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Terras Blog
vor 10 Jahren - 12.10.2014
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Wenn ein Parfumo über sein Hobby mit Duftfremden spricht...

Vor zwei Tagen hatte meine Mutter Geburtstag und eine Freundin von ihr war zu Besuch, mit der sich einige interessante Diskussionen ergaben. Unter anderem ging es um meine Duftliebe - sehr kompliziert.

Ich habe erwähnt, dass ich den Duft so liebe, den ich an diesem Tag trug. Es war "Montabaco". Nach genauerem Nachfragen blieben spätestens bei der Antwort zu der Frage nach dem Preis ungläubige Gesichter übrig. Meine Mutter wurde 66 Jahre und sieht das Internet wohl als fremdes Mysterium, dem sie nicht wirklich traut. Somit stellte sich für sie eher die Frage, woher ich denn wissen möchte, ob mir nicht jemand einfach einen gefälschten Duft zuschickt. Ich versuchte ihr zu erklären, dass es wohl keinen Sinn macht, mich mit einer gefälschten Abfüllung zu beschenken, um sich zu bereichern und das vermutlich eher weit verbreitete Düfte im Massensegment kopiert werden. Zudem wäre ich auch sehr glücklich mit dem Duft, wenn ihn jemand in solcher Perfektion selbst hergestellt hätte.

Die Freundin meiner Mutter sagte, dass ihrer Erfahrung nach teurere Düfte ja IMMER sehr intensiv riechen und sie das oft als unangenehm empfindet. Selbst wenn die Düfte gut riechen, erinnere sie sich zum Beispiel daran, dass es furchtbar für sie sei, wenn am Schreibtisch gegenüber eine Kollegin so intensiv mit einem "teuren" Parfüm beduftet sei.

Ist das ein Ausläufer der hier häufig genannten Kritik an Haltbarkeit und Sillage? Ich versuchte ihr zu erklären, dass der Preis wirklich nichts mit der Intensität eines Duftes zu tun hat. Das es sehr günstige, aber eher süße und ambratische Düfte gibt, die man sicher noch am nächsten Tag und auch aus 5 Metern Entfernung riecht; sowie es eben sehr teure, aber transparente oder frische Düfte gibt, die schnell verfliegen oder sehr dezent sind. Zum Beispiel die Molecule`s von Geza Schön sowie viele Kreationen von Jean Claude Ellena.

Ich bat sie dann, an meinem Arm zu riechen; denn ich selbst finde Montabaco noch sehr diffus. Aus der Entfernung hat sie fast nichts wahrgenommen, aber als sie dann an meinem Arm roch, kam wieder das Argument, dass der Duft zwar gut riechen würde, aber doch sehr dominant sei.

Interessanterweise betonte sie noch, dass sie jedoch für einen Duft mit geringer Haltbarkeit und Sillage eben nicht viel Geld bezahlen würde. AHA!? Was denn jetzt!? Sie mag es nicht, empfindet diese olfaktorische Zurückhaltung dann aber als Manko?

Irgendwann verstand ich jedoch, dass sie mir versuchen wollte zu erklären, dass man einen Duft doch für andere benutzt. Jetzt wurde es richtig schwierig :). Nun, Montabaco gehört zu den Düften, die ich selbst mag, aber sicher auch dann trage, wenn ich für andere gut riechen möchte; denn viele meiner Düfte sind für viele Nasen doch ziemlich ungewöhnlich und nicht unbedingt direkt "schön", wie ich versuchte ihr zu erklären.

Wieso isst man etwas leckeres, selbst wenn es anderen nicht so gut schmeckt? Genau, weil man es gerne mag :), weil es ein Genuss ist. Doch scheint sowas absolut unmöglich zu erklären.

Was macht die Duftliebe mit einem, was löst es aus, wenn man sich viel mit Düften beschäftigt? Bin ich blind für die Realität geworden, oder sehe ich manches in diesem Bereich dann doch besser?

Ist es wie mit einem guten Brandy, einem guten Wein oder ähnlichem? Ob ich nun vielen Bekannten einen 7€ oder 70€ Brandy vor die Nase stellen würde, ist vollkommen egal; sie würden ihn als ekelhafte, viel zu starke Spirituose empfinden, während ich mir mit einem halbwegs guten Tropfen den Gaumen nur so benetze und den Geschmack liebe.

Mögen oder nicht mögen? Spinnen oder nicht spinnen?

Ich denke jedoch, dass die Freundin meiner Mutter ab einem gewissen Punkt nur noch Recht haben wollte. Sie selbst benutzt soweit ich weiß nur Jil Sander Sun. Gar nicht so extrem leise, finde ich. Und gar nicht so extrem gut. Tja..., doch nur unterschiedliche Wahrnehmungen?

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