Seerose
Top Rezension
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Macarons und Rubens
Auch dieser Chabaud ist ein Gourmand. Und was für einer. "Vintage" startet sofort nach einem süßen aromatisiertem Macaron zu duften. Also dem, was bei uns "Baiser" heißt. In Frankreich gibt es diese Süßigkeit, die aus "messerschnittsteif" geschlagenem Eischnee mit Zucker und Aromen zubereitet wird. Diese Masse wird bei ganz niedriger Temperatur getrocknet, so dass eine leicht zerbrechliche, luftige staubtrockene Konsistenz zustande kommt, die crunchig krachend im Mund zu Staub zerfällt um dann etwas klebrig zu zergehen.
Beim Zubereiten werden offensichtlich Farb- und Aromastoffe zugefügt. Es gibt sie in vielen quietschigen Farben. Und sie werden mit Cremes gefüllt.
Ich gebe zu: Ich mag manchmal solchen "schweinesüßen" Süßkram.
Ich habe selber schon Macarons zubereitet, sie aber nur mit Zitronensaft aromatisiert. Das Trocknen dauert ewig.
Also: Ich rieche "Vintage" als Macarons mit einem undefinierbaren Fruchtduft aromatisiert, pudrig und sehr süß zudem.
Dann ändert sich der Duft in eine grüne Cremigkeit. Ich dachte an Mastix, also Pistazienbaumrinde und an eine süße Tuberose. Das ist gewissermaßen die Creme, die zwischen zu Hälften der Macarons gefüllt wird. Ob da nun Honig verwendet wird oder einfach Glykosesirup ist egal. Ich jedenfalls rieche nur süß, grün, Tuberose, Nüsse.
Diese Duftmischung hält sehr lange. Zu Beginn der Cremigkeitsphase grenzt der "Vintage" fast an widerlich Süßes. Aber nach einer Stunde schwächt sich der gesamte Duft ab und wird holziger, um einige Grade herb-harziger.
Dann verwandelt sich "Vintage" in eine leicht seifige Richtung. Die Blüten, oder das Blütenaroma sowie die Nussigkeit, die wohl von Mandelaroma kommen soll, verwandelt "Vintage dann zu einer seifigen leicht blumigen Mandelbodymilk
Immer noch lecker aber um viele Grade dezenter und wiederum auch schön. Mein Arm duftet, als hätte ich mit einer solchen Mandelbodymilk eingecremt.
Insgesamt ist das alles sehr nett, lieblich, süß. Aber auch besonders in der langen dritten Phase würde ich mir ein paar Gegenspieler wünschen. Vielleicht etwas Zitrisches. Oder mehr Harziges und Holziges. Richtig, etwas Bittermandelaroma wäre passend. So ist "Vintage" zuerst ein kompromissloser Gourmandduft, dann eine mandelig-cremiger Hautpflegeduft. Deshalb ermüdet "Vintage" den Geruchssinn.
Auch in diesem Chabaud-Duft ist die Gourmandnote übersteigert und damit ist auch "Vintage" in gewisser Weise verfremdet als Parfüm.
Ich versuche das mit einem Vergleich der Bilder des Malers Pieter Paul Rubens. Seine Bilder sind so überreal, surreal, in perfekten Proportionen in fast pastelligen Farben, dass Gegenstände und besonders die Lebewesen verfremdet wirken. Wenn man nur einen Tag seine Bilder anschaut sehnt man sich nach eine geschmierten fast unkenntlichen gegenstandlosen Werk eines modernen Malers mit verzerrten Körpern und Gegenständen und absichtlich unrealistischen Perspektiven.
Es ist fast nicht erwähnenswert: "Vintage" ist ein femininer Duft, hat eine sehr gute Haltbarkeit und eine nicht so starke Sillage.