Wellington Geo. F. Trumper 1876 Cologne
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Top Rezension
Neukölln 3: Ich wollt es wäre Nacht, oder die Frische käme!
Zwar bin ich weder generell anglophob (ich mag den Humor, die Herrenmode, die Beatles und Fish&Chips, auch in Zeitungspapier und mit grünen Tiefkühlerbsen) noch aus Prinzip ein Verächter traditioneller englischer Düfte (Eucris, Elite und Imperial Lime mag ich zum Beispiel sehr), aber mit dem very british Herrenduftsound tue ich mich zugegebenermaßen oft schwer.
Insbesondere scheint es mir (jedenfalls bislang) so, als könnten die Angeln und Sachsen kein Cologne. Jedenfalls keines im kontinentalen Sinn, wie es von Madrid über Paris, Köln und Prag bis Istanbul verstanden wird. Keins, das hell kristallin klingend, zitrisch prickelnd und kühlend daherkommt. Vielleicht will man das auf der verregneten Insel auch nicht? Vielleicht soll es da muffig-kuschelig sein, wärmend wie ein gut eingeschwitztes Tweedjacket in der feuchten Herbstluft bei der Fuchsjagd? Wer weiß. Das einzige englische Kontinentalköln, das ich kenne, Eau de Cologne von Penhaligons, ist vielleicht nicht zufällig schon zum zweiten Mal discontinued.
Wellington, benannt nach Arthur Wellesley, dem 1. Duke of Wellington, gradioser Feldherr und mit Blücher Sieger über Napoleon bei Waterloo, beginnt mit einer etwa fünfminütigen Kopfnote, die das gesamte frische Duftnotenspektrum eines traditionellen Farina-Colognes auf engstem Raum zusammengedrängt persifliert. Obgleich alles da ist (außer dem Lavendel), Bergamotte, Zitrone, Neroli, Rosmarin, sogar Orange, hebt das Ding aber sogar in diesen ersten fünf Minuten nicht frischwärts ab. Denn einerseits kriegt man das Cologne-Bild nie richtig scharfgestellt: Es ist wie ein Doppelsehen, wie ein schlingernder Halo, der den Eindruck mal ins Seifige und mal schrill ins Scheuerpulverhafte verrutschen lässt.
Andererseits ist da schon in dieser Frühphase neben den fünf Sechsteln Farina auch ein Sechstel einer obskuren, cremigbraunen, glucksend-schwülen und ölig-saugenden Össeligkeit präsent, hinsichtlich derer ich gleich irgendwelches Blumen-, womöglich Rosengedöns (das für meine beschränkt-horizontierten Begriffe in einem Cologne nichts zu suchen hat) im Verdacht hatte. Das hat ein Blick in die Duftpyramide bestätigt. Nach etwa zehn Minuten ist diese muffelige, die Grenze des Latrinalen streifende britische Aberration auf zwei Drittel angeschwollen. Die Herznote dieses Duftes könnte ich ermorden, egal ob mit dagger, candlestick, rope, revolver oder was Cluedo sonst noch bietet. Wenn Blenheim Bouquet, das mir nicht besonders gefallen hat, dessen Dufteindruck ich aber bereits verdrängt habe, frei davon ist, gefällt es mir jedenfalls besser.
Danach ziehen sich die rotten roses mählich zurück, möglicherweise in die von Wellington in seiner zweiten Karriere als - miserabler - Premierminister so vehement verteidigten rotten boroughs. Nach etwa 15 Minuten besetzen sie nur noch die Hälfte der Bühne, nach 45 Minuten sind sie endlich weg. Glockenläuten!
Danach beginnt die angenehmste Phase dieses Duftes, die zugleich die mit Abstand längste ist. Ich komme auf 15 Stunden (skinny) und kann daher die Durchschnittswertung von 6,7 für die Haltbarkeit nur mit Autosuggestion ("Colognes halten nicht lang") erklären. Diese unendliche Schlussphase ist wieder promiment zitrisch und recht frisch (auch wenn sie nicht strahlend, kristallin und sommerlich kühlend daherkommt), allerdings verbunden mit waldig-krautigen, wacholderig-würzigen und erdigen Anmutungen, für welche der als einzige Basisnote angegebene Moschus keine hinreichende Erklärung liefert.
Auch wenn ich von den Erwartungen, die der Begriff Cologne und die vielen angegebenen zitrischen Noten in mir geweckt haben, abstrahiere und Wellington nicht als Vertreter des Genres, dem diese Serie gewidmet ist, sondern einfach als für sich stehenden Herrenduft betrachte, halte ich ihn für wenig gelungen. Meine Meinung will wenig bedeuten, zumal der Duft seit 150 Jahren am Markt besteht und Yatagan und Fittleworth ihn großartig finden. Es ist aber leider die einzige, die ich habe.
Insbesondere scheint es mir (jedenfalls bislang) so, als könnten die Angeln und Sachsen kein Cologne. Jedenfalls keines im kontinentalen Sinn, wie es von Madrid über Paris, Köln und Prag bis Istanbul verstanden wird. Keins, das hell kristallin klingend, zitrisch prickelnd und kühlend daherkommt. Vielleicht will man das auf der verregneten Insel auch nicht? Vielleicht soll es da muffig-kuschelig sein, wärmend wie ein gut eingeschwitztes Tweedjacket in der feuchten Herbstluft bei der Fuchsjagd? Wer weiß. Das einzige englische Kontinentalköln, das ich kenne, Eau de Cologne von Penhaligons, ist vielleicht nicht zufällig schon zum zweiten Mal discontinued.
Wellington, benannt nach Arthur Wellesley, dem 1. Duke of Wellington, gradioser Feldherr und mit Blücher Sieger über Napoleon bei Waterloo, beginnt mit einer etwa fünfminütigen Kopfnote, die das gesamte frische Duftnotenspektrum eines traditionellen Farina-Colognes auf engstem Raum zusammengedrängt persifliert. Obgleich alles da ist (außer dem Lavendel), Bergamotte, Zitrone, Neroli, Rosmarin, sogar Orange, hebt das Ding aber sogar in diesen ersten fünf Minuten nicht frischwärts ab. Denn einerseits kriegt man das Cologne-Bild nie richtig scharfgestellt: Es ist wie ein Doppelsehen, wie ein schlingernder Halo, der den Eindruck mal ins Seifige und mal schrill ins Scheuerpulverhafte verrutschen lässt.
Andererseits ist da schon in dieser Frühphase neben den fünf Sechsteln Farina auch ein Sechstel einer obskuren, cremigbraunen, glucksend-schwülen und ölig-saugenden Össeligkeit präsent, hinsichtlich derer ich gleich irgendwelches Blumen-, womöglich Rosengedöns (das für meine beschränkt-horizontierten Begriffe in einem Cologne nichts zu suchen hat) im Verdacht hatte. Das hat ein Blick in die Duftpyramide bestätigt. Nach etwa zehn Minuten ist diese muffelige, die Grenze des Latrinalen streifende britische Aberration auf zwei Drittel angeschwollen. Die Herznote dieses Duftes könnte ich ermorden, egal ob mit dagger, candlestick, rope, revolver oder was Cluedo sonst noch bietet. Wenn Blenheim Bouquet, das mir nicht besonders gefallen hat, dessen Dufteindruck ich aber bereits verdrängt habe, frei davon ist, gefällt es mir jedenfalls besser.
Danach ziehen sich die rotten roses mählich zurück, möglicherweise in die von Wellington in seiner zweiten Karriere als - miserabler - Premierminister so vehement verteidigten rotten boroughs. Nach etwa 15 Minuten besetzen sie nur noch die Hälfte der Bühne, nach 45 Minuten sind sie endlich weg. Glockenläuten!
Danach beginnt die angenehmste Phase dieses Duftes, die zugleich die mit Abstand längste ist. Ich komme auf 15 Stunden (skinny) und kann daher die Durchschnittswertung von 6,7 für die Haltbarkeit nur mit Autosuggestion ("Colognes halten nicht lang") erklären. Diese unendliche Schlussphase ist wieder promiment zitrisch und recht frisch (auch wenn sie nicht strahlend, kristallin und sommerlich kühlend daherkommt), allerdings verbunden mit waldig-krautigen, wacholderig-würzigen und erdigen Anmutungen, für welche der als einzige Basisnote angegebene Moschus keine hinreichende Erklärung liefert.
Auch wenn ich von den Erwartungen, die der Begriff Cologne und die vielen angegebenen zitrischen Noten in mir geweckt haben, abstrahiere und Wellington nicht als Vertreter des Genres, dem diese Serie gewidmet ist, sondern einfach als für sich stehenden Herrenduft betrachte, halte ich ihn für wenig gelungen. Meine Meinung will wenig bedeuten, zumal der Duft seit 150 Jahren am Markt besteht und Yatagan und Fittleworth ihn großartig finden. Es ist aber leider die einzige, die ich habe.
25 Antworten


Das ist mehr als nur ein Verriß, das ist eine Hinrichtung. Mag ihn gar nicht kennen lernen.
Wenigstens können die Briten Seife.
Gern gelesen!
Gern gelesen!
Und fürs exzellent kritisierte 6.Sechstel gibts den Liminallatrinal- Pokal full of rotten roses.
Als klassische Colognes aus England kann ich Arlington und GFT empfehlen. West Indian Extract of Limes ist auch super frisch und toll, aber rein zitrisch.
Geht auch ohne Muff will ich sagen ;-)