Frisch aus der Badewanne gestiegen - er liebte es zu baden, duschen hatte etwas von dieser ihm unangenehmen Schnelllebigkeit- , gründlich abgetrocknet und nun noch in seine Lieblingsjeans und ein frisches weißes Baumwollshirt hineingeschlüpft. Und das roch so wunderbar frisch nach Wäsche und gerade gewaschener Baumwolle, direkt von der Wäscheleine genommen. Ein Wohlfühlgeruch durch und durch. Auch wenn er mittlerweile einen - wie er zugeben musste - durchaus praktischen Trockner besaß (auch wenn dieser wiederum ein pragmatisches Produkt in dieser modernen Zeit, die für das Wäschetrocknen an der frischen Luft keinen Raum mehr bot, darstellte), denn die gute alte Wäscheleine gehörte den Zeiten an, als er noch im Elternhaus wohnte und seine Mutter die Wäsche immer übernommen hatte. Er seufzte.
Er lag noch gut im zeitlichen Rahmen, seine Vorlesung an der Uni begann erst in einer Stunde. Er musste also nicht hetzen, etwas, was ihm bis ins Mark zuwider war. Im Grunde missfiel ihm jedwede Eile, ob nötig oder unnötig, er mochte sein Tun (und im Grunde auch das der anderen, da sich alle Unruhe immer auf ihn übertrug) lieber in Ruhe und Gelassenheit. Schon seine Mutter hatte ihm allzeit vorgeworfen, ihm könne beim Gehen noch ein Knopf angenäht werden, so gemächlich sei sein Fortbewegen. Er schmunzelte andächtig, während er sich dem wohlduftenden Baumwollgeruch auf seinem Oberkörper hingab.
Vor nicht allzu langer Zeit, um genau zu sein erst wenige Wochen, wohnte er nämlich noch zu Hause, da wurden seine T-Shirts noch von seiner Mutter luftgetrocknet, gebügelt und in den Schrank geräumt. Doch sie hatte darauf bestanden, dass es Zeit wäre, nun endlich auszuziehen, auf eigenen Beinen zu stehen, sein Leben selber zu gestalten. Schweren Herzens hatte er einem Auszug zugestimmt, hatte seine wenigen, spärlichen Sachen - viel Platz war in seinem 15-Quadratmeter-Zimmer ja auch nicht gewesen - in Kartons geräumt und hatte sich eine kleine Bude ganz in der Nähe der Uni gesucht. Nun war die Wäsche seine Aufgabe, und er vermisste seine Mutter schmerzlich. Aber immerhin gelang es ihm, sie nicht zu verwaschen, sie im Trockner nicht auf Kindergröße schrumpfen zu lassen und sie adäquat glatt ohne Falten gebügelt zu bekommen. Und sie duftete fast wie bei Muttern.
Wobei… irgendein Geruch schlich sich in den Wohlduft der frischen Baumwollwäsche… es war etwas Durchdringendes, von hinten Hervorstechendes, geradezu Synthetisches. Seltsam, er hatte doch, überlegte er, dasselbe Waschpulver wie seine Mutter verwendet, den gleichen Weichspüler wie Zuhause auch dazugegeben. Nun gut, die Dosierung könnte gegebenenfalls ein wenig abweichen, er war sich nicht ganz sicher gewesen bezüglich der Mengen, sodass er vorsichtshalber nach Augenmaß - und er hielt sich für einen ziemlich guten Augenmesser - noch einmal ein gutes Drittel mehr hineingeschüttet hatte.
Er roch nun direkt an seinem Shirt, was ihn unangenehm berührt zurückschrecken ließ. Denn es schlug ihm nunmehr vorrangige stechende Synthetik entgegen, die seinen so geliebten Baumwollfrischeduft vollständig umgab. Er überlegte angestrengt weiter, wo sein Fehler gelegen haben könnte während des Prozesses der Wäschereinigung. Vielleicht beim Bügeln? Seine Mutter hatte ihm zu Bügelstärke geraten, damit er wohlgeordnet mit akkurat glattem Shirt zu den Vorlesungen erscheinen konnte. „Junge, was sollen denn die Leute denken, wenn Du so zerknittert dort erscheinst!“
Also hatte er artig Bügelstärke gekauft und diese selbstredend großzügig benutzt. Sehr großzügig, da er sich nicht sicher ob seiner Bügelfähigkeiten gewesen war und keine Risiken im Hinblick auf ein durchweg ordentliches Erscheinungsbild einzugehen gedachte. Aber dieser synthetische Schwall, der da von seinem Hemd emporstieg, ließ ihn bezüglich der verwendeten Menge nun doch zweifeln. Auch die gewisse Steifigkeit desselbigen schien ihm jetzt erst aufzufallen, wobei diese wesentlich besser zu verschmerzen gewesen wäre als dieser wirklich unangenehm unnatürliche Geruch, der sich ihm langsam in den Kopf zu bohren schien. Tatsächlich schienen sich Kopfschmerzen bei ihm langsam, aber mit hoher Sicherheit einzustellen.
Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass nun keine Zeit mehr zum Kleidungswechsel blieb, was im Übrigen auch nicht von großer Hilfe gewesen wäre, da er ja alle seine Shirts in der gleichen Art und Weise mit Waschpulver, Weichspüler und Bügelstärke traktiert hatte.
Und so nahm er seine Materialien für die Vorlesungen an sich, streifte sein Sakko über und machte sich wohl oder übel auf den Weg zur Uni.
Und selbst, als er zu vierten Vorlesung mit mittlerweile pochendem Kopfschmerz ans Pult trat, um die Vorlesung für seine Studenten der Physik zu beginnen, konnte er noch dieses ihm derweil zuwider gewordene Duftgemisch aus frischgewaschener Baumwollwäsche gepaart mit einer unnatürlich stechenden Synthetik an ihm selbst riechen, auch wenn er natürlich sein Cord-Sakko nicht ablegte - das gehörte sich für einen Professor nicht, hatte ihn seine Mutter eindringlich darauf hingewiesen.
—————————————————
H&M‘s „T-Shirt“ beginnt tatsächlich sehr authentisch mit einem frischen Baumwollgeruch, der aber nicht einmal die Kopfnote lang so verbleibt, sondern in Windeseile von einer Synthetik getragen wird, die sich, zumindest bei mir, kopfschmerzgleich aus dem Duft hervorschleicht, um dann diesen in Gänze zu dominieren. Hier wird als Duftnote nur Baumwolle gelistet, H&M nennt bei der Beschreibung noch zitrisch, wobei ich diese als solche nicht wahrnehme, außer man spräche von dieser künstlichen Synthetik-Zitrus-Frische, die unterschwellig für diese stechende künstliche Note verantwortlich sein könnte. Unterstützung findet diese Vermutung in den Inhaltsstoffen, die Limonene, Citral und Citronellol aufweisen. Ich vermute vielmehr noch weitere synthetische Ingredienzen, die ich aufgrund fehlender Kenntnis hier leider weder belegen noch beschreiben kann.
Der Duft kommt den in der Kategorie „Ähnlich“ aufgeführten Clean-Parfums sehr nahe, die mir ebenfalls immer recht synthetisch erscheinen und häufig dadurch auch sehr unangenehm zu tragen bzw. zu riechen sind.
Viele Parfuma/os scheinen jedoch diesen „T-Shirt“-Duft von H&M als sehr authentisch und angenehm zu empfinden, und da ist er dann auch ein regelrechter Preisknaller für 9,99€/50 ml, auch im Vergleich zu den o.g. Clean-Parfums. Mich jedoch erschlägt diese Synthetik dermaßen, dass ich sie nur für den Test bis zur Basis ausgehalten habe; dem Abwaschzwang zu widerstehen hat mich wirklich einige Überwindung gekostet!
Aber was tut man nicht für die Parfumo-Welt, gell? ;-))