Das Wunder der Wahrnehmung
Wie "Riechen" funktioniert, ist leicht zu ergoogeln. Wie das individuelle Empfinden zustande kommt: nicht. Die unterschiedlichen Eindrücke faszinieren mich immer wieder aufs Neue.
Wer zum ersten Mal nachliest, wird vielleicht darüber staunen, wo der Haupt-Spot sitzt, an dem Geruchsinformationen verarbeitet werden (ziemlich genau zwischen den Augen, ein paar Zentimeter tief im Kopf). Auch andere Details dieses Vorgangs sind spannend und interessant - aber mir geht es im Moment nicht um den physischen Prozess der Wahrnehmung. Sondern darum, wie jede und jeder von uns das interpretiert, was durch die jeweilige Nase kommt. 😄
Ich habe schon viel Zeit damit verbracht, auf dieser Plattform einfach nur zu lesen, wie ein Duft von unterschiedlichen Leuten ausgedeutet wird. Ein' und dasselbe Parfum riecht, laut Schilderungen, mal nach Tee, mal nach saurem Elend, mal nach Blumen, mal nach Glasreiniger. 😅
Teilweise ist auch das biologisch zu erklären: Manche sind anosmisch - oder hyperosmisch (also über-sensibel) - für bestimmte Riechstoffe. Ich z.B. rieche eine bestimmte Gruppe von "Kunsthölzern" auf eine Weise, die von den Parfum-Kreativen sicher nicht gemeint ist, nämlich atemberaubend chemisch-stechend und so durchdringend dominant, dass alles (!) andere, was in den entsprechenden Düften drin sein könnte, komplett davon verdeckt wird. Ich habe aber festgestellt, dass das ein extremes Minderheitenproblem ist.
Ich bin anscheinend zusätzlich hyperosmisch für Patchouli. (Ich mag es auch nicht. Und meine Haut hasst es geradezu. Sowohl mein Mann als auch mein bester Freund, die beide pro Patchouli sind, geben zu, dass es an mir scheußlich riecht. Das bilde ich mir also nicht nur ein.) Viele von Euch werden sowas kennen: Ihr riecht Störnoten, wo der vermeintliche Rest der Welt nur flauschige Seligkeit erschnuppert. 🙄
Andere Unterschiede sind schwieriger zu begreifen. Wenn es nicht um Störung geht, sondern um Zuschreibung. Wieso riecht mein Mann "altes Papier", wenn ich "geräucherten Vanillezucker" zu diagnostizieren glaube? Wieso kommen wir - bei nachweislich total unterschiedlicher Noten-Wahrnehmung - trotzdem häufig zu ähnlichen Bewertungen (gut, schlecht, anziehend, abstoßend)?
Wie geht Ihr, die Ihr vermutlich auch auf der Suche nach dem Neuen, Wunderbaren, Bestrickenden seid, mit der Flut an Widersprüchlichkeiten um? 🤓
Ich glaube, die meisten schmieden irgendwann - erklärte oder unerklärte - Allianzen. Im Sinne von: Wir verstehen, wessen Nase zumindest einigermaßen ähnlich "liest" wie unsere eigene, und orientieren uns eher an diesen Menschen. Oder umgekehrt: Wir verstehen, wer praktisch immer zu völlig gegensätzlichen Eindrücken kommt und ziehen daraus unsere Schlüsse. (Person x hasst das - es könnte mir also gefallen!) Aber das hilft natürlich auch nicht gegen die unterschiedliche Wirkung auf unterschiedlichen Haut-Milieus. 😏
Ich hab für mich zwei Konsequenzen aus all dem gezogen. 1) Ich verbiete mir Blindkäufe. Ich hab es etliche Male versucht, und nicht einer dieser Düfte ist bei mir geblieben. Es gibt zu viele Unsicherheitsfaktoren. 2) Ich bemühe mich (oft vergeblich), nicht zu euphorisch zu sein, bevor ich einen Duft selbst ausprobiert habe.
Und jetzt würde ich total gerne wissen, was Ihr erlebt habt im Dschungel der Wahrnehmung! 🤗

Und was die Nasenallianzen angeht: man lernt einander einschätzen und inspirieren (auch wenn man nicht unbedingt den gleichen Geschmack hat) - und hier auf Parfumo hat das nicht selten auch etwas fürsorgliches.
Und zuguterletzt - Versuch macht klug: keine Blindkäufe mehr (obwohl ich auch ein paar Volltreffer hatte) und meistens ausgiebiges Testen vor dem Flakonkauf (nehme ich mir zumindest immer vor… 🙈).
Und Pokälchen. Schön geschrieben.
"Hyperosmisch auf Patchouli"... das will ich mir gar nicht vorstellen! Wie grauenhaft 😁
Unterschreibe ich alles genauso!
Bei mir sind es die Aquaten, die bei allen von mir geschätzten Nasen nach frischer Briese, Sonne, Meer, Urlaub duften- das will ich auch sehr gerne riechen, ich spüre förmlich , wie mich so ein wundervoll frischer Duft durch den Alltag schweben lassen würde…. aber nix da, Hallenbad, muffige Umkleiden, in denen noch Turnvater Jahn zu riechen ist und Plastikschwimmhilfen….. immer😢🤔.
Also keine Aquaten mehr.
Blindtauschen und leider auch - kaufen übt dagegen einen unbändigen Reiz auf mich aus, dem ich auch immer wieder erliege:) Aber ich habe auf diese Art auch schon echte Schätzchen kennen- und lieben gelernt!
Und ja, auch für mich riechen einige Düfte scheinbar ganz anders, wie für die meisten anderen.
Und oft nehme ich auch "chemische" Störstoffe wahr, die andere scheinbar nicht wahrnehmen. Ich bin mir noch nicht sicher, welche Duftnoten dies sind - da bin ich noch auf der Suche. Moschus (oder nur bestimmte Moschus-Sorten?) ist ein möglicher Kandidat bei mir, aber ich bin absolut nicht sicher.
Auch auf irgendwelche Hölzer (auch hier bin ich noch unsicher welche) reagieren Haut und/oder Nase sehr stark bei mir: es riecht dann nur noch extrem holzig-maskulin für mich - egal, wie wundervoll die anderen Duftnoten sein könnten.
Ich bitte diese hiermit alle: schreibt das auch hemmungslos in die Bewertung! Ich mag auch ungern die erste sein, die ‚schrecklich‘ schreit wenn alle anderen jubeln, aber man erspart ähnlich empfindlichen Menschen damit uU sehr viel 😆
LG und danke nochmal- dein treuer Follower Sissi
Und: an meiner Schwester fand ich viele Düfte toll und hab es gern gerochen, wollte sie aber selbst nicht tragen. So, wie ich dunklen Beerenlippenstift an anderen schick finde, es mir aber nicht steht, heißt aber nicht, dass der Lippenstift an mir KOMPLETT anders aussähe.
Das mit der Wahrnehmung ist schon lustig, für mich riechen z.B. die meisten Düfte mit Kokosnuss nach Möbelpolitur. D.h., mein Hirn bringt den Geruch vieler Riechstoffe, die Kokosnuss darstellen sollen wohl mit einer Möbelpolitur in Verbindung, die ich von klein auf kenne.
Ich schaue mir mittlerweile eher die negativen Bewertungen an, wenn da z.B. etwas von Gurkenwasser steht (diese Assoziation habe ich leider oft bei Sandelholz- oder Feigen-Riechstoffen), brauche ich schon gar nicht erst zu testen :)
Und ich finde es auch hilfreich, danach zu schauen, wer einen ähnlichen Geschmack hat - wenn dann ein Duft gut bewertet wird, ist es wahrscheinlicher, dass er mir auch gefällt.
Selber etwas als ähnlich vorschlagen würde ich selber erst, wenn meine Nade etwas besser "geschult" ist. Aber wenn ich es wirklich richtig, richtig ähnlich finde, werde ich diese Funktion dann auch nutzen.
Das Gute ist, mit der Zeit findet man User die ähnlich ticken und kann mit deren Beschreibungen sich den einen oder anderen Duft ersparen. Oder natürlich auch Neue entdecken, die man nie auf dem Schirm hatte.
Und ja, ein Duft kann unterschiedlich wahrgenommen werden. Zwar nicht völlig anders, aber doch. Eine Zehn würde ein Duft bei mir erst bekommen, wenn er mindestens 2 Jahre immer noch klasse, gleich gut in meiner Nase wäre.
Ergo, es hilft nur testen! Ich trage das gleiche Parfum selten 2 Tage hintereinander.
Hatte schon Düfte getestet die absolut toll klangen und mir nicht gefallen haben und umgekehrt Düfte die mir sehr gut gefielen, wo ich mich bei den angegebenen Noten gefragt habe wie das sein kann.
Ich teste auch immer auf der Haut. Zwischen Teststreifen und Haut lagen schon oft Welten dazwischen.
Für mich ist Parfum daher auch sehr individuell. Es spielen sehr viele Faktoren in der Wahrnehmung mit, die nunmal subjektiv sind.
Leider gerade keine Zeit, darüber ausführlicher zu denken und zu schreiben ;-(.
Bei der Suche nach guten Düften finde ich persönlich den Part mit dem „Lesen“ des Geschmacks von jemand anderem extrem wichtig. Beispielsweise mag ich zwei Youtuberinnen, die Düfte besprechen, sehr gerne, aber deren Auswahl… puh, nee, auf gar keinen Fall! Wenn es schon beginnt mit „wunderschöne Vanille“, bin ich raus, wie eine ehemalige Kollegin es formuliert hätte.
Seitdem ich das für mich festgestellt habe und es mit meinen persönlichen No-Go-Noten kombiniere, hat sich mein Duftsucherlebnis schon erheblich verbessert!
Dementsprechend schaue ich bei Duftstatements auch immer mal wieder, ob Leute eine ähnliche Wahrnehmung wie ich haben und schaue mir so an, was denen gefällt.
Ich hatte schon mehr deutlich bessere "Blindkäufe" (natürlich mit Parfumo-Unterstützung etc.) als vorschriftsmäßig in der Parfümerie getestete und später dann auch dort gekaufte Düfte, die mir mindestens mittelfristig gefallen:-D
wundere ich mich über gar nicht mehr. 🙃
Ich selbst war/bin seit vielen Wochen krank und habe deshalb seit Anfang Dezember nur einen einzigen Duft ertragen. Nun geht es mir langsam besser und ich stehe staunend vor meiner Sammlung und teste mich da nun durch, als ob es Neuland wäre. Da ich kaum andere Medikamente nehme als vorher, glaube ich nicht, dass das ein Auslöser für die veränderte Wahrnehmung ist. Ich glaube, es ist einfach die Duftpause, die dem Geruchssinn wohl Zeit gegeben hat, sich zu erholen, denn wir strapazieren diese Fähigkeit unseres Gehirns ja sicher mehr als andere Mitmenschen.