04.07.2018 - 12:49 Uhr
FvSpee
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20
Odorato ermittelt: Platon in China
Durch einen Hinweis des Salons Korianke gelangte eine spurensicher versiegelte und neutral beschriftete Probe dieses Duftes vor Commissario Odoratos Nase. Sie erregte sofort seine Neugier: Der Name des Wässerchens: kurz, klassisch wohlklingend. „Uomo“ klingt italienisch, „Krizia“ weniger, dafür aber hübsch, exotisch und ihm bis dato unbekannt.
Der Zwischenstand seiner unverzüglich eingeleiteten Ermittlungen ist folgender: Mandelli, Mariuccia (weiblich, geb. 1925 in Bergamo, Italien) beschloss im Alter von 29, den Beruf der Lehrerin aufzugeben und sich dem Gewerbe des Modedesigns zuzuwenden. So entstand in den 50-ern das bis heute bestehende Modelabel KRIZIA, das nach vorliegenden Schriftstücken maßgeblich zum Erfolg der italienischen prête-à-porter-Mode beigetragen und in den 70-ern den Hotpants zum Durchbruch verholfen haben soll (hier tritt ein Leuchten in Odoratos Augen) sowie bis heute für jede Jahreskollektion ein bestimmtes Tier als Signet verwendet.
Nach von Odorato eher für unglaubhaft gehaltenen Angaben soll die Mandelli den Namen KRIZIA auch für ihre eigene Person als Alias verwendet haben. Was den Sinn des Begriffs angeht, konnten zwei Theorien identifiziert werden: Es soll sich um die Koseform von „Lucrezia“ handeln (Odorato ärgerlich: "Unfug") und es soll eine Anspielung auf den platonischen Dialog „Kritias“ darstellen, weil in diesem die Eitelkeit der Frauen thematisiert worden sei. Der Commissario kennt seinen Platon (mindestens oberflächlich) und weiß, dass in diesem Spätwerk des Philosophen das Königreich Atlantis thematisiert wird, in dem (wie erst heute wieder) Staats- und Kriegsgeschäfte gleichermaßen Angelegenheit der Manns- wie Weibsleute waren. Das lässt auch die zweite Theorie zweifelhaft erscheinen. Zudem ist der italienische Titel des Werkes „Crizia“ mit lateinischem C. Eine direkte Befragung der Mandelli als Zeugin ist aufgrund ihres Ablebens unmöglich (s.u.).
Die Mandelli nahm 2013 zuletzt an einer Mailänder Modenschau ihres Unternehmens teil. 2014 verkaufte sie die florierende Firma an die „Shenzhen Marisfrolg Fashion & Co“, um 2015 zu versterben. Das chinesische Unternehmen fällt nicht nur durch seinen Namen auf (Odorato: "Marisfrolg? Klingt ja wie ein Ork aus Mittelerde, der Häagen-Dasz schlürft"), sondern auch dadurch, dass es wiederum von einer Modedesignerin geleitet wird - von Zhu Chongyun (nach Sichtung der von Interpol Peking übersandten Lichtbilder: Erneut Leuchten in den Augen des Commissario).
Was die Düfte der Marke angeht, muss Odorato sich bislang auf die Auskünfte zweifelhafter polizeibekannter Zuträger stützen. Als gesichert kann gelten, dass seit den 80-er Jahren eine Reihe von Werken nicht ganz unbekannter Parfumeure unter dem Label „KRIZIA“ erschienen sind. Ob es sich um reine Lizenzvergaben han-delte oder ob die Wohlgerüche integral in die Konzeption des Modeunternehmens eingebunden waren, darüber liegen noch keine belastbaren Erkenntnisse vor. Auch die Fragen, welche der Düfte überhaupt noch hergestellt werden und wie man sie erwerben kann, harren einstweilen noch der Klärung.
Gesichert scheint, dass jedenfalls einige Düfte, so Krazy Krizia und eben Krizia Uomo, noch immer am Markt angeboten werden, dass die aufgerufenen Preise der Düfte vergleichsweise niedrig sind (100 ml Krizia Uomo werden ab etwa 30 Euro offeriert) und dass die Vertriebswege wenig transparent scheinen. Auf der Internetseite des Unternehmens wird nur die Mode dargestellt, weshalb ein Direktvertrieb durch KRIZIA nicht belegbar ist. Für einen Besuch der Flagshipstores des Unternehmens (neben Mailand früher Rom, Paris, London, jetzt Shanghai und Tianjin) reichte das Ermittlungsbudget nicht. Die großen Parfümerieketten scheinen KRIZIA nicht zu listen, sodass der Interessent auf Internetvertreiber (gut im Geschäft scheint hier insbesondere „dambiro“ zu sein) zurückgreifen muss.
KRIZIA UOMO EdT ist einigermaßen sicher im Jahre 1984 auf den Markt gekommen und soll 2012 reformuliert worden sein. Dafür hat Odorato zwar nur eine Quelle gefunden. Da sich bei den Angeboten des Produkts im Internet aber (mindestens) zwei verschiedene Flakondesigns finden, scheint sie verlässlich zu sein.
Die von Odorato sensorisch untersuchte Probe, von der nicht bestimmt werden kann, ob die Tatzeit ihrer Herstellung vor oder nach 2012 lag, imponiert durch einen markanten und zugleich sehr ungewöhnlichen Geruch. Einen guten Eindruck geben insoweit die Zeugenaussagen Chnokfirs, Couchlocks, Yatagans und Gahans sowie die vorliegenden Gutachten der Sachverständigen Dr. Minigolf und Prof. Leimbacher.
Nach ergänzender Einschätzung des Kommissars handele es sich bei dem Untersuchungsobjekt um ein durch und durch männliches, für Damen untragbares Artefakt, wiewohl dem Duft auch eine gewisse blumige Süße eigne. Die eindeutige geschlechtsmäßige Zuordnung bleibe insoweit ein dezisionistisch postuliertes Axiom (Odorato dilettiert tatsächlich auch philosophisch). Bei aller markanten Virilität sei der Duft nie aber nie laut oder grob, er bleibe geschmeidig und beherrscht.
Die Mitte des Riechwerks bilde zweifelsohne die Kiefernnadel, die für einen beständigen würzig-holzigen, feinherben, dabei jedoch weichen und nicht-zitrischen Frischeeindruck sorge. Ein Vergleich mit platter „Fichtennadel-Frische“ à la Schaumbad erscheint Odorato nicht angebracht, dafür sei das Aroma viel zu facettenreich. Zum Kiefernnadel-Zentrum gesellten sich plausibel (eher deutliche) holzige und (sehr verhaltene) ledrige Noten. Klar spürbar seien harmonisch komponierte Aldehyde und ein Blumenbukett, was am männlichen Gepräge nichts ändere. Insgesamt imponiere der Duft farbmetaphorisch „lichtbraun“ und taktil „leicht und locker, luftig und samtig".
Die feine, runde Entwicklung dieses Duftes beeindrucke weniger durch klar abgegrenzte Phasen denn durch sanfte Akzentverschiebungen. Werde das Fichtennadel-Holz-Blumen-Aldehyd-Leder-Herz eingangs durch (isoliert nicht spürbare) zitrische Noten und durch Kräuter eher ein wenig ins fein-herbbittere und klar-kristalline gewendet, träten am Ende, unter dem Einfluss der Basisnoten, dann seine weicheren, runderen, volleren und (noch) etwas süßeren Noten hervor.
Trotz seines niedrigen Preises wirke der Duft wertig. Er sei nicht nur rein phänomenologisch schwer zu beschaffen, sondern erscheine auch selten und ungewohnt, wodurch er seinen Träger aus der Masse hervorhebe (Odorato: „für die Verwendung bei verdeckten Ermittlungen total ungeeignet“).
Für sachdienliche Hinweise zur weiteren Aufklärung des Falles „Uomo, Krizia“ wäre Commissario Odorato dankbar.
P.S.: Uns ist bekannt, dass Signora Odorato Anhaftungen der forensischen Probe des Duftes an ihrem Mann wahrnahm, als dieser abends von seinen Ermittlungen nach Hause zurückkehrte. Sie soll so angetan davon gewesen sein, dass sie ihn zu überreden versuchte, sich vorschriftwidrig mit dem Beweisstück zu besprühen!
NACHTRAG: Die Bestellung des Duftes im Internet war ein Flop. Entweder die Reformulierung war ein Desaster, oder hier wurde gepanschte oer gefälschte Ware angeboten, wobei ich nicht dachte, dass ein so randständiger Duft wie dieser gefälscht wird. Jedenfalls ein wässriges, nicht mit meiner Testprobe vergleichbares Zeug. Trenne mich davon wieder. Vorsicht vor nicht 100% sicheren Anbietern!
Der Zwischenstand seiner unverzüglich eingeleiteten Ermittlungen ist folgender: Mandelli, Mariuccia (weiblich, geb. 1925 in Bergamo, Italien) beschloss im Alter von 29, den Beruf der Lehrerin aufzugeben und sich dem Gewerbe des Modedesigns zuzuwenden. So entstand in den 50-ern das bis heute bestehende Modelabel KRIZIA, das nach vorliegenden Schriftstücken maßgeblich zum Erfolg der italienischen prête-à-porter-Mode beigetragen und in den 70-ern den Hotpants zum Durchbruch verholfen haben soll (hier tritt ein Leuchten in Odoratos Augen) sowie bis heute für jede Jahreskollektion ein bestimmtes Tier als Signet verwendet.
Nach von Odorato eher für unglaubhaft gehaltenen Angaben soll die Mandelli den Namen KRIZIA auch für ihre eigene Person als Alias verwendet haben. Was den Sinn des Begriffs angeht, konnten zwei Theorien identifiziert werden: Es soll sich um die Koseform von „Lucrezia“ handeln (Odorato ärgerlich: "Unfug") und es soll eine Anspielung auf den platonischen Dialog „Kritias“ darstellen, weil in diesem die Eitelkeit der Frauen thematisiert worden sei. Der Commissario kennt seinen Platon (mindestens oberflächlich) und weiß, dass in diesem Spätwerk des Philosophen das Königreich Atlantis thematisiert wird, in dem (wie erst heute wieder) Staats- und Kriegsgeschäfte gleichermaßen Angelegenheit der Manns- wie Weibsleute waren. Das lässt auch die zweite Theorie zweifelhaft erscheinen. Zudem ist der italienische Titel des Werkes „Crizia“ mit lateinischem C. Eine direkte Befragung der Mandelli als Zeugin ist aufgrund ihres Ablebens unmöglich (s.u.).
Die Mandelli nahm 2013 zuletzt an einer Mailänder Modenschau ihres Unternehmens teil. 2014 verkaufte sie die florierende Firma an die „Shenzhen Marisfrolg Fashion & Co“, um 2015 zu versterben. Das chinesische Unternehmen fällt nicht nur durch seinen Namen auf (Odorato: "Marisfrolg? Klingt ja wie ein Ork aus Mittelerde, der Häagen-Dasz schlürft"), sondern auch dadurch, dass es wiederum von einer Modedesignerin geleitet wird - von Zhu Chongyun (nach Sichtung der von Interpol Peking übersandten Lichtbilder: Erneut Leuchten in den Augen des Commissario).
Was die Düfte der Marke angeht, muss Odorato sich bislang auf die Auskünfte zweifelhafter polizeibekannter Zuträger stützen. Als gesichert kann gelten, dass seit den 80-er Jahren eine Reihe von Werken nicht ganz unbekannter Parfumeure unter dem Label „KRIZIA“ erschienen sind. Ob es sich um reine Lizenzvergaben han-delte oder ob die Wohlgerüche integral in die Konzeption des Modeunternehmens eingebunden waren, darüber liegen noch keine belastbaren Erkenntnisse vor. Auch die Fragen, welche der Düfte überhaupt noch hergestellt werden und wie man sie erwerben kann, harren einstweilen noch der Klärung.
Gesichert scheint, dass jedenfalls einige Düfte, so Krazy Krizia und eben Krizia Uomo, noch immer am Markt angeboten werden, dass die aufgerufenen Preise der Düfte vergleichsweise niedrig sind (100 ml Krizia Uomo werden ab etwa 30 Euro offeriert) und dass die Vertriebswege wenig transparent scheinen. Auf der Internetseite des Unternehmens wird nur die Mode dargestellt, weshalb ein Direktvertrieb durch KRIZIA nicht belegbar ist. Für einen Besuch der Flagshipstores des Unternehmens (neben Mailand früher Rom, Paris, London, jetzt Shanghai und Tianjin) reichte das Ermittlungsbudget nicht. Die großen Parfümerieketten scheinen KRIZIA nicht zu listen, sodass der Interessent auf Internetvertreiber (gut im Geschäft scheint hier insbesondere „dambiro“ zu sein) zurückgreifen muss.
KRIZIA UOMO EdT ist einigermaßen sicher im Jahre 1984 auf den Markt gekommen und soll 2012 reformuliert worden sein. Dafür hat Odorato zwar nur eine Quelle gefunden. Da sich bei den Angeboten des Produkts im Internet aber (mindestens) zwei verschiedene Flakondesigns finden, scheint sie verlässlich zu sein.
Die von Odorato sensorisch untersuchte Probe, von der nicht bestimmt werden kann, ob die Tatzeit ihrer Herstellung vor oder nach 2012 lag, imponiert durch einen markanten und zugleich sehr ungewöhnlichen Geruch. Einen guten Eindruck geben insoweit die Zeugenaussagen Chnokfirs, Couchlocks, Yatagans und Gahans sowie die vorliegenden Gutachten der Sachverständigen Dr. Minigolf und Prof. Leimbacher.
Nach ergänzender Einschätzung des Kommissars handele es sich bei dem Untersuchungsobjekt um ein durch und durch männliches, für Damen untragbares Artefakt, wiewohl dem Duft auch eine gewisse blumige Süße eigne. Die eindeutige geschlechtsmäßige Zuordnung bleibe insoweit ein dezisionistisch postuliertes Axiom (Odorato dilettiert tatsächlich auch philosophisch). Bei aller markanten Virilität sei der Duft nie aber nie laut oder grob, er bleibe geschmeidig und beherrscht.
Die Mitte des Riechwerks bilde zweifelsohne die Kiefernnadel, die für einen beständigen würzig-holzigen, feinherben, dabei jedoch weichen und nicht-zitrischen Frischeeindruck sorge. Ein Vergleich mit platter „Fichtennadel-Frische“ à la Schaumbad erscheint Odorato nicht angebracht, dafür sei das Aroma viel zu facettenreich. Zum Kiefernnadel-Zentrum gesellten sich plausibel (eher deutliche) holzige und (sehr verhaltene) ledrige Noten. Klar spürbar seien harmonisch komponierte Aldehyde und ein Blumenbukett, was am männlichen Gepräge nichts ändere. Insgesamt imponiere der Duft farbmetaphorisch „lichtbraun“ und taktil „leicht und locker, luftig und samtig".
Die feine, runde Entwicklung dieses Duftes beeindrucke weniger durch klar abgegrenzte Phasen denn durch sanfte Akzentverschiebungen. Werde das Fichtennadel-Holz-Blumen-Aldehyd-Leder-Herz eingangs durch (isoliert nicht spürbare) zitrische Noten und durch Kräuter eher ein wenig ins fein-herbbittere und klar-kristalline gewendet, träten am Ende, unter dem Einfluss der Basisnoten, dann seine weicheren, runderen, volleren und (noch) etwas süßeren Noten hervor.
Trotz seines niedrigen Preises wirke der Duft wertig. Er sei nicht nur rein phänomenologisch schwer zu beschaffen, sondern erscheine auch selten und ungewohnt, wodurch er seinen Träger aus der Masse hervorhebe (Odorato: „für die Verwendung bei verdeckten Ermittlungen total ungeeignet“).
Für sachdienliche Hinweise zur weiteren Aufklärung des Falles „Uomo, Krizia“ wäre Commissario Odorato dankbar.
P.S.: Uns ist bekannt, dass Signora Odorato Anhaftungen der forensischen Probe des Duftes an ihrem Mann wahrnahm, als dieser abends von seinen Ermittlungen nach Hause zurückkehrte. Sie soll so angetan davon gewesen sein, dass sie ihn zu überreden versuchte, sich vorschriftwidrig mit dem Beweisstück zu besprühen!
NACHTRAG: Die Bestellung des Duftes im Internet war ein Flop. Entweder die Reformulierung war ein Desaster, oder hier wurde gepanschte oer gefälschte Ware angeboten, wobei ich nicht dachte, dass ein so randständiger Duft wie dieser gefälscht wird. Jedenfalls ein wässriges, nicht mit meiner Testprobe vergleichbares Zeug. Trenne mich davon wieder. Vorsicht vor nicht 100% sicheren Anbietern!
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