09.01.2015 - 17:39 Uhr
Yatagan
396 Rezensionen
Yatagan
Top Rezension
33
Weißes Rauschen: eine surreale Annäherung an einen Duft
Mehr und mehr entwickle ich mich zu einem großen Freund der Düfte von Maitre Parfumeur et Gantier.
Nachdem Jean-Francois Laporte L‘Artisan verließ und mit MPG die Geschichte der Nischendüfte noch einmal von vorne entwarf, dabei viele seiner ursprünglich für L‘Artisan entwickelten Düfte mit Akzentverschiebungen neu konturierte, erstanden etliche wunderbare Parfums wieder, die aus meiner Sicht das Muster von L‘Artisan mit einem etwas konservativeren Anstrich variierten.
Baimé steht dabei zwischen L‘Artisan du Caporal bzw. seinem Nachfolger MPG Centaure und MPG Grain de Plaisir.
Baimé: ein Duft der das Konzept „Duft“ bis auf die bleichen Knochen reduziert, weißes Rauschen, das dich mit seinem stark höhenbetonten Geräusch in den Wahnsinn treiben, aber auch faszinieren, das zu minimaler Musik verdichtet werden kann (Ein Beispiel zum Hören: ATOM TM aka Uwe Schmidt: „Liedgut“).
Baimé: ein Duft weder für Männer noch für Frauen, weder für Junge noch für Alte, für alle und keinen, zwischen allen Stühlen, zwischen Sommer und Winter, Herbst und Frühjahr. Reduziert und darum zunächst scheinbar nicht zuordenbar.
Sicherlich einer der Gründe, weshalb dieser hart konturierte Duft nicht gefällt, aber nasenscheinlich fasziniert, was nicht das gleiche sein muss, aber zum selben Ergebnis führen kann: Du willst den Duft haben. Du weißt nicht warum.
Das übrigens ein Merkmal vieler MPG-Düfte: tragbar und nicht tragbar, was heißen will, dass der Duft nicht mit Schönklang überzeugt, eher schon Geräusch ist, zeitgenössische E-Musik, informelle Malerei, Konzeptkunst: Duft an sich, reduziert und doch artifiziell, der durch die Stärke der Faszination an sich selbst, an seiner reduzierten Form doch wieder getragen werden will.
Genauer: Erstmals erging mir dies so mit MPG's Secret Mélange, - bemerkte ich dort: Secret Mélange ein Nelkenduft, der - wie so viele maskulinen, somit nicht durch weichere Noten gemilderte Nelkendüfte - hart mit dir umgeht: schroff, streng, stark, minimalistisch. Der Charme von Parfum fehlt - zunächst. Willst Du das tragen? Eigentlich eher nicht - und doch sind Nelkendüfte in der Tradition der Herrencolognes in angelsächsischen Ländern tief im kollektiven Bewusstsein angloamerikanischer Duftwahrnehmung verankert - und beliebt. Merksatz: Sie sind fast schon ein Archetyp von Duft, ähnlich wie die kölnischen Wässer mit ihrer Neroli-Blüten-Note. MPG ist es im Anschluss daran mit Secret Mélange gelungen, daraus so etwas wie den Geist dieses Nelken-Archetyps zu machen: transparent, fast transzendent, kein Fleisch, nicht einmal Knochen, aber die Schatten an der Höhle im platonischen Sinne, die Weiterentwicklung der Idee an sich, nicht greifbar, aber doch erkennbar wie der Schatten.
Wäre dies das grundlegende Konzept von MPG (und vielleicht auch der L‘Artisan-Düfte, denn auch diese tragen ja die DNA von Laporte), dann wäre Baimé wiederum der Geist des Archetyps von Zitrone-Kräuter-Düften. Auch diese gehören ja in den Reigen der Duft-Archetypen (zu der z.B. die Chypres, die Fougères, die oben erwähnten kölnischen Wässer, die amberlastigen Orientalen, neuerdings vielleicht die Oud-Düfte usf. gehören), wenn auch vielleicht nicht so bekannt wie die in der Klammer genannten Grundmuster.
Die schwache Haltbarkeit, die mein geschätzter Vorredner bemängelt, ist gegeben, auf meiner Haut aber nicht so dramatisch, so dass ich damit leben kann. Der Beschreibung des Duftes in unten stehendem Kommentar schließe ich mich aber in allen Belangen betr. Kopf- und Herznote an, das unschöne Drydown blieb bei mir glücklicherweise aus. Die Sillage ist gering, das aber ist ein Merkmal, das ich eher positiv werte.
Resümee: Baimé ist ein Zitrone-Kräuter-Duft (natürlich mit einer stabilen Basis, hier: Moschus, Sandelholz, Vetiver: ein Klassiker, um dem Duft Substanz zu verleihen) und einigen blütigen Akzenten, der diesen Archetyp aber nicht zu einem fülligen Körper weiterentwickelt wie viele moderne resp. postmoderne Parfümeure es täten, sondern in seiner luftigen Unbestimmtheit in Balance hält: reduziert - oder besser: nicht entwickelt: weißes Rauschen: surreal.
Oder einfacher: Mir gefällt das gut!
Nachdem Jean-Francois Laporte L‘Artisan verließ und mit MPG die Geschichte der Nischendüfte noch einmal von vorne entwarf, dabei viele seiner ursprünglich für L‘Artisan entwickelten Düfte mit Akzentverschiebungen neu konturierte, erstanden etliche wunderbare Parfums wieder, die aus meiner Sicht das Muster von L‘Artisan mit einem etwas konservativeren Anstrich variierten.
Baimé steht dabei zwischen L‘Artisan du Caporal bzw. seinem Nachfolger MPG Centaure und MPG Grain de Plaisir.
Baimé: ein Duft der das Konzept „Duft“ bis auf die bleichen Knochen reduziert, weißes Rauschen, das dich mit seinem stark höhenbetonten Geräusch in den Wahnsinn treiben, aber auch faszinieren, das zu minimaler Musik verdichtet werden kann (Ein Beispiel zum Hören: ATOM TM aka Uwe Schmidt: „Liedgut“).
Baimé: ein Duft weder für Männer noch für Frauen, weder für Junge noch für Alte, für alle und keinen, zwischen allen Stühlen, zwischen Sommer und Winter, Herbst und Frühjahr. Reduziert und darum zunächst scheinbar nicht zuordenbar.
Sicherlich einer der Gründe, weshalb dieser hart konturierte Duft nicht gefällt, aber nasenscheinlich fasziniert, was nicht das gleiche sein muss, aber zum selben Ergebnis führen kann: Du willst den Duft haben. Du weißt nicht warum.
Das übrigens ein Merkmal vieler MPG-Düfte: tragbar und nicht tragbar, was heißen will, dass der Duft nicht mit Schönklang überzeugt, eher schon Geräusch ist, zeitgenössische E-Musik, informelle Malerei, Konzeptkunst: Duft an sich, reduziert und doch artifiziell, der durch die Stärke der Faszination an sich selbst, an seiner reduzierten Form doch wieder getragen werden will.
Genauer: Erstmals erging mir dies so mit MPG's Secret Mélange, - bemerkte ich dort: Secret Mélange ein Nelkenduft, der - wie so viele maskulinen, somit nicht durch weichere Noten gemilderte Nelkendüfte - hart mit dir umgeht: schroff, streng, stark, minimalistisch. Der Charme von Parfum fehlt - zunächst. Willst Du das tragen? Eigentlich eher nicht - und doch sind Nelkendüfte in der Tradition der Herrencolognes in angelsächsischen Ländern tief im kollektiven Bewusstsein angloamerikanischer Duftwahrnehmung verankert - und beliebt. Merksatz: Sie sind fast schon ein Archetyp von Duft, ähnlich wie die kölnischen Wässer mit ihrer Neroli-Blüten-Note. MPG ist es im Anschluss daran mit Secret Mélange gelungen, daraus so etwas wie den Geist dieses Nelken-Archetyps zu machen: transparent, fast transzendent, kein Fleisch, nicht einmal Knochen, aber die Schatten an der Höhle im platonischen Sinne, die Weiterentwicklung der Idee an sich, nicht greifbar, aber doch erkennbar wie der Schatten.
Wäre dies das grundlegende Konzept von MPG (und vielleicht auch der L‘Artisan-Düfte, denn auch diese tragen ja die DNA von Laporte), dann wäre Baimé wiederum der Geist des Archetyps von Zitrone-Kräuter-Düften. Auch diese gehören ja in den Reigen der Duft-Archetypen (zu der z.B. die Chypres, die Fougères, die oben erwähnten kölnischen Wässer, die amberlastigen Orientalen, neuerdings vielleicht die Oud-Düfte usf. gehören), wenn auch vielleicht nicht so bekannt wie die in der Klammer genannten Grundmuster.
Die schwache Haltbarkeit, die mein geschätzter Vorredner bemängelt, ist gegeben, auf meiner Haut aber nicht so dramatisch, so dass ich damit leben kann. Der Beschreibung des Duftes in unten stehendem Kommentar schließe ich mich aber in allen Belangen betr. Kopf- und Herznote an, das unschöne Drydown blieb bei mir glücklicherweise aus. Die Sillage ist gering, das aber ist ein Merkmal, das ich eher positiv werte.
Resümee: Baimé ist ein Zitrone-Kräuter-Duft (natürlich mit einer stabilen Basis, hier: Moschus, Sandelholz, Vetiver: ein Klassiker, um dem Duft Substanz zu verleihen) und einigen blütigen Akzenten, der diesen Archetyp aber nicht zu einem fülligen Körper weiterentwickelt wie viele moderne resp. postmoderne Parfümeure es täten, sondern in seiner luftigen Unbestimmtheit in Balance hält: reduziert - oder besser: nicht entwickelt: weißes Rauschen: surreal.
Oder einfacher: Mir gefällt das gut!
28 Antworten