12.02.2020 - 15:54 Uhr

Eyris
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Eyris
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22
Labradoreszenz
Wisst ihr, was ein Labradorit ist? Es handelt sich dabei um eine Feldspat-Mischung, die gelegentlich als Schmuckstein verwendet wird - was denjenigen, der ihn im falschen Licht betrachtet, zunächst verwundern mag. Denn der unscheinbare, dunkelgraue Stein entfaltet seinen wahren Zauber erst, wenn er von Lichtstrahlen getroffen und in einer aufmerksamen Hand geneigt und betrachtet wird. Der Lichtschein enthüllt ein Farbenspiel aus unvorstellbar schönen Grün-, Gold- und Blautönen, die bei jeder Bewegung des Steines zerfließen und neu entstehen – die Labradoreszenz. Egal aus welchem Winkel man ihn betrachtet, nie hat er dieselbe Farbe. Interessanterweise beruht dieses Phänomen gerade darauf, dass er eben kein eigenständiges Mineral, sondern eine Mineralmischung ist: bei der Geburt des Steins aus der Verbindung zweier Mineralien entstehen sogenannte Entmischungslamellen, an denen das einfallende Licht bricht und interferiert.
Was hat nun dieser Stein mit einem Parfüm gemeinsam?
Der erste Atemzug bringt eine leicht angestaubte, holzige Süße, die mich an Kakao erinnert. Ich weiß, dass hier keine Schokoladen-Noten enthalten sind, aber der Eindruck hält sich viele Sekunden lang. Nach einigem Schnuppern löst sich aus diesem Anschein das Zedernholz auf der einen und die Mandarine auf der anderen Seite heraus. Das ist meines Erachtens ein entscheidendes Merkmal in vielen von Frau Neuffers Düften: die Basisnoten können direkt zu Beginn sehr präsent sein und die Kopfnoten können auch nach Stunden noch nicht an Glanz eingebüßt haben. Ohnehin habe ich häufig das Gefühl, dass ihre Parfüms weniger eine direkte Abfolge von Kopf-, Herz- und Basisnote betonen, sondern sich vielmehr zu einem dichten Duftteppich zusammenfinden, aus dem zu verschiedenen Zeitpunkten einzelne Duftnoten heraustreten. Das Gleichgewicht verschiebt sich kurz in Richtung Holzigkeit, Harzigkeit, dann wieder ins Zitrische, plötzlich blitzt ein Blumenflor auf und verschwindet wieder. Dieses Farbenspiel wird noch verstärkt durch eine Variation des Abstands von Nase und Haut: rieche ich direkt an meiner Haut, dominieren zitrische und blumige Noten, mit größer werdendem Abstand treten Hölzer, Harze und Vanille stärker hervor. „Make Someone Happy“ ist eine schillernde Vielfalt, die sich mit jedem Atemzug zu verändern scheint.
Besonders eindrücklich erging es mir hier im Falle der Magnolie. Während ich nach dem Auftakt vor allem Orangenblüte, Mandarine und eine zurückhaltende Rose wahrnahm, suche ich nach den restlichen Komponenten der Herznote vergeblich. Doch dann passiert etwas Merkwürdiges: ich neige mein Gesicht ein weiteres Mal Richtung Unterarm, und ganz plötzlich und völlig glasklar erscheint sie vor mir: die Magnolie. Ich kann sicherlich an meinen beiden Händen abzählen, wie oft ich in meinem Leben überhaupt an einer solchen Blüte gerochen habe, sodass man vielleicht infrage stellen mag, ob ich dies überhaupt so genau zuzuordnen vermag. Allerdings hat der Mensch ein außerordentlich gutes Gedächtnis für Gerüche, und manchmal braucht es nur einen Augenblick, da scheint etwas im Riechzentrum einzurasten und mit erschreckender Genauigkeit ein dazugehöriges Bild in unserem Inneren aufleben zu lassen.
Doch im nächsten Atemzug ist die Magnolie wieder fort, und egal, wie oft ich an meinem Arm rieche, ich kann sie nicht wieder hervorlocken. Vielleicht ist das auch der Grund, warum mich dieser Duft nicht vollends erfüllen kann: die Sehnsucht, die Magnolie wiederzutreffen oder nur ein wenig mehr von diesem Blütenmeer zu erhaschen. Denn die Blumen bleiben die meiste Zeit über eher eine zarte Ahnung, bis sie nach einigen Stunden schließlich auf einem harzig-holzigen, einlullend süßlichen Vanillebett entschlafen. Es fühlt sich ein wenig an wie verliebt zu sein und dennoch immer auf Abstand gehalten zu werden, immer ein wenig gereizt und gelockt und dann doch wieder zurückgestoßen zu werden. Jedes Mal, wenn ich an diesem Duft rieche, hoffe ich, den Labradorit im richtigen Winkel zu halten - sodass ihn das Licht genauso treffe, dass er meine Magnolie wieder reflektieren möge.
Was hat nun dieser Stein mit einem Parfüm gemeinsam?
Der erste Atemzug bringt eine leicht angestaubte, holzige Süße, die mich an Kakao erinnert. Ich weiß, dass hier keine Schokoladen-Noten enthalten sind, aber der Eindruck hält sich viele Sekunden lang. Nach einigem Schnuppern löst sich aus diesem Anschein das Zedernholz auf der einen und die Mandarine auf der anderen Seite heraus. Das ist meines Erachtens ein entscheidendes Merkmal in vielen von Frau Neuffers Düften: die Basisnoten können direkt zu Beginn sehr präsent sein und die Kopfnoten können auch nach Stunden noch nicht an Glanz eingebüßt haben. Ohnehin habe ich häufig das Gefühl, dass ihre Parfüms weniger eine direkte Abfolge von Kopf-, Herz- und Basisnote betonen, sondern sich vielmehr zu einem dichten Duftteppich zusammenfinden, aus dem zu verschiedenen Zeitpunkten einzelne Duftnoten heraustreten. Das Gleichgewicht verschiebt sich kurz in Richtung Holzigkeit, Harzigkeit, dann wieder ins Zitrische, plötzlich blitzt ein Blumenflor auf und verschwindet wieder. Dieses Farbenspiel wird noch verstärkt durch eine Variation des Abstands von Nase und Haut: rieche ich direkt an meiner Haut, dominieren zitrische und blumige Noten, mit größer werdendem Abstand treten Hölzer, Harze und Vanille stärker hervor. „Make Someone Happy“ ist eine schillernde Vielfalt, die sich mit jedem Atemzug zu verändern scheint.
Besonders eindrücklich erging es mir hier im Falle der Magnolie. Während ich nach dem Auftakt vor allem Orangenblüte, Mandarine und eine zurückhaltende Rose wahrnahm, suche ich nach den restlichen Komponenten der Herznote vergeblich. Doch dann passiert etwas Merkwürdiges: ich neige mein Gesicht ein weiteres Mal Richtung Unterarm, und ganz plötzlich und völlig glasklar erscheint sie vor mir: die Magnolie. Ich kann sicherlich an meinen beiden Händen abzählen, wie oft ich in meinem Leben überhaupt an einer solchen Blüte gerochen habe, sodass man vielleicht infrage stellen mag, ob ich dies überhaupt so genau zuzuordnen vermag. Allerdings hat der Mensch ein außerordentlich gutes Gedächtnis für Gerüche, und manchmal braucht es nur einen Augenblick, da scheint etwas im Riechzentrum einzurasten und mit erschreckender Genauigkeit ein dazugehöriges Bild in unserem Inneren aufleben zu lassen.
Doch im nächsten Atemzug ist die Magnolie wieder fort, und egal, wie oft ich an meinem Arm rieche, ich kann sie nicht wieder hervorlocken. Vielleicht ist das auch der Grund, warum mich dieser Duft nicht vollends erfüllen kann: die Sehnsucht, die Magnolie wiederzutreffen oder nur ein wenig mehr von diesem Blütenmeer zu erhaschen. Denn die Blumen bleiben die meiste Zeit über eher eine zarte Ahnung, bis sie nach einigen Stunden schließlich auf einem harzig-holzigen, einlullend süßlichen Vanillebett entschlafen. Es fühlt sich ein wenig an wie verliebt zu sein und dennoch immer auf Abstand gehalten zu werden, immer ein wenig gereizt und gelockt und dann doch wieder zurückgestoßen zu werden. Jedes Mal, wenn ich an diesem Duft rieche, hoffe ich, den Labradorit im richtigen Winkel zu halten - sodass ihn das Licht genauso treffe, dass er meine Magnolie wieder reflektieren möge.
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