Ich freue mich über euer Feedback!
FlorecillaFlorecilla vor 4 Jahren
@Friesin - ich habe den Eindruck bekommen, dass Byredo sich sehr geschickt positionieren konnte und letztendlich seine Zielgruppe erreicht hat. Ohne Zweifel, das gute Marketing hat eine große Rolle gespielt, aber auch ein klever ausgesuchtes Kundensegment. Mal schauen, ob die Brand weiterhin erfolgreich bleibt. Dass die Marke aber nicht alle mitnehmen kann, ist auch klar. Zum Glück gibt es andere schöne Düfte bei anderen schönen Marken:)
FlorecillaFlorecilla vor 4 Jahren
@Pollita - das finde ich wirklich schön, dass der BA bei dir so gut ankommt und - vor allem - dass er so gut hält! Es sind auch sehr viele, die den Duft mögen, er hat auf Parfumo auch eine sehr hohe Bewertung, sogar - meine ich - die höchste, abgesehen von dem Casablanca Lily. Leider hat er mir nicht zugesagt, aber das ist ja auch sehr individuell.
FlorecillaFlorecilla vor 4 Jahren
@AndyCandy - so ist es, der Preis von Byredo-Parfüms kann viele abschrecken, wenn man ein Gefühl hat, man kriegt zuwenig Duft für zu viel Geld.
FlorecillaFlorecilla vor 4 Jahren
@ Fräulein - Ich finde deine Beobachtung sehr interessant - tatsächlich, diese leichte angenehme Würzigkeit zu Beginn, das muss wohl der rosa Pfeffer sein. Ich habe sie erst dank Deiner Antwort "erschnüffelt", danke!:)
GreenGorillaGreenGorilla vor 4 Jahren
Danke, für die vielen Infos.
FriesinFriesin vor 4 Jahren
Danke, für den Blog.
Als Duft-Azubi, gefiel mir das Marketing, ich wollte, dass mir diese reduzierten Skandidüfte gefallen....taten sie aber nicht. Mehr als 'ganz nett' konnte ich nicht äußern. Das ist immer noch so, Marketing ist eben dich nicht alles....
FräuleinFräulein vor 4 Jahren
Danke für den tollen und informativen Blogbeitrag! Ich finde, auch wenn Rose of no Man‘s Land sehr schnell hautnah wird hat er durch den rosa Pfeffer einen sehr interessanten twist.
MonsieurTestMonsieurTest vor 4 Jahren
Vielen Dank für dieses informative und faire (lagomige :-) ) Markenportrait.
Mit Interesse gelesen und einiges gelernt.
AndyCandyAndyCandy vor 4 Jahren
Spannende Infos und gut beschriebener Test! Den Bal d'Afrique mag ich schon gerne, aber der Preis (und vor allem - wie Du ja auch schreibst - der zu erwartende schnelle Verbrauch wegen der Leichtigkeit des Dufts) halten mich ab...
PollitaPollita vor 4 Jahren
Ich mag ja den Bal d‘Afrique und finde ihn gar nicht so leise, wie er meist hier empfunden wird. An mir hält der locker bis zum nächsten Morgen. La Tulipe gefiel mir auch, aber da hats nicht ganz für einen Kauf gereicht.

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