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vor 10 Jahren - 19.02.2014
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Ist die intelligente Aussage gleichzeitig wahr?

Aus gegebenem Anlass muss ich mir diese Frage stellen. Mit der Erkenntnis von heute hätte ich sie mir eigentlich stellen müssen bevor ich mich bei Parfumo anmelde in der vollen Absicht, meinen Senf dazuzugeben. Ich frage bewusst nicht: Bin ich intelligent? – Das ist ja messbar, wenn auch einzelne Fähigkeit sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können und viele daher meinen, den/die eine(n) oder andere(n) entsprechend dem eigenen Verständnis von Intelligenz qualifizieren zu können.

Bin ich also hinreichend in der Lage, stilistisch sicher, grammatisch und rhetorisch einwandfrei, die Rechtschreibung perfekt beherrschend, politisch und möglichst auch ökologisch korrekt, respektvoll und vor allem achtsam UND mit dem nötigen Wissen und nicht ohne entsprechend erforderliche Recherche mich hier zu äußern, also meine persönlichen Wahrheiten kundzutun?

Das lässt mich zu der Frage kommen, inwieweit Meinungen denn heute überhaupt noch erwünscht sind, oder ob es ein lästiger individueller Spleen ist, eine nicht möglichst weichgespülte und für möglichst viele Menschen passende Ansicht zu vertreten. Ist es vielleicht ein Ausdruck von Schläue, mich so zu verhalten, dass ich mit dem was ich äußere möglichst umfassend Zustimmung finde, aber nicht zwangsläufig ein Ausdruck von Intelligenz? Und sind meine Äußerungen, die viel Zustimmung erhalten, dann automatisch wahrer als die, denen viele widersprechen?

Das folgende Zitat von Gerhard Bronner finde ich in diesem Zusammenhang sehr passend:

„Es gibt drei Dinge, die sich nicht vereinen lassen: Intelligenz, Anständigkeit und Nationalsozialismus. Man kann intelligent und Nazi sein. Dann ist man nicht anständig. Man kann anständig und Nazi sein. Dann ist man nicht intelligent. Und man kann anständig und intelligent sein. Dann ist man kein Nazi.

Oder man nutzt die These, die jemand in seinem Blog aufstellt, z.B. „Dem Hobby Poeten ein Forum geben“, das damit verbundene Argument „…ich die langatmigen, sinnentleerten Kommentare nicht mehr zu Ende lesen mag…“, „…mich die in Nebensätzen versteckten Lebensbeichten nicht mehr interessieren…“ usw., usw., um eine allgemein gültige Wahrheit, die hier möglicherweise enthalten ist zu finden.

Ich behaupte, die Aussage „…ich die langatmigen, sinnentleerten Kommentare nicht mehr zu Ende lesen mag…“ ist definitiv wahr, denn der Schreibende will das alles nicht mehr lesen, es geht ihm auf den Sack. Seine Sicht = Wahrheit, denn keiner könnte ja sagen: Du liest die „langatmigen, sinnentleerten Kommentare“ gern. Zudem kann der Verfasser hier mit dem ein oder anderen Leser sicherlich einen Konsens finden, denn es gibt solche (wie mich), denen auch die rein informative Bewertung von Düften lieber ist und die sagen: „Wenn ich Poesie will, kauf ich mir einen Rilke.“

Sind die Aussagen des Blog-Verfassers nun intelligent UND wahr, oder sind sie dumm, aber trotzdem wahr, oder sind sie intelligent, aber unwahr? Und wenn sie unwahr sind, kann man dem Verfasser dann Intelligenz absprechen, denn wer Unwahrheiten verbreitet, kann evtl. nicht intelligent sein, aber dennoch Recht haben? Schon Schopenhauer wusste, selbst wer die Unwahrheit sagt, kann doch Recht haben, er muss es nur argumentativ begründen können.

Inwieweit ist nur der Leser (von Blogs) seinerseits verpflichtet, Texte sorgfältig zu lesen, eventuell nochmal über das gelesene nachzudenken und nicht im ersten Anfall von vermutetem Unrecht, vermuteter Arroganz und Überheblichkeit wutentbrannt in die Tasten zu klimpern?

Was will ich eigentlich sagen? Jeder ist intelligent genug, seine Meinung zu äußern, manche sind schlau genug, sich nicht über jede Äußerung auszulassen und manche sind dumm genug zu versuchen, eines jeden persönliche Wahrheit widerlegen zu wollen.

Manchmal möchte ich sagen: Ihr könnt mich mal, das wäre mein gutes Recht. Mancher möchte mir sagen: Du kannst mich mal mit deinem Geseier, es wäre sein gutes Recht.

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