CoraKirsch
CoraKirschs Blog
Von Parfumo empfohlener Artikel
vor 1 Jahr - 12.02.2023
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Das Wunder der Wahrnehmung

Wie "Riechen" funktioniert, ist leicht zu ergoogeln. Wie das individuelle Empfinden zustande kommt: nicht. Die unterschiedlichen Eindrücke faszinieren mich immer wieder aufs Neue.

Wer zum ersten Mal nachliest, wird vielleicht darüber staunen, wo der Haupt-Spot sitzt, an dem Geruchsinformationen verarbeitet werden (ziemlich genau zwischen den Augen, ein paar Zentimeter tief im Kopf). Auch andere Details dieses Vorgangs sind spannend und interessant - aber mir geht es im Moment nicht um den physischen Prozess der Wahrnehmung. Sondern darum, wie jede und jeder von uns das interpretiert, was durch die jeweilige Nase kommt. 😄

Ich habe schon viel Zeit damit verbracht, auf dieser Plattform einfach nur zu lesen, wie ein Duft von unterschiedlichen Leuten ausgedeutet wird. Ein' und dasselbe Parfum riecht, laut Schilderungen, mal nach Tee, mal nach saurem Elend, mal nach Blumen, mal nach Glasreiniger. 😅

Teilweise ist auch das biologisch zu erklären: Manche sind anosmisch - oder hyperosmisch (also über-sensibel) - für bestimmte Riechstoffe. Ich z.B. rieche eine bestimmte Gruppe von "Kunsthölzern" auf eine Weise, die von den Parfum-Kreativen sicher nicht gemeint ist, nämlich atemberaubend chemisch-stechend und so durchdringend dominant, dass alles (!) andere, was in den entsprechenden Düften drin sein könnte, komplett davon verdeckt wird. Ich habe aber festgestellt, dass das ein extremes Minderheitenproblem ist. 

Ich bin anscheinend zusätzlich hyperosmisch für Patchouli. (Ich mag es auch nicht. Und meine Haut hasst es geradezu. Sowohl mein Mann als auch mein bester Freund, die beide pro Patchouli sind, geben zu, dass es an mir scheußlich riecht. Das bilde ich mir also nicht nur ein.) Viele von Euch werden sowas kennen: Ihr riecht Störnoten, wo der vermeintliche Rest der Welt nur flauschige Seligkeit erschnuppert. 🙄

Andere Unterschiede sind schwieriger zu begreifen. Wenn es nicht um Störung geht, sondern um Zuschreibung. Wieso riecht mein Mann "altes Papier", wenn ich "geräucherten Vanillezucker" zu diagnostizieren glaube? Wieso kommen wir - bei nachweislich total unterschiedlicher Noten-Wahrnehmung - trotzdem häufig zu ähnlichen Bewertungen (gut, schlecht, anziehend, abstoßend)?

Wie geht Ihr, die Ihr vermutlich auch auf der Suche nach dem Neuen, Wunderbaren, Bestrickenden seid, mit der Flut an Widersprüchlichkeiten um? 🤓

Ich glaube, die meisten schmieden irgendwann - erklärte oder unerklärte - Allianzen. Im Sinne von: Wir verstehen, wessen Nase zumindest einigermaßen ähnlich "liest" wie unsere eigene, und orientieren uns eher an diesen Menschen. Oder umgekehrt: Wir verstehen, wer praktisch immer zu völlig gegensätzlichen Eindrücken kommt und ziehen daraus unsere Schlüsse. (Person x hasst das - es könnte mir also gefallen!) Aber das hilft natürlich auch nicht gegen die unterschiedliche Wirkung auf unterschiedlichen Haut-Milieus. 😏

Ich hab für mich zwei Konsequenzen aus all dem gezogen. 1) Ich verbiete mir Blindkäufe. Ich hab es etliche Male versucht, und nicht einer dieser Düfte ist bei mir geblieben. Es gibt zu viele Unsicherheitsfaktoren. 2) Ich bemühe mich (oft vergeblich), nicht zu euphorisch zu sein, bevor ich einen Duft selbst ausprobiert habe.

Und jetzt würde ich total gerne wissen, was Ihr erlebt habt im Dschungel der Wahrnehmung! 🤗

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