10.07.2012 - 03:05 Uhr
Louce
132 Rezensionen
Louce
Top Rezension
gelungenes Fest
Über 30 Jahre ist jetzt der Punkt gemacht, die Grenze gezogen, das Argument formuliert: „Mûre et Musc“ hat eine wahrhaftig parfumhistorische Funktion, fungiert als Meilenstein der modernen Parfumerie und Grundstein dessen, was man „Nische“ nennt.
Jean Laporte ging 1978 hin und formulierte in der Sprache des Dufts, was die Stunde geschlagen hatte: Selbstbewusst, herausfordernd und hundertprozentig synthetisch wurde nur ein Duftmotiv in den Mittelpunkt eines Parfums gestellt. Ohne es abzumildern, gefälliger zu machen oder zu entschärfen. Ohne Beiwerk, ohne Schnörkel, ohne Kompromiss. Moschus und Brombeere. Punkt. Alle anderen Ingredienzien dienten nur der Betonung dieses schlichten und klaren Hauptmotivs. Zum ersten Mal wurde nicht mal ein bisschen auf den Mehrheitsgeschmack und den gerade aktuellen Dufttrend geschaut, sondern die Gesetze der Kunst wurden über die des Marktes gestellt.
Damit begann das, was sich (etwas paradox) zum eigenen Markt entwickeln sollte: Die Nische.
30 Jahre später feiert ein Kind dieser Nischenparfumerie den Duft, seinen Schöpfer und die eigene Freiheit: Bertrand Duchaufour kreiert zum Geburtstag des großen Dufts ein Extrait, das vollkommen in der Gegenwart verhaftet, gleichsam eine jubelnde Huldigung des Endsiebzigerduftes ist.
Da der Punkt so deutlich und schon so lange gemacht ist, muss Duchaufour nicht grundsätzlich, apodiktisch und mit künstlerischem Trotz etwas Einzigartiges formulieren, das die Speerspitze der Avantgarde markiert und allen vermeintlich gültigen Regeln widerspricht… das hat ja Laporte seinerzeit erledigt. Nein, Duchaufour kann hingehen und die Schönheit des Klassikers mit freundlichen und angenehmen, ziemlich mainstreamigen Mitteln unterstreichen. Er kann die nicht optimale Haltbarkeit des ersten „Mûre et Musc“ verbessern und er kann mit einer ordentlichen Dosis Eichenmoos in der Basis den Kreis zur Parfumgeschichte des 20. Jahrhunderts schließen.
Eine gelungene Kür, ein freudiges und schönes Feiern!
Die Hauptnote von „Mûre et Musc“ ist auch der Dreh- und Angelpunkt von „Mûre et Musc Extrait“: Es geht um diesen einen Moschus-Beeren-Akkord. Aber im Hommage-Duft wird er reich, spielerisch, genießerisch und richtiggehend ausschweifend inszeniert. Alle Schritte des Originals werden etwas prononcierter gemacht und gleichzeitig harmonischer zusammengefügt. Der Anfang ist etwas zitrusfrischer und betonter gepfeffert, die Mitte ist überbordend blumig, gefällig, strahlend und die Basis ist etwas schwerer, besser am Boden verankert und sinnlicher. Das Extrait zelebriert das Original mit Applaus, Witz und einer superfröhlichen Grundstimmung.
Was rauskommt, ist melodisch, wohlproportioniert und vollendet schön. Trotzdem ist das Original jederzeit deutlich zu riechen. Es ist nicht in Frage gestellt oder verbessert, sondern es wird wirklich gefeiert. „Mûre et Musc Extrait“ relativiert „Mûre et Musc“ nicht, sondern zollt der Schönheit, aber auch der Wichtigkeit des Meilensteins Tribut. Und das auf eine lächelnde, harmonische und zeitgenössische Weise.
Intertextualität pur.
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Meine jubelnde Huld gilt Lolle, der ich diesen wunderschönen Duft verdanke. :-)
Jean Laporte ging 1978 hin und formulierte in der Sprache des Dufts, was die Stunde geschlagen hatte: Selbstbewusst, herausfordernd und hundertprozentig synthetisch wurde nur ein Duftmotiv in den Mittelpunkt eines Parfums gestellt. Ohne es abzumildern, gefälliger zu machen oder zu entschärfen. Ohne Beiwerk, ohne Schnörkel, ohne Kompromiss. Moschus und Brombeere. Punkt. Alle anderen Ingredienzien dienten nur der Betonung dieses schlichten und klaren Hauptmotivs. Zum ersten Mal wurde nicht mal ein bisschen auf den Mehrheitsgeschmack und den gerade aktuellen Dufttrend geschaut, sondern die Gesetze der Kunst wurden über die des Marktes gestellt.
Damit begann das, was sich (etwas paradox) zum eigenen Markt entwickeln sollte: Die Nische.
30 Jahre später feiert ein Kind dieser Nischenparfumerie den Duft, seinen Schöpfer und die eigene Freiheit: Bertrand Duchaufour kreiert zum Geburtstag des großen Dufts ein Extrait, das vollkommen in der Gegenwart verhaftet, gleichsam eine jubelnde Huldigung des Endsiebzigerduftes ist.
Da der Punkt so deutlich und schon so lange gemacht ist, muss Duchaufour nicht grundsätzlich, apodiktisch und mit künstlerischem Trotz etwas Einzigartiges formulieren, das die Speerspitze der Avantgarde markiert und allen vermeintlich gültigen Regeln widerspricht… das hat ja Laporte seinerzeit erledigt. Nein, Duchaufour kann hingehen und die Schönheit des Klassikers mit freundlichen und angenehmen, ziemlich mainstreamigen Mitteln unterstreichen. Er kann die nicht optimale Haltbarkeit des ersten „Mûre et Musc“ verbessern und er kann mit einer ordentlichen Dosis Eichenmoos in der Basis den Kreis zur Parfumgeschichte des 20. Jahrhunderts schließen.
Eine gelungene Kür, ein freudiges und schönes Feiern!
Die Hauptnote von „Mûre et Musc“ ist auch der Dreh- und Angelpunkt von „Mûre et Musc Extrait“: Es geht um diesen einen Moschus-Beeren-Akkord. Aber im Hommage-Duft wird er reich, spielerisch, genießerisch und richtiggehend ausschweifend inszeniert. Alle Schritte des Originals werden etwas prononcierter gemacht und gleichzeitig harmonischer zusammengefügt. Der Anfang ist etwas zitrusfrischer und betonter gepfeffert, die Mitte ist überbordend blumig, gefällig, strahlend und die Basis ist etwas schwerer, besser am Boden verankert und sinnlicher. Das Extrait zelebriert das Original mit Applaus, Witz und einer superfröhlichen Grundstimmung.
Was rauskommt, ist melodisch, wohlproportioniert und vollendet schön. Trotzdem ist das Original jederzeit deutlich zu riechen. Es ist nicht in Frage gestellt oder verbessert, sondern es wird wirklich gefeiert. „Mûre et Musc Extrait“ relativiert „Mûre et Musc“ nicht, sondern zollt der Schönheit, aber auch der Wichtigkeit des Meilensteins Tribut. Und das auf eine lächelnde, harmonische und zeitgenössische Weise.
Intertextualität pur.
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Meine jubelnde Huld gilt Lolle, der ich diesen wunderschönen Duft verdanke. :-)
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