15.02.2016 - 14:08 Uhr
Cravache
64 Rezensionen
Cravache
Top Rezension
Zu enge Tangas – heute: Aphrodite
Eigentlich wollte ich nie einen Verriss schreiben. Ich habe bis gestern noch keinen Duft getestet, der das wirklich verdient hätte, bin ich doch olfaktorischer Optimist wie Voltaires Candide.
Userin Ergreifend hat vor einigen Tagen eine vorzügliche Verriss-Serie gestartet: „Zu enge Tangas“. Heute habe ich eine Trägerin eines zu engen Tangas ertappt: es ist Aphrodite – bei den Griechen anmutige Göttin der Liebe, erotische Phantasie jedes Bildhauers!
Bei Laurent Mazzone trägt Aphrodite allerdings kein reizendes Gewand mit mördertiefem Ausschnitt, sondern nur eines: einen zu engen Tanga. Die einstige anmutige Göttin der Liebe und der lieblichen Nischenparfums… Überfressen an Karamell. 400 Euro hat Aphrodite für 100ml Karamell von Laurent Mazzone bezahlt.
Dem geneigten Leser möchte ich den Marketingtext von Laurent Mazzone nicht vorenthalten: Sensual & Decadent sei Duft der heiligen Liebe. Irgendwo in einem dunklen Wald soll sich ein Bett aus Moos und glänzenden Blättern befinden. Umsäumt von aromatischem Harz. Ein geheimes Liebesnest, wo Aphrodite mit ihren Lovern ihre Lüste heimlich auslebe. Doch vor ihrem eifersüchtigen Gatten, dem etwas begriffsstutzigen und grobmotorischen Gott Hephaistos, Gott von Amboss und Hammer, müsse sie sich in Acht nehmen.
Wer nun einen sinnlich-verführerischen, eventuell gar frivolen Liebesduft von Roja Dove erwartet, wird geschockt sein. Wie bei der Visite von Irans Präsident Hassan Rohani in Rom ließen man die nackte Aphrodite verhüllen. Hier mit einer zähen Schicht Karamell.
Sensual & Decadent riecht vornehmlich nach Karamell, zubereitet in einer Studentenbude. Männer-WG, Single-Männer-WG, um präzise zu sein. Nun, ich rieche in Sensual & Decadent nicht die feingliedrige, erotische Aphrodite. Ich rieche die Gorgonen. Gorgonen sind in der griechisch-römischen Mythologie Schreckgestalten mit Flügeln und Schlangenhaaren, die jeden, der sie anblickt, vor Schreck sterben ließen. Laurent Mazzone hat dies olfaktorisch vortrefflich umgesetzt. Es erstarrt alles unter einem Panzer aus Karamell.
Sensual & Decadent startet mit Karamell. Und einer Prise Hors-Sol-Rhabarber. Es könnte allerdings auch Hors-Sol-Kochapfel oder unreife Hors-Sol-Tomate sein. Und gleichzeitig verbreitet, besser bricht eine ziemlich penetrante Karamellnote über den Träger und seine Umwelt herein.
Nicht wirklich Omas Karamell, mit überschwänglicher Liebe zubereitet, vielmehr eine nicht näher spezifizierbare Karamell-Zubereitung aus Supermarkt-Zutaten. Zubereitet von Studenten einer naturwissenschaftlichen Fakultät. Vermutlich Fachrichtung „sehr theoretische Physik“.
Nach wenigen Minuten treten zur Karamell-Zubereitung einige Blüten. Weshalb sind die Blüten da? Weil man es ihnen gesagt hat. Sie tun Dienst nach Vorschrift. Immerhin ohne Murren. Sie sind weiß. Wie von ihnen verlangt. Also eher so weiß, wie Männer weiße Wäsche „weiß“ waschen. Hm.
Das ruft bei der Karamell-Zubereitung Unmut hervor. Sie beschließt, die eher unmotivierten Blüten mit einiger Penetranz zu bestrafen. Das gelingt der von Physikstudenten zubereiteten Karamell-Zubereitung nicht so ganz. Immerhin, diese Spannung, ob die Karamell-Zubereitung nun richtig penetrant wird oder nicht, sorgt für eine gewisse Spannung.
Der Duftverlauf ist nicht wirklich in Herz-, Kopf- und Basisnote abzugrenzen. Die Karamellnote riecht mehr oder weniger immer gleich penetrant. Immerhin eine perfekte Harmonie – wenngleich des olfaktorischen Tartaros. Mit zunehmendem Duftverlauf wird die Karamellnote vielleicht ein ganz klein wenig schwächer und wandelt sich in Richtung trocken-pudriger Vanille und Harz.
Dazu gesellt sich eine blasse Holznote von alten ausrangierten Gartenmöbeln. Ab und zu sticht eine bittere-säuerliche Note heraus. Ob die Rhabarber noch etwas Ausfluss hat? Man weiß es nicht.
Mit der Zeit brennt den Physikstudenten die Karamell-Zubereitung etwas an. Eine leicht rauchige Note macht sich bemerkbar. Ob sich das blasse Holz ein paar rauchige Federn in den Hintern gesteckt hat, um als Oud durchzugehen? Auch da kann man nur Vermutungen anstellen.
Sensual & Decadent halte ich für absolut unisex: Ich kann beiden Geschlechtern gleichermaßen vom Duft abraten. Der Duft ist im Verlauf und bezüglich Komplexität so interessant wie Frauenfußball in den USA.
Hm. Ich frage mich seit rund 12 Stunden, wen Aphrodite mit Sensual & Decadent zu verführen gedenkt. Denn die Karamellnote wälzt sich durch den Duft wie der mit Raserei geschlagene kretische Stier. Ich fürchte, wenn Aphrodites Bett so riecht (wie ihr Pressesprecher behauptet), dass sie erst ganz allein einen ganzen Topf Karamell (zu 400 Euro pro 100ml) in sich hineinstopft – und hernach selbst Hand an sich anlegt. Jedenfalls wird ihr Tanga in naher Zukunft zwicken.
Käme ich in die von Jean-Paul Sartre in Huis clos beschriebene Hölle, Laurent Mazzone würde mir unablässig Sensual & Decadent aufsprühen. Und Aphrodite streiche ich kreischend aus meinem schwarzen Büchlein.
Userin Ergreifend hat vor einigen Tagen eine vorzügliche Verriss-Serie gestartet: „Zu enge Tangas“. Heute habe ich eine Trägerin eines zu engen Tangas ertappt: es ist Aphrodite – bei den Griechen anmutige Göttin der Liebe, erotische Phantasie jedes Bildhauers!
Bei Laurent Mazzone trägt Aphrodite allerdings kein reizendes Gewand mit mördertiefem Ausschnitt, sondern nur eines: einen zu engen Tanga. Die einstige anmutige Göttin der Liebe und der lieblichen Nischenparfums… Überfressen an Karamell. 400 Euro hat Aphrodite für 100ml Karamell von Laurent Mazzone bezahlt.
Dem geneigten Leser möchte ich den Marketingtext von Laurent Mazzone nicht vorenthalten: Sensual & Decadent sei Duft der heiligen Liebe. Irgendwo in einem dunklen Wald soll sich ein Bett aus Moos und glänzenden Blättern befinden. Umsäumt von aromatischem Harz. Ein geheimes Liebesnest, wo Aphrodite mit ihren Lovern ihre Lüste heimlich auslebe. Doch vor ihrem eifersüchtigen Gatten, dem etwas begriffsstutzigen und grobmotorischen Gott Hephaistos, Gott von Amboss und Hammer, müsse sie sich in Acht nehmen.
Wer nun einen sinnlich-verführerischen, eventuell gar frivolen Liebesduft von Roja Dove erwartet, wird geschockt sein. Wie bei der Visite von Irans Präsident Hassan Rohani in Rom ließen man die nackte Aphrodite verhüllen. Hier mit einer zähen Schicht Karamell.
Sensual & Decadent riecht vornehmlich nach Karamell, zubereitet in einer Studentenbude. Männer-WG, Single-Männer-WG, um präzise zu sein. Nun, ich rieche in Sensual & Decadent nicht die feingliedrige, erotische Aphrodite. Ich rieche die Gorgonen. Gorgonen sind in der griechisch-römischen Mythologie Schreckgestalten mit Flügeln und Schlangenhaaren, die jeden, der sie anblickt, vor Schreck sterben ließen. Laurent Mazzone hat dies olfaktorisch vortrefflich umgesetzt. Es erstarrt alles unter einem Panzer aus Karamell.
Sensual & Decadent startet mit Karamell. Und einer Prise Hors-Sol-Rhabarber. Es könnte allerdings auch Hors-Sol-Kochapfel oder unreife Hors-Sol-Tomate sein. Und gleichzeitig verbreitet, besser bricht eine ziemlich penetrante Karamellnote über den Träger und seine Umwelt herein.
Nicht wirklich Omas Karamell, mit überschwänglicher Liebe zubereitet, vielmehr eine nicht näher spezifizierbare Karamell-Zubereitung aus Supermarkt-Zutaten. Zubereitet von Studenten einer naturwissenschaftlichen Fakultät. Vermutlich Fachrichtung „sehr theoretische Physik“.
Nach wenigen Minuten treten zur Karamell-Zubereitung einige Blüten. Weshalb sind die Blüten da? Weil man es ihnen gesagt hat. Sie tun Dienst nach Vorschrift. Immerhin ohne Murren. Sie sind weiß. Wie von ihnen verlangt. Also eher so weiß, wie Männer weiße Wäsche „weiß“ waschen. Hm.
Das ruft bei der Karamell-Zubereitung Unmut hervor. Sie beschließt, die eher unmotivierten Blüten mit einiger Penetranz zu bestrafen. Das gelingt der von Physikstudenten zubereiteten Karamell-Zubereitung nicht so ganz. Immerhin, diese Spannung, ob die Karamell-Zubereitung nun richtig penetrant wird oder nicht, sorgt für eine gewisse Spannung.
Der Duftverlauf ist nicht wirklich in Herz-, Kopf- und Basisnote abzugrenzen. Die Karamellnote riecht mehr oder weniger immer gleich penetrant. Immerhin eine perfekte Harmonie – wenngleich des olfaktorischen Tartaros. Mit zunehmendem Duftverlauf wird die Karamellnote vielleicht ein ganz klein wenig schwächer und wandelt sich in Richtung trocken-pudriger Vanille und Harz.
Dazu gesellt sich eine blasse Holznote von alten ausrangierten Gartenmöbeln. Ab und zu sticht eine bittere-säuerliche Note heraus. Ob die Rhabarber noch etwas Ausfluss hat? Man weiß es nicht.
Mit der Zeit brennt den Physikstudenten die Karamell-Zubereitung etwas an. Eine leicht rauchige Note macht sich bemerkbar. Ob sich das blasse Holz ein paar rauchige Federn in den Hintern gesteckt hat, um als Oud durchzugehen? Auch da kann man nur Vermutungen anstellen.
Sensual & Decadent halte ich für absolut unisex: Ich kann beiden Geschlechtern gleichermaßen vom Duft abraten. Der Duft ist im Verlauf und bezüglich Komplexität so interessant wie Frauenfußball in den USA.
Hm. Ich frage mich seit rund 12 Stunden, wen Aphrodite mit Sensual & Decadent zu verführen gedenkt. Denn die Karamellnote wälzt sich durch den Duft wie der mit Raserei geschlagene kretische Stier. Ich fürchte, wenn Aphrodites Bett so riecht (wie ihr Pressesprecher behauptet), dass sie erst ganz allein einen ganzen Topf Karamell (zu 400 Euro pro 100ml) in sich hineinstopft – und hernach selbst Hand an sich anlegt. Jedenfalls wird ihr Tanga in naher Zukunft zwicken.
Käme ich in die von Jean-Paul Sartre in Huis clos beschriebene Hölle, Laurent Mazzone würde mir unablässig Sensual & Decadent aufsprühen. Und Aphrodite streiche ich kreischend aus meinem schwarzen Büchlein.
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