Jas0N
Kritik Top Rezension
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Nightcrawler
Andy Tauer und ich. Eine Liebe, die sich erst finden musste. Nach "L'Air du Desert Marocain", "Lonestar Memories", "Au Coeur du Desert" und "Une Rose de Kandahar" mein nächstes Testobjekt.
Abgesehen vom ersten musste ich die Tauers erst richtig ergründen und schätzen lernen. Lonestar Memories und Kandahar sind für mich Inbegriffe der Parfumkunst. Gerade Lonestar ist sehr experimentel und kann für die ein oder andere Nase zu viel sein. Mir gefiel er auf Anhieb. Ein komplexer Duft, anfänglich schwer und total einnehmend, zum Ende hin ein schmeichelnder und ruhiger Duft.
Gleiches gilt für L'Oudh. Für viele vllt zu viel des Guten. Ein dunkler und wirklich animalisch gepräger Oud-Duft, der wenn überhaupt nur in der kalten Jahreszeit Verwendung findet.
Eine wirkliche Aufteilung in Kopf-,Herz- und Basisnoten gibt es nicht wirklich. Sobald du einen kleinen Tropfen! auf das Handgelenk vereibst und der Alkohol abklingt, legt der Tauer los wie die Feuerwehr.
Dichtverwobenes und schönes Oud -frei von riechbarer Synthetik-, verschmilzt mit Bibergeil und Mysore-Sandelholz. Zistrose nehme ich immer wieder wahr und auch Moschus bleibt in dem dicht umwobenen Gesamtkonstrukt nicht verborgen.
Interessant ist die Note "Morchel". Sie hat den Eigenschaft stinkende Gerücke abzusondern und ich vermute, dass der animalische Ton geprägt ist durch eben jene. Angeblich, so das Internet, soll Sie Frauen zum Orgasmus kommen lassen. (ob empirsche Studien oder sonstige Belege existieren ist mir fremd)
Die rauchigen Töne werden im Verlauf stärker und ich habe das Gefühl als würde Holz kokeln.
Grundsätzlich ist der Duft in seiner Machart kein Büroduft, sondern fühlt sich am wohlsten in der Nacht. Dann, wenn es dunkel wird. Dort ist er wie ein Nightcrawler und kann sich richtig entfalten.
Auf mich wirkt er durchaus sexy und anziehend und gerade die rauchig-animalische Auslegung hat einen großen Reiz und Suchtfaktor. Betörend und wild wäre die passende Umschreibung. Wenn man mal wieder feiern gehen will und weiß, dass die Jungs mit One Million aufwarten und diesen übertönen möchte, hat man hier einen passenden Partner gefunden.
Grundsätzlich finde ich die experiementelle Bereitschaft die Andy Tauer an den Tag legt, für ausreichend um seine Düfte zu testen. Am Rande der linearen Duftauslegung, in der man sanft von Kopf zu Herz und weiter zur Basis gleitet, finde ich diese Art zu kreieren am spannensten. (unabhängig davon, weiß ich, dass eine lineare Duftkomposition in seiner Machart nicht weniger komplex ist!)
Bitte dosiert einsetzen und wie gesagt nicht im Büro :). Angeblich muss die Duftwolke enorm gewesen sein und die Frage: "Hat etwas Feuer gefangen" kam auf.
Aktuell nur in einem Miniflakon erhältlich, hoffe ich dass Herr Tauer das Fazit zieht, diesen Duft in die 50ml-Produktion zu geben. Wenn dem so ist, habe ich ihn schon gestern bestellt.