09.06.2023 - 11:42 Uhr
Axiomatic
100 Rezensionen
Axiomatic
Top Rezension
41
Rauchige Erfrischung
Cologne Officinale, ein Arzneimittel in Kölnischem Gewandt?
Sicherlich, hier wurden Kräuter in feinster Apothekertradition, zumindest dem Geruch nach, verwendet. Doch den richtigen Kick verdankt dieses Wässerchen einer rauchigen Note.
Leider kann man im Forum keine Bilder in den jeweiligen Rezensionen einfügen, daher habe ich in meinem Album zwei interessante Bilder einer Pflanze hochgeladen, welche in der folgenden Duftbeschreibung eine Rolle spielen wird.
Doch zunächst einmal der obligatorische
Zisch!
Die Eröffnung ist ungewöhnlich mächtig, James Heeley erspart uns hier das sonst übliche Präludium an einleitenden Hesperiden.
Diese sind zwar gut zu riechen, werden aber sofort von den herben und wunderbar aromatischen Kräutern begleitet.
Auch eine sonderbare rauchige Note schwingt hier mit, verschwindet aber beizeiten, um später wieder in Erscheinung zu treten.
Der Lavendel ist typisch für die Fougère-Gattung, kräftig, leicht spitz und strukturgebend.
Der Duftpyramide nach wird auch eine skurrile Note verwendet, nämlich „französische Seife“.
Was soll man aber unter einer derart landestypischen, tensidhaltigen Substanz verstehen?
Ich besitze etliche Seifen aus unserem Nachbarland, kann jedoch nicht ein nationales Erkennungsmerkmal per se ausmachen, da jedes Stück für sich anders parfümiert wurde. Zitrone, Lavendel, Jasmin, sogar Moschus, um ein paar der möglichen Spielarten zu nennen, ergeben keine einheitliche Linie.
Aber ich denke, dass es sich hier um einen Hinweis auf eine Grundsubstanz handelt, das Olivenöl bei der sehr geschätzten Seife aus Marseille.
Kleiner historischer Exkurs:
Das heutige syrische Aleppo ist die Heimat dieser kongenialen Erfindung, der Olivenölseife. Hier wird sie nach alter Tradition gesiedet, in Formen gegossen, getrocknet und gereift, bis sie diese beige Farbe erhält.
Ihr Geruch ist noch stark vom Olivenöl geprägt, manchmal kommt auch Lorbeer zum Einsatz, was das Ganze aromatischer färbt, aber leider in Europa verboten ist. Grund sind hier mögliche Hautreizungen.
Im Zuge des regen Handelns und Austausches im Mittelmeerraum, die kriegerischen Kreuzzüge spielten hier auch eine Rolle, entstanden mit der Zeit weitere Seifenmanufakturen entlang der westlichen Küste, allen voran Alicante und Genua.
Zwar wurde auch schon in Marseille Seife hergestellt, doch der Triumphzug dieser Gattung wurde dank Ludwig XIV. durch königliches Edikt besiegelt. Was als Marseiller Seife verkauft werden durfte, regelte diese frühe Herstellungsvorschrift äußerst penibel. Man durfte nur Olivenöl verwenden, keine tierischen Fette oder Öle.
Diese strengen Vorschriften erfüllen übrigens auch die sogenannten Seifen aus Kastilien in Spanien seit Jahrhunderten, um hier auch andere Beispiele zu nennen.
Nun zurück zu der von Heeley verwendeten Seife im Duft.
Ich kann zwar nicht eine klare Olivenölseife ausmachen, wohl aber eine Variante mit einem blumigen Charakter, ich vermute die klassische Rosengeranie als Beigabe. Das Eichenmoos fügt sich hier klassisch ein und schafft den typischen pflegenden Eindruck.
Wohlgemerkt, hier heißt die Note „französische“ und nicht „Marseiller“ Seife.
Ich bekomme den Eindruck einer parfümierten Seife, sehr dezent aber. Sprich, man muss sich etwas anstrengen, um die Note auszumachen.
Ehrlicher wäre einfach die Angabe der Blüte gewesen.
Aber das wäre jetzt verfehlt und kleinlich von meiner Seite, denn die Komposition duftet äußerst gelungen, Name hin oder her.
Was mich umso mehr erfreut, ist die Verwendung von Galbanum. Dieses grüne Harz schafft eine gewisse Ernsthaftigkeit, gibt Tiefe und Struktur.
Nun zu den „trockenen Hölzern“.
Trocken ist der Dufteindruck ohne Zweifel, auch hölzern. Was aber genau diesen Akkord so einzigartig macht, möchte ich anhand von den oben erwähnten Fotos erklären.
Ich habe ein Geranium robertianum fotografiert.
Und jetzt kommt der volkstümliche Name dieser kriechenden Pflanze: „stinkender Storchschnabel“.
Ganz genau, stinkend!
Doch der stinkt nur für einige Nasen, nicht für mich!
Warum ich das hier erwähne?
Nun, bei der Gartenarbeit habe ich jede Menge dieses Unkrauts gejätet.
Beim Reiben und Pflücken des kriechenden Ungeheuers trat der Pflanzensaft aus und ich konnte das harzig Rauchige gut ausmachen.
Was heißt hier ausmachen?
Mindestens zwei Meter Radius mit einer äußerst brutalen Haltbarkeit und Sillage drangen in meine Nase!
Ich versuche mal den Geruch so zu beschreiben.
Es riecht wie, Betonung auf wie und nicht gleich, rauchiges Vetiver. Cypriol oder Nagarmotha kämen auch noch in Frage.
Die Richtung sollte dann klar sein.
Und eben diese rauchige Note mache ich im Cologne Officinale aus.
Äußerst interessant finde ich die Tatsache, dass dieser Rauch mal intensiver, mal recht schwach den Duftverlauf begleitet, als würde die Komposition ein Eigenleben führen.
Die Basis ist recht ausgeglichen, das Ambrierte ist nicht so süß wie üblich und rundet dezent ab.
Von der Haltbarkeit und Sillage bin ich erfreulicherweise positiv überrascht worden. Das Wässerchen hält auf jeden Fall länger, als seine Namensgattung vermuten ließe.
Mindestens eine EdT Runde wird hier geboten.
Man ist über ein paar Stunden von einem Zauberwölkchen umgeben.
Ungewöhnlich in seiner Komposition, reiht sich dieses Cologne bei den besseren und durchdachteren Vertretern seiner Gattung ein.
Zu nennen wären Cologne Intense Eau de Parfum oder Azemour Les Orangers.
Es sind diese Schöpfungen, welche glücklicherweise eine erfrischende und hervorragende Neuinterpretation des Themas schaffen. Sie sind allesamt charaktervoll, markant und recht ausdifferenziert.
Sie setzen ein Zeichen und fordern heraus, ohne zu überrumpeln.
Und sie halten das Erbe eines Edmond Roudnitska hoch.
Günstig ist der Duft zwar nicht, der Preis ist für diese Art von Qualität wohl angemessen.
Eines hat der Duft, er ist markant und recht eigenständig, so schnell vergisst man seinen Hauptakkord nicht.
Daher rate ich davor ab, den bei starker Sonneneinstrahlung und hohen Temperaturen zu tragen.
Es gibt ja bekanntlich das Böse unter der Sonne…
Sicherlich, hier wurden Kräuter in feinster Apothekertradition, zumindest dem Geruch nach, verwendet. Doch den richtigen Kick verdankt dieses Wässerchen einer rauchigen Note.
Leider kann man im Forum keine Bilder in den jeweiligen Rezensionen einfügen, daher habe ich in meinem Album zwei interessante Bilder einer Pflanze hochgeladen, welche in der folgenden Duftbeschreibung eine Rolle spielen wird.
Doch zunächst einmal der obligatorische
Zisch!
Die Eröffnung ist ungewöhnlich mächtig, James Heeley erspart uns hier das sonst übliche Präludium an einleitenden Hesperiden.
Diese sind zwar gut zu riechen, werden aber sofort von den herben und wunderbar aromatischen Kräutern begleitet.
Auch eine sonderbare rauchige Note schwingt hier mit, verschwindet aber beizeiten, um später wieder in Erscheinung zu treten.
Der Lavendel ist typisch für die Fougère-Gattung, kräftig, leicht spitz und strukturgebend.
Der Duftpyramide nach wird auch eine skurrile Note verwendet, nämlich „französische Seife“.
Was soll man aber unter einer derart landestypischen, tensidhaltigen Substanz verstehen?
Ich besitze etliche Seifen aus unserem Nachbarland, kann jedoch nicht ein nationales Erkennungsmerkmal per se ausmachen, da jedes Stück für sich anders parfümiert wurde. Zitrone, Lavendel, Jasmin, sogar Moschus, um ein paar der möglichen Spielarten zu nennen, ergeben keine einheitliche Linie.
Aber ich denke, dass es sich hier um einen Hinweis auf eine Grundsubstanz handelt, das Olivenöl bei der sehr geschätzten Seife aus Marseille.
Kleiner historischer Exkurs:
Das heutige syrische Aleppo ist die Heimat dieser kongenialen Erfindung, der Olivenölseife. Hier wird sie nach alter Tradition gesiedet, in Formen gegossen, getrocknet und gereift, bis sie diese beige Farbe erhält.
Ihr Geruch ist noch stark vom Olivenöl geprägt, manchmal kommt auch Lorbeer zum Einsatz, was das Ganze aromatischer färbt, aber leider in Europa verboten ist. Grund sind hier mögliche Hautreizungen.
Im Zuge des regen Handelns und Austausches im Mittelmeerraum, die kriegerischen Kreuzzüge spielten hier auch eine Rolle, entstanden mit der Zeit weitere Seifenmanufakturen entlang der westlichen Küste, allen voran Alicante und Genua.
Zwar wurde auch schon in Marseille Seife hergestellt, doch der Triumphzug dieser Gattung wurde dank Ludwig XIV. durch königliches Edikt besiegelt. Was als Marseiller Seife verkauft werden durfte, regelte diese frühe Herstellungsvorschrift äußerst penibel. Man durfte nur Olivenöl verwenden, keine tierischen Fette oder Öle.
Diese strengen Vorschriften erfüllen übrigens auch die sogenannten Seifen aus Kastilien in Spanien seit Jahrhunderten, um hier auch andere Beispiele zu nennen.
Nun zurück zu der von Heeley verwendeten Seife im Duft.
Ich kann zwar nicht eine klare Olivenölseife ausmachen, wohl aber eine Variante mit einem blumigen Charakter, ich vermute die klassische Rosengeranie als Beigabe. Das Eichenmoos fügt sich hier klassisch ein und schafft den typischen pflegenden Eindruck.
Wohlgemerkt, hier heißt die Note „französische“ und nicht „Marseiller“ Seife.
Ich bekomme den Eindruck einer parfümierten Seife, sehr dezent aber. Sprich, man muss sich etwas anstrengen, um die Note auszumachen.
Ehrlicher wäre einfach die Angabe der Blüte gewesen.
Aber das wäre jetzt verfehlt und kleinlich von meiner Seite, denn die Komposition duftet äußerst gelungen, Name hin oder her.
Was mich umso mehr erfreut, ist die Verwendung von Galbanum. Dieses grüne Harz schafft eine gewisse Ernsthaftigkeit, gibt Tiefe und Struktur.
Nun zu den „trockenen Hölzern“.
Trocken ist der Dufteindruck ohne Zweifel, auch hölzern. Was aber genau diesen Akkord so einzigartig macht, möchte ich anhand von den oben erwähnten Fotos erklären.
Ich habe ein Geranium robertianum fotografiert.
Und jetzt kommt der volkstümliche Name dieser kriechenden Pflanze: „stinkender Storchschnabel“.
Ganz genau, stinkend!
Doch der stinkt nur für einige Nasen, nicht für mich!
Warum ich das hier erwähne?
Nun, bei der Gartenarbeit habe ich jede Menge dieses Unkrauts gejätet.
Beim Reiben und Pflücken des kriechenden Ungeheuers trat der Pflanzensaft aus und ich konnte das harzig Rauchige gut ausmachen.
Was heißt hier ausmachen?
Mindestens zwei Meter Radius mit einer äußerst brutalen Haltbarkeit und Sillage drangen in meine Nase!
Ich versuche mal den Geruch so zu beschreiben.
Es riecht wie, Betonung auf wie und nicht gleich, rauchiges Vetiver. Cypriol oder Nagarmotha kämen auch noch in Frage.
Die Richtung sollte dann klar sein.
Und eben diese rauchige Note mache ich im Cologne Officinale aus.
Äußerst interessant finde ich die Tatsache, dass dieser Rauch mal intensiver, mal recht schwach den Duftverlauf begleitet, als würde die Komposition ein Eigenleben führen.
Die Basis ist recht ausgeglichen, das Ambrierte ist nicht so süß wie üblich und rundet dezent ab.
Von der Haltbarkeit und Sillage bin ich erfreulicherweise positiv überrascht worden. Das Wässerchen hält auf jeden Fall länger, als seine Namensgattung vermuten ließe.
Mindestens eine EdT Runde wird hier geboten.
Man ist über ein paar Stunden von einem Zauberwölkchen umgeben.
Ungewöhnlich in seiner Komposition, reiht sich dieses Cologne bei den besseren und durchdachteren Vertretern seiner Gattung ein.
Zu nennen wären Cologne Intense Eau de Parfum oder Azemour Les Orangers.
Es sind diese Schöpfungen, welche glücklicherweise eine erfrischende und hervorragende Neuinterpretation des Themas schaffen. Sie sind allesamt charaktervoll, markant und recht ausdifferenziert.
Sie setzen ein Zeichen und fordern heraus, ohne zu überrumpeln.
Und sie halten das Erbe eines Edmond Roudnitska hoch.
Günstig ist der Duft zwar nicht, der Preis ist für diese Art von Qualität wohl angemessen.
Eines hat der Duft, er ist markant und recht eigenständig, so schnell vergisst man seinen Hauptakkord nicht.
Daher rate ich davor ab, den bei starker Sonneneinstrahlung und hohen Temperaturen zu tragen.
Es gibt ja bekanntlich das Böse unter der Sonne…
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