01.01.2021 - 13:32 Uhr
Parfümlein
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Parfümlein
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31
Französisches Soulfood
Für den einen ist es Schokoladenpudding mit Vanillesauce, für den anderen Hühnerfrikassee mit Reis. Für die amerikanische Autorin eines Meditationsbuches, das ich besitze, ist es Maisbrei, übergossen mit heißen, stundenlang gekochten Pintobohnen, und ein kühles Pils. Für die französische Autorin eines Diätbuches, das sich ebenfalls in meinem Besitz befindet (heul), sind es große Scheiben frischen Brotes, bestrichen mit Creme fraîche und überpudert mit Kakao. Und für die meisten ist es auf jeden Fall eine süße, warme Speise, die man löffeln kann: Grießbrei mit heißer Butter. Milchreis mit Zimt und Zucker.
Soulfood, insbesondere in seiner Variante des Kindlichen, ist überlebensnotwendig für jeden, den der Alltag hin und wieder überholt, und wohl deshalb ist gerade süßes Soulfood so häufig die gedankliche Basis für Gourmands. Sicher, es gibt auch Parfums, die den Duft frisch gekochten Sugos mit Hackfleisch und Tomaten imitieren. Solche Düfte kosten sogar viel Geld. Doch meist stößt man in irgendeinem Nischen-Sale auf sie. Mögen sie handwerklich ein Meisterwerk sein - olfaktorisch sind sie so überflüssig wie eine dritte Schulter. Süßes Soulfood hingegen, exponiert und konstruiert in einem verführerisch-tröstlichen Duft und eingefangen in einem kostbaren Flakon, befriedigt auf besonders tröstliche Weise unser Bedürfnis nach Loslassen, Fliegen, Kuscheln, Träumen und Geborgenheit.
Ein solcher Duft ist natürlich auch "Lait de Vanille". Von den vielen Chabaud-Gourmands, die Sophie Chabaud Bekannterweise genau mit dem Gedanken entwickelte, an Soulfood der Kindheit zu erinnern, ist er nicht ohne Grund eher zurückhaltend bewertet, kommt er doch an die mimetisch-olfaktorischen Abbildungen unserer Kindheitserinnerungen nicht heran: Der heiße Kakao nach dem Schlittenfahren, die köstlichen Karamellbonbons bei Oma erkennt man hier nicht sofort.
Das liegt an der Kopfnote, die sich ein wenig sperrig zeigt; ein bisschen zickig verschließt sie sich dem "Aaahhh"- und "Ooooh"-Erlebnis, weil sie sich so schlecht zuordnen lässt, und die Versuche in den Statements, sie zu bestimmen, bestätigen das wohl. Da tut sich etwas wie heiße, gezuckerte Milch auf, nicht etwa verbrannte Milch, nicht etwa säuerliche Milch, nicht etwa ausgekötzelte Muttermilch. Es ist schon einfach heiße Milch und es ist Zucker, nur brauchen die beiden eine ganze Zeit, bis sie zusammenfinden.
In der Herznote gelingt dem schwierigen Pärchen dann diese Herausforderung und es eröffnet sich ein unglaublich weiches, süßes, aber nicht zu süßes, zartes, milchiges Duftbild, das vielleicht am ehesten an Grießbrei mit Zucker erinnert, nur ohne Zimt. Von diesem Moment an ist "Lait de Vanille" ein schöner, angenehmer und tragbarer Gourmand, der sich in der Sillage zurückhält und sich wie eine zärtliche Umarmung um einen legt, der eine Privatheit gewährt, die keine Zuschauer duldet und so auch niemals zu auffallend wirken kann. Leichte Vanille- und Karamelltöne, so, wie die Pyramide sie nennt, fließen langsam in das Duftbild ein und verleihen ihm Tiefe und auch ansatzweise Vielschichtigkeit.
"Lait de Vanille" ist insofern ein Gourmand, der a) einfach ist, was die Anzahl seiner Noten und auch seine Entwicklung betrifft, b) in seiner Einfachheit sehr angenehm und zart wirkt und c) für Liebhaber dieser Duftnoten oder für Sehnsüchtige, die nach der verlorenen Kindheit suchen, genau das Richtige ist. Es ist kein Star unter den Gourmands, doch er macht auch nichts falsch. Dass die Kopfnote so leicht verloren im Raum steht, verdeutlicht ein bisschen den Prozess, den es braucht, um einen schönen Grießbrei herzustellen: das geduldige Rühren mit dem Schneebesen, damit nichts anbrennt, und das vorsichtige Hinzufügen von Zucker, damit es nicht zu süß wird. Wenn also das Bild einer liebevollen Mutter am Herd entsteht, am besten einer hübschen französischen, deren ins Gesicht fallende Haarsträhnen die Gelassenheit einer in sich ruhenden Frau versinnbildlichen und deren mit Blumen bedruckte Schürze ihre schmale Taille betont - dann hat "Lait de Vanille" auf der Suche nach der Kindheit idealerweise wirklich alles richtig gemacht.
Soulfood, insbesondere in seiner Variante des Kindlichen, ist überlebensnotwendig für jeden, den der Alltag hin und wieder überholt, und wohl deshalb ist gerade süßes Soulfood so häufig die gedankliche Basis für Gourmands. Sicher, es gibt auch Parfums, die den Duft frisch gekochten Sugos mit Hackfleisch und Tomaten imitieren. Solche Düfte kosten sogar viel Geld. Doch meist stößt man in irgendeinem Nischen-Sale auf sie. Mögen sie handwerklich ein Meisterwerk sein - olfaktorisch sind sie so überflüssig wie eine dritte Schulter. Süßes Soulfood hingegen, exponiert und konstruiert in einem verführerisch-tröstlichen Duft und eingefangen in einem kostbaren Flakon, befriedigt auf besonders tröstliche Weise unser Bedürfnis nach Loslassen, Fliegen, Kuscheln, Träumen und Geborgenheit.
Ein solcher Duft ist natürlich auch "Lait de Vanille". Von den vielen Chabaud-Gourmands, die Sophie Chabaud Bekannterweise genau mit dem Gedanken entwickelte, an Soulfood der Kindheit zu erinnern, ist er nicht ohne Grund eher zurückhaltend bewertet, kommt er doch an die mimetisch-olfaktorischen Abbildungen unserer Kindheitserinnerungen nicht heran: Der heiße Kakao nach dem Schlittenfahren, die köstlichen Karamellbonbons bei Oma erkennt man hier nicht sofort.
Das liegt an der Kopfnote, die sich ein wenig sperrig zeigt; ein bisschen zickig verschließt sie sich dem "Aaahhh"- und "Ooooh"-Erlebnis, weil sie sich so schlecht zuordnen lässt, und die Versuche in den Statements, sie zu bestimmen, bestätigen das wohl. Da tut sich etwas wie heiße, gezuckerte Milch auf, nicht etwa verbrannte Milch, nicht etwa säuerliche Milch, nicht etwa ausgekötzelte Muttermilch. Es ist schon einfach heiße Milch und es ist Zucker, nur brauchen die beiden eine ganze Zeit, bis sie zusammenfinden.
In der Herznote gelingt dem schwierigen Pärchen dann diese Herausforderung und es eröffnet sich ein unglaublich weiches, süßes, aber nicht zu süßes, zartes, milchiges Duftbild, das vielleicht am ehesten an Grießbrei mit Zucker erinnert, nur ohne Zimt. Von diesem Moment an ist "Lait de Vanille" ein schöner, angenehmer und tragbarer Gourmand, der sich in der Sillage zurückhält und sich wie eine zärtliche Umarmung um einen legt, der eine Privatheit gewährt, die keine Zuschauer duldet und so auch niemals zu auffallend wirken kann. Leichte Vanille- und Karamelltöne, so, wie die Pyramide sie nennt, fließen langsam in das Duftbild ein und verleihen ihm Tiefe und auch ansatzweise Vielschichtigkeit.
"Lait de Vanille" ist insofern ein Gourmand, der a) einfach ist, was die Anzahl seiner Noten und auch seine Entwicklung betrifft, b) in seiner Einfachheit sehr angenehm und zart wirkt und c) für Liebhaber dieser Duftnoten oder für Sehnsüchtige, die nach der verlorenen Kindheit suchen, genau das Richtige ist. Es ist kein Star unter den Gourmands, doch er macht auch nichts falsch. Dass die Kopfnote so leicht verloren im Raum steht, verdeutlicht ein bisschen den Prozess, den es braucht, um einen schönen Grießbrei herzustellen: das geduldige Rühren mit dem Schneebesen, damit nichts anbrennt, und das vorsichtige Hinzufügen von Zucker, damit es nicht zu süß wird. Wenn also das Bild einer liebevollen Mutter am Herd entsteht, am besten einer hübschen französischen, deren ins Gesicht fallende Haarsträhnen die Gelassenheit einer in sich ruhenden Frau versinnbildlichen und deren mit Blumen bedruckte Schürze ihre schmale Taille betont - dann hat "Lait de Vanille" auf der Suche nach der Kindheit idealerweise wirklich alles richtig gemacht.
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