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Bernsteinfarbener Gral - meine Amber-Erleuchtung
Ô Hira ist mein heiliger Amber-Gral. Nicht weniger als meine olfaktorische Amber-Erleuchtung. Ein Duft von atemberaubender und strahlender Schönheit. Sinnesbetörend durch seine raumerfüllende innere Ruhe.
Ein Duft, der die drei Erscheinungsarten von Amber auf sehr puristische Weise zelebriert: Fossiler Amber (Bernstein), harziger Amber und Ambergris. Orientalisch interpretiert mit warmem Zimt, kostbarer Myrrhe und einem rauchigen Hauch von Aoud.
Seinem Wesen nach ist Ô Hira mit Ilm (Aoud) und S. Abdulah (tierischer Moschus) vergleichbar: konsequenter Purismus der arabischen Parfumtradition durch minimalistische Verwendung hochwertigster Inhaltsstoffe. Hier in Form eines „aoudierten“ Amberdufts. Mein funkelnder Fixstern im Amber-Himmel.
Amber ist ein Sammelbegriff für eine Geruchsrichtung, die uns in drei Erscheinungsformen in der Parfumerie begegnet. Als Ambergris (auch Ambra genannt), als Harzmischung (Amber) und als sub-fossiler Amber (auch Bernstein oder Copal genannt).
Ambergris/Ambra ist „Walkotze“ (wobei man nicht weiß, ob diese den Pottwal vorn oder hinten verlässt), die im salzigen Meerwasser längere Zeit der Sonne ausgesetzt war. Ambergris ist samtweich, sinnlich, hat eine moschusweiche Süße, oft auch eine maritime Facette (an Sole erinnernd) und riecht lasziv nach leidenschaftlicher Liebe. Casanova soll denn auch seinem Kakao Ambergris zugesetzt haben. Roja Dove greift diesen Kakao-Ambra-Akkord in seiner wundervollen Profumi D’Amore-Kollektion auf.
Die Harzmischungen, die üblicherweise Amber genannt werden, bestehen in der Regel aus Benzoe, Labdanum und Vanille und weisen meist eine harzige, oft auch pudrig-trockene bis leicht rauchige Süße auf.
Man liest, nicht zuletzt auch hier im Forum, dass Bernstein keinen Geruch hätte und in der Parfumerie nicht verwendet würde. Das stimmt so nicht ganz. Semi-fossiles Harz resp. sub-fossiler Amber, auch etwas undifferenziert Bernstein (Bernstein ist fossiles Harz) oder richtigerweise Copal genannt, wird sehr wohl in der Parfumerie verwendet, wenn auch aus Kostengründen selten und meist nur in der arabischen Duftkultur.
In der arabischen Parfumerie wird sub-fossiles Harz aus dem Himalaya und Indien, das einige Jahrzehnte bis einige Jahrtausende alt ist und bei unter 150 Grad schmilzt, destilliert. Belegstellen für diese Dufttradition habe ich in der Literatur ab ca. 1850 gefunden, also aus einer Zeit, in der der Amber auf Harzbasis noch keine (verbreitete) Verwendung fand – dies ist erst ab Ende des 19. Jahrhunderts der Fall.
Sub-fossiler Amber wurde im Himalaya und auch bei indigenen Völkern Südamerikas (z.B. Mayas) geräuchert. Besonders in Südamerika hatte sub-fossiler Amber, dort „goldener Copal“ genannt, den Stellenwert, den Weihrauch in unserer Kultur hat.
Der Duft von sub-fossilem Amber erinnert an den Duft von Kiefernharz und Pinienzapfen, hat auch metallisch bittere bis säuerliche Facetten, wird im Duftverlauf dann rasch rauchig, etwas ledrig - mit einer Unternote von warmem Gummi.
Sprüht man Ô Hira auf, riecht man Amber. Herausragende Note zu Beginn ist Labdanum, Bestandteil des harzigen Ambers. Das verwendete Labdanum riecht harzig-ambratisch, subtil süsslich, nach trockener warmer Erde, sinnlich-warm und ein wenig nach dunkler, lustvoll erregter Haut einer Frau um den Eisprung. Die Labdanum-Note riecht sehr pur und geradezu dreidimensional, wie eine charismatische Persönlichkeit den Raum einnehmend.
Nach kurzer Zeit gesellt sich Ambergris dazu, welches im weiteren Duftverlauf etwas prominenter wird, um sich dann in Richtung Drydown wieder zurückzuziehen. Die Ambergris-Note ist weich, sinnlich und von einer moschusweichen, warmen Süsse beseelt. Diese moschussanfte, süssliche Ambergris-Note ist ein harmonisches Gegengewicht zur raueren ambratischen Labdanum-Note.
Im Hintergrund macht sich auf reizvolle Weise eine herbere, leicht harzig-bittere bis koniferige, ambratische Unternote mit betont rauchigen Facetten bemerkbar. Sie verleiht dem Duft eine Körnigkeit, etwas Pixeliges. Ich schreibe sie dem sub-fossilen Amber (Copal) zu. Diese kontrastierende Unternote bleibt bis zum Drydown erhalten und verleiht dem Amber schattierend Kontur.
Neben diesen umfassenden Amber-Noten, die jede Facette des Amber-Universums anklingen und erstrahlen lassen, rieche ich weiter Harze, wenngleich hintergründig. Primär Myrrhe und etwas Styrax. Eine großzügige Prise Zimt gibt dem Duft eine trockene orientalisch-würzige Wärme. Nach einiger Zeit veredelt ein dezenter Hauch von Aoud den Amberduft. Das Aoud ist schwarz-holzig, betont rauchig, minimal ledrig, erinnert an warme trockene Erde.
Eine wirkliche Duftentwicklung zeigt Ô Hira nicht, wenn man von der sich langsam zurückziehenden Ambergris-Note absieht. Ô Hira ist weniger ein „fully-fledged“ Parfüm in Sinne der europäischen Duftkultur. Ô Hira zelebriert Amber in all seinen Facetten. Dies auf eine sehr ruhige Weise. Ô Hira ist geradezu eine olfaktorische Meditation.
Ô Hira ist ein stiller Duft. Stark, aber nicht laut. Leise, aber von großer innerer Kraft und raumerfüllender Ruhe. So wie flüssiges, lebendiges Harz in Jahrtausenden zu fossilem Amber wird. Ô Hira ist ein ungemein stoischer Duft. Ein Duft zum Nachdenken.
Ô Hira ist von der herzenswarmen Tiefe einer innigen Umarmung. Ô Hira riecht wie der Bettlaken des Partners – nach tiefempfundener Liebe. Ô Hira lässt einen Ort und Zeit vergessen.
Ist die Sillage erst raumfüllend, zieht sie sich langsam auf Umarmungsdistanz zurück. Ô Hira ist weniger aufgesprühte Parfümierung und Verkleidung als vielmehr eine körpernahe Duftaura, denn Ô Hira verschmilzt mit dem Duft der Haut, wird mit dem Träger eins.
Ô Hira ist ein flüsternder Duft, so wie man, an die Liebste gekuschelt, ihr nicht wie Kinski ins Ohr schreit, sondern sanft flüstert. Ô Hira ist hautnah, aber unglaublich ausdauernd. Auf der Haut hält Ô Hira 24 Stunden, auch eine ausgiebige Dusche lässt Ô Hira nicht verblassen.
Ein Duft, der die drei Erscheinungsarten von Amber auf sehr puristische Weise zelebriert: Fossiler Amber (Bernstein), harziger Amber und Ambergris. Orientalisch interpretiert mit warmem Zimt, kostbarer Myrrhe und einem rauchigen Hauch von Aoud.
Seinem Wesen nach ist Ô Hira mit Ilm (Aoud) und S. Abdulah (tierischer Moschus) vergleichbar: konsequenter Purismus der arabischen Parfumtradition durch minimalistische Verwendung hochwertigster Inhaltsstoffe. Hier in Form eines „aoudierten“ Amberdufts. Mein funkelnder Fixstern im Amber-Himmel.
Amber ist ein Sammelbegriff für eine Geruchsrichtung, die uns in drei Erscheinungsformen in der Parfumerie begegnet. Als Ambergris (auch Ambra genannt), als Harzmischung (Amber) und als sub-fossiler Amber (auch Bernstein oder Copal genannt).
Ambergris/Ambra ist „Walkotze“ (wobei man nicht weiß, ob diese den Pottwal vorn oder hinten verlässt), die im salzigen Meerwasser längere Zeit der Sonne ausgesetzt war. Ambergris ist samtweich, sinnlich, hat eine moschusweiche Süße, oft auch eine maritime Facette (an Sole erinnernd) und riecht lasziv nach leidenschaftlicher Liebe. Casanova soll denn auch seinem Kakao Ambergris zugesetzt haben. Roja Dove greift diesen Kakao-Ambra-Akkord in seiner wundervollen Profumi D’Amore-Kollektion auf.
Die Harzmischungen, die üblicherweise Amber genannt werden, bestehen in der Regel aus Benzoe, Labdanum und Vanille und weisen meist eine harzige, oft auch pudrig-trockene bis leicht rauchige Süße auf.
Man liest, nicht zuletzt auch hier im Forum, dass Bernstein keinen Geruch hätte und in der Parfumerie nicht verwendet würde. Das stimmt so nicht ganz. Semi-fossiles Harz resp. sub-fossiler Amber, auch etwas undifferenziert Bernstein (Bernstein ist fossiles Harz) oder richtigerweise Copal genannt, wird sehr wohl in der Parfumerie verwendet, wenn auch aus Kostengründen selten und meist nur in der arabischen Duftkultur.
In der arabischen Parfumerie wird sub-fossiles Harz aus dem Himalaya und Indien, das einige Jahrzehnte bis einige Jahrtausende alt ist und bei unter 150 Grad schmilzt, destilliert. Belegstellen für diese Dufttradition habe ich in der Literatur ab ca. 1850 gefunden, also aus einer Zeit, in der der Amber auf Harzbasis noch keine (verbreitete) Verwendung fand – dies ist erst ab Ende des 19. Jahrhunderts der Fall.
Sub-fossiler Amber wurde im Himalaya und auch bei indigenen Völkern Südamerikas (z.B. Mayas) geräuchert. Besonders in Südamerika hatte sub-fossiler Amber, dort „goldener Copal“ genannt, den Stellenwert, den Weihrauch in unserer Kultur hat.
Der Duft von sub-fossilem Amber erinnert an den Duft von Kiefernharz und Pinienzapfen, hat auch metallisch bittere bis säuerliche Facetten, wird im Duftverlauf dann rasch rauchig, etwas ledrig - mit einer Unternote von warmem Gummi.
Sprüht man Ô Hira auf, riecht man Amber. Herausragende Note zu Beginn ist Labdanum, Bestandteil des harzigen Ambers. Das verwendete Labdanum riecht harzig-ambratisch, subtil süsslich, nach trockener warmer Erde, sinnlich-warm und ein wenig nach dunkler, lustvoll erregter Haut einer Frau um den Eisprung. Die Labdanum-Note riecht sehr pur und geradezu dreidimensional, wie eine charismatische Persönlichkeit den Raum einnehmend.
Nach kurzer Zeit gesellt sich Ambergris dazu, welches im weiteren Duftverlauf etwas prominenter wird, um sich dann in Richtung Drydown wieder zurückzuziehen. Die Ambergris-Note ist weich, sinnlich und von einer moschusweichen, warmen Süsse beseelt. Diese moschussanfte, süssliche Ambergris-Note ist ein harmonisches Gegengewicht zur raueren ambratischen Labdanum-Note.
Im Hintergrund macht sich auf reizvolle Weise eine herbere, leicht harzig-bittere bis koniferige, ambratische Unternote mit betont rauchigen Facetten bemerkbar. Sie verleiht dem Duft eine Körnigkeit, etwas Pixeliges. Ich schreibe sie dem sub-fossilen Amber (Copal) zu. Diese kontrastierende Unternote bleibt bis zum Drydown erhalten und verleiht dem Amber schattierend Kontur.
Neben diesen umfassenden Amber-Noten, die jede Facette des Amber-Universums anklingen und erstrahlen lassen, rieche ich weiter Harze, wenngleich hintergründig. Primär Myrrhe und etwas Styrax. Eine großzügige Prise Zimt gibt dem Duft eine trockene orientalisch-würzige Wärme. Nach einiger Zeit veredelt ein dezenter Hauch von Aoud den Amberduft. Das Aoud ist schwarz-holzig, betont rauchig, minimal ledrig, erinnert an warme trockene Erde.
Eine wirkliche Duftentwicklung zeigt Ô Hira nicht, wenn man von der sich langsam zurückziehenden Ambergris-Note absieht. Ô Hira ist weniger ein „fully-fledged“ Parfüm in Sinne der europäischen Duftkultur. Ô Hira zelebriert Amber in all seinen Facetten. Dies auf eine sehr ruhige Weise. Ô Hira ist geradezu eine olfaktorische Meditation.
Ô Hira ist ein stiller Duft. Stark, aber nicht laut. Leise, aber von großer innerer Kraft und raumerfüllender Ruhe. So wie flüssiges, lebendiges Harz in Jahrtausenden zu fossilem Amber wird. Ô Hira ist ein ungemein stoischer Duft. Ein Duft zum Nachdenken.
Ô Hira ist von der herzenswarmen Tiefe einer innigen Umarmung. Ô Hira riecht wie der Bettlaken des Partners – nach tiefempfundener Liebe. Ô Hira lässt einen Ort und Zeit vergessen.
Ist die Sillage erst raumfüllend, zieht sie sich langsam auf Umarmungsdistanz zurück. Ô Hira ist weniger aufgesprühte Parfümierung und Verkleidung als vielmehr eine körpernahe Duftaura, denn Ô Hira verschmilzt mit dem Duft der Haut, wird mit dem Träger eins.
Ô Hira ist ein flüsternder Duft, so wie man, an die Liebste gekuschelt, ihr nicht wie Kinski ins Ohr schreit, sondern sanft flüstert. Ô Hira ist hautnah, aber unglaublich ausdauernd. Auf der Haut hält Ô Hira 24 Stunden, auch eine ausgiebige Dusche lässt Ô Hira nicht verblassen.
21 Antworten
Cnt vor 5 Jahren
1
Ein wundervoller, von mir sehr gern gelesene Kommentar. Er erinnert mich an eine Liebeserklärung aus einer anderen Zeit. Nicht an eine, die in der ersten schwulst des verliebtseins geschrieben wurde. Vielmehr eine Erklärung nach jahrzehntelanger liebe, die ein unkaputtbares Fundament aufweist. Chapeau und danke für diesen wohlig-tiefen Kommentar
Chizza vor 5 Jahren
1
Sehr starker Kommentar, Hut ab!
Flioline vor 5 Jahren
Wundervoll .
Eyris vor 6 Jahren
Wow, was für ein toll recherchierter Kommentar! So wird er den vielen Amber-Facetten wirklich gerecht. Auch wenn ich mir - als Frau - nicht so richtig bewusst bin, wie die Haut einer Frau um den Eisprung riecht... Spannend klingt's trotzdem.
Fittleworth vor 8 Jahren
1
Wunderbar! Bin eigentlich kein Amber-Fan, aber diesen hier werde ich wohl testen müssen ...
Sinioerkel vor 9 Jahren
Watt für'n genialer Kommentar. Ich hatte mit Amber ja eigentlich schon abgeschlossen, aber nun muß ich diesen Duft hier testen. Sehr aufschlußreich.
Etamher vor 9 Jahren
vielen dank für den schönen kommentar und den schluß einiger meiner bildungslücken !
Passionez vor 10 Jahren
Ein sehr ausführlicher interessanter und toll geschriebener Kommentar! Ich liebe Amberdüfte und dieser steht auch auf meiner Wunschliste, nur ist er mir leider zu teuer. Zum Glück sind einige andere Amberschätze in meinem Besitz.
Hasi vor 10 Jahren
Ich würde gerne mal zu einem meiner Düfte SO EINEN TOLLEN KOMMENTAR lesen!
Dobbs vor 10 Jahren
Sehr informativ und angenehm zu lesen. Dieser Duft dürfte mir gefallen - Merkliste!
Inger vor 10 Jahren
Das klingt wunderschön - der Duft könnte mir auch gefallen - Danke!!
Palonera vor 10 Jahren
Von Kommentar zu Kommentar offenbart sich mehr der Liebhaber, :-). Mir haben die bisher kennengelernten Humbert-Lucas-Düfte auch sehr gefallen und ich hoffe, in meinem Fundus findet sich auch eine Ô Hira-Probe.
Whadelse89 vor 10 Jahren
Guter Kommentar. Den will ich schon so lange testen :-/
DOCBE vor 10 Jahren
Informativ und lesenswert! Sehr schön.
Mokka vor 10 Jahren
Ein O Hira würdiger Kommentar. Ich bin begeistert und meditiere in den frühen Tag hinein..... Wo kann ich meinen Pokal abstellen?
Seerose vor 10 Jahren
Den wünsche ich mir schon lange - als Abfüllung, schon da kostet er mehr als ein 30er guter Mainstream. Copal duftet noch nach dem Harz der jeweiligen Bäume, Bernstein nicht oder kaum mehr, da er älter ist, ich weiß.
Prokion vor 10 Jahren
Wenn jemals ein Kommentar ein Interesse geweckt haben sollte, dann dieser. Werde ich probieren. Danke für diese sehr emotionale Beschreibung.
Yatagan vor 10 Jahren
Oh ja, den hatte ich auch schon mal auf der Merkliste. Klingt toll!
0815abc vor 10 Jahren
Ich kam so richtig in Schwung...und dann Kinski!Wie ein Schwall Nordseewasser! !!Bei uns kann man megaschick Bernstein sammeln.Riecht nach Salz und Meer und Freiheit.
Meggi vor 10 Jahren
Sehr informativ. Ich schöpfe bei Lucas wieder Hoffnung!
Taurus vor 10 Jahren
Scheint ein exzellenter Amber-Duft zu sein ... gleich mal auf die Merkliste setzen ... :-)

