ElfeLotta
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Von einer die auszog das Oud kennenzulernen
Disclaimer:
Ich fühle mich in keinster Weise qualifiziert, Oud-Düfte zu rezensieren, da ich – wie die Überschrift den geneigten Leser erahnen lässt – gerade erst mit der Erkundungstour begonnen habe.
That being said: Da ich nun schon einmal so viel zu diesem Duft für mich notiert habe und hier bisher kaum etwas steht, dachte ich, ich kann zumindest meine laienhaften Eindrücke anderen Interssierten zur Verfügung stellen. Schatt ja nich.
Prolog:
Die immer größer werdende Neugier auf den Geruch des ominösen Oud zu stillen, bot zunächst eine ziemliche Herausforderung, zumindest, wenn ich dazu nicht das Land verlassen und mich auch nicht allzu weit von meiner leicht provinziell anmutenden Wahlheimat entfernen wollte. Nischenparfümerien? Fehlanzeige. Auch dafür müsste ich eine kleine Reise auf mich nehmen. Passt aktuell nicht in den Zeitplan. Ich kann ja mal die Datenbank durchstöbern, ob sich Oud-Düfte auftreiben lassen, die ich auch in dem dürftigen Angebot vor Ort ausfindig machen könnte…
Keine so einfache Sache, wie es scheint. Wenn neben Oud auch gleich noch Ambra, Elemiharz, Myrrhe oder andere mir ebenfalls noch fremde Komponenten drin sind, ja woher soll ich denn dann bitteschön wissen, welche Noten nun vom Oud stammen?
Oh…! Rituals hat einen Oud-Duft? Ohne jede Menge andere unbekannte Variablen… Echt jetzt? Da gibt‘s doch sogar nen Laden hier! Die Aufregung steigt, der nächste Tag kommt, in der Mittagspause schnell hin gehuscht -
Wie, den Duft gibt‘s nur online? Echt jetzt?! Aber so was muss man doch testen!
Die nette Verkäuferin gibt mir da vollkommen Recht und bestellt schließlich einfach kurzerhand eine Flasche zum Testen. Allerdings nur den Damenduft. Gut, bin ja – quasi – eine, nehm ich halt den.
Nächste Woche, nächste Mittagspause, wieder schnell rübergehuscht… Jetzt endlich kann‘s losgehen!
Das Duft-Experiment:
Ich treffe die nette Verkäuferin wieder und sie hat den Duft selbst vor einigen Stunden schon aufgesprüht, hält mir aufgeregt den Arm hin… Oha! Holzig ist das erste, was ich denke. Ich habe die Duftpyramide nicht mehr im Kopf. Waren da Holznoten mit angegeben? Bestimmt – so wie das riecht! Egal, fangen wir von vorne an und auf meinem eigenen Handgelenk. Zwei ferne Sprühstöße -
Woah…! Was ist das denn? Süß, irgendwie. Ich denke an orientalisches Gebäck – zum Glück nicht das vor Zuckerwasser triefende – mit Räucherstäbchen-Anklängen ohne den Rauch. Auf dem 5-Minuten-Weg zurück ins Büro erwischt der Duft mich immer wieder, auch mit Maske auf, auf Armlänge Abstand und draußen in der Kälte. Hoffentlich verdirbt das meiner Kollegin nicht gleich das Mittagessen… Unterwegs mal kurz wieder die Hand zur Nase geführt: Ja, da kommt die erste holzige Note durch. Aber was ist denn die Süße? In dieser Kälte kann ich irgendwie nicht richtig riechen…
Kaum betrete ich wieder das warme Gebäude, kommt der Geistesblitz: Rose! Jetzt ergibt auch die Gebäckassoziation ihren Sinn, denn ich kenne so einige rosenaromatisierte orientalische Süßigkeiten. Ich habe in meiner relativ kurzen Duftlehrlingszeit bereits einige „Orientalen“ unter der Nase gehabt – neugierig, was dieser Begriff überhaupt meint – aber dies ist das erste Mal, dass ich selbst sofort denke „orientalisch“. Völlig unabhängig davon, was in der Parfümwelt darunter zu verstehen ist: Das hier ist meine Assoziation, ohne jegliche offenen Fragezeichen oder Restzweifel.
Meine Kollegin fühlt sich während des Mittagessens nicht belästigt, wir sitzen aber auch auf Corona-konformen 4 Meter Abstand im großen Raum. Ich selbst erlebe die Projektion als ganz schön ordentlich. Interessanter Weise macht der Duft auf den ca. 60 cm Wegstrecke zwischen Nasenspitze und Handgelenk für mein Empfinden eine ziemliche Veränderung durch: aus der Fernem nehme ich hauptsächlich die Süße wahr, das Holzige bleibt eher hautnah (oder wird auf Distanz von der Süße übertüncht).
Schließlich schaue ich in die offiziellen Duftnoten: Wie bitte? Kein Holz? Patchouli… Ja, nee. Das kenn ich inzwischen, das ist es nicht, woran ich hier hänge. Oh… Dann … ist das … das Oud? Menschenskind! Wir könnten glatt Freunde werden!
Aber dann schleicht sich da schließlich noch etwas anderes ein, verstohlen durch die Hintertür, um mir in unregelmäßigen Abständen immer wieder aus dem Versteck eins auf die Nase zu geben. Was ist das denn? Ein Anflug von … gärendem … Bier?? Ich bin fasziniert und etwas angewidert zugleich.
Die folgenden Stunden verbringe ich hin- und hergerissen zwischen immer-noch-mal-dran-schnuppern-wollen und jetzt-reicht‘s-mir-aber-auch. Acht Stunden später zu Hause reicht‘s mir dann wirklich und ich wasche die auch auf Distanz immer noch deutlich wahrnehmbaren Reste ab. Inzwischen hat der Ärmel aber auch so einiges aufgenommen und ich scheine den Duft doch nicht so bald los zu werden. Ich könnte ja den Pulli wechseln, aber… Nein, klares Zeichen der Ambivalenz: ich behalte ihn an und werd weiterhin immer mal vom Duft umweht (und krieg auch hin und wieder noch eins mit dem Bierkrug auf die Nase). Jetzt fällt mir übrigens das Patchouli viel deutlicher ins Gewicht, auf eine sehr schöne warm-weiche Weise. Mensch, so auf Stoff geht‘s echt ganz gut...
Weitere zwei Stunden später kommt der Pulli dann schließlich doch in die Wäsche.
Also dann, gute Nacht, Oud. Bis zum nächsten Mal!