15.03.2015 - 15:30 Uhr

Meggi
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35
Ein neues Geschäftsmodell – oder: Hölle 2.0
Malefactus E. Fistofeles stand mit paarweise auf dem Rücken verschränkten Händen am Fenster seines Palastes und blickte in den Dunst hinaus. Allenthalben stieg Rauch empor und er genoss den Kokel-Geruch, der ihm in die Nüstern drang. Birke hatte er am liebsten; wenn solch ein geschmeidiges, junges Ding unter rohen Axthieben splitterte, vom heißen Atem der Berserkofanten schnellgetrocknet und sogleich verfeuert wurde…mmmmmh. Eine harte Arbeit von rund zweitausend Jahren war es gewesen, die Hölle richtlinienkonform zu gestalten. Doch schon seit längerem zweifelte er. Wozu das Ganze?
Früher war wenigstens noch ab und zu ein Typ in Weiß von oben aufgetaucht und hatte mit ihm die Temperaturen speziell für seine Leute verhandelt. Jedes Mal hatte der das ‚Fuoco Infernale’ bestellt. Und zwar ‚extra hot‘. Das hatte er dann auch bekommen. Die Rotte, die bei der gelegentlichen Neu-Verteilung der Heiz-Stationen den Katholiken-Distrikt zugewiesen bekam, hatte deshalb stets eine ziemliche Plackerei gehabt. Aber man hatte immerhin gewusst, wofür der Aufwand gut war. Allerdings war aus irgendeinem Grund seit einigen Jahren keiner von der Sorte mehr erschienen. Ende mit Infernale.
Ein Husten hinter ihm riss ihn aus seinen Gedanken und unwirsch blickte er sich um. Der Staub-Sauger hatte sich verschluckt. Reihenweise kamen die Leute mit dieser Aufgabe nicht zurecht und störten mehr, als sie schafften. Das war ebenfalls so ein Thema – es wurde höchste Zeit für mehr Wirtschaftlichkeit. Ein Anfang war gemacht: Schrittweise wurde die Beheizung von Kohle auf Gas umgestellt. Tief unter ihm standen die großen Kessel; er konnte ihren Inhalt riechen, vor allem das Gewürz namens Majoran gefiel ihm. In der Oberwelt war Serbische Bohnensuppe – warum auch immer - geächtet, hier unten tat sie freilich seit zwei Wochen gute Dienste. Nach dem Essenfassen ging es nämlich jetzt zur Blähgasabgabe in die Befeuerungs-Kavernen – die lagen indes ein gutes Stück weg, denn das musste er unter seinem Fenster nun nicht haben. Damit waren Ernährung und Energiegewinnung zusammengefasst. Eine weitere Einsparmaßnahme war die Abschaffung von Beschäftigungen, die lediglich der Bestrafung und Quälerei dienten, die Fäkalien-Sortierung und -Prüfung etwa. Er überlegte inzwischen sogar, die Produktion von Plagen wie Diesel – Fuel for Life oder Gucci – Made to Measure einzustellen.
Das Erlösmodell bedurfte gleichermaßen dringend der Überarbeitung. Die Umsätze waren seit dem Spätmittelalter rückläufig, seit einigen Jahrzehnten gar im freien Fall. Er beneidete den Kollegen Malik, der die Parallel-Hölle Dschahannam betrieb. An den wurde noch vielhundertmillionenfach geglaubt, da brummte der Laden und rollte der Riyal. Na ja, mal abwarten, wie es bei dem in ein paar Hundert Jahren aussieht… Aber er selbst brauchte andere Ertragsquellen. Hm. Eine touristische Erschließung? Abenteuerurlaub in der Hölle? Vielleicht mit RTL über die Entwicklung eines neuen Reality-TV-Formats sprechen – er konnte bei Bedarf durchaus sehr überzeugend verhandeln.
Plötzlich kam ihm die Idee: Er benötigte ‚positive vibrations‘ im Oberwelt-Alltag. Mit seiner 2.000-jährigen Erfahrung in Sachen Brandgeruch würde allein er etwas anbieten können, was dem gut gestopften Wohlstandsbürger ein wohliges Höllen-Flair vermittelte. Dieser köstlich-kokelig-strenge Geruch, das leicht säuerlich-würzige Odeur der neuen, örtlichen Leckereien: Verbranntes Holz, eine Handvoll Kräuter und Gewürze, ein bisschen Original-Staub. Und einen Namen dafür hatte er doch bereits, wo der Begriff Fuoco Infernale anscheinend sonst nicht mehr gebraucht wurde. Jetzt fehlte nur noch jemand, der ihm das sauber kalkulierte. Einer mit Erfahrung, der auch schon einmal eine skurril-verwegene Planung aufgestellt hatte.
Ein Jucken auf seinem Rücken ließ ihn aufmerken. Irgendwer schaute ihn an, das spürte er. Derlei schätzte er gar nicht. Er wendete das gehörnte Haupt prüfend nach links und rechts, bevor er sich ganz umdrehte und nach oben blickte. Sein rotglühender Blick traf einen dünnen, bebrillten Betriebswirt in einem Büro in Hamburg-Altona, der die Arbeit an einer Unternehmensplanung unterbrochen hatte, um durch einen Riss in der Raumzeit das Geschehen tief unter sich zu beobachten. Der Mund des Fürsten der Finsternis verzog sich in die Breite, ein strudelnder Sog tat sich daraus auf und…Hiiiilfäääääääh!
Früher war wenigstens noch ab und zu ein Typ in Weiß von oben aufgetaucht und hatte mit ihm die Temperaturen speziell für seine Leute verhandelt. Jedes Mal hatte der das ‚Fuoco Infernale’ bestellt. Und zwar ‚extra hot‘. Das hatte er dann auch bekommen. Die Rotte, die bei der gelegentlichen Neu-Verteilung der Heiz-Stationen den Katholiken-Distrikt zugewiesen bekam, hatte deshalb stets eine ziemliche Plackerei gehabt. Aber man hatte immerhin gewusst, wofür der Aufwand gut war. Allerdings war aus irgendeinem Grund seit einigen Jahren keiner von der Sorte mehr erschienen. Ende mit Infernale.
Ein Husten hinter ihm riss ihn aus seinen Gedanken und unwirsch blickte er sich um. Der Staub-Sauger hatte sich verschluckt. Reihenweise kamen die Leute mit dieser Aufgabe nicht zurecht und störten mehr, als sie schafften. Das war ebenfalls so ein Thema – es wurde höchste Zeit für mehr Wirtschaftlichkeit. Ein Anfang war gemacht: Schrittweise wurde die Beheizung von Kohle auf Gas umgestellt. Tief unter ihm standen die großen Kessel; er konnte ihren Inhalt riechen, vor allem das Gewürz namens Majoran gefiel ihm. In der Oberwelt war Serbische Bohnensuppe – warum auch immer - geächtet, hier unten tat sie freilich seit zwei Wochen gute Dienste. Nach dem Essenfassen ging es nämlich jetzt zur Blähgasabgabe in die Befeuerungs-Kavernen – die lagen indes ein gutes Stück weg, denn das musste er unter seinem Fenster nun nicht haben. Damit waren Ernährung und Energiegewinnung zusammengefasst. Eine weitere Einsparmaßnahme war die Abschaffung von Beschäftigungen, die lediglich der Bestrafung und Quälerei dienten, die Fäkalien-Sortierung und -Prüfung etwa. Er überlegte inzwischen sogar, die Produktion von Plagen wie Diesel – Fuel for Life oder Gucci – Made to Measure einzustellen.
Das Erlösmodell bedurfte gleichermaßen dringend der Überarbeitung. Die Umsätze waren seit dem Spätmittelalter rückläufig, seit einigen Jahrzehnten gar im freien Fall. Er beneidete den Kollegen Malik, der die Parallel-Hölle Dschahannam betrieb. An den wurde noch vielhundertmillionenfach geglaubt, da brummte der Laden und rollte der Riyal. Na ja, mal abwarten, wie es bei dem in ein paar Hundert Jahren aussieht… Aber er selbst brauchte andere Ertragsquellen. Hm. Eine touristische Erschließung? Abenteuerurlaub in der Hölle? Vielleicht mit RTL über die Entwicklung eines neuen Reality-TV-Formats sprechen – er konnte bei Bedarf durchaus sehr überzeugend verhandeln.
Plötzlich kam ihm die Idee: Er benötigte ‚positive vibrations‘ im Oberwelt-Alltag. Mit seiner 2.000-jährigen Erfahrung in Sachen Brandgeruch würde allein er etwas anbieten können, was dem gut gestopften Wohlstandsbürger ein wohliges Höllen-Flair vermittelte. Dieser köstlich-kokelig-strenge Geruch, das leicht säuerlich-würzige Odeur der neuen, örtlichen Leckereien: Verbranntes Holz, eine Handvoll Kräuter und Gewürze, ein bisschen Original-Staub. Und einen Namen dafür hatte er doch bereits, wo der Begriff Fuoco Infernale anscheinend sonst nicht mehr gebraucht wurde. Jetzt fehlte nur noch jemand, der ihm das sauber kalkulierte. Einer mit Erfahrung, der auch schon einmal eine skurril-verwegene Planung aufgestellt hatte.
Ein Jucken auf seinem Rücken ließ ihn aufmerken. Irgendwer schaute ihn an, das spürte er. Derlei schätzte er gar nicht. Er wendete das gehörnte Haupt prüfend nach links und rechts, bevor er sich ganz umdrehte und nach oben blickte. Sein rotglühender Blick traf einen dünnen, bebrillten Betriebswirt in einem Büro in Hamburg-Altona, der die Arbeit an einer Unternehmensplanung unterbrochen hatte, um durch einen Riss in der Raumzeit das Geschehen tief unter sich zu beobachten. Der Mund des Fürsten der Finsternis verzog sich in die Breite, ein strudelnder Sog tat sich daraus auf und…Hiiiilfäääääääh!
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