Meggi
Top Rezension
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Nebelkerze oder: Erbse à la Duromgo
Der Kopf hinter der Nebbia-Trilogie ist Filippo Sorcinelli, der auch für die Unum-Düfte (mit)-verantwortlich zeichnet. Und ähnlich mystisch-verschwurbelt wie einst diejenige von Unum kommt die Webseite inklusive der neuen Reihe daher.
In der vorzüglichen Bloom-Perfumery in London, gelegen nur ein paar Schritte entfernt vom Covent Garden, fasste der freundliche, junge Verkäufer sich etwas kürzer. Es gehe um drei Arten von Nebel: in der Stadt, im Wald, am Meer. Aha. Hm, ich war eigentlich der Meinung, ich hätte als Probe (frisch gezapft je Stück immer 2 Pfund – toll!) die „Stadt“ gewählt. Warum ich unsicher bin? Siehe unten.
Gesüßtes, ansonsten erdig-raues, im Auftakt durch den Alkohol fast liköriges Patchouli, nahe an beißender Klebstoff-Süße. Daneben eine hintergründig-erbsige Note, die mir bekannt vorkommt, über die ich mir aber jetzt noch nicht klar bin. Dem potentiell kratzigen Patchouli wird gleichsam ein besänftigender Schleier übergelegt. Wenn das allegorisch gedacht ist (von wegen Nebelschleier und so), wäre das schon mal gelungen. Alsbald denke ich an feuchtes, altes, vor geraumer Zeit herabgefallenes Geäst an einem nasskalten Novembertag. Hm. *pröbchenrauskram-beschriftungles* Steht eindeutig „Fitta“ drauf und das soll für die Stadt stehen. Jaja, die individuellen Bilder…
Binnen einer guten Stunde wird der Duft warm, Trockenes Holz dringt durch, es streift die Schwelle zum Kunstholz. Im Untergrund rumort tiefdunkles, erdig-säuerliches Patchouli, bemerkbar am besten direkt auf der Haut. Dort ist der Duft außerdem im Stil verblüffend dicht an Duro, zeigt also ebenfalls reichlich Holz.
Der Labor-Eindruck wird im Verlauf stärker und stärker. Plötzlich fallen mir erbsige Kunstholz-Noten ein, wie ich sie am intensivsten aus den MGO-Düften kenne, welche wiederum mit „edlen Hölzern“ zweifellos nichts zu tun haben. Heute ist dieses Holz zum Glück ordentlich eingebunden. Patchouli sozusagen von unten und eine Spur Süße als zarter Guss gewissermaßen obendrüber halten die Sache im Lot.
Einstweilen. Mittags ist es nämlich vorbei. Ich rieche ganz überwiegend synthetisches Holz inklusive der eingedickten Duro-Ansatzsüße, gegen das sich ein arg geschwächtes Patchouli erst Stunden später wieder Raum verschaffen kann. Und da bekanntlich nur die Härtesten durchkommen, scheint mir in der Schluss-Phase, die bis in den Abend hinein anhält, folgerichtig die Duro-Fraktion am stabilsten. Nicht in zwillingshaftem Sinne, ‚Nebbia Fitta‘ ist insgesamt kühler und heller, hier dürfte die etwas andere Holz-Mixtur Wirkung zeigen.
Ich behaupte kühn, dass die „edlen Hölzer“ ebenso wie, wenn ich’s recht bedenke, die „feuchte Erde“ (woher die Parfumo-Angaben auch immer stammen mögen) komplett auf die umrissene Synthetik zurückzuführen sind; eine Nebelkerze. Bei derlei bin ich mir als Laie stets unschlüssig, ob ich es mit Kunst zu tun habe oder bloß verarscht werden soll. Das verquaste Unum-Marketing-Geseiere (beispielsweise zu ‚Symphonie-Passion‘; vgl. ggf. Kommi) stimmt mich da eher misstrauisch. Doch vielleicht liege ich grundfalsch und habe es mit genialen Avantgardisten zu tun. Mit solcher Unsicherheit muss ein profaner Betriebswirt manchmal leben.
Womöglich tue ich dem Duft überdies in meiner Betonung Unrecht. Helles Kunstholz ist längst eine meiner besonders ungeliebten Noten geworden und ich neige dazu, seinen jeweiligen Auftritt über Gebühr deutlich wahrzunehmen und vorzugsweise ungnädig zu… naja, „vermöbeln“ passt jetzt nicht…, sagen wir: abzuwatschen.
Widerspruch bis hin zur Eines-Besseren-Belehrung ist mithin (wie gewohnt) willkommen.