Cuir Pleine Fleur 2006

Cuir Pleine Fleur von Heeley
Käufe über Links auf unserer Website, etwa dem eBay Partner Network, können uns Provision einbringen.
7.4 / 10 184 Bewertungen
Ein Parfum von Heeley für Damen und Herren, erschienen im Jahr 2006. Der Duft ist ledrig-würzig. Es wird noch produziert.
Käufe über Links auf unserer Website, etwa dem eBay Partner Network, können uns Provision einbringen.

Duftrichtung

Ledrig
Würzig
Blumig
Holzig
Grün

Duftpyramide

Kopfnote Kopfnote
VeilchenblattVeilchenblatt ZimtZimt italienische Bergamotteitalienische Bergamotte
Herznote Herznote
WildlederWildleder WeißdornWeißdorn GeißblattGeißblatt MimoseMimose RoseRose
Basisnote Basisnote
AtlaszederAtlaszeder BibergeilBibergeil BirkeBirke VetiverVetiver

Parfümeur

Bewertungen
Duft
7.4184 Bewertungen
Haltbarkeit
7.4144 Bewertungen
Sillage
6.3137 Bewertungen
Flakon
7.4132 Bewertungen
Preis-Leistungs-Verhältnis
6.717 Bewertungen
Eingetragen von Andi136, letzte Aktualisierung am 21.07.2024.
Wissenswertes
"Cuir Pleine Fleur" ist ein Fachbegriff aus der Lederverarbeitung. Es bezeichnet die wertvollere obere Schicht von Spaltleder, also den sogenannten Narbenspalt in Unterscheidung zum Fleischspalt. Auf dem Narbenspalt sind die Narben und die Zeichnung des Leders zu sehen.

Duftet ähnlich

Womit der Duft vergleichbar ist
Knize Ten (Toilet Water) von Knize
Knize Ten Toilet Water
Hommage à l'Homme (Eau de Toilette) von Lalique
Hommage à l'Homme Eau de Toilette
Or Black (2014) von Pascal Morabito
Or Black (2014)
Fahrenheit (Eau de Toilette) von Dior
Fahrenheit Eau de Toilette
Héritage (Eau de Parfum) von Guerlain
Héritage Eau de Parfum
Ferrari Uomo (Eau de Toilette) von Ferrari
Ferrari Uomo Eau de Toilette

Rezensionen

14 ausführliche Duftbeschreibungen
8
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
8.5
Duft
Meggi

1019 Rezensionen
Meggi
Meggi
Kritik Top Rezension 30  
Strippenzieher
Bevor ich richtig hingerochen habe, ist das Auftakt-Veilchen schon wieder weg. Kein Wunder, vor einer geballten Ladung Zimt nimmt etwas, das laut Poesie-Album „bescheiden, sittsam und rein“ ist, lieber Reißaus. Der Zimt ist unsüß, schroff, abweisend, kratzig, vermutlich gestützt von Patchouli-Rauheit. Letztere bietet dann auch den ersten Ansatz von Leder. Heraus kommt zimtiges Leder, sehr lustig.

Nur Geduld. Irgendwann fällt dem Veilchen natürlich auf, dass dieser Klassiker der Poesie-Alben-Dichtkunst in botanischer wie soziologischer Hinsicht ziemlicher Blödsinn ist. Aber so weit ist es noch nicht. Abwarten.

Von der versprochenen Bergamotte bemerke ich nichts, jedenfalls nichts Fruchtiges. Mag sein, dass sie ihre Raspel hervorholt und den Duft weiter aufraut. Nötig war das nicht, vergessen wir es. Stattdessen: Weißdorn? Zweifellos was Bitteres. Lorbeer wurde genannt. Passt. Allerdings ins Untypische gedreht durch den Beitrag des Zimts, der beinahe als scharf bezeichnet werden kann. Im Fond ist bereits Birkenteer zu spüren. Das ist der zweite Gruß von Leder – aus der rauchig-teerigen Ecke. Die Rose mag mit Ansage nachvollziehbar sein, doch im Grunde muss ich sie mir einbilden.

Nach ungefähr einer halben Stunde entsinnt sich das Veilchen, dass es ebenfalls einen auf Leder machen kann und schließt sich als dritte Variante an. Mithin fungiert die Leder-Idee zunächst eher als eine Art Strippenzieher, der seine eigenen und die übrigen Aromen zusammenhält. Originelles Zeug bisher. Und da geht noch was. Herber Honig. Tanne vielleicht. Was Nadelbaumiges zumindest.

Für die folgenden ein bis zwei Stunden ist eine schön stabile, ausgewogene Mischung zu riechen: Eine sanfte, regelrecht getupfte, qualitativ gleichwohl breit aufgestellte Ledernote, Zimt-Lorbeer-Würze, Honig-Süße, sacht-diffuse Veilchen-Floralität, eine Spur Rauch. Sie alle erwecken den Eindruck einer behutsam extravaganten Eleganz. Wer die Besonderheit wahrnehmen will, muss aufmerksam sein. Das ist gewissermaßen das Gegenteil der demonstrativen Spleenigkeit bei dem einen oder anderen Atkinsons-Parfüm. Mir gefällt das hier besser.

Allmählich gewinnt das Leder an Raum, bewegt sich zwischen Veilchen-Halspastillen- und Birkenteer-Leder hin und her, geerdet von einer Prise bitteren Gewürzes. Schließlich kriegt es einen Castoreum-Dreh der sich gewaschen hat – oder eben auch gerade nicht. Das Schmutzig-Animalische wird mehr als bloß gestreift, doch bleibt die Lautstärke insgesamt so dezent, dass das Ganze als Duft wie unfreiwillig sexy daherkommt. Diese Phase, bummelig in der dritten, vierten Stunde, ist die schönste: Rund-würziges Leder mit einer Portion Süße, zwar animalisch durchtrieben, aber derart offen, ehrlich und durchscheinend präsentiert, dass es wie von unschuldig-jungenhaftem Charme umflort wirkt.

Um die Mittagszeit macht der Duft langsam die Flatter. Am frühen Nachmittag ist im Prinzip Schluss, wobei der kernige Leder-Charakter sich erfreulicherweise bis zum Ende hält – wenngleich allein für den Träger und nur direkt auf der Haut. Gestützt wird er nach ganz hinten raus von einer feinen Zedern-Note.

Der zeitige Abgang ist ein bisschen schade, das extravagante Duft-Erlebnis entschädigt freilich ein gutes Stück weit für die geringe Haltbarkeit. Ein toller Duft, auf angenehm un-bemühte Weise originell. Er könnte selbst altgediente Lederduft-Kenner überraschen.

Ich bedanke mich bei Gerdi für die Probe.
21 Antworten
10
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
5.5
Duft
Zionist

24 Rezensionen
Zionist
Zionist
Kritik Top Rezension 25  
Keeping up appearances
Mit der durch Oscar Wilde inspirierten Firmenphilosophie - It ist only the shallow, who do not judge by appearances - hat der Engländer Mr. James Heeley, der seinen Wirkungsbereich auf Paris zentriert sieht, bei mir mit den 3 bisher von ihm aquirierten Düften Cardinal, Hippie Rose und nun mit Cuir Pleine Fleur ausschliesslich große Aufmerksamkeit und Bewunderung hervorgerufen.

Lederdüfte haben sich mir bisher noch nicht richtig erschlossen und wurden bisher eher stiefmütterlich mit Desinteresse gestraft.

Insofern wollte ich gestern dem Verkäufer von MDC Cosmetic Berlin in Prenzlauer Berg schon abwinken. Dieser bestand aber darauf diesem Duft doch eine Chance zu geben - und wahrlich tat sich plötzlich ein komplex frischer Gentlemanduft auf, der meines Erachtens eine äußest gelungene Symbiose eines English Scents aus dem Barbershop Segment darstellt, die in dezent prachtvollem Einklang mit der klassischen französischen Parfumkunst steht.

Diese Kopfnote die sich aus einem Potpourri von Veilchen – und Lorbeerblättern, Bergamotte und Zimt zusammensetzt hat einen selbstbewußten und lange dominaten Auftritt und wirkt zunächst fruchtig gewürznelkig frisch.

Konkrete Assoziationen zu dem von mir sehr geliebten „Ajaccio Violets“ von Geo. F. Trumper sind da ganz klar nicht von der Hand zu weisen.

Die Veilchenblätter mit dem Lobeer können vor allem zu Beginn dieses floral würzigfruchtigen Auftakts eine gewisse Schärfe und Kantigkeit innehaben und nicht unbedingt jedermanns Geschack entsprichen, aber kommen meinen Wünschen und Erwartungen sehr entgegen lassen sich lange bis in die Herznote verfolgen.

Ein zarter honig-lastiger Rauch zieht sich durch die anschließende florale Herznote, die in der Wahrnehmung am ehesten an dezent parfumierte Rauhlederhandschuhen in all ihrer Samtigkeit denken lassen.

Birkenteer ist eine Ingredienz mit der ich große Schwierigkeiten habe, weswegen mir viele der bisher erkundeten Lederdüfte nicht zusagten.

Bei Cuir Pleine Fleur ist das jedoch eine Ausnahme:

Heeley schafft es durch den ausgewogenen Anteil an Vetiver, dem äußest maßvoll eingesetzten Birkenteer in Kombination mit Patchouli mit den anderen nachhaltend wirkenden Ingredienzien einen Duftentstehen zu lassen, der alle Eigenschaften eines klassisch - zart - cremigen Lederdufts erfüllt, und von langer Haltbarkeit und solider Sillage ist.

Cuir Pleine Fleur agiert im Hintergrund, hat eine starke Präsenz ohne sich aufzudrängen und beeindruckt aufgrund seiner Luzidität anstatt mit lautem Sprücheklopfen.

Dieser Duft ist wie geschaffen für Männer die das ganze Imponiergehabe nicht notwendig haben, in sich ruhen und sich eigener Qualitäten und Werte sicher sind.

Cuir Pleine Fleur passt zu Männern die ohne Standestünkel auch Fahrrad und Anbindungen im öffentlichen Verkehr für sich nutzen können und ihren Geldfluss durch eigene Hirnganglienaktivität vergrößern.

Hingegen wird CPF den Männern, die es gewohnt sind durch Solarium, Brusthaar und übertourig gefahrene Leasingautos der Luxusklassse Blicke auf sich zu ziehen, der Reichtum und das Wertvolle dieses Duftes eher verwehrt bleiben.

Durch die dezente Zurücknahme in seinem Aufreten verkörpert dieser Duft in seinem Wesen Eleganz und Stil und erfüllt durch seine klassische Zeitlosigkeit alle Kriterien eines Meisterwerks der Herrenparfumkunst.

Vollig frei nach der von Patricia Routledge gespielten Hyacinth Bucket ist es dem Engländer Heeley hier gelungen aus einem „english suburban Bucket“ auf franz. Boden ein „Bouquet“ entstehen zu lassen.
10 Antworten
7
Sillage
9
Haltbarkeit
8
Duft
Marieposa

76 Rezensionen
Marieposa
Marieposa
Geschichte Top Rezension 34  
The Good-Bad Girl
Wie könntest du es geahnt haben, wie unsicher sich meine Füße Schritt für Schritt auf deine Tür zuschoben? Vorbei an den Veilchenblättern am gesandeten Pfad. An jenem Tag, als der Weißdorn blühte. Nach all den Jahren, den verdrängten Gefühlen, dem Wetterleuchten der Erinnerungen. Ich presste meine Ledertasche an mich und atmete so ruhig wie möglich. Und dann stand ich vor dir. Und ich konnte in deinen Augen lesen, dass es dir so ging wie mir. Betreten spähten wir aneinander vorbei, das Leder der Tasche wie eine Barriere zwischen uns und der Weißdorn ... Immer wieder der Weißdorn. Doch dann erblickte ich sie: Vasen über Vasen mit gelb leuchtenden Mimosen, ganz zart mit pudrigem Blütenstaub betupft. Das wusstest du also noch? Ich atmete ein und ließ die Tasche in die Armbeuge gleiten.

Du und ich, wir wissen beide, wer von uns den Fluchtwagen gefahren hat. Du hast die Schuld auf dich geladen und nun werden sie dich holen. Doch denkst du, ich werde es zulassen? Das Gewicht der Tasche hat einen Grund. Sorge dich nicht und folge mir. Gemeinsam werden wir es schaffen. Und wenn wir nachts in Heuschobern schlafen, so sei es. Dein Gesicht in meinen Haaren. Die schwere Tasche neben mir. Wir beide gegen den Rest der Welt. Und wenn ich morgen noch im Kugelhagel sterbe – so sei es.

**

In Martha Wolfensteins und Nathan Leites‘ soziologisch-anthropologischer Veröffentlichung „Movies: A Psychological Study“ findet sich der Begriff des Good-Bad Girls, eines Figurentypus, der charakteristisch für den amerikanischen Film ist und sich besonders zur Beschreibung von Frauenrollen im Film Noir eingebürgert hat. Er charakterisiert Filmfiguren, die böse erscheinen, aber im Grunde gut sind, oder nicht davor zurückschrecken, Böses zu tun, wenn es ihren aufrichtigen Motiven dient.
Evelyn Cross Mulwray, also Faye Dunaways Rolle in „Chinatown“, ist ein Paradebeispiel für diesen Frauentypus und ebendiese nennt James Heeley als Inspiration für Cuir Pleine Fleur – übrigens neben dem Großen Gatsby für die männliche Klientel, was mir eine erstaunlich hoch gelegte Messlatte im Vergleich zu Heeleys sonst so ausgeprägtem Understatement zu sein scheint, aber gut ...
Dieser Gedanke beschäftigt mich schon seit einer Weile, weil ein schmelzend weicher Lederduft wie Cuir Pleine Fleur in meinem Kopf einfach keinen rechten Anknüpfungspunkt an Faye Dunaway als unterkühlte, geheimnisvolle Gangsterbraut finden wollte. Düster, ominös oder gar „böse“ ist nämlich rein gar nichts an diesem feinen Lederduft mit deutlich wahrnehmbaren Akzenten von leicht pudriger Mimose, ein wenig „stalligem“ Heu und Weißdorn, kontrastiert von Veilchenblatt und Vetiver. Da ist zwar eine animalische Note, die dem Duft Wärme und einen Pulsschlag verleiht, aber die ist so gut verwoben und so filigran ausgeführt, dass es wirklich keinen Anlass gibt, das nähere Umfeld zu evakuieren, wenn ich mal versehentlich einen Spritzer zu viel von diesem Duft erwische. Die Kombination tariert für mich die genau richtige Balance zwischen heimelig und elegant aus, zwischen klassischen, opulenten Lederdüften der 1920er-Jahre und modern reduzierten Konzepten. Außerdem habe ich bemerkt, dass ich tendenziell in gemischten Gefühlslagen zu Cuir Pleine Fleur greife. Irgendetwas hat der Duft an sich, das mir einerseits den Rücken stärkt und andererseits mein Mimosenseelchen hätschelt – und da kommt Faye Dunaway ins Spiel: Es ist die Tragik der äußeren Umstände, welche „Chinatowns“ Heldin nach außen hin hart gemacht hat, sie zum Lügen zwingt, sie gelehrt hat, sich nicht in die Karten schauen zu lassen oder sich gar emotional zu öffnen. Doch hinter dieser Fassade schlägt ein Mutterherz, der Wunsch zu beschützen, nicht zu zerstören, eine Seele, die ohne ihren Schutzmantel zu zart wäre für ihre Umgebung – ein Good-Bad Girl eben, ein bisschen wie Cuir Pleine Fleurs in einen schützenden Ledermantel gehüllte Mimose.
27 Antworten
10
Haltbarkeit
8.5
Duft
Profumo

284 Rezensionen
Profumo
Profumo
Kritik Top Rezension 23  
Der große Gatsby und Faye Dunaway, Arm in Arm
Als ich diesen Duft bestellte – als Liebhaber von Lederdüften wagte ich mal wieder einen ‚blind buy’... – hatte ich eine bestimmte Vorstellung davon, wie dieser Duft, nach all den (fast durchweg positiven) Besprechungen, riechen könnte. Allein der Name: ‚Cuir pleine fleur’ – ‚Leder voller Blumen’, so dachte ich, und stellte mir einen blumigen Lederduft à la Azurée vor.
Aber weit gefehlt, denn als der Duft kam ward ich eines Besseren belehrt. Ich sprühte ihn mir auf, schnupperte daran und fragte mich augenblicklich: ja, wo sind denn die Blumen? Keine Rose, keine Iris und kein Jasmin weit und breit (von denen auch nirgends die Rede war – ich bildete sie mir einfach ein, vor lauter ‚Fleur’...), dafür stieg ein kräftiges, leicht rauchiges Wildlederaroma von meinem Handrücken auf. Nicht das Aroma von handschmeichlerisch geschmeidigem und weichem, fein gebürstetem Veloursleder wie Serge Lutens´ ‚Daim Blond’ es zu assoziieren versucht, nein, dunkles, rauhes und kerniges Leder.
Wow, das hatte ich nicht erwartet! So mancher ‚blind buy’ hatte mich letztlich enttäuscht, doch dieses Mal übertraf der Duft meine Erwartungen.

Wie ich später herausgefunden habe, handelt es sich bei ‚Cuir pleine Fleur’ (engl.: full-grain leather) um ein sogenanntes ‚vollnarbiges Leder’, was wiederum bedeutet, dass dieses Leder von naturbelassener Oberflächenstruktur, nicht geschliffen und nicht geglättet ist – soviel zu meinen Blumen.
Aber es sind dennoch Blütenakkorde vorhanden, nur andere als ich erwartete: Weißdorn, Veilchenblatt und Akazienblüte – herbe, eher unsüße Blumenakkorde also, mit einer grünen Facette (Veilchen) und dem papierenem Touch der Mimose.
Diese so trocken wie dezent duftenden Akkorde blühen auf einer Grundlage von kräftigem, für Lederdüfte so typischem Birkenteer, erdigem Vetiver, einer Spur Bibergeil (Castoreum) und fein poliertem Patchouli.
Alles ist wunderbar aufeinander abgestimmt und duftet in einem anhaltend sonorem Grundton, an dem zu Beginn auch eine winzige Spur von Bergamotte nichts zu ändern vermag. Sie bringt allenfalls ein wenig Frische mit und ist nur ein kleiner, gelber Farbtupfer in den ansonsten fast durchweg beigen und braunen Tönen des Duftes.

Cuir pleine Fleur hat auf mich, obwohl ein moderner Duft, eine wunderbar altmodische Anmutung, denn er zitiert eine der ganz großen Dufttraditionen, die der berühmten Cuir de Russie, Russisch Leder oder auch Kölnisch Juchten genannten Düfte. Und ähnlich wie das schon einmal Paul Léger mit Givenchys Gentleman gelungen ist, entsteht mit Cuir pleine Fleur eine völlig neue Russisch-Leder Variante, die nur noch lose mit den großen Vertretern der Zunft – allen voran dem berühmten Cuir de Russie von Chanel – verbunden ist. So tritt Cuir pleine Fleur als ein in allen Belangen vollgültiger und charakterstarker Nachfolger vor uns, und eben nicht als Imitator vergangener Glorie (siehe Cuir Mauresque).
Cuir pleine Fleur zählt für mich auch zu den Düften – ebenso wie Sycomore oder La Treizieme Heure - , die allen Hohn spotten, die da behauptet haben, dass nach den letzten gravierenden Eingriffen in die Palette der Parfumeure seitens der IFRA, große Parfumkunst nicht mehr möglich sei – sie ist möglich, und wie sie möglich ist!

Wer ein Faible für die großen, klassischen Lederduft-Kreationen, vor allem deren Cuir de Russie Varianten hat, dem sei dieses Werk dringend empfohlen – es ist großartig!
Obendrein ist es auch technisch hervorragend konstruiert: ein Eau de Parfum mit moderater, dabei beständiger Abstrahlung, nicht raumfüllend und trotzdem selbstbewusst. Obendrein ist es sehr, sehr lang anhaltend und selbst am Morgen danach noch immer auf angenehme Weise präsent.

Den schlichten, runden Flakon ziert eine stilisierte Fleur-de-Lys, eine Florentiner Lilie – seit jeher Erkennungszeichen manch royalen Wappens. Zu diesem Duft passt sie wunderbar, denn er hat, wenn auch nichts Königliches (wir leben ja, trotz aller Guttenberg-Manie, gottlob in einer Republik), so doch zumindest etwas Überlegenes und Erhabenes. James Heeley empfiehlt ihn Männern vom Schlage eines Great Gatsby von Scott Fitzgerald und Frauen wie Faye Dunaway in Roman Polanskis Chinatown.
Nun gut, durchaus passend, aber ich finde eine Liga oder mehr darunter tut´s auch – ich trage ihn nämlich selbst sehr gerne.

Ganz großer Dank aber an James Heeley, der nicht nur mit diesem Duft etwas ganz Großes geschaffen hat (wer hat ihn bloß komponiert?), sondern dessen ganze Duftkollektion wirklich außergewöhnlich ist.

Noch ein kleiner Gag am Rande: die Umverpackung des Duftes, zwei schwarze Schaumstoffwürfel mit runder Vertiefung für den Flakon, können bei Bedarf als Vase oder Pflanzbehälter genutzt werden - sie sind wasserdicht....
2 Antworten
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Apicius

1106 Rezensionen
Apicius
Apicius
Kritik Top Rezension 16  
Zart und männlich!
Damen- oder Herrenduft? Gerade Anbieter hochwertiger Nischendüfte lassen diese Frage gerne offen: denn die anvisierte Käuferschicht ist eher aufgeschlossen, erfahren und benötigt vielleicht keine solche Orientierung als Kaufhilfe. Warum also die Hälfte der Menschheit ausschließen?

Von Heeley wird in diesem Fall die veröffentlichte Duftpyramide freilich auf unisex frisiert - und Wesentliches verschwiegen. Denn die kräftige Bay-Rum-Note, mit dem dieses Parfum uns begrüßt, gehört zu den wenigen Dingen, die Damen wirklich nicht tragen sollten.

Bay Rum bezeichnet eine bestimmte Lorbeerart. Der Geruch des daraus herstellbaren Destillats liegt irgendwo zwischen Nelke und Piment. Bay Rums werden heute vor allem von Marken angeboten, welche die Tradition des alten „Gentlemans Cologne“ pflegen: Royall Lyme of Bermuda, D.R. Harris, Taylor of Old Bond Street und andere. Man kann es gut als After Shave verwenden - falls man eine kleine masochistische Ader hat. Denn Bay Rums beißen oft richtig scharf zu!

In Cuir Plein Fleur erscheint der Bay Rum neben etwas Vetiver in Kopf und Herznote. Vor allem im Kopf, aber es braucht schon zwei Stunden, bis diese sehr spezielle Note vollständig weg ist. Was allmählich folgt ist ein unglaublich dezenter, leicht cremiger Duft. Wildleder? Vielleicht - schließlich übersetzt mir Google „Cuir Pleine Fleur“ als „vollnarbiges Leder“.

Die floralen Aspekte der etwas exotisch beschriebenen Herznote - Weißdorn, Akazienblüte, - sind als solche nur ganz nah auf der Haut wahrnehmbar. In der Projektion ist die viel zu dezent, um auch nur benannt werden zu können. Dort erscheint sie als unbestimmte, etwas liebliche Cremigkeit. Ob es gerade Akazienblüte ist, weiß ich nicht - aber an einen hellen Blütenhonig - vielleicht auch Lindenhonig - erinnert es schon.

Im Drydown nach einigen Stunden zeigt sich Cuir Pleine Fleur immer noch elegant, leicht, duftig und ganz zart holzig. Es gibt eine Konstante im Duftverlauf, und das ist eine leichte, herbe Vetivernote. Die zieht sich von Anfang bis Ende durch und prägt zusammen mit den Ledernoten dieses Parfum, liefert gewissermaßen das Fundament.

Ich vermute, dass Cuir Plein Fleur relativ stark von der Hautchemie des Trägers abhängt - an Pazuzu habe ich Cuir Pleine Fleur letztens deutlich kräftiger als Vetiver-Duft identifiziert, als ich das an mir selber wahrnehme. Vielleicht macht Cuir Pleine Fleur den Träger auch etwas blind für den eigenen Duft. Darauf angesprochen, verneinte Pazuzu jedenfalls, ein Vetiver zu tragen!

Was solls, ich empfinde Cuir Pleine Fleur als modernes, elegant-dezentes und ausgewogenes Herrenparfum, wobei der Gegensatz von zart und hart dieses Parfum lebendig und interessant macht. Cuir Pleine Fleur trage ich mit Interesse und Genuss. Aufgrund der dezenten Art ist es für mich ein Parfum für Tage, an denen ich nicht zu sehr meine Umwelt mit einer Wolke heimsuchen möchte. Man kann tagsüber durchaus vergessen, dass man ein Parfum trägt - und trotzdem ist Cuir Pleine Fleur in einer ganz unverbindlichen Weise präsent.

Cuir Pleine Fleur setzt sich einerseits ab von gesichts- und geschlechtslosen Allerweltsdüften - andererseits ist es aber auch kein Macho-Duft. Ich finde Cuir Pleine Fleur hochinteressant an und sehr passend für Männer, denen ein Dreitagebart nicht stehen würde. Cuir Pleine Fleur hat seine eigene Erotik; ein Latin Lover ist er jedenfalls nicht.

Dass ich auf Cuir Pleine Fleur gestoßen bin, verdanke ich einem Treffen mit Pazuzu. Denn eigentlich wollte ich so schnell nichts mehr von Heeley auf meine Haut lassen. Cardinal und vor allem Esprit du Tigre sind - gelinde gesagt - nicht mein Fall. So ist Cuir Pleine Fleur eine unerwartete und angenehme Entdeckung, die doch wieder Lust auf Heeley macht.
3 Antworten
Weitere Rezensionen

Statements

26 kurze Meinungen zum Parfum
SchatzSucherSchatzSucher vor 3 Jahren
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Nach floral-grünlichem Start wird es ledrig-würzig mit einem Spürchen Rauch. Das alles bleibt unaufdringlich und harmonisch.
21 Antworten
BastianBastian vor 2 Jahren
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Gut gemachter Heeley
Das Ledriganimalische sind hier für mich dem Floralen untergeordnet.
Als ganzes stimmig und unaufdringlich
Guter Duft
14 Antworten
UntermWertUntermWert vor 2 Jahren
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
im Duftverlauf von leicht floralem Leder über sanfte, feminine Indolik hin zu einem leichten, seifigen Chypre, der animalisch ausklingt
11 Antworten
ChizzaChizza vor 4 Jahren
7
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Merkbar edleres Leder, floral angehaucht, etwas würzig-frisch; die Mischung erscheint mir unentschlossen aber spannend.
2 Antworten
AntoineAntoine vor 5 Jahren
5
Sillage
6
Haltbarkeit
7.5
Duft
Die Lederpeitsche ist samtweich und edel, mit zimtbestreuten Blütenhieben züchtigt sie den honiggeilen Bieber, der ins Wäldchen flieht.
2 Antworten
Weitere Statements

Diagramm

So ordnet die Community den Duft ein.
Torten Radar

Bilder

7 Parfumfotos der Community
Weitere Bilder

Beliebt von Heeley

Cardinal von Heeley Note de Yuzu von Heeley Sel Marin von Heeley Menthe Fraîche von Heeley Vetiver Veritas von Heeley Iris de Nuit von Heeley Eau Sacrée von Heeley Chypre 21 von Heeley Verveine d'Eugène von Heeley Hippie Rose von Heeley L'Amandière (Extrait de Parfum) von Heeley Oranges and Lemons, say the Bells of St. Clement's von Heeley Cologne Officinale von Heeley Zeste de Gingembre von Heeley Phoenicia von Heeley Coccobello von Heeley Esprit du Tigre von Heeley Blanc Poudre von Heeley Agarwoud von Heeley Ophélia von Heeley