11.06.2021 - 19:23 Uhr
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Das Prinzip der Resonanz
Sicherlich ist Euch die Auffassung geläufig, dass das, was von außen auf uns zukommt, ein Spiegel unseres Inneren sei. Es gibt auch einige Sprüche dazu. Einer der einfachsten und auf Beziehungen verkürzte wäre, wie man in den Wald hineinrufe, so schalle es heraus. Die Idee, nach dem Resonanzprinzip Dinge anzuziehen, geht aber bishin zu der Vorstellung, die eigenen Wünsche an das Universum zu formulieren, damit sie sich dann erfüllten.
Manchmal scheinen wir allerdings, ohne dass wir es wünschen, eine Reihe ähnlicher Ereignisse anzuziehen, von denen wir normalerweise annehmen würden, dass sie nichts mit uns zu tun haben. Wieso z.B., schenkt meine Mutter mir seit etwa 20 Jahren mindestens jedes zweite Kleidungsstück in Lila? Lila steht mir überhaupt nicht und ich verstehe nicht, wieso sie es nicht auch zu sehen scheint. Selbst nachdem ich bestimmt schon 40 mal erwähnt habe, dass Lila mir nicht steht und ich es abgesehen davon auch nicht so gern mag, bekomme ich immer wieder lilafarbene Kleidungsstücke geschenkt. Sieht meine Mutter etwas in mir, das ich selbst nicht in mir sehe, und das sie in Lila übersetzt? Spätestens in dem Moment als noch jemand anderes mir ein lilafarbenes, eigens für mich mit Seidenmalerei selbst gestaltetes Seidenhalstuch schenkte, dachte ich, das sei doch absurd, da könne doch was nicht stimmen. Habe ich da einen blinden Fleck? Repräsentiere ich die Farbe Lila? Oder repräsentiere ich einen Mangel an Lila? Da kann man doch wirklich ins (Ver)zweifeln kommen!
Aber wozu die lange Vorrede?
Weil es mir mit Rosendüften - fast - genauso geht. Im Gegensatz zu Lila bei Kleidungsstücken mag ich den Duft von Rosen in Gärten und der freien Natur sehr gern. In Parfums allerdings, ist es schon etwas schwieriger: Oftmals rieche ich, wenn Rose angegeben ist, nicht wirklich Rose, sondern nur etwas unspezifisch Blumiges oder Rosengeranie, die ich meist unattraktiv und etwas trübsinnig altbacken finde. Ich habe diesem Phänomen schon vor Jahren einen Blogartikel gewidmet. Es gibt aber auch Düfte, in denen ich Rose als Rose rieche, wobei mir da die frischen, zitrisch angehauchten Rosen am besten gefallen. Doch so schön ich Rosen und ihren Duft draußen finde, in Parfums finde ich sie tendenziell langweilig, insbesondere wenn sie in Richtung Soliflor gehen.
Aber genau wie die Farbe Lila wollen stetig Rosendüfte zu mir. Sie werden mir mit frappierender Häufigkeit zum Tausch angeboten oder als Gratispröbchen mitgeschickt. Bei den Rosen merke ich jedoch inzwischen, dass ich wahrscheinlich "ROSEN!" in Wald gerufen habe, ohne mir dessen bewusst zu sein.
Während ich unzählige Rosendüfte schnell verworfen habe, habe ich wunderlicher Weise inzwischen doch gleich vier sehr verschiedene, dazu noch Fast-Soliflors davon in meiner Sammlung, angefangen mit Valentino Donna Rosa Verde über Roses Elixir hin zu Secret Rose und Nin-Shar. Ich schätze sie sehr und möchte sie alle vier nicht mehr missen. Irgendwann kommt hoffentlich noch Nummer 5 dazu, Rose Jam.
Nun wären wir endlich bei der Duftbeschreibung gelandet. Wieso kann Rose Jam mich überzeugen?
Nun ja, das war gar nicht so leicht, denn Rose Jam beginnt säuerlich-vergoren. Der Vergleich, den andere hier zu Sí zogen, kann ich deshalb sehr gut nachvollziehen. Der Eindruck, jemand hätte seinen Alkopop versehentlich über meinen Unterarm gegossen, stellte sich adhoc genau wie bei Sí ein. Im Gegensatz zu Sí hält diese vergorene Note bei Rose Jam zum Glück deutlich weniger lang und nimmt zudem auch schon nach kurzer Zeit sehr an Intensität ab. Dafür hat Rose Jam im Auftakt noch einen komischen Unterton von altem Speiseöl dabei. Das ist sicherlich die Rosengeranie, meine alte Spielverderberin, die da durchscheint.
Dahinter kommt zur Rettung schon in den allerersten Minuten eine freundliche, intensive, aber dennoch transparente Rose zum Vorschein, die weder den tendenziell schweren, voluminösen Anschein typischer, bulgarischer Rosen erweckt, noch die zitrische Leichtigkeit einer in meiner Vorstellung hellen, gelben Rose. Die Rose von Rose Jam stelle ich mir rot und ungefüllt vor, und vom Duftcharakter her in der Mitte der beiden oben beschriebenen.
Rose Jam beinhaltet nicht ohne Grund das Wort Jam. Die Rose ist in fruchtige Marmelade eingekocht. Welche Frucht ist das? Am ehesten könnte ich einen Hauch von Erdbeermarmelade ausmachen. Sie ist wunderbar süß, eben marmeladensüß, nicht traubenzuckersüß, nicht angebrannt maltolsüß, nicht seltsam zuckerersatzstoffsüß. Zu der Süße kommt noch ein gutes Maß Moschus der angenehmen Art, nicht stickig, auch nicht pudrig und ohne Plastikanmutung.
Im Verlauf gefällt Rose Jam mir immer besser, denn das Vergorene ist nach 20 Minuten nur noch feine Fruchtsäure und nach einer Stunde ganz verschwunden. Die Rosengeranie mit ihrer Speiseöldepression ist schon ganz am Anfang in die Flucht geschlagen worden.
Einen weiteren Verlauf kann ich zunächst nicht erkennen. Rose Jam bleibt über 5-6 Stunden einfach herrlich süße Rosenmarmelade mit einen feinen Anteil Erdbeeren und Moschus.
Am nächsten Tag jedoch entdecke ich, dass offensichtlich auch etwas Zimt mit von der Partie war. Ich ziehe mich an und denke spontan: Wow, habe ich gestern Franzbrötchen gegessen? Meine Bluse duftet so köstlich danach. Ich hatte kein Franzbrötchen gegessen, es muss der Rest von Rose Jam gewesen sein.
Zweierlei bleibt noch zu sagen: Danke MelOn für die überzeugende Probe. Und - die Bluse war natürlich nicht lila.
Update vom 13. Juni 2021: Ich hatte nun auch die aktuelle Variante des Duftes aus dem eckigen Flakon, "made by Andrzej on the 21/11/20", unter der Nase und die ist deutlich anders! Sie ist sehr viel weniger fruchtig, sehr viel weniger süß, sehr viel weniger säuerlich und hat dabei mehr Rosengeranie. In meiner Nase duftet sie nun besonders in der Kopfnote auch nach Zitronenmelisse. Dafür ist der Speiseöl-Faktor weg. Im Verlauf stellt sich bei mir der Eindruck ein, es sei ein anderer Moschusriechstoff verwendet worden und zudem Heliotrop. Insgesamt ist somit der der Schwerpunkt sehr deutlich weg von fruchtig-süß hin zu blumig-pudrig verschoben. Die Intensität ist bei der neuen Version auch insgesamt geringer. Mir gefällt die alte Version um Längen besser und das, obwohl ich doch eigentlich eine Blumenfreundin bin. Mir ist hier das Alleinstellungsmerkmal verloren gegangen. Kurz gesagt: Where's the jam?
Manchmal scheinen wir allerdings, ohne dass wir es wünschen, eine Reihe ähnlicher Ereignisse anzuziehen, von denen wir normalerweise annehmen würden, dass sie nichts mit uns zu tun haben. Wieso z.B., schenkt meine Mutter mir seit etwa 20 Jahren mindestens jedes zweite Kleidungsstück in Lila? Lila steht mir überhaupt nicht und ich verstehe nicht, wieso sie es nicht auch zu sehen scheint. Selbst nachdem ich bestimmt schon 40 mal erwähnt habe, dass Lila mir nicht steht und ich es abgesehen davon auch nicht so gern mag, bekomme ich immer wieder lilafarbene Kleidungsstücke geschenkt. Sieht meine Mutter etwas in mir, das ich selbst nicht in mir sehe, und das sie in Lila übersetzt? Spätestens in dem Moment als noch jemand anderes mir ein lilafarbenes, eigens für mich mit Seidenmalerei selbst gestaltetes Seidenhalstuch schenkte, dachte ich, das sei doch absurd, da könne doch was nicht stimmen. Habe ich da einen blinden Fleck? Repräsentiere ich die Farbe Lila? Oder repräsentiere ich einen Mangel an Lila? Da kann man doch wirklich ins (Ver)zweifeln kommen!
Aber wozu die lange Vorrede?
Weil es mir mit Rosendüften - fast - genauso geht. Im Gegensatz zu Lila bei Kleidungsstücken mag ich den Duft von Rosen in Gärten und der freien Natur sehr gern. In Parfums allerdings, ist es schon etwas schwieriger: Oftmals rieche ich, wenn Rose angegeben ist, nicht wirklich Rose, sondern nur etwas unspezifisch Blumiges oder Rosengeranie, die ich meist unattraktiv und etwas trübsinnig altbacken finde. Ich habe diesem Phänomen schon vor Jahren einen Blogartikel gewidmet. Es gibt aber auch Düfte, in denen ich Rose als Rose rieche, wobei mir da die frischen, zitrisch angehauchten Rosen am besten gefallen. Doch so schön ich Rosen und ihren Duft draußen finde, in Parfums finde ich sie tendenziell langweilig, insbesondere wenn sie in Richtung Soliflor gehen.
Aber genau wie die Farbe Lila wollen stetig Rosendüfte zu mir. Sie werden mir mit frappierender Häufigkeit zum Tausch angeboten oder als Gratispröbchen mitgeschickt. Bei den Rosen merke ich jedoch inzwischen, dass ich wahrscheinlich "ROSEN!" in Wald gerufen habe, ohne mir dessen bewusst zu sein.
Während ich unzählige Rosendüfte schnell verworfen habe, habe ich wunderlicher Weise inzwischen doch gleich vier sehr verschiedene, dazu noch Fast-Soliflors davon in meiner Sammlung, angefangen mit Valentino Donna Rosa Verde über Roses Elixir hin zu Secret Rose und Nin-Shar. Ich schätze sie sehr und möchte sie alle vier nicht mehr missen. Irgendwann kommt hoffentlich noch Nummer 5 dazu, Rose Jam.
Nun wären wir endlich bei der Duftbeschreibung gelandet. Wieso kann Rose Jam mich überzeugen?
Nun ja, das war gar nicht so leicht, denn Rose Jam beginnt säuerlich-vergoren. Der Vergleich, den andere hier zu Sí zogen, kann ich deshalb sehr gut nachvollziehen. Der Eindruck, jemand hätte seinen Alkopop versehentlich über meinen Unterarm gegossen, stellte sich adhoc genau wie bei Sí ein. Im Gegensatz zu Sí hält diese vergorene Note bei Rose Jam zum Glück deutlich weniger lang und nimmt zudem auch schon nach kurzer Zeit sehr an Intensität ab. Dafür hat Rose Jam im Auftakt noch einen komischen Unterton von altem Speiseöl dabei. Das ist sicherlich die Rosengeranie, meine alte Spielverderberin, die da durchscheint.
Dahinter kommt zur Rettung schon in den allerersten Minuten eine freundliche, intensive, aber dennoch transparente Rose zum Vorschein, die weder den tendenziell schweren, voluminösen Anschein typischer, bulgarischer Rosen erweckt, noch die zitrische Leichtigkeit einer in meiner Vorstellung hellen, gelben Rose. Die Rose von Rose Jam stelle ich mir rot und ungefüllt vor, und vom Duftcharakter her in der Mitte der beiden oben beschriebenen.
Rose Jam beinhaltet nicht ohne Grund das Wort Jam. Die Rose ist in fruchtige Marmelade eingekocht. Welche Frucht ist das? Am ehesten könnte ich einen Hauch von Erdbeermarmelade ausmachen. Sie ist wunderbar süß, eben marmeladensüß, nicht traubenzuckersüß, nicht angebrannt maltolsüß, nicht seltsam zuckerersatzstoffsüß. Zu der Süße kommt noch ein gutes Maß Moschus der angenehmen Art, nicht stickig, auch nicht pudrig und ohne Plastikanmutung.
Im Verlauf gefällt Rose Jam mir immer besser, denn das Vergorene ist nach 20 Minuten nur noch feine Fruchtsäure und nach einer Stunde ganz verschwunden. Die Rosengeranie mit ihrer Speiseöldepression ist schon ganz am Anfang in die Flucht geschlagen worden.
Einen weiteren Verlauf kann ich zunächst nicht erkennen. Rose Jam bleibt über 5-6 Stunden einfach herrlich süße Rosenmarmelade mit einen feinen Anteil Erdbeeren und Moschus.
Am nächsten Tag jedoch entdecke ich, dass offensichtlich auch etwas Zimt mit von der Partie war. Ich ziehe mich an und denke spontan: Wow, habe ich gestern Franzbrötchen gegessen? Meine Bluse duftet so köstlich danach. Ich hatte kein Franzbrötchen gegessen, es muss der Rest von Rose Jam gewesen sein.
Zweierlei bleibt noch zu sagen: Danke MelOn für die überzeugende Probe. Und - die Bluse war natürlich nicht lila.
Update vom 13. Juni 2021: Ich hatte nun auch die aktuelle Variante des Duftes aus dem eckigen Flakon, "made by Andrzej on the 21/11/20", unter der Nase und die ist deutlich anders! Sie ist sehr viel weniger fruchtig, sehr viel weniger süß, sehr viel weniger säuerlich und hat dabei mehr Rosengeranie. In meiner Nase duftet sie nun besonders in der Kopfnote auch nach Zitronenmelisse. Dafür ist der Speiseöl-Faktor weg. Im Verlauf stellt sich bei mir der Eindruck ein, es sei ein anderer Moschusriechstoff verwendet worden und zudem Heliotrop. Insgesamt ist somit der der Schwerpunkt sehr deutlich weg von fruchtig-süß hin zu blumig-pudrig verschoben. Die Intensität ist bei der neuen Version auch insgesamt geringer. Mir gefällt die alte Version um Längen besser und das, obwohl ich doch eigentlich eine Blumenfreundin bin. Mir ist hier das Alleinstellungsmerkmal verloren gegangen. Kurz gesagt: Where's the jam?
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