24.10.2023 - 10:48 Uhr
Marieposa
70 Rezensionen
Marieposa
Top Rezension
40
Schneewittchen
Die Ingwerknolle birst in meinen Händen wie Gewürz zu Puderstaub.
Hinter den sieben Bergen ist die Zeit reif, ihr einen Spiegel vorzuhalten. Aldehydeglatt und süßlich scharf wie rosa Pfeffer.
So weiß wie Schnee, so rot wie …
Lassen wir das.
Denn Ihr, Frau Königin, habt geschmolzenen Asphalt am bloßen Fuß, egal wie leicht und hell die kühle Weihrauchkrone über Eurem Haupte schwebt. Wo dunkle Böden Pilzsporen atmen, habt Ihr den Ledermantel eingegraben.
Lang, lang ist’s her, doch ich weiß und weiß und weiß es einfach. Und wenn der Regen fällt, erwacht auch die Erinnerung.
… Rosendornen aus Metall … durchdringen zarte Haut …
Na? Klingelt was?
… Roter Tropfen reinen Blutes ... Ein Sarg aus Glas im Finsteren ... Die Schönste wohl im ganzen Land …
Doch heute funkeln Zuckerkristalle rubinrot auf meinen Lippen, süßer als Granatapfelkerne, wenn mir der kühle Hauch des Waldes folgt.
Wann wird Rot zu Schwarz?
Wann Heiß zu Kalt?
**
Strenggenommen ist es kein Lächeln, das mir Rouge ins Gesicht zaubert, sondern fast schon ein diabolisches Grinsen. Jaaaa, genau so muss ein Comme des Garçons-Duft riechen! Nämlich widersprüchlich, unerwartet, vielleicht sogar ein bisschen verstörend, dabei aber umwerfend schön und perfekt austariert.
Meiner Nase nach wurde das Rad mit Rouge nicht neu erfunden, der Duft ähnelt in seiner Struktur Comme des Garçons 2, einem meiner Lieblinge des Hauses. Bei beiden Düften schwebt eine kühle, aldehydisch-würzige Kopfnote mit viel Weihrauch über einer abstrakten Neo-Chyprestruktur mit floralem Herzen. Wo 2 Kreuzkümmel auffährt, setzt Rouge auf rosa Pfeffer und Ingwer. Danach breitet in beiden Düften eine Rose ihre Blütenblätter aus – weiß, nur ganz zart rosa überhaucht in 2 und rubinrot in Rouge, und in beiden Fällen abstrakt genug und so fein verwoben, dass meine rosenzögerliche Nase nicht auf die Idee kommt, Alarm zu schlagen. Genau das ist der Punkt, an dem Rouge so außergewöhnlich wird, denn aus der besagten Rose entwickelt der Duft seine überraschende, vielleicht sogar irritierende Facette, indem er rote Blüten in rote Frucht verwandelt, namentlich in Rote Beete.
Ich habe das natürlich schon vorab in der Pyramide gelesen und wollte es nicht so recht glauben – nicht dass ich Rote Beete als Note nachvollziehen könnte, und weniger noch, dass das gut riechen würde. Als dann unerwarteterweise beides der Fall war, habe ich es mir aber mit fast schon manischer Begeisterung in der Kopf gesetzt zu entschlüsseln, wie die Beete in den Duft kommt, und ich glaube, nach langem, exzessivem Schnuppern ist es mir halbwegs gelungen: Ich denke, dass hier etwas, das Granatapfel sein könnte, die fruchtigen und süßen Noten der Rose unterstreicht und sich mit erdigem Patchouli zur bitter-süßen Signatur des Gemüses verbindet. Außerdem mischen sich merkwürdig fremdartige pflanzlich-mineralische Noten unter die metallischen Off-Noten der Rose, die ich im was-weiß-ich-wievielten Anlauf als Geosmin identifiziert zu haben meine.
In dieser Phase duftet Rouge hell und frisch und leuchtend rot, bewegt sich jedoch ab einem nicht eindeutig benennbaren Punkt in eine ganz andere Richtung, sodass ich tatsächlich kurz ins Grübeln kam, welchen Duft ich gerade trage. In der Basis geben plötzlich rauchig-ledige Aspekte (Weihrauch – wirklich? Immer noch? – und Labdanum) zusammen mit dem Regen-auf-Waldboden-Eindruck von Patchouli und Geosmin den Ton an. Dazu gesellt sich eine Teernote, die ich nicht recht zuordnen kann und die unter Umständen nur in meinem Kopf existiert, für ein Hirngespinst aber ziemlich zuverlässig immer wieder in Erscheinung tritt.
Alles in allem empfinde ich Rouge als anspruchsvoll und fordernd, aber sehr tragbar, abenteuerlustig und phänomenal gut – also genau so wie ich es von Comme des Garçons erwarte.
Vielen Dank für die Testmöglichkeit, lieber Mourant!
Hinter den sieben Bergen ist die Zeit reif, ihr einen Spiegel vorzuhalten. Aldehydeglatt und süßlich scharf wie rosa Pfeffer.
So weiß wie Schnee, so rot wie …
Lassen wir das.
Denn Ihr, Frau Königin, habt geschmolzenen Asphalt am bloßen Fuß, egal wie leicht und hell die kühle Weihrauchkrone über Eurem Haupte schwebt. Wo dunkle Böden Pilzsporen atmen, habt Ihr den Ledermantel eingegraben.
Lang, lang ist’s her, doch ich weiß und weiß und weiß es einfach. Und wenn der Regen fällt, erwacht auch die Erinnerung.
… Rosendornen aus Metall … durchdringen zarte Haut …
Na? Klingelt was?
… Roter Tropfen reinen Blutes ... Ein Sarg aus Glas im Finsteren ... Die Schönste wohl im ganzen Land …
Doch heute funkeln Zuckerkristalle rubinrot auf meinen Lippen, süßer als Granatapfelkerne, wenn mir der kühle Hauch des Waldes folgt.
Wann wird Rot zu Schwarz?
Wann Heiß zu Kalt?
**
Strenggenommen ist es kein Lächeln, das mir Rouge ins Gesicht zaubert, sondern fast schon ein diabolisches Grinsen. Jaaaa, genau so muss ein Comme des Garçons-Duft riechen! Nämlich widersprüchlich, unerwartet, vielleicht sogar ein bisschen verstörend, dabei aber umwerfend schön und perfekt austariert.
Meiner Nase nach wurde das Rad mit Rouge nicht neu erfunden, der Duft ähnelt in seiner Struktur Comme des Garçons 2, einem meiner Lieblinge des Hauses. Bei beiden Düften schwebt eine kühle, aldehydisch-würzige Kopfnote mit viel Weihrauch über einer abstrakten Neo-Chyprestruktur mit floralem Herzen. Wo 2 Kreuzkümmel auffährt, setzt Rouge auf rosa Pfeffer und Ingwer. Danach breitet in beiden Düften eine Rose ihre Blütenblätter aus – weiß, nur ganz zart rosa überhaucht in 2 und rubinrot in Rouge, und in beiden Fällen abstrakt genug und so fein verwoben, dass meine rosenzögerliche Nase nicht auf die Idee kommt, Alarm zu schlagen. Genau das ist der Punkt, an dem Rouge so außergewöhnlich wird, denn aus der besagten Rose entwickelt der Duft seine überraschende, vielleicht sogar irritierende Facette, indem er rote Blüten in rote Frucht verwandelt, namentlich in Rote Beete.
Ich habe das natürlich schon vorab in der Pyramide gelesen und wollte es nicht so recht glauben – nicht dass ich Rote Beete als Note nachvollziehen könnte, und weniger noch, dass das gut riechen würde. Als dann unerwarteterweise beides der Fall war, habe ich es mir aber mit fast schon manischer Begeisterung in der Kopf gesetzt zu entschlüsseln, wie die Beete in den Duft kommt, und ich glaube, nach langem, exzessivem Schnuppern ist es mir halbwegs gelungen: Ich denke, dass hier etwas, das Granatapfel sein könnte, die fruchtigen und süßen Noten der Rose unterstreicht und sich mit erdigem Patchouli zur bitter-süßen Signatur des Gemüses verbindet. Außerdem mischen sich merkwürdig fremdartige pflanzlich-mineralische Noten unter die metallischen Off-Noten der Rose, die ich im was-weiß-ich-wievielten Anlauf als Geosmin identifiziert zu haben meine.
In dieser Phase duftet Rouge hell und frisch und leuchtend rot, bewegt sich jedoch ab einem nicht eindeutig benennbaren Punkt in eine ganz andere Richtung, sodass ich tatsächlich kurz ins Grübeln kam, welchen Duft ich gerade trage. In der Basis geben plötzlich rauchig-ledige Aspekte (Weihrauch – wirklich? Immer noch? – und Labdanum) zusammen mit dem Regen-auf-Waldboden-Eindruck von Patchouli und Geosmin den Ton an. Dazu gesellt sich eine Teernote, die ich nicht recht zuordnen kann und die unter Umständen nur in meinem Kopf existiert, für ein Hirngespinst aber ziemlich zuverlässig immer wieder in Erscheinung tritt.
Alles in allem empfinde ich Rouge als anspruchsvoll und fordernd, aber sehr tragbar, abenteuerlustig und phänomenal gut – also genau so wie ich es von Comme des Garçons erwarte.
Vielen Dank für die Testmöglichkeit, lieber Mourant!
35 Antworten