
François Coty: Ein Revolutionär der modernen Parfumerie
Eine Reise durch das Leben von François Coty - dem Begründer der modernen Parfumindustrie, dessen Erbe bis heute weiterlebt.
Ich wusste, dass ich Parfumeur werden sollte; es war ein Beruf, der wie für mich gemacht war.
François Coty
Die Geschichte der Parfumerie ist voll von kreativen Genies und innovativen Köpfen, die die Branche geformt und gestaltet haben - François Coty war einer von ihnen. Als „Vater/Napoleon der modernen Parfumerie“ revolutionierte Coty die Welt der Düfte und gilt als Begründer der modernen Kosmetik- und Parfumindustrie. Von holprigen Anfängen bis zum Aufstieg zum weltberühmten Parfumeur und erfolgreichen Unternehmer - in diesem Artikel begeben wir uns auf eine Reise durch das Leben von François Coty.
Von Ajaccio nach Marseille: Die frühen Jahre von François
François Coty wurde am 3. Mai 1874 als Joseph Marie François Spoturno in Ajaccio auf der Mittelmeerinsel Korsika geboren. Seine Kindheit war von Tragödien überschattet: Mit gerade einmal vier Jahren verlor er seine Mutter, drei Jahre später starb auch sein Vater. Seine Eltern, Jean-Baptiste Spoturno und Marie-Adolphine-Françoise Coti, stammten von genuesischen Siedlern ab, die Ajaccio im 15. So wuchs der kleine François zunächst bei seiner Urgroßmutter und nach deren Tod bei seiner Großmutter auf, die in Marseille lebte.

Seine Verwandten versuchten alles, um ihm eine Ausbildung zu ermöglichen - jedoch ohne Erfolg. Coty musste die Schule vorzeitig abbrechen, da das Schulgeld nicht mehr aufgebracht werden konnte. Als junger Mann arbeitete er als Verkäufer in Marseille und leistete seinen Militärdienst ab. Beim Handel mit Damenmodeartikel entdeckte er sein Verkaufstalent: Er war ein Meister darin, Frauen von der Qualität und Schönheit von Leinen, Spitze und Bändern zu überzeugen. Dieses Talent, gepaart mit seinem Gespür für die Wünsche und Bedürfnisse seiner Kundinnen, sollte sich später auch in der Parfumbranche als großer Vorteil erweisen.
Nach einigen Jahren Militärdienst lernte François den korsischen Landsmann namens Emmanuel Arène kennen, Mitglied der Académie Française, Politiker, Schriftsteller und zukünftiger Senator. Arène versprach ihm, ihn in Paris zu unterstützen, sollte François jemals den Weg in die französische Hauptstadt finden. Dieses Versprechen löste Coty bald ein, als er mit Mitte 20 nach Paris kam.
Ein neuer Anfang in der Stadt der Liebe
Wie versprochen half ihm sein neuer Freund, Fuß zu fassen, und bot ihm eine Stelle als Sekretär an. Arène sah in Coty einen intelligenten und ehrgeizigen jungen Mann mit großem Potenzial - und wurde zu seinem Mentor.
Das Jahr 1900 brachte für François Coty viele entscheidende Veränderungen. In Paris fand er nicht nur Inspiration und Arbeit, sondern auch die Liebe. Er heiratete die begabte Hutmacherin Yvonne Dubois Le Baron, eine Frau mit starker Persönlichkeit und einem ausgeprägten Sinn für Humor. Außerdem freundete er sich mit dem Apotheker Raymond Goëry an, der sein Interesse für Düfte entfachte.
Als Coty Goërys Apotheke in der Avenue de la Motte-Picquet besuchte, fühlte er sich von den Düften und Chemikalien magisch angezogen. Er war jedoch irritiert von Goërys Parfums, die in robusten Fläschchen abgefüllt waren, die normalerweise für medizinische Produkte verwendet wurden. Coty bezweifelte, dass die elegante Pariser Damenwelt diese Flakons und Etiketten ansprechend finden würde.
Laborabende und erste Duftexperimente
François galt als geschickter Opportunist, der gesellige Abende mit Yvonne genoss und oft mit Raymond Goëry und dessen Frau Karten spielte. Wenn Goëry tagsüber keine Zeit hatte, seine Düfte zu mischen, arbeitete er abends im Labor - und Coty war oft da, um von ihm zu lernen. Er begann, mit einfachen Ingredienzien zu experimentieren, um einen leichten, luftigen Zitrusduft zu kreieren. Für ein raffinierteres Parfum war jedoch eine komplexere Formel erforderlich, für die François keine Ausbildung hatte. Trotzdem entwickelte er bald sein erstes Eau de Cologne, das er nach seiner Mutter „Cologne Coti“ nannte. Raymond versicherte ihm, dass sein Duft betörend sei.
Auch die Pariser Weltausstellung von 1900 spielte eine wichtige Rolle in der Laufbahn von François Coty. Zusammen mit Yvonne verbrachte er viel Zeit auf der Messe, die 45 Millionen Besucher anzog. Dort lernte er andere Parfumeure kennen, ließ sich von den Werken moderner Künstler wie Picasso inspirieren und war beeindruckt von der architektonischen Meisterleistung des neuen Grand Palais.
Auf der Ausstellung wurde François Coty von seinem Freund François Carnot, Präsident der Union Centrale des Arts Décoratifs und engagierter Kulturaktivist, mit René Lalique bekannt gemacht. Lalique war ein berühmter Glas- und Schmuckkünstler und stellte dort seine preisgekrönten Schmuckstücke aus. Niemand konnte damals ahnen, dass nur vier Jahre später eine Zusammenarbeit zwischen François und Lalique beginnen würde, die die Welt des Flakondesigns revolutionieren sollte.
Von Spoturno zu Coty
Der junge François brauchte Geld und hatte den Wunsch, erfolgreich zu sein. Damit er sich und seine Produkte zukünftig gut vermarkten konnte, riet ihm Arène, den Namen seiner Mutter zu verwenden: 'Coti', aber mit 'y' geschrieben. In Paris und im Geschäftsleben sei es besser, 'Spoturno' hinter sich zu lassen. Außerdem soll ihm Arène prophezeit haben, dass sein neuer Name für Größe stehe.
Als François Coty reiste er nun durch die Provinzen, um sein neues Eau de Cologne zu vermarkten. Er erkannte, dass der Markt für Luxusparfums nur eine kleine wohlhabende Klientel anzog. Im Gegensatz dazu waren die preiswerten Parfums schwer, traditionell und wenig aufregend, verkauften sich aber wegen der geringen Konkurrenz gut. Coty träumte von einer Welt, in der Frauen sich und ihre Liebsten mit Düften und Pudern verwöhnen.
Um die Flaschen und Etiketten zu finanzieren, lieh er sich Geld von seiner Großmutter, die ihm stets zur Seite stand, wenn er es brauchte. Da er kein Budget für Werbung hatte, soll er einen gemieteten Ponykarren mit Eaux de Cologne-Flaschen beladen und damit durch die südlichen Provinzen gefahren sein. Auf der Rückseite des Wagens befestigte er reife Landschinken. Hungrige streunende Hunde sollen auf den Wagen aufmerksam geworden sein und um das Fleisch gekämpft haben, wodurch die Dorfbewohner neugierig wurden und herbeiströmten.
Coty in Grasse, der Welthauptstadt des Parfums
Durch Arène lernte eröffneten sich François zwei weitere Möglichkeiten, die seinen Lebensweg beeinflussten: eine Einführung bei Senator Antoine-Léon Chiris in Paris und eine Ausbildung in Grasse, dem Zentrum der Parfumherstellung, wo die Familie Chiris eines der größten und erfolgreichsten Parfumunternehmen führte und seine Produkte weltweit exportierte. Antoine-Léon Chiris war ein enger Verbündeter von Arène, ein erfolgreicher Politiker und Unternehmer, der das Parfumgeschäft seines Vaters weiterführte und maßgeblich dazu beitrug, die Branche zu entwickeln.
In Grasse verbrachte François seine Tage im Labor, wo er die Kunst der Parfumherstellung erlernte und Einblicke in die chemischen Prozesse gewann. Seit 1850 hatte sich die Parfumindustrie stark gewandelt, besonders durch die Einführung flüchtiger Lösungsmittel für die Extraktionstechniken. Louis Chiris, ein Pionier auf diesem Gebiet, hatte das Patent für diese Methoden erworben und die erste Fabrik für chemische Extraktion in Grasse gegründet. Auch begannen einige renommierte Hersteller, synthetische Duftstoffe in ihren Parfums zu nutzen. Die Innovationen von Chiris machten diese Fortschritte weitreichend zugänglich, was die Parfumproduktion profitabler und erschwinglicher machte.

Cotys legendärer Duft „La Rose Jacqueminot“
François lernte, natürliche Essenzen mit synthetischen Molekülen zu kombinieren und schuf 1903 den Damenduft „La Rose Jacqueminot“, benannt nach der Rosa centifolia (Zentifolie). Dabei verwendete Coty Rosenabsolue aus Damascena und Centifolia, die mit synthetischen Molekülen wie Rhodinal, Ionon und Phenylethylalkohol angereichert wurden. Es heißt, die Komposition vereine alle Elemente der modernen Parfumerie, die im späten 19. Jahrhundert entdeckt wurden, zu einer neuartigen olfaktorischen Symphonie, die perfekt mit der Modernität des neuen Jahrhunderts harmoniert.
Nach seiner Rückkehr nach Paris verwandelten François und Yvonne ihre Wohnung in eine kleine Fabrik mit Labor und Nähzimmer. Coty verkaufte weiterhin sein Eau de Cologne und entwickelte neue Düfte. Die Produktion von „La Rose Jacqueminot“ war Teil seines großen Projekts.
Um seinen femininen Rosenduft in einer ebenso schönen Verpackung anbieten zu können, wählte er einen Baccarat-Fakon von Frankreichs renommiertestem Glashersteller. Als Hutmacherin verlieh Yvonne den Flakons mit Seidenbeuteln, goldenen Samtbändern und Satinverzierungen eine elegante Note, während ihre Brüder Henri und Paul sowie ihr junger Onkel Alphée die Etiketten für die Flakons entwarfen und gravierten.

1902 eröffnete Coty schließlich seine erste Boutique an der Place Vendôme 28 in Paris und präsentierte einige seiner ersten Kreationen. In einer Anzeige für seine Boutique hieß es:
Allen Damen, die direkt zur Place Vendome 28 gehen, um unser neues Parfum zu kaufen, wird ein Korsett-Säckchen angeboten, das nach einem speziellen Verfahren hergestellt wird, das es uns ermöglicht, trotz seiner geringen Abmessungen die Haltbarkeit des darin enthaltenen Parfüms für 6 Monate zu garantieren.
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Taschen für Wäsche, Korsett, Taschentücher, Handschuhe, Mieder. Sultaninenschachteln, spezielle Nachtwäschebeutel, alle Parfüms. Unsere Beutel werden mit einem speziellen Verfahren hergestellt, das es uns ermöglicht, die Dauer und Haltbarkeit des Parfums zu garantieren.
Ende 1903 war François bereit, „La Rose Jacqueminot“ auf den Markt zu bringen. Er zog seinen besten Anzug an und machte sich auf den Weg, um sein Parfum bei den Pariser Einzelhändlern zu verkaufen. Und wieder erwies er sich als hervorragender Verkäufer in Paris. Er suchte Abnehmer in Kaufhäusern und Boutiquen. Sein Charme öffnete auch neue Verkaufsstellen wie Kioske, die bis dahin weder Parfum noch Eaux de Cologne verkauft hatten. Die Ästhetik der Flakons in den hübschen Beuteln mit den kunstvollen Etiketten inspirierte die Ladenbesitzer zu Großeinkäufen.
Vom Wartezimmer zum Welterfolg
Um den Durchbruch von „La Rose Jacqueminot“ rankt sich außerdem eine Legende: So soll Coty tagelang versucht haben, Henri de Villemessant, den Direktor des Pariser Kaufhauses Grands Magasins du Louvre, zu treffen, wurde aber immer wieder im Wartezimmer vertröstet. Schließlich riss ihm der Geduldsfaden - und er ließ am Parfumstand eine Flasche „La Rose Jacqueminot“ fallen. Sofort strömten die Kundinnen herbei und verlangten Dutzende Flaschen des neuen Parfums. Der Andrang war so groß, dass Monsieur Villemessant persönlich nachsehen musste. Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass der junge Mann, der vor seinem Büro gewartet hatte, für den plötzlichen Ansturm verantwortlich war. Villemessant erkannte das Potenzial von François' Parfum und bot ihm daraufhin einen begehrten Verkaufsstand im Erdgeschoss an. Angesichts des offensichtlichen Erfolgs von „La Rose Jacqueminot“ und des Kapitalbedarfs für die Ausweitung der Produktion bot Villemessant François finanzielle Unterstützung an.
Ob an dieser Geschichte etwas dran ist oder nicht, eines ist sicher: „La Rose Jacqueminot“ war Cotys erster großer Erfolg, ein Meilenstein in seiner Karriere und Wegbereiter für spätere Klassiker.

Revolution im Flakondesign: Coty und René Lalique
François Coty erwies sich nicht nur als talentierter Parfumeur, sondern auch als geschickter Geschäftsmann und Marketingstratege. Obwohl seine Baccarat-Flakons von hoher Qualität waren, störte es ihn, dass auch andere Firmen sie verwendeten. Er wollte sich von der Masse abheben. Da Coty erkannte, dass seine Parfums nicht nur gut riechen, sondern auch ästhetisch ansprechend verpackt sein mussten, tat er sich mit dem berühmten Schmuck- und Glaskünstler René Lalique zusammen, den er auf der Weltausstellung kennengelernt hatte. Dieser schuf Flakons, die die Coty-Düfte auch optisch in Szene setzten und die Marke unverwechselbar machten.
So entwarf René Lalique 1908 zunächst ein Etikett für das Parfum „L’Effleurt“. Vier Jahre später folgte die Gestaltung des Flakons. Auch für die ersten Parfums von Coty wie „Ambre Antique“ und „L’Origan“ entwarf Lalique die Flakons, die zu Bestsellern wurden.

Obwohl Coty von Laliques Entwürfen fasziniert war, ärgerte er sich über die hohen Herstellungskosten für die Massenproduktion seiner Parfums. Als Lösung begann er später, ähnliche Formen in seinen Glasfabriken zu produzieren, um die Kosten zu senken. Dies hatte einen weiteren Einfluss auf die Parfumindustrie: Traditionell war Parfum ein Luxusgut, das nur wenige sich leisten konnten. Coty brach mit dieser Konvention, indem sein Unternehmen luxuriöse Düfte in den unverkennbaren Lalique-Flakons für die Elite anbot und gleichzeitig kleinere, günstigere Flakons für die breite Mittelschicht einführte.
Coty führte ebenfalls die Idee des Duftsets ein, das eine Geschenkpackung mit verschiedenen Artikeln enthielt, die denselben Duft hatten: Parfum, Puder, Seife, Creme, Badesalz, Lippenstift und andere Kosmetika. Durch die Integration von Parfums in verschiedene kosmetische Produkte schritt Coty vom handwerklichen Zeitalter in das Industriezeitalter der Parfumherstellung voran.

Cotys Leidenschaft für Kunst und Architektur
1908 verlegte Coty seinen Firmensitz nach Suresnes und errichtete dort „La cité des Parfums“, einen Komplex aus Laboratorien und Fabriken. Mit einer Belegschaft von rund 9.000 Mitarbeitern produzierte das Unternehmen täglich bis zu 100.000 Parfumflakons, um die weltweit steigende Nachfrage zu decken. Im Jahr 1910 eröffnete er ein Geschäft an der 5th Avenue in New York und beauftragte René Lalique mit der Gestaltung der monumentalen Glasfenster der Fassade.
Im Herzen Manhattans strahlt das „Coty Building“ – ein sechsstöckiges Gebäude mit einer von französischer Architektur inspirierten Fassade und einem Mansarddach – die Schönheit und Eleganz des französischen Savoir-faire aus.

Zwei Jahre später kaufte Coty das „Château d'Artigny“ nahe Tours und ließ es renovieren. Über 20 Jahre verwandelte er das Anwesen in ein prächtiges Domizil, mit maßgeschneiderten Küchen, Ballsälen und einem großen Fresko, das ihn selbst, seine Familie, Freunde und sogar seine Geliebten darstellte.
Parfumkreationen, die Geschichte schrieben
Anfang der 1910er Jahre gehörten bereits mehrere Parfums zum Sortiment des Hauses. Cotys Vision war es, einen Duft für jede Frau zu kreieren. Er beschrieb seinen Ansatz wie folgt:
Schenken Sie einer Frau das beste Produkt, das es gibt, und vermarkten Sie es in einem perfekten Flakon, schön in seiner Schlichtheit und tadellos im Geschmack, verlange einen angemessenen Preis dafür, und du wirst Zeuge der Geburt eines Geschäfts, wie es die Welt noch nie gesehen hat.
François Coty
In dieser Zeit entstanden einige seiner bekanntesten Parfums wie „Au Cœur des Calices“ in einem kunstvollen Flakon von René Lalique. Auch das sinnliche, orientalische „L’Or“ mit seinen intensiven Tabak- und Blumennoten wurde neu aufgelegt.
1917 brachte Coty in Suresnes einen seiner größten Erfolge auf den Markt: das chypreartige, blumige Damenparfum „Chypre“. Obwohl Chypre-Düfte schon seit Jahrhunderten beliebt waren, setzte sich Coty mit seiner eigenen Version durch.

Nach dem Ersten Weltkrieg expandierte Coty erfolgreich auf den amerikanischen Markt. Französische Parfums wurden immer beliebter, besonders da amerikanische Soldaten sie als Geschenke für ihre Frauen mitbrachten. Coty erkannte das immense Potenzial und baute zügig eine starke Präsenz in den USA auf.
In den 1920er Jahren eroberten die Parfums von Coty immer mehr Duftliebhaber auf der ganzen Welt. François Coty dehnte sein Imperium über Frankreich hinaus aus und schloss Vertriebsverträge mit der Schweiz, Spanien, Italien, Deutschland, Rumänien, Brasilien, Argentinien und Mexiko. Im Jahr 1925 ging die 1922 gegründete Coty Inc. an die Börse und wurde zu einem der mächtigsten und erfolgreichsten Unternehmen.
Politische Ambitionen und Kontroversen
François Coty war jedoch nicht nur ein visionärer Unternehmer, sondern auch eine umstrittene Person in der politischen Landschaft. In den 1920er Jahren nutzte er seinen Erfolg als Parfumhersteller, um Zeitungen zu erwerben und seine antikommunistischen, antisemitischen und faschistischen Ansichten zu verbreiten. Bereits 1919 kaufte er Anteile an der Tageszeitung „Le Figaro“. Als er 1927 zum politischen Direktor ernannt wurde, verwandelte er die ehemals gemäßigt konservative Zeitung in ein Sprachrohr seiner extremistischen Überzeugungen, was zu Kontroversen und Widerstand in der Redaktion führte.
Die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre schwächte ihn finanziell, bot ihm aber auch ein weiteres Sprungbrett für seine politischen Ambitionen. Nachdem er 1931 zum Bürgermeister von Ajaccio gewählt worden war, suchte er die Nähe zur extremen Rechten und baute seinen politischen Einfluss weiter aus. Sein auf Propaganda ausgerichtetes Zeitungsimperium erwies sich jedoch als finanzielles Fiasko: Weder „Le Figaro“ noch die von ihm gegründete Zeitung „L'ami du peuple“ („Der Freund des Volkes“) warfen Gewinne ab. Ab 1929 begann sein Vermögen deutlich zu schrumpfen und auch sein Parfumgeschäft wurde vom Börsenkrach in Mitleidenschaft gezogen. Vor allem aber führte seine Scheidung zum finanziellen Ruin.

Zwischen Ehe und Affären: Die turbulenten Liebschaften von Coty
François Cotys Liebesleben war ebenso turbulent wie leidenschaftlich und sorgte häufig für Schlagzeilen. Trotz seiner Ehe mit Yvonne, mit der er zwei Kinder hatte, war Coty für seine Affären und unehelichen Kinder bekannt. Gegenüber seinen Geliebten soll er sehr großzügig gewesen sein. Seine favorisierte Frau erhielt einen monatlichen Blankoscheck und wurde oft im Pariser Luxushotel Astoria untergebracht, wo er sie mit Geld und Geschenken überhäufte. Besonders bekannt war seine langjährige Beziehung zu Henriette Daude, einer ehemaligen Coty-Verkäuferin, mit der er fünf Kinder zeugte.
Im Jahr 1929 beantragte Yvonne Coty die Scheidung und heiratete anschließend Leon Cotnareanu. Gemäß der Scheidungsvereinbarung verpflichtete sich François Coty, ihr mehrere Millionen Francs in drei Raten zu zahlen. Doch 1931 versäumte er die letzte Rate und führte finanzielle Schwierigkeiten als Grund an. Die Gerichte fällten in den folgenden Jahren mehrere Entscheidungen zugunsten von Yvonne, wodurch sie schließlich den Großteil von Cotys Vermögen sowie seine Zeitungen erhielt.
Das Erbe von François Coty
Coty starb 1934 in seinem Haus in Louveciennes an den Folgen einer Lungenentzündung und Komplikationen nach einem Aneurysma. Im Jahr 1963 verkaufte seine Ex-Frau den Konzern Coty Inc. an den Pharmariesen Pfizer mit der Auflage, dass kein Mitglied der Familie Coty am Unternehmen beteiligt sein dürfe. Unter Pfizers Führung verlagerte das Unternehmen den Vertrieb seiner Parfums von Kaufhäusern auf Drogerien. 1992 verkaufte Pfizer Coty an die deutsche Joh. A. Benckiser GmbH, welche bis heute Eigentümer ist.
Dennoch ist Cotys Vermächtnis in der Parfumerie bis heute lebendig: Als einer der Pioniere verwendete er synthetische Duftstoffe in Parfums und präsentierte sie in ästhetischen Flakons und Verpackungen, die eine starke Markenidentität schufen. Sein Talent für innovative Kompositionen und seine kühnen Marketingstrategien machten ihn zu einer Legende der Branche. Noch heute steht das von ihm gegründete Unternehmen Coty mit an der Spitze der Kosmetik- und Parfumindustrie und Kreationen wie „L’Origan“ (1905), „Chypre“ (1917) und „Emeraude“ (1921) inspirieren Parfumeure auf der ganzen Welt.
Seid ihr an einem bestimmten Duft von François Coty interessiert? Oder habt ihr einen Lieblingsduft aus dem Hause Coty?
Quellen:
Toledano, Roulhac (2009). François Coty: Fragrance, Power, Money
Gallica - Bibliothèque nationale de France. https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k9600220q/f14.image.r=Jacqueminot
Britannica. "François Coty". https://www.britannica.com/biography/Francois-Coty
Coty. "Our Heritage". URL: https://www.coty.com/our-heritage
Perfume Projects. "François Coty". http://www.perfumeprojects.com/museum/marketers/Coty.php
Coty Perfumes Blog. "History". https://cotyperfumes.blogspot.com/p/history.html
Villanamouna's Blog. "Previous Owners". https://villanamouna.wordpress.com/previous-owners/
ZBW - Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. "François Coty". https://pm20.zbw.eu/mirador/?manifestId=https://pm20.zbw.eu/iiif/folder/pe/003505/manifest.json
Catalogue Cappiello. "François Coty". https://catalogue.cappiello.fr/document/722
Sicard-Picchiottino, G. François Coty : Un Industriel Corse Sous La Iiie République*. Albiana, 2006.
Bildnachweise: DDupard, CC BY-SA 4.0
Ganz toll geschrieben 🏆
In meiner Jugend habe ich Chanson d'Air von Coty heiß und innig geliebt. Der Duft ist leider schon lange eingestellt worden. Bisher habe ich nichts vergleichbares gefunden.
Meine damalige Austauschschülerin aus Frankreich trug ihn. Daher war das für mich immer der wunderschöne leichte, fluffig-zitronige Sauberduft eines französischen jungen Mädchens.
Da kann man echt mal wieder sehen. Erstmal informieren - über die Leute, die hinter Waren stehen, die man sich vielleicht zuzulegen gedenkt :O
Da wird mein Interesse an Coti und seinen Werken sehr klein.
Vielen Dank dafür.
Allerdings fehlt im Abschnitt "Die frühen Jahre von François" scheinbar ein Teil das ließ mich beim Lesen kurz stocken. Aber der Rest war sehr interessant