30.06.2015 - 15:58 Uhr
loewenherz
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13
'Gabrielle d'Estrées und eine ihrer Schwestern'
So lautet der Name des Bildnisses eines unbekannten Künstlers - gemalt im späten 16. Jahrhundert - das Gabrielle d'Estrées, die Herzogin von Beaufort, eine Mätresse Heinrichs IV., zeigt - und mutmaßlich ihre Schwester, die Herzogin von Vilars. Ich erinnere mich gar nicht so genau, wann wir uns das erste Mal begegnet sind - die mysteriöse Gabrielle und ich - aber ich weiß: dies war das erste Bild, von dem ich hörte, dass ein Geheimnis in ihm verborgen ist. 'Geheimnis' mag etwas übertrieben sein - aber dies ist ein Bild voller Anspielungen und 'Codes', über die bis heute diskutiert und gestritten wird.
Das Bild zeigt zwei unbekleidete Frauen im Bad, von denen eine (Gabrielle) einen Ring zwischen den Fingern hält, und die andere (ihre Schwester) ihre rechte Brustwarze mit den Fingern umfasst. Im Hintergrund sieht man eine weitere (bekleidete) Frau beim Handarbeiten sowie das an der Wand hängende Bildnis des entblößten und nur notdürftig verhüllten Unterkörpers eines Mannes. Die gängigste Interpretation besagt, dass Gabrielle den König durch die Beauftragung des Gemäldes der Vaterschaft ihres Kindes (die Brustwarze, die Kinderkleidung nähende Dienerin und der halb entblößte Männerunterkörper als Symbole ihrer Mutter- bzw. Schwangerschaft) sowie eines nicht eingelösten (Ehe-)Versprechens (der Ring) bezichtigte - und dass Heinrich IV. durch die Duldung des Bildes bzw. dessen Zurschaustellung die Vaterschaft anerkannte. César de Bourbon, Gabrielles und Heinrichs Sohn, wurde der spätere Herzog von Vendôme.
Die Lilie, auf französisch 'Lys', ist eines des maßgeblichen Symbole des Hauses Bourbon, dem neben acht französischen Königen auch die heutigen Herrscherhäuser Spaniens und Luxemburgs entstammen. Und dieser Lilie - der Blüte, nicht der von Bourbon - widmeten die Herren Sheldrake und Lutens diesen honigfarbenen, gewaltigen und rauschhaft arrangierten Duft. Liliendüfte neigen a priori dazu betäubend zu sein und dramatisch - voll Schwere und voll Süße, atemberaubend im ganz wörtlichen Sinn. Serge Lutens' Un lys ist all dies: raumgreifend und selbstbewusst, mitunter beinahe lüstern. Die Vanille gibt der Süße ein Vibrieren und eine Art Echo, Moschus fügt etwas sehr Körpernahes, etwas fast Rohes hinzu und zieht die Lilie so beinahe ins Ungehörige, ins Schmutzige. Gabrielle d'Estrées war nur Heinrichs Mätresse und nicht seine Frau - auch wenn ihr Sohn ein Bourbone war und eine Königslinie begründen sollte.
Die Lilie im Zentrum eines Parfums - ich erinnere beispielhaft an Tom Fords Lys Fumé - ergibt zumeist gewichtige, oftmals polarisierende Düfte. So ist auch Un lys ein Soliflor, der die begeistern dürfte, die die Lilie und ihr schwüles, überwältigendes und dramatisches Wesen lieben - und jenen buchstäblich den Atem raubt, die eben das nicht mögen. Ein Duft ist dies voll Wolllust und Präsenz - eher für den Abend als den Tag - und falls für einen Mann, dann nur für einen sehr mutigen. Oder für einen König.
Fazit: ein Duft, der zur Beschäftigung mit sich einlädt, nahezu drängt. Er ist wundervolle Geschichten zu erzählen in der Lage für jene, die ihm folgen wollen. Die anderen finden 'Gabrielle d'Estrées und eine ihrer Schwestern' in der permanenten Ausstellung des Louvre - Gabrielle, die andere Lilie.
Das Bild zeigt zwei unbekleidete Frauen im Bad, von denen eine (Gabrielle) einen Ring zwischen den Fingern hält, und die andere (ihre Schwester) ihre rechte Brustwarze mit den Fingern umfasst. Im Hintergrund sieht man eine weitere (bekleidete) Frau beim Handarbeiten sowie das an der Wand hängende Bildnis des entblößten und nur notdürftig verhüllten Unterkörpers eines Mannes. Die gängigste Interpretation besagt, dass Gabrielle den König durch die Beauftragung des Gemäldes der Vaterschaft ihres Kindes (die Brustwarze, die Kinderkleidung nähende Dienerin und der halb entblößte Männerunterkörper als Symbole ihrer Mutter- bzw. Schwangerschaft) sowie eines nicht eingelösten (Ehe-)Versprechens (der Ring) bezichtigte - und dass Heinrich IV. durch die Duldung des Bildes bzw. dessen Zurschaustellung die Vaterschaft anerkannte. César de Bourbon, Gabrielles und Heinrichs Sohn, wurde der spätere Herzog von Vendôme.
Die Lilie, auf französisch 'Lys', ist eines des maßgeblichen Symbole des Hauses Bourbon, dem neben acht französischen Königen auch die heutigen Herrscherhäuser Spaniens und Luxemburgs entstammen. Und dieser Lilie - der Blüte, nicht der von Bourbon - widmeten die Herren Sheldrake und Lutens diesen honigfarbenen, gewaltigen und rauschhaft arrangierten Duft. Liliendüfte neigen a priori dazu betäubend zu sein und dramatisch - voll Schwere und voll Süße, atemberaubend im ganz wörtlichen Sinn. Serge Lutens' Un lys ist all dies: raumgreifend und selbstbewusst, mitunter beinahe lüstern. Die Vanille gibt der Süße ein Vibrieren und eine Art Echo, Moschus fügt etwas sehr Körpernahes, etwas fast Rohes hinzu und zieht die Lilie so beinahe ins Ungehörige, ins Schmutzige. Gabrielle d'Estrées war nur Heinrichs Mätresse und nicht seine Frau - auch wenn ihr Sohn ein Bourbone war und eine Königslinie begründen sollte.
Die Lilie im Zentrum eines Parfums - ich erinnere beispielhaft an Tom Fords Lys Fumé - ergibt zumeist gewichtige, oftmals polarisierende Düfte. So ist auch Un lys ein Soliflor, der die begeistern dürfte, die die Lilie und ihr schwüles, überwältigendes und dramatisches Wesen lieben - und jenen buchstäblich den Atem raubt, die eben das nicht mögen. Ein Duft ist dies voll Wolllust und Präsenz - eher für den Abend als den Tag - und falls für einen Mann, dann nur für einen sehr mutigen. Oder für einen König.
Fazit: ein Duft, der zur Beschäftigung mit sich einlädt, nahezu drängt. Er ist wundervolle Geschichten zu erzählen in der Lage für jene, die ihm folgen wollen. Die anderen finden 'Gabrielle d'Estrées und eine ihrer Schwestern' in der permanenten Ausstellung des Louvre - Gabrielle, die andere Lilie.
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