01.12.2020 - 15:36 Uhr
Floyd
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Jurij begeht den sibirischen Sommer
Jurij betrachtete seinen braunen Wollpullover. Ganz versonnen schien er darin zu versinken. Über Nacht war es Sommer geworden, Jurij war seelisch schäumend vor Schwärmerei aus seiner sibirischen Blockhütte getorkelt und hatte sich gaulgleich im tauenden Permafrostboden zwischen den Bäumen gewälzt, bevor er seinen Sommerschrei grunzend das zerschlissene Strickstück über den Schädel zog und in den Dreck vor seinem Verschlag geschleudert hatte. Schließlich hob er den Pullover auf und vergrub sein Gesicht in der alten Wolle.
Da war noch ein Rest Kampfer vom Winter, unter gleißend hellen Spuren von Tieren, welche wohl nun mit dem Boden tauten und den ersten Atemzug dominierten. Dann war der Wald in der Wolle nichts als braune Brunft, wie wenn hunderte von Hirschen aus ihren riesigen Drüsen kreuz und quer durch die Wildnis schossen, als ob es kein Morgen gäbe. Harzig-zitrische Nadeln waren mit untergerieben und der ätherische Glanz der fernen Teergruben.
Der alte Russe tauchte tiefer und tiefer in das laute Gedächtnis des klammen Pullovers. Dort wucherte seifiges Eichenmoos in all dem animalischen Moschus und unter den modrigen schwarzen Blättern dämmerten dunkle Blüten. Jurij dachte an die Champaka-Räucherstäbchen in der Blockhütte, vergangenen Winter, gegen den Gestank. Nun, da die Wolle eine Masse aus Moos, Champaka, Holz und Moschus geworden war und wie eine Wolke aus braunem Likör um ihn waberte, erkannte Jurij, dass die Bäume betrunken waren, sich in alle Richtungen neigten. Chert poberi, Genossen! Wo soll das enden?!
Jurij ging zurück in seine Hütte. Abends war dort alles roter Amber, die Räucherstäbchen, die noch im Holz hingen und natürlich der Likör, den er am Leib trug. Erst jetzt schien die Sonne Sibiriens leiser und die Tage des Sommers waren lang.
(Mit Dank an Deadsoul)
Da war noch ein Rest Kampfer vom Winter, unter gleißend hellen Spuren von Tieren, welche wohl nun mit dem Boden tauten und den ersten Atemzug dominierten. Dann war der Wald in der Wolle nichts als braune Brunft, wie wenn hunderte von Hirschen aus ihren riesigen Drüsen kreuz und quer durch die Wildnis schossen, als ob es kein Morgen gäbe. Harzig-zitrische Nadeln waren mit untergerieben und der ätherische Glanz der fernen Teergruben.
Der alte Russe tauchte tiefer und tiefer in das laute Gedächtnis des klammen Pullovers. Dort wucherte seifiges Eichenmoos in all dem animalischen Moschus und unter den modrigen schwarzen Blättern dämmerten dunkle Blüten. Jurij dachte an die Champaka-Räucherstäbchen in der Blockhütte, vergangenen Winter, gegen den Gestank. Nun, da die Wolle eine Masse aus Moos, Champaka, Holz und Moschus geworden war und wie eine Wolke aus braunem Likör um ihn waberte, erkannte Jurij, dass die Bäume betrunken waren, sich in alle Richtungen neigten. Chert poberi, Genossen! Wo soll das enden?!
Jurij ging zurück in seine Hütte. Abends war dort alles roter Amber, die Räucherstäbchen, die noch im Holz hingen und natürlich der Likör, den er am Leib trug. Erst jetzt schien die Sonne Sibiriens leiser und die Tage des Sommers waren lang.
(Mit Dank an Deadsoul)
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