20.04.2015 - 11:54 Uhr
Mefunx
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Mefunx
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22
Fern von Bettenburgen und Strandpromenaden
Die Garigue ist ein verheißungsvoller Ort, nicht lieblich, aber doch anziehend, ein kontrastreicher Ort. Der feine Duft von Pflanzen, die sich zwischen Fels und Sonne behaupten, die Hitze des Landesinneren trifft in Küstennähe auf eine frische Meeresbrise, irgendwie ursprünglich, dabei doch oft erst durch menschlichen Eingriff (Rodung, Beweidung) entstanden. Es sind Gegenden, die man sich erwandern muss, fern von mediterranen Bettenburgen und als Strandpromenaden getarnten Einkaufsstraßen.
Der Reiz von Delphine Thierrys I-I Terralba besteht dabei nicht in einer besonderen Überhöhung oder Abstraktion. I-I Terralba ist zwar als „Parfum“ zu lesen – aber selten ist mir eines untergekommen, das so treffsicher einen Landschaftstypus beschreibt, wie dieser Duft. Und sicher keines, das so nah am Geruch dieses speziellen Sehnsuchtsortes, der Garigue, liegt.
Die Sonne flirrt, Risse im trockenen Lehmboden. Trotzdem ist das hier kein Wüstenduft, da ist immer das Meer und da ist immer Leben. Die Luft ist aufgeladen davon: ich atme intensiv aromatisches Grün, kein im Finger zerriebenes Blatt, sondern von mineralischer Brise getragene Grünschattierungen, flächig, schwebend, weich. Krautige & strauchige Noten mischen sich mit und in der Luft, haben nichts Stechendes, Grobes. Der Duft ist seidig-herb, vielfältig: da liegen die kühlenden, mentholartigen Facetten des Grüns genauso in der Luft wie eine zarte strohige und harzige Süße, fast tabakartig einerseits, ein Hauch pudrigen Ambers andererseits. Da ist etwas Anisartiges, wie eine Facette von wurzeligem Vetiver, da ist warme, trockene Würze, freigesetzt vom Sonnenlicht. Und da gibt es kleine, robuste Blüten im dornigen Strauchwerk. Und es gibt, vereinzelt, bereits Bäume. Vielleicht ist die Garigue ja doch ein lieblicher Landstrich: wenn man nur genau hinsieht.
In der aktuellen Renaissance der aquatischen Düfte, deren Konzepte oft so verlockend wie die Resultate enttäuschend sind, geht I-I Terralba einen anderen Weg. I-I Terralba ist ein maritimer, aber kein aquatischer Duft, eine Poolnote nehme ich, wenn überhaupt, nur sehr hintergründig wahr. Stattdessen ist I-I Terralba immer grün (hellgrün, braungrün, graugrün, dunkelgrün) und bloß implizit blau. I-I Terralba ist auch kein Strandduft mit Referenzen von Sonnenmilcharoma oder Melonenwasser. Dennoch gibt es Düfte, die gewisse Schnittmengen mit I-I Terralba aufweisen: so werde ich an Sel Marin erinnert (Salinität), an die trockene Krautigkeit von Sables (ohne dass die Immortelle jemals so dominant wäre) oder auch an Eau d'Ikar, Fleurs de Sel oder Numero Uno.
Die Duftentwicklung empfinde ich als nicht sehr ausgeprägt: vom kurzen, zitrusfruchtigen Auftakt bis zur zart koniferig-holzigen Basis, in der die Seidigkeit sich langsam zu einer ambrierten, moschusartigen Fluffigkeit gewandelt hat, bleibt der Gesamteindruck weitestgehend konstant. I-I Terralba ist ein vergleichsweise leichter Duft, der aber eine, für diese Kategorie, ungewöhnlich lange Haltbarkeit zeigt und der, bei großzügiger Anwendung, auch durchaus abstrahlt. I-I Terralba „funktioniert“ im maltesischen Sommer, in Wiener Büros und im Bukarester Winter. I-I Terralba ist sicher kein alltäglicher Duft. Dennoch wird sich kaum jemand irritiert abwenden: I-I Terralba wird allgemein als „frisch“ wahrgenommen und ist damit wohl das, was man als alltagstauglich bezeichnen könnte.
Großes Kino.
Edit, 25.12.2021:
Habe den Verdacht, dass es (mit der Umstellung auf den neuen Flakon?) eine Änderung der Formel gab. Der Duft wirkt dichter, dunkler, Richtung Anis verschoben, ich nehme nun eine prononciertere Jasmin-Note wahr, schwarzer Jasmin, gummiartig. Und vor allem leider: mehr holziger Moschusfluff. Wohl um den Duft weiter zu tragen, die „Performance“ zu maximieren. Es steht zu befürchten, dass der Hersteller der Höher-weiter-schneller-lauter-Fraktion Gehör geschenkt hat. Etwas auf Kosten des eigentlichen Geruchserlebnisses.
Der Reiz von Delphine Thierrys I-I Terralba besteht dabei nicht in einer besonderen Überhöhung oder Abstraktion. I-I Terralba ist zwar als „Parfum“ zu lesen – aber selten ist mir eines untergekommen, das so treffsicher einen Landschaftstypus beschreibt, wie dieser Duft. Und sicher keines, das so nah am Geruch dieses speziellen Sehnsuchtsortes, der Garigue, liegt.
Die Sonne flirrt, Risse im trockenen Lehmboden. Trotzdem ist das hier kein Wüstenduft, da ist immer das Meer und da ist immer Leben. Die Luft ist aufgeladen davon: ich atme intensiv aromatisches Grün, kein im Finger zerriebenes Blatt, sondern von mineralischer Brise getragene Grünschattierungen, flächig, schwebend, weich. Krautige & strauchige Noten mischen sich mit und in der Luft, haben nichts Stechendes, Grobes. Der Duft ist seidig-herb, vielfältig: da liegen die kühlenden, mentholartigen Facetten des Grüns genauso in der Luft wie eine zarte strohige und harzige Süße, fast tabakartig einerseits, ein Hauch pudrigen Ambers andererseits. Da ist etwas Anisartiges, wie eine Facette von wurzeligem Vetiver, da ist warme, trockene Würze, freigesetzt vom Sonnenlicht. Und da gibt es kleine, robuste Blüten im dornigen Strauchwerk. Und es gibt, vereinzelt, bereits Bäume. Vielleicht ist die Garigue ja doch ein lieblicher Landstrich: wenn man nur genau hinsieht.
In der aktuellen Renaissance der aquatischen Düfte, deren Konzepte oft so verlockend wie die Resultate enttäuschend sind, geht I-I Terralba einen anderen Weg. I-I Terralba ist ein maritimer, aber kein aquatischer Duft, eine Poolnote nehme ich, wenn überhaupt, nur sehr hintergründig wahr. Stattdessen ist I-I Terralba immer grün (hellgrün, braungrün, graugrün, dunkelgrün) und bloß implizit blau. I-I Terralba ist auch kein Strandduft mit Referenzen von Sonnenmilcharoma oder Melonenwasser. Dennoch gibt es Düfte, die gewisse Schnittmengen mit I-I Terralba aufweisen: so werde ich an Sel Marin erinnert (Salinität), an die trockene Krautigkeit von Sables (ohne dass die Immortelle jemals so dominant wäre) oder auch an Eau d'Ikar, Fleurs de Sel oder Numero Uno.
Die Duftentwicklung empfinde ich als nicht sehr ausgeprägt: vom kurzen, zitrusfruchtigen Auftakt bis zur zart koniferig-holzigen Basis, in der die Seidigkeit sich langsam zu einer ambrierten, moschusartigen Fluffigkeit gewandelt hat, bleibt der Gesamteindruck weitestgehend konstant. I-I Terralba ist ein vergleichsweise leichter Duft, der aber eine, für diese Kategorie, ungewöhnlich lange Haltbarkeit zeigt und der, bei großzügiger Anwendung, auch durchaus abstrahlt. I-I Terralba „funktioniert“ im maltesischen Sommer, in Wiener Büros und im Bukarester Winter. I-I Terralba ist sicher kein alltäglicher Duft. Dennoch wird sich kaum jemand irritiert abwenden: I-I Terralba wird allgemein als „frisch“ wahrgenommen und ist damit wohl das, was man als alltagstauglich bezeichnen könnte.
Großes Kino.
Edit, 25.12.2021:
Habe den Verdacht, dass es (mit der Umstellung auf den neuen Flakon?) eine Änderung der Formel gab. Der Duft wirkt dichter, dunkler, Richtung Anis verschoben, ich nehme nun eine prononciertere Jasmin-Note wahr, schwarzer Jasmin, gummiartig. Und vor allem leider: mehr holziger Moschusfluff. Wohl um den Duft weiter zu tragen, die „Performance“ zu maximieren. Es steht zu befürchten, dass der Hersteller der Höher-weiter-schneller-lauter-Fraktion Gehör geschenkt hat. Etwas auf Kosten des eigentlichen Geruchserlebnisses.
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