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Top Rezension
Lichtspuren hinter halb geschlossenen Jalousien
Und plötzlich frage ich mich, wie diese Lichtspuren durch die halb geschlossenen Jalousien schlüpfen konnten. Die Nacht liegt kühl auf meinen Schultern und mein Blick verfolgt verschwommen, wie sie durch die Dunkelheit des Zimmers gleiten, Schatten wecken und zum Wirbeln bringen, nur um gleich hinfortzubrausen mit dem Brummen eines Motors.
Mit dem Kopf auf deiner Brust versuche ich, im Rhythmus deines Herzschlags einzuschlafen.
Das Gefühl des Blicks deiner moosgrünen Augen an jenem Abend in meinem Nacken, das leise Ziehen in meinem Bauch, das er hinterließ, fast so, wie deine Lederjacke ihren Duft auf meinen Armen. Wenn ich die Augen schließe, könnte das Rauschen der Straße auch der Ozean sein, ein Anbranden der Stimmen der Nacht, der Duft der herben Nelkenseife in deinem Kopfkissen, das nun all die erstickten Seufzer in mein Ohr flüstert.
Die Jacke liegt zerknüllt in der Erinnerung meines Parfums auf deinem Boden neben meinem irisblauen Seidenkleid und in meinen Locken, in die sich deine Finger gruben, schwebt ein Hauch von Kräutern und Rauch. Deine warmen Lippen auf meinem Hals und Spuren von frischem Schweiß zwischen ineinander verschlungenen Gliedern, über die die Schatten tanzten.
***
Aramis ist ein herb-krautiger old-school Lederchypre mit jeder Menge Eichenmoos, für den man eine gewisse Haltung mitbringen muss, damit der Träger den Duft trägt und nicht umgekehrt. In der Kopfnote aus seifigen Aldehyden, Bergamotte und krautigen Noten tritt der Beifuß ein wenig hervor, um nach und nach immer mehr Raum für Gewürznelken und etwas Kardamomwärme zu lassen. Auch Eichenmoos und Leder sind von Anfang an präsent, nehmen aber immer unterschiedliche Rollen im Duft ein, ein wenig wie die Steinchen in einem Kaleidoskop, die bei jeder kleinen Bewegung an anderen Stellen und in unterschiedlicher Wertigkeit zum Tragen kommen, aber durchgehend im Gesamtbild enthalten sind.
Durch die Kombination aus zitrischen und grünen Noten mit dem prominenten Beifuß startet der Duft etwas raubeinig, offenbart aber spätestens in der Herznote seine sanfte Seite, wenn eine von Hedione zum Leuchten gebrachte Iris erwacht. Cumin steuert Körperwärme bei und Muskatellersalbei einen Anflug von frischem Schweiß. Leder und Moos werden weicher und geschmeidiger, was dazu führt, dass Aramis plötzlich eine gewisse Nähe zu Cabochard erkennen lässt. Diese Verwandtschaft ist bestimmt kein Zufall, immerhin wurde letzteres fünf Jahre früher ebenfalls von Bernard Chant kreiert.
Ungefähr ab diesem Punkt im Duftverlauf nehme ich nun auch erdiges, leicht liköriges Patchouli wahr, Sandelholz steuert etwas Cremigkeit bei, gut ausbalanciert durch eine Ahnung von rauchigem Vetiver, doch all das ist nur der Rahmen, in den dieser ganz außergewöhnlich schöne Lederakkord mit Isobutyl Quinoline, Labdanum und Castoreum eingebettet ist.
Aramis ist kein Hitzkopf. Der Duft hat vordergründig etwas Souveränes, fast schon Ernstes an sich, wirkt jedoch – zumindest auf mich – in keinster Weise distanziert, dabei aber so facettenreich und vielschichtig, dass er nie sein ganzes Wesen auf einen Schlag offenbart. Ein Duft, der es belohnt, wenn man sich Zeit für ihn nimmt und ihn ernsthaft kennenlernen möchte. Er ist die sprichwörtliche starke Schulter. Aramis hat die Lage im Griff und wird deine Last eine Weile für dich tragen, aber nur, bis du sie zurückhaben willst. Er ist charakterstark, hat eine klare Linie und strahlt eine ruhige Präsenz aus, obwohl es natürlich wie bei allen Chypredüften durchaus unter der Oberfläche brodelt. Außerdem sitzt da im Hintergrund unter all den Lagen seriöser Ernsthaftigkeit ein nicht ganz kleiner Schalk in seinem Nacken.
All das in Summe macht Aramis ganz ohne Duschgelfrische und Zuckerkruste zum idealen Begleiter in gedankenschweren schlaflosen Nächten.
Vielen Dank für die großzügige Vintage-Abfüllung, lieber JonasP!
Ich hoffe jetzt einfach mal, dass der Duft mit Liebe reformuliert wurde. Die Welt ist nämlich so viel schöner, wenn Männer nach Moos und Leder duften – und Frauen (insbesondere jene, denen Cabochard zu floral und Azurée zu zitronig ist) natürlich auch!
Mit dem Kopf auf deiner Brust versuche ich, im Rhythmus deines Herzschlags einzuschlafen.
Das Gefühl des Blicks deiner moosgrünen Augen an jenem Abend in meinem Nacken, das leise Ziehen in meinem Bauch, das er hinterließ, fast so, wie deine Lederjacke ihren Duft auf meinen Armen. Wenn ich die Augen schließe, könnte das Rauschen der Straße auch der Ozean sein, ein Anbranden der Stimmen der Nacht, der Duft der herben Nelkenseife in deinem Kopfkissen, das nun all die erstickten Seufzer in mein Ohr flüstert.
Die Jacke liegt zerknüllt in der Erinnerung meines Parfums auf deinem Boden neben meinem irisblauen Seidenkleid und in meinen Locken, in die sich deine Finger gruben, schwebt ein Hauch von Kräutern und Rauch. Deine warmen Lippen auf meinem Hals und Spuren von frischem Schweiß zwischen ineinander verschlungenen Gliedern, über die die Schatten tanzten.
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Aramis ist ein herb-krautiger old-school Lederchypre mit jeder Menge Eichenmoos, für den man eine gewisse Haltung mitbringen muss, damit der Träger den Duft trägt und nicht umgekehrt. In der Kopfnote aus seifigen Aldehyden, Bergamotte und krautigen Noten tritt der Beifuß ein wenig hervor, um nach und nach immer mehr Raum für Gewürznelken und etwas Kardamomwärme zu lassen. Auch Eichenmoos und Leder sind von Anfang an präsent, nehmen aber immer unterschiedliche Rollen im Duft ein, ein wenig wie die Steinchen in einem Kaleidoskop, die bei jeder kleinen Bewegung an anderen Stellen und in unterschiedlicher Wertigkeit zum Tragen kommen, aber durchgehend im Gesamtbild enthalten sind.
Durch die Kombination aus zitrischen und grünen Noten mit dem prominenten Beifuß startet der Duft etwas raubeinig, offenbart aber spätestens in der Herznote seine sanfte Seite, wenn eine von Hedione zum Leuchten gebrachte Iris erwacht. Cumin steuert Körperwärme bei und Muskatellersalbei einen Anflug von frischem Schweiß. Leder und Moos werden weicher und geschmeidiger, was dazu führt, dass Aramis plötzlich eine gewisse Nähe zu Cabochard erkennen lässt. Diese Verwandtschaft ist bestimmt kein Zufall, immerhin wurde letzteres fünf Jahre früher ebenfalls von Bernard Chant kreiert.
Ungefähr ab diesem Punkt im Duftverlauf nehme ich nun auch erdiges, leicht liköriges Patchouli wahr, Sandelholz steuert etwas Cremigkeit bei, gut ausbalanciert durch eine Ahnung von rauchigem Vetiver, doch all das ist nur der Rahmen, in den dieser ganz außergewöhnlich schöne Lederakkord mit Isobutyl Quinoline, Labdanum und Castoreum eingebettet ist.
Aramis ist kein Hitzkopf. Der Duft hat vordergründig etwas Souveränes, fast schon Ernstes an sich, wirkt jedoch – zumindest auf mich – in keinster Weise distanziert, dabei aber so facettenreich und vielschichtig, dass er nie sein ganzes Wesen auf einen Schlag offenbart. Ein Duft, der es belohnt, wenn man sich Zeit für ihn nimmt und ihn ernsthaft kennenlernen möchte. Er ist die sprichwörtliche starke Schulter. Aramis hat die Lage im Griff und wird deine Last eine Weile für dich tragen, aber nur, bis du sie zurückhaben willst. Er ist charakterstark, hat eine klare Linie und strahlt eine ruhige Präsenz aus, obwohl es natürlich wie bei allen Chypredüften durchaus unter der Oberfläche brodelt. Außerdem sitzt da im Hintergrund unter all den Lagen seriöser Ernsthaftigkeit ein nicht ganz kleiner Schalk in seinem Nacken.
All das in Summe macht Aramis ganz ohne Duschgelfrische und Zuckerkruste zum idealen Begleiter in gedankenschweren schlaflosen Nächten.
Vielen Dank für die großzügige Vintage-Abfüllung, lieber JonasP!
Ich hoffe jetzt einfach mal, dass der Duft mit Liebe reformuliert wurde. Die Welt ist nämlich so viel schöner, wenn Männer nach Moos und Leder duften – und Frauen (insbesondere jene, denen Cabochard zu floral und Azurée zu zitronig ist) natürlich auch!
35 Antworten


Und ich mag den Satz: "Damit der Träger den Duft trägt und nicht umgekehrt."
Genauso ist das. Doppel- oder besser noch - Triple-Pokal.
Du hast den Duft auf den Punkt getroffen!
Prächtige Komposition, die gleich neben Caborchard in meiner Sammlung steht.
Sehr schöne Bilder!
Freut mich, dass er dir so gut gefällt!
Ich wüßte nicht, wie ich diesen Duft unbefangen riechen sollte. Aber Deinen Text habe ich wie immer mit großem Vergnügen und großer innerer Teilhabe gelesen. Und wer weiß... vielleicht traue ich mich doch mal an eine Beurteilung des Duftes heran. Dann werde ich Deine Rezension als Maßstab nehmen.
Wieder ein Wunderwerk von dir !
Mit dem Du a so bewegte Nächte verbringst :-) .
Sehr treffliches Kaleidoskopbild im übrigen!
Ich bin wieder ganz verzaubert von deinen Worten...
Der Zufall will es, dass ich ihn heute trage!! Wie passend...
Ich kenne bislang nur J•H•L des Hauses. Gemein scheint ihnen die Sogwirkung zwischen Nase und Hals ;) und die unterschwellige Sinnlichkeit. Wundervoll bebildert.
Für mich mehr Nähe zu Azurée denn zu Cabochard...
Auf B.Chant kann man sich einfach verlassen!
Jedenfalls krame ich jetzt meine Abfüllung hervor und hoffe, dass dieser absolute Traummann auch mich sicher durch die Nacht begleitet...