...liegt in schöner Unterwäsche." Wahrscheinlich geht es nicht nur mir so, hoffentlich nicken auch andere eifrig mit dem Kopf. Nachdem ich hier mitmischen darf, gehören Parfüms natürlich auch dazu. Zur Erhaltung des Seelenheils, Wohlbefinden generell. Dabei haben beide Dinge doch so ihre Gemeinsamkeiten. Luxuriös, für den Beobachter nicht sichtbar und trotzdem ein Genuss der Sinne.
Charme verdanke ich der lieben Tivellon. Hier nochmals vielen Dank. Ebenfalls ein Blindkauf, aber ich scheine da ein gutes Näschen zu haben.
Eben genannte Wäsche, genauer aus Spitze, war hier die Inspiration. Ist Spitze doch sehr luxuriös und setzt den weiblichen Körper so stilvoll in Szene, obwohl es nur eine Ahnung von Stoff ist. Eine Verschmelzung aus Provokation, Weiblichkeit, Rafinesse und ungemein faszinierend. Genau diese Eindrücke wollte man hier einfangen und in den passenden Flakon bannen, welcher ebenfalls mit schwarzer Spitze verziert ist.
Ich muss ehrlich sagen, dass mir die ersten paar Minuten nicht gefallen. Da ist so ein stechender Unterton. Mein Freund fragte mich nach dem aufsprühen, ob ich Spiritus verschüttet hätte. Nein, so schlimm finde ich es nicht, mich erinnert es eher an Aceton. Nachdem sich der Duft dann aber entblättert hat, gefällt er mir sehr gut. Frisch im Sinne von hell und sauber. Die schwarzen Johannisbeeren sind zwar etwas herb, werden allerdings nicht zu sauer. Nach kurzem wälzen sie sich in feinem Puderzucker und liefern sich eine kleine Puderzuckerschlacht mit der schüchternen Lotusblüte, keckem Jasmin und der frühreifen Rose. Wie ein Stechapfel riecht weis ich leider nicht, kann also seine Anwesenheit nicht bestätigen.
Im Herzen gefällt mir Charme am besten, da er eine sehr unwiderstehliche Wärme gepaart mit süßem Leibreiz ausstrahlt. Eine schöne Symbiose aus süß und sexy, wenn man möchte. Ein üppiger Blumenstrauß ohne schwülstig zu sein. Warm und sinnlich, anschmiegsam und verführerisch. Die kühle, pudrige Zedernote ergibt einen schönen Kontrast zu den floralen und fruchtigen Elementen und bildet somit einen schönen Gegenpol. Vanille schleicht sich ebenfalls langsam ein, jedoch ganz zart, ohne zu fett oder aufdringlich zu sein. Gemeinsam mit dem Amber wird ein federleichter Gourmandcharakter kreiert, süß und süffig, cremig und sogar auch etwas orientalisch. Moschus darf natürlich nicht fehlen und zeigt sich von einer sehr sanften, pudrigen Seite. Glatt und weich, ähnlich wie ein zarter Porzellanteint.
Auf mich wirkt der Duft wie ein filigraner Blumenstrauß. Die Blütenkelche haben sich noch nicht ganz geöffnet, hier wohnt etwas verletzliches inne. Ein Hauch Puderzucker bedeckt die Blütenblätter, der Strauß wird locker zusammengehalten von einem schwarzen Spitzenband und wurde liebevoll auf einer cremeweißen Seidendecke arrangiert. Als kleine Farbtupfer kullert hier und da eine pralle, schwarze Johannisbeeren. Weiches Licht einer schräg stehenden Septembersonne taucht das Bild in goldenen Glanz.
Charme ist keine Wuchtbrumme sondern ein subtiler Wohlfühlduft ohne langweilig oder platt zu sein. Dem angepasst fällt die Sillage eher körpernah aus. Für meine Mittmenschen ist der Duft präsent und heimste auch schon einiges an Lob ein. Der Duft verhält sich wirklich ähnlich wie Wäsche. Welche Frau genießt nicht das Gefühl, solch ein Schmuckstück zu tragen. Die gesamte Austrahlung verändert sich. Man fühlt sich unglaublich feminin, attraktiv und pudelwohl in seiner Haut. Das gehört unbedingt zum Frau sein mit dazu.
Und wie das dann so ist, wenn sich der Partner endlich auch an dem Anblick erfreuen kann...man trägt das Zeug dann nicht mehr wirklich lange (oder nur teilweise, hihi). Und wieder eine Ähnlichkeit. Leider hält Charme nicht wirklich lange. Nach guten vier Stunden ist kaum noch etwas von dem samtigen Puderduft zu erahnen. Deswegen gehört er auch zu den Flakons, die ihr zweites Zuhause in meiner Handtasche haben. Glücklicherweise ist es ein sehr schöner Flakon. Flach, irgendwie auch ein bisschen retro dadurch, lachsrosa Flüssigkeit, gefällt mir sehr, hat was zartes. Und der Verschluss ist die Krönung: schwarze, filigrane Spitze.
Für mich wurde das Thema gut umgesetzt. Ein sehr weiblicher, zarter und verführerischer Duft. Mit der Sillage kann ich mich anfreunden, die kurze Haltbarkeit macht mich etwas traurig, aber ansonsten ein ganz faszinierender und schöner Duft für das ganze Jahr.