27.09.2024 - 07:25 Uhr

NuiWhakakore
106 Rezensionen

NuiWhakakore
Top Rezension
57
Bekenntnisse eines Lohnparfümeurs
Es war klar, was sie wollen würden, auch vor dem Meeting schon, das hätte man sich auch sparen können, aber solche Meetings sind die einzige Daseinsberechtigung für das Management, also machen sie Meetings. So etwas dauert gerne mal drei Stunden und es gibt nicht mal Häppchen, die wurden wegrationalisiert von einer der Unternehmensberatungen, die hier alle halben Jahre die Prozesse neu optimieren. Die einzig wichtige Information war: wir brauchen etwas Dunkles, maskulines. Wobei maskulin hier natürlich keiner sagt, sie sagen selbstverständlich unisex, nicht weil sie von Gleichberechtigung überzeugt wären, aber 50% potentiellen Marktanteil lässt man sich nicht entgehen, sagt auch das Controlling und letztendlich bestimmen die immer.
Ich übersetze das ganze Marketing-Geseier mal kurz und sage, was erwartet wird:
- neuer Duft, dunkel (aber nicht zu sehr versteht sich)
- schnell, Zeit ist Geld, also nimmt man Bestandteils aus dem Portfolio und mischt die neu
- wichtig: Frucht (Himbeere, Pflaume oder so, läuft doch immer), Vanille, Blümchen, Schnaps
- nicht wichtig: ein innovatives Konzept (Marketing schreibt schon irgendwas dazu)
- ganz unwichtig: Kreativität, Spannung, Kanten
Am Anfang meiner Laufbahn dachte ich ja noch, ich könnte meine kreativen Ideen in den Prozess mit einbringen, aber das hier ist eine Maschine, deren einziger Zweck die Rendite ist. Mit Kreativität läuft die nicht so rund, meint die Führung, also weg damit.
Aber ich habe keine Lust mehr, bei dem Spiel mitzumachen, es ist Zeit für ein wenig Widerstand, etwas Sand im Getriebe. Aus Zeitgründen nehme ich aber dann doch eine etablierte Basis, ich habe heute Abend noch was vor. Dazu kommt: beißender Lack, brennendes Plastik, schmelzendes Vinyl, Rauch, der einem den Atem nimmt. Wollte ich schon so lange Mal machen und man könnte meinen, das geht doch nie durch die Qualitätskontrolle. Ist aber nur ein Problem, wenn man den Laden nicht kennt. Geprüft wird hier nur die Kalkulation und die stimmt, das Zeug ist spottbillig. Worauf es wirklich ankommt, ist etwas anderes, ich nenne es die Illusion der Worte, eine ganz spezielle Magie des glauben Wollens.
Also zunächst Hölzer, aber sie müssen edel sein und auch dunkel, also nehmen wir Ebenholz, da kann sich jeder was drunter vorstellen. Nehmen wir Makassar-Ebenholz, ist sehr selten, also exklusiv. Wir könnten hier auch Eisenholz schreiben, zum Beispiel Mpingo, aber das kennt keiner und zu exotisch darf es dann auch nicht sein. Weiters Harze, da nehme ich gerne Styrax, das hört sich schon so schön dunkel an. Ein paar andere noch dazu, passt. Lack und Vinyl sollten drinstehen, schmorendes Plastik lieber nicht. Damit wäre der Duft eigentlich schon beschrieben, aber für die Marketingleute schreibe ich noch Aprikose (nie wieder im Leben werde ich Himbeere oder Pflaume auch nur schreiben!), Rum und eine Rose dazu. Nehmen wir heute mal eine Pfingstrose, besser noch, schwarze Pfingstrose. Voila, fertig!
Das wird durchgehen, ihr werdet sehen…
----------------------------
Ja, es ging durch und das ist durchaus beachtlich, wenn man sich das Portfolio von Tom Ford so betrachtet. Black Lacquer sticht hier tatsächlich etwas heraus und, soviel vorneweg, im positiven Sinne.
Für meine Begriffe besteht der Duft im Wesentlichen aus zwei Akkorden. Zum einen wäre da ein holzig-harziger Akkord, mit trockenen, würzigen Hölzern und warmen, dezent süßen Harzen. Es raucht auch leicht, ist angenehm abgedunkelt und sanft. Oud Wood lässt hier ganz herzlich grüßen. Der andere Akkord ist eine stechend synthetische Lacknote, gemischt mit schmelzendem Vinyl und kokelndem Plastik. Dem schwingt auch etwas leicht Frisches mit, wohl vom Pfeffer (natürlich schwarz), den man auch aus Noir Anthracite kennt, dort aber wesentlich dominanter eingesetzt wird. Was nicht in dem Duft vorkommt, ist Aprikose, Rum und die Rose, wofür ich sehr dankbar bin. Vetiver und Tannennadeln erkenne ich zwar auch nicht, sie scheinen aber nachvollziehbar.
Viel Entwicklung hat der Duft nicht, zuerst ist der Plastik-Akkord deutlicher, später der Holz-Akkord. Beide bleiben aber immer erkennbar. Meiner Meinung nach hätte man Black Lacquer getrost auch Oud Wood 2.0 nennen können, aber klar, da spielt das Marketing nicht mit. Für mich ist es jedenfalls der bessere Oud Wood und ein Duft, der sehr gut auch von Comme des Garçons sein könnte, wenn ich auch den hier genannte Black nicht als ähnlich sehe (der ist doch sehr viel würziger, im Sinne von Küchengewürzen).
Black Lacquer ist bei aller Synthetik, die man für sich durchaus als stechend und beißend bezeichnen kann, stets sehr sanft und weich, wie letztlich alle Tom Ford Düfte, die ich kenne. Das klingt vielleicht paradox, aber wenn man Holz lackiert, muss das ja auch abgeschliffen sein und darf keine scharfen Kanten haben, sonst reißt der Lack. So gesehen passt er also doch wieder perfekt ins Portfolio.
Ich übersetze das ganze Marketing-Geseier mal kurz und sage, was erwartet wird:
- neuer Duft, dunkel (aber nicht zu sehr versteht sich)
- schnell, Zeit ist Geld, also nimmt man Bestandteils aus dem Portfolio und mischt die neu
- wichtig: Frucht (Himbeere, Pflaume oder so, läuft doch immer), Vanille, Blümchen, Schnaps
- nicht wichtig: ein innovatives Konzept (Marketing schreibt schon irgendwas dazu)
- ganz unwichtig: Kreativität, Spannung, Kanten
Am Anfang meiner Laufbahn dachte ich ja noch, ich könnte meine kreativen Ideen in den Prozess mit einbringen, aber das hier ist eine Maschine, deren einziger Zweck die Rendite ist. Mit Kreativität läuft die nicht so rund, meint die Führung, also weg damit.
Aber ich habe keine Lust mehr, bei dem Spiel mitzumachen, es ist Zeit für ein wenig Widerstand, etwas Sand im Getriebe. Aus Zeitgründen nehme ich aber dann doch eine etablierte Basis, ich habe heute Abend noch was vor. Dazu kommt: beißender Lack, brennendes Plastik, schmelzendes Vinyl, Rauch, der einem den Atem nimmt. Wollte ich schon so lange Mal machen und man könnte meinen, das geht doch nie durch die Qualitätskontrolle. Ist aber nur ein Problem, wenn man den Laden nicht kennt. Geprüft wird hier nur die Kalkulation und die stimmt, das Zeug ist spottbillig. Worauf es wirklich ankommt, ist etwas anderes, ich nenne es die Illusion der Worte, eine ganz spezielle Magie des glauben Wollens.
Also zunächst Hölzer, aber sie müssen edel sein und auch dunkel, also nehmen wir Ebenholz, da kann sich jeder was drunter vorstellen. Nehmen wir Makassar-Ebenholz, ist sehr selten, also exklusiv. Wir könnten hier auch Eisenholz schreiben, zum Beispiel Mpingo, aber das kennt keiner und zu exotisch darf es dann auch nicht sein. Weiters Harze, da nehme ich gerne Styrax, das hört sich schon so schön dunkel an. Ein paar andere noch dazu, passt. Lack und Vinyl sollten drinstehen, schmorendes Plastik lieber nicht. Damit wäre der Duft eigentlich schon beschrieben, aber für die Marketingleute schreibe ich noch Aprikose (nie wieder im Leben werde ich Himbeere oder Pflaume auch nur schreiben!), Rum und eine Rose dazu. Nehmen wir heute mal eine Pfingstrose, besser noch, schwarze Pfingstrose. Voila, fertig!
Das wird durchgehen, ihr werdet sehen…
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Ja, es ging durch und das ist durchaus beachtlich, wenn man sich das Portfolio von Tom Ford so betrachtet. Black Lacquer sticht hier tatsächlich etwas heraus und, soviel vorneweg, im positiven Sinne.
Für meine Begriffe besteht der Duft im Wesentlichen aus zwei Akkorden. Zum einen wäre da ein holzig-harziger Akkord, mit trockenen, würzigen Hölzern und warmen, dezent süßen Harzen. Es raucht auch leicht, ist angenehm abgedunkelt und sanft. Oud Wood lässt hier ganz herzlich grüßen. Der andere Akkord ist eine stechend synthetische Lacknote, gemischt mit schmelzendem Vinyl und kokelndem Plastik. Dem schwingt auch etwas leicht Frisches mit, wohl vom Pfeffer (natürlich schwarz), den man auch aus Noir Anthracite kennt, dort aber wesentlich dominanter eingesetzt wird. Was nicht in dem Duft vorkommt, ist Aprikose, Rum und die Rose, wofür ich sehr dankbar bin. Vetiver und Tannennadeln erkenne ich zwar auch nicht, sie scheinen aber nachvollziehbar.
Viel Entwicklung hat der Duft nicht, zuerst ist der Plastik-Akkord deutlicher, später der Holz-Akkord. Beide bleiben aber immer erkennbar. Meiner Meinung nach hätte man Black Lacquer getrost auch Oud Wood 2.0 nennen können, aber klar, da spielt das Marketing nicht mit. Für mich ist es jedenfalls der bessere Oud Wood und ein Duft, der sehr gut auch von Comme des Garçons sein könnte, wenn ich auch den hier genannte Black nicht als ähnlich sehe (der ist doch sehr viel würziger, im Sinne von Küchengewürzen).
Black Lacquer ist bei aller Synthetik, die man für sich durchaus als stechend und beißend bezeichnen kann, stets sehr sanft und weich, wie letztlich alle Tom Ford Düfte, die ich kenne. Das klingt vielleicht paradox, aber wenn man Holz lackiert, muss das ja auch abgeschliffen sein und darf keine scharfen Kanten haben, sonst reißt der Lack. So gesehen passt er also doch wieder perfekt ins Portfolio.
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