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RiechArts Blog
vor 9 Jahren - 20.12.2016
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Jetzt also Berlin

Jetzt also Berlin. Hatten wir nicht alle ein bisschen darauf gewartet. Oder nein, hatten wir nicht alle gehofft, dass es sich nicht wieder ereignet, dass es diese Stadt nicht treffen möge. Berlin, den Schmelztiegel der Geschichte, die - trotz so vieler Vorurteile, Klischees, Disharmonien - bis heute freidenkendste, liberalste, offenste der Deutschen Metropolen. Und wieder einmal sind wir schockiert über menschliche Abgründe. Was haben diese Menschen, die nach Feierabend auf einen Glühwein, aus fernen Landen zu einem Urlaub nach Berlin und hier auf den Weihnachtsmarkt gekommen, böses getan? Was, außer zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen zu sein. Wie kann ein Mensch sich an das Steuer eines 30-Tonners setzen mit der fanatischen Absicht, andere Menschen zu töten, Kindern ihre Eltern, Freunde ihre Freunde zu rauben - mutwillig die tonnenschwere, brachiale Gewalt in ungeschützte, fröhliche, müde Besucher und Einwohner unserer Stadt zu steuern. Man mag sagen - Menschen, die voll des eigenen Leides auf Rache sinnen. Ist das eine Rechtfertigung dafür, Leid in die Familien und Herzen anderer Unschuldiger zu säen? Die Polizei ermittelt, viele Länder senden Beileids-Depeschen, die Kommentatoren werden in Aberdutzenden von Talkshows vor Applaus-klatschendem Publikum schlaue Analysen diskutieren. Hier bei Parfumo habe ich in den zurückliegenden Wochen so viele wache, interessierte, intellektuelle, schlaue, sprachlich gewandte Menschen kennen gelernt.

Darum schreibe ich das hier und heute.

Das wenige was wir tun können ist, differenziert zu betrachten, keine vorschnellen Urteile zu sprechen, unsere Demokratie zu hinterfragen insbesondere aber zu verteidigen. Vor allem aber gilt es, den Menschen, die Familienmitglieder verloren haben, Freunde, die verletzt an Körper und Seele ein zerstörtes Weihnachten erleben müssen - im Herzen und in unseren Gebeten - mögen wir religiös sein oder nicht - einen Platz zu geben.

Ihr Völker dieser Welt, schaut auf diese Stadt und schließt die Verletzten und Leidenden in Eure Gebete. ..

34 Antworten
ChaiTeeChaiTee vor 9 Jahren
Stimmt, es gibt Leid auf der ganzen Welt. Aber es ist auch menschlich, dass es einem besonders nahe geht, wenn man nahe dran ist. Und wenn RiechArt in Berlin lebt, ist das natürlich nochmal eine andere Sache, als wenn in Kapstadt was passiert.
RiechArtRiechArt vor 9 Jahren
Danke an Ichbins. Dieser hat die Kernaussage meines Blogeintrags getroffen. Es geht nicht um politische Diskussionen - viel zu aufgeheizt, viel zu polarisiert, viel zu brandgefährlich, dies unmoderiert hier zu tun. Es geht um Betroffenheit und darum Menschen, denen Leid widerfahren ist, völlig unschuldigen aus ihrer Vorweihnachtsstimmung gerissenen, vielleicht verletzten Menschen und deren Angehörigen, Freunden unser Mitgefühl zu zeigen und auszudrücken...
ChaiTeeChaiTee vor 9 Jahren
In diesem Fall könnte man doch einfach diesen Blog links liegen lassen und nicht lesen. Steht ja noch nicht mal mehr auf der Startseite, demnach muss man ihn schon bewusst anklicken.
MokkaMokka vor 9 Jahren
2) Auch wenn der Blog behutsam verfasst wurde, genieße ich den Ort der Leichtigkeit hier. Es wäre schade drum. Liebe Grüße ^-^
MokkaMokka vor 9 Jahren
1) Natürlich bleibt Berlin hier nicht außen vor und ja, man kann es auch hier reintragen. Wenn ich mir aber anschaue, wie sehr unser Land mittlerweile gespalten ist, habe ich die Befürchtung, dass wir uns u.U. zu tief in politische Diskussionen, Weltansichten verlieren oder, im schlimmeren Falle, zerfleischen, angiften, bekämpfen, kritsch beäugen, wie es da draußen (auch im www) schon passiert. Wir wären nicht mehr unbefangen im Umgang mit uns und unserer einen Gemeinsamkeit: den Düften.
HyacinthHyacinth vor 9 Jahren
Der eine oder andere mag das als Kälte interpretieren, aber an Tagen, an denen wieder einmal die große Welle der Anteilnahme über das Land und durch das Internet schwappt, bin ich wirklich froh, wenn es irgendwo noch Räume gibt, in denen man mal ein wenig Ruhe vor dem allgegenwärtigen Betroffenheitskult findet und sich auf andere Dinge besinnen kann. Es hat noch keinen Verstorbenen wieder zum Leben erweckt, wenn das gesamte Internet tagelang Schwarz trägt.
RoninRonin vor 9 Jahren
(...) Ich bin eher skeptisch, ob Parfumo ein Ort sein kann, an dem sinnvoll Deutungen vorgenommen oder mögliche Konsequenzen diskutiert werden können. So etwas geht offline einfach besser.
RoninRonin vor 9 Jahren
Danke für den Blog. Aus Respekt vor Opfern und Angehörigen ist jetzt die Zeit für Anteilnahme. Dafür ist auch Platz auf Parfumo. Dieser Respekt gebietet auch, sich mit Deutungen und Forderungen nach möglichen Konsequenzen so lange zurück zu halten, bis alle Fakten bekannt sind. Alles Andere wäre ein Schlag ins Gesicht aller Betroffener. So weit ich es beurteilen kann, sind bisher mit Deutungen aber auch eh nur die vorgeprescht, für die Fakten irrelevant zur Meinungsbildung sind. (...)
TroemmerTroemmer vor 9 Jahren
Mir gefällt der Tonfall des Beitrags auch sehr. Die Cousine eines Mitschülers meines Jüngsten ist unter den Opfern. Arm, Bein und zwei Rippen sind gebrochen. Die Klasse hat ihr eine Karte geschrieben, alle haben sie unterschrieben. Das Leben geht weiter, Berlin bleibt Berlin.
RiechArtRiechArt vor 9 Jahren
Danke an Lilau und Johannes für das positive Blog-Feedback und auch Danke an die kritischen Stimmen zuvor. Danke vor allem, dass die Diskussion jetzt eine positive, das Selbstverständnis dieser Community analysierende und diskutierende Wendung nimmt. Vielleicht trägt dies zu einer größeren Nähe und Herzlichkeit, zu Toleranz und Weitsicht bei. Ihr alle hier habt mir viel Stoff zum Nachdenken - und auch ein Stück Hoffnung geschenkt und wieder gegeben. Dafür Danke...
LilauLilau vor 9 Jahren
@Johannes.....du sprichst mir aus dem Herzen. Ich finde auch, dass RiechArt's Blog sowas von hierher gehört......
JoHannesJoHannes vor 9 Jahren
Danke für diesen behutsamen Blog! Wir sind hier eine Gemeinschaft, man kennt sich u.U. persönlich, hat eventuell auch einen tiefergehenden Bezug zueinander, und gerade deshalb finde ich, dass in solchen Ausnahmensituationen auch das thematisiert werden darf. Alles andere wäre für mich geradezu unmenschlich. @Michael: Politik und Religion wurden hier mMn nicht behandelt. Sondern tiefe Betroffenheit, Angst und Schmerz. Und das darf sein!
MichaelMichael vor 9 Jahren
Meiner Meinung nach gehören Themen wie Politik und Religion nicht hier her!
WiBWiB vor 9 Jahren
@Hyacinth, Danke! Genau so!
HyacinthHyacinth vor 9 Jahren
Jeder mag sich nach eigenem Gutdünken zum Social-Media-Betroffenheitskult positionieren. Gerade bei aktuell derart heiklen Themen kommt es aber durch die riesige Bandbreite der individuellen Reaktionen und Gefühle - von moralisierend bis radikal, von traurig bis wütend - auch sehr leicht zu Differenzen, unschönen Kontroversen und im schlimmsten Fall zu Zank und Streit. Deshalb plädiere ich stets dafür, sachfremde heikle Themen aus explizit interessenorientierten Portalen gänzlich herauszuhalten.
Rebirth2014Rebirth2014 vor 9 Jahren
Jeder kann sich eine Meinung bilden. Doch eine differenzierte Meinung, bezogen auf Fakten, wohl eher nicht hier und jetzt.
LilauLilau vor 9 Jahren
Ich bin sehr betroffen und fühle mit den Menschen, die Familie, Freunde und Bekannte verloren haben. Weihnachten - eigentlich ein Fest der Liebe! Und jetzt: Trauer, Entsetzen und Fassungslosigkeit........
KlarseherinKlarseherin vor 9 Jahren
eigene Meinung bilden könnten.
KlarseherinKlarseherin vor 9 Jahren
Ich akzeptiere, dass hier nicht politisiert werden soll. Obwohl ich schon das Gefühl habe, dass hierauf einige geradezu phobisch reagieren Dieses Thema ist so eng mit Politik verstrickt, dass es sich fast gar nicht vermeiden lässt, dass die Diskussion in diese Richtung geht. Ein Aufruf zur Besonnenheit wie von Rebirth interpretiert, finde ich ebenso unangemessen. Für mich fühlt sich das so an, als wenn für den mutmaßlichen Täter die Gefahr der Lynchjustiz besteht und als wenn wir uns keine
Rebirth2014Rebirth2014 vor 9 Jahren
Ich teile Deine Meinung, RiechArt. In solch einem extremen Fall ist Dein Aufruf zur Besonnenheit auch auf einer Parfumplattform verständlich. Jedoch sollte dies - Dons Aufruf entsprechend - nun nicht in einer politischen Diskussion ausarten.
BlauemausBlauemaus vor 9 Jahren
Ich find es durchaus angemessen, wenn man hier seiner Trauer Ausdruck gibt. Stammtischparolen haben sicher andere Plattformen... Ich denke, Don meinte es in diesem Sinne, zumindest habe ich es so verstanden.
ChaiTeeChaiTee vor 9 Jahren
Ich glaube nicht, dass man diese Geschehnisse vollkommen ausblenden kann. Wäre doch irgendwie recht oberflächlich.
RiechArtRiechArt vor 9 Jahren
Liebe kritische Stimmen. Die Blogs bei Parfumo sollten unpolitisch und geruchsbezogen sein. Ich würde und werde in 99% der Fälle auch nur solche verfassen, schon wegen des großen Vergnügens, das die Vergleiche mit Geräuschen, Bildern, Szenen bereitet. Nun ist aber Berlin meine Stadt und wie unten zu sehen, habe ich schon den ein oder anderen Blogeintrag mit Berlin und Parfüm-Bezug geschrieben - und das Geschehen von gestern Abend hat mich betroffen gemacht. Darum mein Eintrag.
HyacinthHyacinth vor 9 Jahren
Mit Verlaub, mir erscheint dieser Beitrag in einem Parfüm-Forum vollkommen deplatziert. Unser gemeinsames Thema ist unsere Leidenschaft für Düfte, und deshalb sollten die hier geposteten Beiträge - zumindest mittelbar und von mir aus um drei Ecken - auch mit diesem Thema zu tun haben. Wer den dringlichen Wunsch verspürt, seine Ansichten und Gefühle zu aktuellen Geschehnissen im Internet zum Ausdruck zu bringen und ggf. Diskussionen anzustoßen, möge sich bitte ein besser geeignetes Forum suchen.
DonVanVlietDonVanVliet vor 9 Jahren
Bitte keine politischen Diskussionen bei Parfumo. Dafür gibt es andere Plattformen im Netz.
Louis1Louis1 vor 9 Jahren
"viele [...] senden Beileids-Depeschen, die Kommentatoren werden [...] vor Applaus-klatschendem Publikum schlaue Analysen diskutieren"

-> Stimmt. Und da ich als Rezipient nur Einfluss darauf habe, ob ich das Publikum stellen will, bin ich hier mal weg.
TurandotTurandot vor 9 Jahren
Hier Betroffenheit und Mitgefühl ausdrücken - das ist eine Seite. Aber nun an dieser Stelle eine politische Diskussion zu beginnen, das finde ich nicht passend. Dafür gibt es genügend andere Plätze im www.
AndreasKAndreasK vor 9 Jahren
Die Demokratie stellt niemand in Frage. Dieser Duktus und der über "Gerüchte" will nur das Offenkundige bemänteln. Merkel hat nationales sowie EU-Recht gebrochen und Schuld auf sich geladen. Schon die Bataclan-Attentäter kamen über die Balkanroute. Die Toten von Paris und Berlin auch Merkels Tote. Auch die Brexit-Entscheidung der Briten war nicht zuletzt Reaktion auf ihren anmaßenden, eigenmächtigen Moralismus. Merkel muss rechtlich, politisch und moralisch zu Verantwortung gezogen werden.
VonKVonK vor 9 Jahren
Das meine Damen und Herren ist eine vernünftige Haltung zu dieser Tragödie!

Meine Gedanken und Gebete sind ebenfalls bei den Opfern und ihren Angehörigen.

Ich hoffe auch auf ein gerechtes und hartes Urteil.
Eine pauschale Verurteilung von Gruppen kann jedoch kein gerechtes Urteil sein.
KlarseherinKlarseherin vor 9 Jahren
@Clivia: genauso ist es. Das sind außer der Traurigkeit vorwiegend die Emotionen, die ich habe. Es geht sicherlich nicht nur mir so.
BlauemausBlauemaus vor 9 Jahren
Und ich bin in Gedanken bei den Opfern und Angehörigen. Was sind das nur für schreckliche Zeiten....
BlauemausBlauemaus vor 9 Jahren
Ich habe auch Verwandschaft in Berlin, zum Glück war zu dem Zeitpunkt niemand in der Innenstadt. Klar soll man so weiterleben wie bisher, aber wir haben ein Kind, von daher fehlt mir momentan etwas die Lust auf grosse Menschenansammlungen. ;-) Ich hoffe natürlich auch, dass die Verantwortlichen ihre gerechten Strafe bekommen, fürchte aber auch, dass das leider nur der sprichwörtliche Tropfen auf dem heissen Stein ist. Da wird noch mehr kommen in den nächsten Jahren...
Maxi3000Maxi3000 vor 9 Jahren
Ich hoffe auch, dass die Drahtzieher die Konsequenzen unseres Rechtsstaats zu spüren bekommen. Mein Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer. Mögen sie die Kraft finden, um diesen schrecklichen Verlust zu verarbeiten. Das ist leider heutzutage leider nicht mehr so einfach, wo sich doch gleich immer Politiker vor Kameras positionieren müssen und die schreckliche Tat für die politische Agenda instrumentalisieren müssen. Respekt- und Pietätlos gegenüber den Opfern und den Angehörigen ist das.
KlarseherinKlarseherin vor 9 Jahren
Ich wünsche mir, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Das ist das mindeste, was die Angehörigen und Opfer erwarten dürfen.

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