15.12.2017 - 05:21 Uhr
Serenissima
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Serenissima
Top Rezension
18
so hätte es sein können
Sie zeichnet. Sie sitzt an dem großen Tisch in ihrem kleinen Atelier und zeichnet. Die Linien fließen nur so aus ihrer Vorstellung durch den Stift auf das Papier.
Diese Linien fügen sich harmonisch zu dem Entwurf eines zauberhaften Sommerkleides; genauso wie es ihr vorschwebt.
Ein Ballen des leichten, bunt bedruckten Voiles müsste noch da sein.
Sie schaut auf das Regal mit den Stoffen - ja, richtig: da liegt der Stoff.
Sie lächelt.
Obwohl sie inzwischen eine erfolgreiche Unternehmerin geworden ist, liebt sie diese ruhigen Stunden in ihrem alten, kleinen Atelier, hoch über den Dächern von Paris.
Wie gern schaut sie aus den großen Fenstern über diese Stadt; sie kennt sie zu jeder Jahreszeit und genießt diesen Ausblick immer wieder.
(So wie Remy, die Feinschmecker-Ratte aus "Rattatouille" es sehr viel später auch tun wird.)
Hier stehen die alten Holzregale mit ihren Lieblingsstoffen, die alte Schneiderpuppe - immer noch zur ersten Probe am liebsten -, ihre Nähmaschine: eben alles, was sie für ihre geliebte Arbeit so braucht.
Die ersten wärmenden Sonnenstrahlen recken ihre goldenen Finger in den Raum. Feine Staubpartikelchen tanzen in ihnen. Versonnen schaut sie diesem Spiel des Lichts zu.
Plötzlich hört sie die vorwurfsvolle Stimme ihrer Mutter: "Jeanne! Du träumst schon wieder! Was soll nur aus Dir werden?"
Als ältestes von elf Kindern musste sie schon früh die Kindheit hinter sich lassen. Schon mit elf Jahren arbeitete sie als Laufmädchen, dann als Schneiderin, schließlich als Modistin.
Als sehr angesagte Modistin. (Heute würde man sagen: sie polarisierte!)
Als erste Modeschöpferin ihrer Zeit führte sie die Jugend in die Mode ein: Kinderkleider in zarten und fröhlichen Farben, in einfachen und unschuldig-kindgerechten Schnitten.
1926 gründete sie das erste Modehaus für die ganze Familie; selbst für Herrenmode interessierte sie sich inzwischen.
Und doch genießt sie hier über den Dächern ihrer Stadt ihre persönliche Portion der Freiheit.
Ihre Gedanken wandern zu den frühlingsfrischen Parks und Gärten: dort blüht inzwischen alles auf das Feinste und der Duft der Blüten durchströmt lebhaft ihre Vorstellung.
Während sie so träumt, klingen klar und etwas holprig die Töne eines Klaviers zu ihr ins Atelier: einige Etagen tiefer versucht sich jemand an Claude Debussys "Clair de Lune".
Sie kennt den 3. Satz dessen "Suite Bergamasque" sehr gut. Ihre Tochter Marguerite, inzwischen eine bekannte Pianistin, spielt ihn immer wieder gern - und weniger stolpernd, als er jetzt hier erklingt.
Sie erinnerte sich sogar dunkel an das Gedicht von Paul Verlaine, das zu diesem Stück Musik Pate stand.
"Clair de Lune" - Mondschein - denkt sie: "Wie schön!"
Doch sind ihre Gefühle noch ganz in ihrer duftenden Frühlingsphantasie und hellem Tageslicht voller Sonne gefangen.
"Clair de Jour" ging ihr plötzlich durch den Sinn.
Hatte sie nicht die Möglichkeit einer eigenen Parfumherstellung und die besten Mitarbeiter, um diesen sehnsuchtsvollen Frühsommerduft vielen Frauen ganzjährig schenken zu können?
"Clair de Jour" ...
Natürlich war Jeanne Lanvin schon lange nur noch Erinnerung, als "Clair de Jour" vom Haus Lanvin auf den Markt gebracht wurde.
Und doch erzählte mir das erste Sprühen dieses Duftes eine ganze Geschichte, die darin enthalten sein könnte.
Angelliese hat mir eine großzügige Abfüllung geschickt, so dass ich immer wieder an die Schönheit eines duftenden Sommertages erinnert werde.
Diese wunderbar leichte Duft eröffnet mit strahlenden Aldehyden (die Sonne stand hier Pate), Bergamotte grüßt die sie begleitenden, leicht schwebenden Grüntöne. Hyazinthe und die süß-sämig duftende Robinie leisten ihnen Gesellschaft. So entsteht eine blumig-grüne Begrüßung, die auf den nächsten Schritt neugierig macht.
Der immer etwas herbe eigene Duft des Alpenveilchens vereint sich mit den weißblühenden Begleitern:
das zarte Aroma der wächsernen Magnolienblüte, einige Zweige vollerblühten Jasmins, das von mir sehr geliebte Maiglöckchen und die hoheitsvolle Rose!
Sie alle verströmen die Verlockung eines Frühsommertages, an dem die noch zärtliche Sonne die Blüten küsst und diese dazu bringt, ihre Farben und Düfte verschwenderisch zu verschenken.
Doch was wären Grün und Blüten oder Erde und Hölzer? Nur ein schneller lieblicher Dufthauch, ohne jede Basis - entschwunden, ehe richtig erfasst.
Diese Basis schafft hier das tiefdunkle Eichenmoos - Erde und Feuchtigkeit verbreitend.
Je eine gut dosierte Gabe Moschus und Zibet umarmen, gemeinsam mit Sandelholz und der Würze des Zedernholzes, diese großartige Duftkomposition.
"Clair de Jour" ist weiblich und elegant, leicht und tiefgründig - reizvoll wie ein duftschwangerer Frühsommertag!
Es ist ein Duft, der zart begleitet, sich nach ein paar Stunden zu einem Hauch von Blüten und Hölzern verabschiedet und ohne Probleme wieder aufgefrischt werden kann.
"Clair de Jour" ist leichtfüßig und leise: ein treuer Begleiter durch jeden Tag.
Der Glasflacon ist Lanvin-typisch, besonders das ans Art Deco erinnernde "Pfauenrad" darauf passt sehr gut zu diesem duftigen Kunstwerk.
"Clair de Jour" verbreitet Wohlbehagen. Je näher ich es kennenlernen darf, desto mehr spricht es mich an.
Es erzählt Geschichten - und Geschichten liebe ich nun einmal!
Mein Dank an Angelliese, die mir auch diesen herrlichen Duft nähergebracht hat.
Diese Linien fügen sich harmonisch zu dem Entwurf eines zauberhaften Sommerkleides; genauso wie es ihr vorschwebt.
Ein Ballen des leichten, bunt bedruckten Voiles müsste noch da sein.
Sie schaut auf das Regal mit den Stoffen - ja, richtig: da liegt der Stoff.
Sie lächelt.
Obwohl sie inzwischen eine erfolgreiche Unternehmerin geworden ist, liebt sie diese ruhigen Stunden in ihrem alten, kleinen Atelier, hoch über den Dächern von Paris.
Wie gern schaut sie aus den großen Fenstern über diese Stadt; sie kennt sie zu jeder Jahreszeit und genießt diesen Ausblick immer wieder.
(So wie Remy, die Feinschmecker-Ratte aus "Rattatouille" es sehr viel später auch tun wird.)
Hier stehen die alten Holzregale mit ihren Lieblingsstoffen, die alte Schneiderpuppe - immer noch zur ersten Probe am liebsten -, ihre Nähmaschine: eben alles, was sie für ihre geliebte Arbeit so braucht.
Die ersten wärmenden Sonnenstrahlen recken ihre goldenen Finger in den Raum. Feine Staubpartikelchen tanzen in ihnen. Versonnen schaut sie diesem Spiel des Lichts zu.
Plötzlich hört sie die vorwurfsvolle Stimme ihrer Mutter: "Jeanne! Du träumst schon wieder! Was soll nur aus Dir werden?"
Als ältestes von elf Kindern musste sie schon früh die Kindheit hinter sich lassen. Schon mit elf Jahren arbeitete sie als Laufmädchen, dann als Schneiderin, schließlich als Modistin.
Als sehr angesagte Modistin. (Heute würde man sagen: sie polarisierte!)
Als erste Modeschöpferin ihrer Zeit führte sie die Jugend in die Mode ein: Kinderkleider in zarten und fröhlichen Farben, in einfachen und unschuldig-kindgerechten Schnitten.
1926 gründete sie das erste Modehaus für die ganze Familie; selbst für Herrenmode interessierte sie sich inzwischen.
Und doch genießt sie hier über den Dächern ihrer Stadt ihre persönliche Portion der Freiheit.
Ihre Gedanken wandern zu den frühlingsfrischen Parks und Gärten: dort blüht inzwischen alles auf das Feinste und der Duft der Blüten durchströmt lebhaft ihre Vorstellung.
Während sie so träumt, klingen klar und etwas holprig die Töne eines Klaviers zu ihr ins Atelier: einige Etagen tiefer versucht sich jemand an Claude Debussys "Clair de Lune".
Sie kennt den 3. Satz dessen "Suite Bergamasque" sehr gut. Ihre Tochter Marguerite, inzwischen eine bekannte Pianistin, spielt ihn immer wieder gern - und weniger stolpernd, als er jetzt hier erklingt.
Sie erinnerte sich sogar dunkel an das Gedicht von Paul Verlaine, das zu diesem Stück Musik Pate stand.
"Clair de Lune" - Mondschein - denkt sie: "Wie schön!"
Doch sind ihre Gefühle noch ganz in ihrer duftenden Frühlingsphantasie und hellem Tageslicht voller Sonne gefangen.
"Clair de Jour" ging ihr plötzlich durch den Sinn.
Hatte sie nicht die Möglichkeit einer eigenen Parfumherstellung und die besten Mitarbeiter, um diesen sehnsuchtsvollen Frühsommerduft vielen Frauen ganzjährig schenken zu können?
"Clair de Jour" ...
Natürlich war Jeanne Lanvin schon lange nur noch Erinnerung, als "Clair de Jour" vom Haus Lanvin auf den Markt gebracht wurde.
Und doch erzählte mir das erste Sprühen dieses Duftes eine ganze Geschichte, die darin enthalten sein könnte.
Angelliese hat mir eine großzügige Abfüllung geschickt, so dass ich immer wieder an die Schönheit eines duftenden Sommertages erinnert werde.
Diese wunderbar leichte Duft eröffnet mit strahlenden Aldehyden (die Sonne stand hier Pate), Bergamotte grüßt die sie begleitenden, leicht schwebenden Grüntöne. Hyazinthe und die süß-sämig duftende Robinie leisten ihnen Gesellschaft. So entsteht eine blumig-grüne Begrüßung, die auf den nächsten Schritt neugierig macht.
Der immer etwas herbe eigene Duft des Alpenveilchens vereint sich mit den weißblühenden Begleitern:
das zarte Aroma der wächsernen Magnolienblüte, einige Zweige vollerblühten Jasmins, das von mir sehr geliebte Maiglöckchen und die hoheitsvolle Rose!
Sie alle verströmen die Verlockung eines Frühsommertages, an dem die noch zärtliche Sonne die Blüten küsst und diese dazu bringt, ihre Farben und Düfte verschwenderisch zu verschenken.
Doch was wären Grün und Blüten oder Erde und Hölzer? Nur ein schneller lieblicher Dufthauch, ohne jede Basis - entschwunden, ehe richtig erfasst.
Diese Basis schafft hier das tiefdunkle Eichenmoos - Erde und Feuchtigkeit verbreitend.
Je eine gut dosierte Gabe Moschus und Zibet umarmen, gemeinsam mit Sandelholz und der Würze des Zedernholzes, diese großartige Duftkomposition.
"Clair de Jour" ist weiblich und elegant, leicht und tiefgründig - reizvoll wie ein duftschwangerer Frühsommertag!
Es ist ein Duft, der zart begleitet, sich nach ein paar Stunden zu einem Hauch von Blüten und Hölzern verabschiedet und ohne Probleme wieder aufgefrischt werden kann.
"Clair de Jour" ist leichtfüßig und leise: ein treuer Begleiter durch jeden Tag.
Der Glasflacon ist Lanvin-typisch, besonders das ans Art Deco erinnernde "Pfauenrad" darauf passt sehr gut zu diesem duftigen Kunstwerk.
"Clair de Jour" verbreitet Wohlbehagen. Je näher ich es kennenlernen darf, desto mehr spricht es mich an.
Es erzählt Geschichten - und Geschichten liebe ich nun einmal!
Mein Dank an Angelliese, die mir auch diesen herrlichen Duft nähergebracht hat.
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