Scar 10sei0otto 2015

Verschlungenes Oud, eingetaucht in einen reißenden Minz-Katarakt, im infinitesimalen Mahlstrom gefangen. Doch was bedeutet gefangen schon wenn man diesen Zustand gewünscht hat? Pulsierende Fraktale, denn eine Duftsequenz spiegelt Alles wieder. Den Kortex aufzeigend, mehr verheissend, den olfaktorischen Kelch ausschüttend. Man selbst der Fährmann, schippernd über den Lethe, so fließt alles voran. Kein Oud des Troglodyten, dafür zwar nicht zu mild, aber zu sauber.
Oud kann vieles sein, nach vielem duften, karge Steppen, trockene Einöden abbilden bis hin zu Sumpflandschaften, Regenschauern und der Luft inmitten menschenverlassener Felder. Im Sturzflug genommen, angestarrt von der Einöde. Hier wirkt das Oud leicht künstlich, weil die Minze Seiten des Ouds weckt, welche in synthetisch-guten Adlerhölzern oft verbaut ist. Schokoladige Nuancen, sublim-strenge Facetten, kühl-erfrischend und doch nicht reinigend, diese Komposition namens Scar bietet viel.

Minze wird zu Minzkaugummi, der olfaktorische Trochäus erhält ein neues Breve. Sukzessive wird der Oud-Entourage der Rückzug zugunsten dreckigerer Oudmerkmale aufgetragen. Eine Narbe evoziert durch schmutzig-schwummrige Reminiszenzen an vergangene, irreversible Momente der Reue, der Trauer ohne diese erneut zu durchleben. Das ist Scar, die triste Lichtquelle, leicht unterkühlt doch die Szenerie füllend.
Holzig-trocken geht es voran, Splinthölzer setzen Nährstoffe und Wasser voller arboresker Facetten frei.
Lacrimosa dies illa, jedenfalls nachdem dieser Duft verklungen ist, denn wie ein Sirenengesang nimmt er einen gefangen, betört und weckt Sehnsüchte, wenn verloschen. Das Oud wird zu Lakritzkaramell, herb und süß zugleich, streitenden wirbelnden Wassern gleich.

Und am Ende, da verbleibt eine Note, die ein Teil eines Duftes darstellt und doch für Scar steht: klares Oud unbekannter Herkunft.