25.09.2024 - 08:37 Uhr

ElAttarine
82 Rezensionen

ElAttarine
Top Rezension
42
only after dark
Ein abgelegenes Kaff hinter der Grenze nach Mexiko. Es ist Nacht, die weißen Tuberosen verströmen ihren Duft in die Dunkelheit, als ob er leuchten könnte. Und es ist heiß. Im Titty Twister, der Tabledance-Bar, tanzt sie mit einer weißen Schlange um ihren Hals und Körper, in langsamen, lasziven, erotischen Bewegungen. Die Musik ist genauso aufreizend langsam; der Rhythmus nimmt mit seinen Bewegungen den Sex imaginativ vorweg. Ihr Kopfschmuck, den sie später langsam ablegt, und ihr knapper Bikini sind mit Edelsteinen besetzt. Ihr Blick ist dunkel, verführerisch. Lockend, aber ohne von sich etwas preiszugeben. Wie ein entferntes Feuer tief hinter ihren Augen. Das (männliche) Publikum schaut ihr hypnotisiert zu. Selma Hayek als Santanico Pandemonium. Die meisten wissen noch nicht, was ihnen blüht, wenn sie ihrer Macht verfallen…
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„Tubereuse Lazuli“ könnte der Duft zu dieser Szene aus Robert Rodriguez‘ „From Dusk till Dawn” (1996) sein. Es ist für mich ein Nachtduft und natürlich nur für Tuberosenliebhaber:innen geeignet. Hauptdarstellerin ist eine sehr deutliche, aber höchst elegante Tuberose, kaum indolisch, was ich zuerst kurz schade fand. Trotzdem oder gerade deswegen ist er aber sehr verführerisch. Chypreartig, wie in der Einordnung angegeben, finde ich ihn überhaupt nicht, die Bergamotte in der Kopfnote versteckt sich vor mir, höchstens ist der Beginn ein Hauch aldehydisch. Und dann geht es direkt los mit der Tuberose, deren Blütenduft hier sehr authentisch erscheint, Jasmin mischt sich verstärkend dazu. Auf Osmanthus wäre ich nicht gekommen, vielleicht steuert er etwas Weiches bei, das mir hier gefällt. Im Ganzen vereint der Duft etwas einerseits Edelsteinklares und dabei doch Weiches. Am Ende wartet eine schöne weich-sandelholzige Basis. Einzig eine Spur erdig-rauchiges Patchouli vermag noch das Gefährliche wieder aufzurufen – knocking on devil’s door…
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Tuberose ist ja immer ein sehr sinnlicher Duft, der Hemmungen lösen kann – vielleicht auch solche, die man im Alltag lieber behalten wollte… Daher ist es verständlich, wenn er wegen der enthemmenden Wirkung abgelehnt wird. Sie stammt ursprünglich aus Mexiko, wird aber auch in Indien schon lange kultiviert und verwendet, unter anderem in Hochzeitszeremonien. Der Hindi- Name ist “Rajnigandha”, der Duft, der aus der Nacht kommt. In Europa war sie in der frühen Neuzeit verboten, weil befürchtet wurde, sie könne junge Frauen verderben und spontane Orgasmen auslösen…
„Tubereuse Lazuli“ (2024) ist als Duft wohl nicht wirklich neu, aber von guter Qualität. Er gehört zu Chloés Fleur-de-Nuit-Kollektion. Auf der Homepage heißt es: „In den frühen Morgenstunden frisch und grün, wird der Duft der Tuberose abends immer dichter und berauschender. Um diese betörende Sinnlichkeit einzufangen, hat Parfümeur Jean-Christophe Hérault die indische Tuberose mit berauschendem Jasmin kombiniert.“ Interessanterweise liegt dieselbe Idee schon Bulgaris „Splendida - Tubereuse Mystique“ von 2019 zugrunde, wie ein Interview mit Parfumeurin Sophie Labbé von 2020 erläutert: „In Indien, wo die Pflanze wächst und angebaut wird, finden Halsketten aus ihren Knospen Verwendung bei religiösen Zeremonien. Dafür pflückt man die Blüten morgens, ehe sie sich öffnen. Ebenso verfuhr man bisher mit den für die Parfumherstellung gedachten Blüten. Inspiriert von der Farbe des Flakons kam im Parfumteam die Idee auf, den Erntezeitpunkt auf die Dämmerung, die berühmte ‚l‘heure bleu‘, zu verlegen. Eine Probeernte zeigte: Der Unterschied ist enorm. Labbé hält für die Journalistin zwei Proben bereit: ‚Morgens ist der Duft frisch und grün, abends viel cremiger, intensiver und sinnlicher‘, so Parfumeurin Labbé.“ „Splendida - Tubereuse Mystique“ kenne ich leider noch nicht, demnächst muss ich wohl mal weitere Tuberosenduftforschung betreiben…
„Tubereuse Lazuli“ ist von guter, aber nicht ausufernder Haltbarkeit, aber das ist ja mittlerweile fast ein Qualitätszeichen. Und auch die Sillage strahlt nicht atomar, was ich im Fall von Tuberose eher gut finde und den Duft tragbarer macht. Und verführerischer.
“I'm not going to drain you completely. …Welcome to slavery!”
Ganz klarer Fall, das ist die Musik dazu:
https://www.youtube.com/watch?v=UTCbnJLYQA8
Und hier mit Santanico Pandemoniums Tanz…
https://www.youtube.com/watch?v=1-g2LECVXgc
NZZ-Interview über Tubereuse Mystique (Bulgari) vom 5.1.2020:
https://bellevue.nzz.ch/mode-beauty/die-tuberose-fuer-den-neuen-duft-von-bulgari-wird-abends-gepflueckt-ld.1530004
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„Tubereuse Lazuli“ könnte der Duft zu dieser Szene aus Robert Rodriguez‘ „From Dusk till Dawn” (1996) sein. Es ist für mich ein Nachtduft und natürlich nur für Tuberosenliebhaber:innen geeignet. Hauptdarstellerin ist eine sehr deutliche, aber höchst elegante Tuberose, kaum indolisch, was ich zuerst kurz schade fand. Trotzdem oder gerade deswegen ist er aber sehr verführerisch. Chypreartig, wie in der Einordnung angegeben, finde ich ihn überhaupt nicht, die Bergamotte in der Kopfnote versteckt sich vor mir, höchstens ist der Beginn ein Hauch aldehydisch. Und dann geht es direkt los mit der Tuberose, deren Blütenduft hier sehr authentisch erscheint, Jasmin mischt sich verstärkend dazu. Auf Osmanthus wäre ich nicht gekommen, vielleicht steuert er etwas Weiches bei, das mir hier gefällt. Im Ganzen vereint der Duft etwas einerseits Edelsteinklares und dabei doch Weiches. Am Ende wartet eine schöne weich-sandelholzige Basis. Einzig eine Spur erdig-rauchiges Patchouli vermag noch das Gefährliche wieder aufzurufen – knocking on devil’s door…
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Tuberose ist ja immer ein sehr sinnlicher Duft, der Hemmungen lösen kann – vielleicht auch solche, die man im Alltag lieber behalten wollte… Daher ist es verständlich, wenn er wegen der enthemmenden Wirkung abgelehnt wird. Sie stammt ursprünglich aus Mexiko, wird aber auch in Indien schon lange kultiviert und verwendet, unter anderem in Hochzeitszeremonien. Der Hindi- Name ist “Rajnigandha”, der Duft, der aus der Nacht kommt. In Europa war sie in der frühen Neuzeit verboten, weil befürchtet wurde, sie könne junge Frauen verderben und spontane Orgasmen auslösen…
„Tubereuse Lazuli“ (2024) ist als Duft wohl nicht wirklich neu, aber von guter Qualität. Er gehört zu Chloés Fleur-de-Nuit-Kollektion. Auf der Homepage heißt es: „In den frühen Morgenstunden frisch und grün, wird der Duft der Tuberose abends immer dichter und berauschender. Um diese betörende Sinnlichkeit einzufangen, hat Parfümeur Jean-Christophe Hérault die indische Tuberose mit berauschendem Jasmin kombiniert.“ Interessanterweise liegt dieselbe Idee schon Bulgaris „Splendida - Tubereuse Mystique“ von 2019 zugrunde, wie ein Interview mit Parfumeurin Sophie Labbé von 2020 erläutert: „In Indien, wo die Pflanze wächst und angebaut wird, finden Halsketten aus ihren Knospen Verwendung bei religiösen Zeremonien. Dafür pflückt man die Blüten morgens, ehe sie sich öffnen. Ebenso verfuhr man bisher mit den für die Parfumherstellung gedachten Blüten. Inspiriert von der Farbe des Flakons kam im Parfumteam die Idee auf, den Erntezeitpunkt auf die Dämmerung, die berühmte ‚l‘heure bleu‘, zu verlegen. Eine Probeernte zeigte: Der Unterschied ist enorm. Labbé hält für die Journalistin zwei Proben bereit: ‚Morgens ist der Duft frisch und grün, abends viel cremiger, intensiver und sinnlicher‘, so Parfumeurin Labbé.“ „Splendida - Tubereuse Mystique“ kenne ich leider noch nicht, demnächst muss ich wohl mal weitere Tuberosenduftforschung betreiben…
„Tubereuse Lazuli“ ist von guter, aber nicht ausufernder Haltbarkeit, aber das ist ja mittlerweile fast ein Qualitätszeichen. Und auch die Sillage strahlt nicht atomar, was ich im Fall von Tuberose eher gut finde und den Duft tragbarer macht. Und verführerischer.
“I'm not going to drain you completely. …Welcome to slavery!”
Ganz klarer Fall, das ist die Musik dazu:
https://www.youtube.com/watch?v=UTCbnJLYQA8
Und hier mit Santanico Pandemoniums Tanz…
https://www.youtube.com/watch?v=1-g2LECVXgc
NZZ-Interview über Tubereuse Mystique (Bulgari) vom 5.1.2020:
https://bellevue.nzz.ch/mode-beauty/die-tuberose-fuer-den-neuen-duft-von-bulgari-wird-abends-gepflueckt-ld.1530004
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