
Torfdoen
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Torfdoen
Top Rezension
18
Wiedersehen mit neuen Bekannten
Ich sitze in einem Café in Rom und bestelle die Nummer Sechzehn, weil sehr teuer und ich mich erinnere, so etwas Ähnliches schon mal bestellt und gemocht zu haben. Der Kellner bringt eine orangene Flüssigkeit, stellt sie auf den Tisch und geht in Lauerstellung, wippt auf und ab in den Knien. „Das ist mir scheißegal“, sage ich in meiner Vorstellung zu ihm und beuge mich über das zylindrische Plastikgefäß, übrigens nicht größer als ein Schmetterling und unglaublich schmal, zum Einsaugen der daraus aufsteigenden Aerosole. Zitrusfruchtig, sagt der Kellner, entreißt mir das lächerlich kleine Behältnis in einer vorhersehbar flinken Bewegung und hält mir einen Raumanzug entgegen. „Steigen Sie da hinein, dann geht’s weiter.“
Die Kulissen der belebten Piazza werden zur Seite geschoben und eine ausgedörrte Steppenlandschaft formiert sich. Die Sonne brennt, Zikaden zirpen. Ein leicht sprudeliger Sauerstoff, den ich von Sultan Vetiver und Grenadille d'Afrique kenne wird in meinen Helm gelassen, während ich über trockenes Gehölz torkele. In meinem Raumanzug ist es wunderbar kühl.
„Ist das Petitgrain?“, frage ich ohne Erwartung einer Antwort. „Hat so was Pelziges auf der Zunge.“
„Sie können die Umgebung durch den Filter in Ihrem Helm riechen“, tönt es über das Intercom.
Ich sehe mich um. Bäume, Sträucher, Wildblumen.
„Bewegen Sie sich mit der Nase darauf zu.“
Nicht weit von mir entfernt weist ein sich so schmal wie möglich machender Tannenbaum zum Himmel. Leicht ätherisch, zistrosenharzig, knorrigtrocken, denke ich, als ich die Nadeln mit den Handschuhen streife und erdigen Staub aufwirble. „Du hast Dir eine unwirtliche Gegend für Dein stolzes, sattes Grün ausgesucht.“
Nach einiger Zeit des Durchstreifens dieser rustikalen Landschaft, betrete ich einen kleinen Hain, in der Mitte ein großer Baum, der Kastanien trägt. Der Kellner vom Anfang kommt aus einem Gebüsch hervorgekrochen, öffnet eine am Boden liegende Frucht und zeigt mir die seltsam aussehende rotschwarze Nuss.
„Sie kennen Muskat von zuhause, aber Sie wissen nichts über die Pflanze, den Herstellungsprozeß des Gewürzes, die halluzinatorische Wirkung, gar nichts. Wahrscheinlich kaufen Sie immer diese abgepackten Beutel und streuen etwas davon in Ihren Kartoffelbrei. Wir haben eine Prise davon in die Flüssigkeit von vorhin gegeben, wirklich nur ein kleines Bißchen, wir wollten den Kontrast zum Öl, zum Harz, zur Spritzigkeit, es ist etwas zu viel, ich weiß, sehr trocken, staubig fast, ja, wir wollten es so. Es ist eine humorlose, rustikale Kreation. Die Landschaft, das Leben hier draußen, dolce vita ist es nicht, aber ruhig, keine Hektik, im Einklang mit der Natur, seit tausend Jahren. Hier wird es immer so sein. Es ist ein hartes, schönes Leben. Darauf haben wir Wert gelegt. Einfachheit, Zurückhaltung, verstehst Du?“ Dabei klopft er mir auf die Schulter und ein kümmelfrischherber Schweißtropfen kullert ihm über die Stirn von der Nase.
„Ich verstehe, ja. Das habt ihr gut hingekriegt. Ich mag das auch. Bin kein Snob, bin total für Natur und so. Parfum d'Empire macht das auch so mit ihrem Orangenkracher, viel seifiger halt, vielleicht auch nicht so klar strukturiert wie ihr. Kennst Du den?“
Mit dem schelmischen Blick aufgesetzt wirkender Empörung schwingt der Kellner um hundertachtzig Grad herum und schlendert wortlos von dannen.
Ganz überwältigt von seiner kleinen Ansprache schaue ich ihm noch eine Weile hinterher.
„Wie heißt Du eigentlich?“, rufe ich eilig.
„A-ZZA-RRROOOOO!“, meldet er sich in heiterem Singsang zurück.
Azzaro pour Homme Eau de Toilette , denke ich. Der alte Würzwürfel. Wußte ich’s doch, dass da Tradition mitschwingt.
Staksend folge ich der flirrenden Sillhouette Azzaros, der Sauerstoff kühlt angenehm eukalyptisch runter, kriegt eine guerlaineske Anmutung. Ich reibe hier und da über Gehölz und Sträucher, während ich mir mutig ein Leben in dieser fein gemachten, etwas ernsten Duftgegend ausmale.
„Ich will nicht unhöflich sein, aber gibt es noch etwas zu sehen oder zu riechen hier? Azzaro?“
Über das Intercom meldet sich eine Stimme: „Sie können so lange hier verweilen, wie Sie möchten, der Sauerstoff reicht für einige Stunden. Sie werden auch merken, dass sich die bisher erlangten Eindrücke zu einer samtenen Einheit zusammenfügen und an Eleganz gewinnen. In Ihrer Sucht nach Vergleichen, wird Ihnen die seidige Nadeligkeit eines Krizia Uomo Eau de Toilette in den Sinn kommen. Ich rate Ihnen, auszuharren. Bitte bringen Sie den Raumanzug beim Verlassen der Steppe zum Checkout, Sie erhalten dort eine kleine Phiole als Gastgeschenk und Ihre Rechnung. Arrivederci.“
Die Kulissen der belebten Piazza werden zur Seite geschoben und eine ausgedörrte Steppenlandschaft formiert sich. Die Sonne brennt, Zikaden zirpen. Ein leicht sprudeliger Sauerstoff, den ich von Sultan Vetiver und Grenadille d'Afrique kenne wird in meinen Helm gelassen, während ich über trockenes Gehölz torkele. In meinem Raumanzug ist es wunderbar kühl.
„Ist das Petitgrain?“, frage ich ohne Erwartung einer Antwort. „Hat so was Pelziges auf der Zunge.“
„Sie können die Umgebung durch den Filter in Ihrem Helm riechen“, tönt es über das Intercom.
Ich sehe mich um. Bäume, Sträucher, Wildblumen.
„Bewegen Sie sich mit der Nase darauf zu.“
Nicht weit von mir entfernt weist ein sich so schmal wie möglich machender Tannenbaum zum Himmel. Leicht ätherisch, zistrosenharzig, knorrigtrocken, denke ich, als ich die Nadeln mit den Handschuhen streife und erdigen Staub aufwirble. „Du hast Dir eine unwirtliche Gegend für Dein stolzes, sattes Grün ausgesucht.“
Nach einiger Zeit des Durchstreifens dieser rustikalen Landschaft, betrete ich einen kleinen Hain, in der Mitte ein großer Baum, der Kastanien trägt. Der Kellner vom Anfang kommt aus einem Gebüsch hervorgekrochen, öffnet eine am Boden liegende Frucht und zeigt mir die seltsam aussehende rotschwarze Nuss.
„Sie kennen Muskat von zuhause, aber Sie wissen nichts über die Pflanze, den Herstellungsprozeß des Gewürzes, die halluzinatorische Wirkung, gar nichts. Wahrscheinlich kaufen Sie immer diese abgepackten Beutel und streuen etwas davon in Ihren Kartoffelbrei. Wir haben eine Prise davon in die Flüssigkeit von vorhin gegeben, wirklich nur ein kleines Bißchen, wir wollten den Kontrast zum Öl, zum Harz, zur Spritzigkeit, es ist etwas zu viel, ich weiß, sehr trocken, staubig fast, ja, wir wollten es so. Es ist eine humorlose, rustikale Kreation. Die Landschaft, das Leben hier draußen, dolce vita ist es nicht, aber ruhig, keine Hektik, im Einklang mit der Natur, seit tausend Jahren. Hier wird es immer so sein. Es ist ein hartes, schönes Leben. Darauf haben wir Wert gelegt. Einfachheit, Zurückhaltung, verstehst Du?“ Dabei klopft er mir auf die Schulter und ein kümmelfrischherber Schweißtropfen kullert ihm über die Stirn von der Nase.
„Ich verstehe, ja. Das habt ihr gut hingekriegt. Ich mag das auch. Bin kein Snob, bin total für Natur und so. Parfum d'Empire macht das auch so mit ihrem Orangenkracher, viel seifiger halt, vielleicht auch nicht so klar strukturiert wie ihr. Kennst Du den?“
Mit dem schelmischen Blick aufgesetzt wirkender Empörung schwingt der Kellner um hundertachtzig Grad herum und schlendert wortlos von dannen.
Ganz überwältigt von seiner kleinen Ansprache schaue ich ihm noch eine Weile hinterher.
„Wie heißt Du eigentlich?“, rufe ich eilig.
„A-ZZA-RRROOOOO!“, meldet er sich in heiterem Singsang zurück.
Azzaro pour Homme Eau de Toilette , denke ich. Der alte Würzwürfel. Wußte ich’s doch, dass da Tradition mitschwingt.
Staksend folge ich der flirrenden Sillhouette Azzaros, der Sauerstoff kühlt angenehm eukalyptisch runter, kriegt eine guerlaineske Anmutung. Ich reibe hier und da über Gehölz und Sträucher, während ich mir mutig ein Leben in dieser fein gemachten, etwas ernsten Duftgegend ausmale.
„Ich will nicht unhöflich sein, aber gibt es noch etwas zu sehen oder zu riechen hier? Azzaro?“
Über das Intercom meldet sich eine Stimme: „Sie können so lange hier verweilen, wie Sie möchten, der Sauerstoff reicht für einige Stunden. Sie werden auch merken, dass sich die bisher erlangten Eindrücke zu einer samtenen Einheit zusammenfügen und an Eleganz gewinnen. In Ihrer Sucht nach Vergleichen, wird Ihnen die seidige Nadeligkeit eines Krizia Uomo Eau de Toilette in den Sinn kommen. Ich rate Ihnen, auszuharren. Bitte bringen Sie den Raumanzug beim Verlassen der Steppe zum Checkout, Sie erhalten dort eine kleine Phiole als Gastgeschenk und Ihre Rechnung. Arrivederci.“
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Vetiver
Zypresse
Muskat
Sandelholz
Mefunx
Verbena
Yatagan
Atanarjuat
Stanze

































