"Ein Eau für die ganze Familie, frisch und angenehm, ohne Allergene hergestellt."
Das steht so auf der Website von Phaedon und ich höre aus der anderen Ecke des Raumes die Frage: „Was grinst du denn so komisch?“
Nun ja, ich sehe was, was du nicht siehst und das ist Familie Phaedon, die gerade vor meinem inneren Auge erscheint, Papa, Mama, die 13-jährige, pubertierende Tochter und der etwas dickliche 7-jährige Sohn, wie sie gerade konsumbereit und amüsierwillig durch die Fußgängerzone einer mitteleuropäischen Großstadt wandern und nur durch das Band des sie verbindenden Duftes zusammengehalten werden. Eigentlich mag die Tochter bei solchen Ausgängen längst nicht mehr dabei sein, aber seit es das Eau von Phaedon gibt, macht ihr das sogar wieder richtig Spaß… weil es so frisch und angenehm riecht. Grrmmpff… muhahaha!
Irgendwie passt sowas mehr zu Nivea oder evtl. zu The Body Shop als zu einer Duftmarke, wie es Phaedon eine ist und ich weiß eines mit Sicherheit: Ich bin nicht auf der Suche nach dem Duft für die ganze Familie. Überhaupt gar nicht. Und wenn er noch so frisch und angenehm röche.
Und wie riecht jetzt diese Phaedon-Familie?
Nicht nur sauber, sondern rein. Ganz gewiss. Frisch und angenehm, so steht es ja auch da. Phaedon macht tolle Düfte und das ist schlicht und einfach das „Eau“ - würde ich nur dieses kennen, dann würde ich nicht auf eine außergewöhnliche Parfummarke schließen. L’Eau de Phaedon ist einwandfrei und schön gemacht. Ich brauche die Duftkomponenten nicht nachzubeten, aber um eine Vorstelllung zu geben: Es geht stark in Richtung eines klassischen Colognes, nur dass die Zitrusnote am Anfang etwas abgeschwächt wurde zugunsten des doch recht deutlichen Jasmins. Moschus und die grünen Noten schmieren das Ganze irgendwie weich zusammen und da schaut keine spitze Kante irgendwo hervor, das ist glatt und abgerundet. Da wird in der Tat ein eleganter, schön geschwungener Bogen in die Luft gezeichnet, der Duft ist rund, frisch und kühl und stellt so etwas wie eine Verfeinerung von Duftnoten dar, die man aus sauber-blütenduftenden Weichspülern und Waschmitteln kennt, der Art, wie ich sie im Süden öfter erhasche. Weichspüler war jetzt nicht abwertend gemeint, ist aber wohl dennoch der Preis, den man für „Für die ganze Familie“ zu zahlen hat, die Erotik frisch gewaschener Wäsche und die Markanz eines Waschmittels „ohne Allergene“. Das ist ja löblich, aber darauf extra hinzuweisen - bedeutet das nicht, dass die anderen Phaedon-Düfte, äh, - mit Allergenen... ?
Dieser erste Satz macht irgendwie alles kaputt und andrerseits stimmt er halt auch. Hätte es den Duft vor, sagen wir mal, 20 Jahren schon gegeben und ich hätte ihn gekannt, dann hätte ich sicherlich ein oder sogar mehrere Fläschchen davon leeren können, falls der Luxus für mich erschwinglich gewesen wäre. Diese grauen Apothekerfläschchen sehen in meinen Augen auch recht gut aus, wie die von „Grey Flannel“ in etwa. Und es riecht halt wirklich so frisch und angenehm. Im Englischen heißt „suave“ aber auch glatt, sogar „gelackt", also ein bisschen zu glatt. Zu glatt für mich jedenfalls. Offensichtlich brauche ich heute stärkere Reize oder einfach etwas klarere Statements, als bloß frisch und angenehm. Ich komme nicht davon los, es ist so wahr! Auch jetzt trage ich ihn und da nervt nichts, alles ist handwerklich gekonnt und schön, aber auch ein wenig überflüssig. Ich muss mir eingestehen, und ich erfahre es immer deutlicher, dass ich auch bei Düften nach „Kunst“ suche, was auch immer das sein mag. Bloßes Handwerk ist es jedenfalls nicht. Und es ist mehr als frisch und angenehm. Und es ist auf keinen Fall für die ganze Familie.