17.09.2023 - 06:29 Uhr

loewenherz
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loewenherz
Top Rezension
52
Der flüchtige Schatten eingebildeter Erinnerung an eine nie geschehene Zärtlichkeit
Jean-Claude Ellena ist einer der großen und relevanten unter den Parfumeuren der Gegenwart. Freundlich und wertschätzend ausgedrückt - und ich versuche, freundlich und wertschätzend zu sein, wann immer ich es kann - sind seine Düfte unaufgeregt, klassisch und elegant. Weniger freundlich ausgedrückt mag manche(r) sie als etwas vorhersehbar erleben, konservativ und wenig interessant. Das liegt in der Nase des Betrachtenden, seinem Geschmack und Alter.
Demgegenüber können die Editions de Parfums Frédéric Malle als so etwas wie das Arthaus Kino unter den Parfumherstellern gelten: ein Label, das Parfumeure Regisseuren gleich als Kunstschaffende präsentiert und seine Produkte entsprechend inszeniert. Mit diesem Setting gehen ein Anspruch und ein Selbstverständnis einher, das als eine Art Gegenpol zum Breitenduft verstanden werden will, zu zeitgeistiger Beliebig- und allzu einschmeichelnder Nahbarkeit.
Mit diesen beiden Gedanken im Hinterkopf, die ich nach ein paar Jahren des Sich-mit-Parfum-Beschäftigens gar nicht mehr nicht zu haben in der Lage bin, habe ich mich Ellenas Heaven Can Wait genähert. Er erfordert eine gewisse Beschäftigung mit sich, doch damit hatte ich gerechnet. Beliebig und nahbar ist er nicht. Langweilig und uninteressant auch nicht. Er ist ganz Malle und Ellena und ist doch anders, als ich dachte. Nicht besser und nicht schlechter. Anders.
Die Nelke wird zuerst genannt unter seinen Ingredienzen, und Nelke ist ganz initial auch da. Und doch ist dies primär ein Irisduft, blasspudrig, trocken, weißlichgrau. Die Nelke gibt eine staubige Wärme hinzu, die distanziert bleibt, körperlos, und eine gebrochene Süße folgt ihr nach. Zu keinem Zeitpunkt seines Seins ist dieser Duft - und das ist very Ellena - stärker als höchstens mittelstark und doch präsent, herausfordernd für die Nase, nachgerade schwierig ab und zu.
Heaven Can Wait gebietet und bietet Ernsthaftigkeit, Erinnerung, vielleicht stilles Bedauern. Ein Duft ist dies so wie ein zufälliger Spaziergang entlang einer Straße, in der wir einst jemanden zu lieben glaubten. Wie ein vergessenes und wiedergefundenes Kleidungsstück einer Person, die wir viel öfter hätten streicheln sollen, als wir es taten. Wie hundertfach geübte zärtliche Worte, die wir doch nie zu sagen wagten. Und wie ein lang ersehnter Kuss, der nie geschah.
Fazit: ganz Ellena und dann auch wieder nicht. Nur seinen Namen, den verstehe ich, so wie ich ihn erlebe, nicht.
Demgegenüber können die Editions de Parfums Frédéric Malle als so etwas wie das Arthaus Kino unter den Parfumherstellern gelten: ein Label, das Parfumeure Regisseuren gleich als Kunstschaffende präsentiert und seine Produkte entsprechend inszeniert. Mit diesem Setting gehen ein Anspruch und ein Selbstverständnis einher, das als eine Art Gegenpol zum Breitenduft verstanden werden will, zu zeitgeistiger Beliebig- und allzu einschmeichelnder Nahbarkeit.
Mit diesen beiden Gedanken im Hinterkopf, die ich nach ein paar Jahren des Sich-mit-Parfum-Beschäftigens gar nicht mehr nicht zu haben in der Lage bin, habe ich mich Ellenas Heaven Can Wait genähert. Er erfordert eine gewisse Beschäftigung mit sich, doch damit hatte ich gerechnet. Beliebig und nahbar ist er nicht. Langweilig und uninteressant auch nicht. Er ist ganz Malle und Ellena und ist doch anders, als ich dachte. Nicht besser und nicht schlechter. Anders.
Die Nelke wird zuerst genannt unter seinen Ingredienzen, und Nelke ist ganz initial auch da. Und doch ist dies primär ein Irisduft, blasspudrig, trocken, weißlichgrau. Die Nelke gibt eine staubige Wärme hinzu, die distanziert bleibt, körperlos, und eine gebrochene Süße folgt ihr nach. Zu keinem Zeitpunkt seines Seins ist dieser Duft - und das ist very Ellena - stärker als höchstens mittelstark und doch präsent, herausfordernd für die Nase, nachgerade schwierig ab und zu.
Heaven Can Wait gebietet und bietet Ernsthaftigkeit, Erinnerung, vielleicht stilles Bedauern. Ein Duft ist dies so wie ein zufälliger Spaziergang entlang einer Straße, in der wir einst jemanden zu lieben glaubten. Wie ein vergessenes und wiedergefundenes Kleidungsstück einer Person, die wir viel öfter hätten streicheln sollen, als wir es taten. Wie hundertfach geübte zärtliche Worte, die wir doch nie zu sagen wagten. Und wie ein lang ersehnter Kuss, der nie geschah.
Fazit: ganz Ellena und dann auch wieder nicht. Nur seinen Namen, den verstehe ich, so wie ich ihn erlebe, nicht.
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