31.10.2017 - 10:39 Uhr
mado
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„Das ist Ihr Duft, Monsieur!“ (Eine Wiesbadener Geschichte)
Eigentlich bin ich eher der Typ, der Düfte gerne für sich alleine entdecken und testen möchte. Persönliche Beratung brauche ich nicht. Nein, sie ist mir geradezu zuwider. Deswegen setze ich zum Beispiel auch nur äußerst ungern einen Fuß in Parfümerien, in denen man schon am Eingang von schlecht geschminkten, aufdringlichen Verkäuferinnen mit den Worten „Kann ich Ihnen helfen?“ abgefangen wird.
Als es in Wiesbaden die Runde machte, dass die alteingesessene Parfümerie Jeannette in Kürze für immer schließen muss (das Haus wird abgerissen), sprang ich aber doch einmal über meinen Schatten. Man las – unter anderem hier im Parfumo-Forum – und hörte allerlei Gutes über das außergewöhnliche Nischensortiment, die besondere Beratung und die herzliche Art von Inhaberin Gisela Gerhardt. Eine feine, elegante Dame jenseits der 80, die ihr Leben der Welt der Düfte gewidmet hat.
Meine Blicke schweifen beim Betreten des kleinen Ladens in der Ellenbogengasse (witziger Name) über die Regale und Vitrinen, die voll mit Flakons stehen. Es liegt Teppich aus, ein Kronleuchter spendet an diesem grauen Tag Licht. Es fühlt sich mehr wie Wohnzimmer als Verkaufsfläche an. „Bonjour Monsieur, darf ich Ihnen helfen?“ sagt einen feste Stimme und Frau Gerhardt kommt mir entgegen. Sie sieht jünger aus als ich erwartet habe, ist adrett gekleidet, farbenfroh. Ich lächele sie an. Wir reden gut 10 Minuten über das bevorstehende Ende ihres Ladens, ihre Augen – die jetzt ein wenig trauriger wirken – fixieren und mustern mich. Ich merke, wie ihr das Thema zusetzt und versuche, unser Gespräch in Richtung Düfte zu lenken. Da! Ein Duft, den ich kenne. Nein, sogar besitze. „Ah, Dunhill Icon. Schöner Duft, den habe ich auch!“ sage ich und zeige in Richtung des Regals. „Ja, aber den benutzen sie hoffentlich nur auf der Arbeit. Icon können Sie auch noch in 20 Jahren tragen.“ Okay… Das war zumindest mal eine klare Ansage. In der Tat trage ich Icon eher selten. Nur in der Agentur und an besonders wichtigen Tagen. Aber ich spare mir weitere Ausführungen, denn sie fährt fort: „Ich zeige Ihnen ein paar Düfte, die besser zu Ihnen passen.“
Sie greift zielsicher zu fünf Flakons und stellt sie zum Probieren auf den Tresen. Ich versuche, die Düfte zu identifizieren. Immerhin zwei kenne ich vom Namen her: Van Cleef & Arpels „In New York“ und Balmain „Homme“. Sie überlegt kurz, holt dann auch noch „L’Homme Ideal“ von Guerlain. Ich entgegne ihr, dass ich diesen Duft und schon kenne und frage stattdessen nach dem Neuen von Yves Saint Laurent (gemeint ist „Y“). „Der riecht wie 1.000 andere Düfte, habe ich nicht in mein Sortiment aufgenommen.“ Erkenntnis 1: Hier ist jemand am Werk, der sein Sortiment noch selbst und mit Sorgfalt zusammenstellt, das gefällt mir. Erkenntnis 2: Sie ordnet mich eindeutig dem frisch-süßlich-jugendlichen Duftspektrum zu. Auch das sagt mir durchaus zu, auch wenn es bisher nicht meine bevorzugte Richtung war.
Drei Düfte bekomme ich auf die Fingerspitzen gesprüht, zwei aufs Handgelenk. Direkt der erste Duft – Balmain Homme – sorgt bei mir für ein Aha-Effekt. Dezent blumig, leicht süßlich/zuckrig, aber trotzdem nicht klebrig und flach, sondern irgendwie modern, dynamisch und durchaus voluminös. Abgefedert durch einen sanften Anteil Gewürz und helles Holz, der in den nächsten Minuten noch zunehmen wird. Kein akzentuierter Duft, der mit einzelnen Komponenten spielt, sondern ein sich langsam wandelnder Duftteppich. Am ehesten nehme ich noch Veilchen und Zedernholz wahr. Geht tagsüber, kann man aber auch abends in der Bar und im Club ziemlich gut tragen. „Das ist Ihr Duft, Monsieur!“ sagt sie. Und sie hat recht.
Nein, vielleicht wurde hier olfaktorisch das Rad nicht neu erfunden. Vielleicht punktet Balmain Homme auch nicht durch seine besondere Natürlichkeit (Synthetik muss nicht schlecht sein, siehe Comme des Garcons). Und vielleicht gibt es Anleihen von Fahrenheit, Sauvage und Co. – ganz ehrlich: es interessiert mich überhaupt nicht. Balmain Homme ist für sich genommen ein wohlriechender, gut gemachter und runder Duft. Sehe übrigens scheinbar nicht nur ich so, denn für keinen Duft aus meiner Sammlung habe ich bisher mehr Komplimente bekommen.
Danke, Madame Gerhardt. Danke für alles.
Als es in Wiesbaden die Runde machte, dass die alteingesessene Parfümerie Jeannette in Kürze für immer schließen muss (das Haus wird abgerissen), sprang ich aber doch einmal über meinen Schatten. Man las – unter anderem hier im Parfumo-Forum – und hörte allerlei Gutes über das außergewöhnliche Nischensortiment, die besondere Beratung und die herzliche Art von Inhaberin Gisela Gerhardt. Eine feine, elegante Dame jenseits der 80, die ihr Leben der Welt der Düfte gewidmet hat.
Meine Blicke schweifen beim Betreten des kleinen Ladens in der Ellenbogengasse (witziger Name) über die Regale und Vitrinen, die voll mit Flakons stehen. Es liegt Teppich aus, ein Kronleuchter spendet an diesem grauen Tag Licht. Es fühlt sich mehr wie Wohnzimmer als Verkaufsfläche an. „Bonjour Monsieur, darf ich Ihnen helfen?“ sagt einen feste Stimme und Frau Gerhardt kommt mir entgegen. Sie sieht jünger aus als ich erwartet habe, ist adrett gekleidet, farbenfroh. Ich lächele sie an. Wir reden gut 10 Minuten über das bevorstehende Ende ihres Ladens, ihre Augen – die jetzt ein wenig trauriger wirken – fixieren und mustern mich. Ich merke, wie ihr das Thema zusetzt und versuche, unser Gespräch in Richtung Düfte zu lenken. Da! Ein Duft, den ich kenne. Nein, sogar besitze. „Ah, Dunhill Icon. Schöner Duft, den habe ich auch!“ sage ich und zeige in Richtung des Regals. „Ja, aber den benutzen sie hoffentlich nur auf der Arbeit. Icon können Sie auch noch in 20 Jahren tragen.“ Okay… Das war zumindest mal eine klare Ansage. In der Tat trage ich Icon eher selten. Nur in der Agentur und an besonders wichtigen Tagen. Aber ich spare mir weitere Ausführungen, denn sie fährt fort: „Ich zeige Ihnen ein paar Düfte, die besser zu Ihnen passen.“
Sie greift zielsicher zu fünf Flakons und stellt sie zum Probieren auf den Tresen. Ich versuche, die Düfte zu identifizieren. Immerhin zwei kenne ich vom Namen her: Van Cleef & Arpels „In New York“ und Balmain „Homme“. Sie überlegt kurz, holt dann auch noch „L’Homme Ideal“ von Guerlain. Ich entgegne ihr, dass ich diesen Duft und schon kenne und frage stattdessen nach dem Neuen von Yves Saint Laurent (gemeint ist „Y“). „Der riecht wie 1.000 andere Düfte, habe ich nicht in mein Sortiment aufgenommen.“ Erkenntnis 1: Hier ist jemand am Werk, der sein Sortiment noch selbst und mit Sorgfalt zusammenstellt, das gefällt mir. Erkenntnis 2: Sie ordnet mich eindeutig dem frisch-süßlich-jugendlichen Duftspektrum zu. Auch das sagt mir durchaus zu, auch wenn es bisher nicht meine bevorzugte Richtung war.
Drei Düfte bekomme ich auf die Fingerspitzen gesprüht, zwei aufs Handgelenk. Direkt der erste Duft – Balmain Homme – sorgt bei mir für ein Aha-Effekt. Dezent blumig, leicht süßlich/zuckrig, aber trotzdem nicht klebrig und flach, sondern irgendwie modern, dynamisch und durchaus voluminös. Abgefedert durch einen sanften Anteil Gewürz und helles Holz, der in den nächsten Minuten noch zunehmen wird. Kein akzentuierter Duft, der mit einzelnen Komponenten spielt, sondern ein sich langsam wandelnder Duftteppich. Am ehesten nehme ich noch Veilchen und Zedernholz wahr. Geht tagsüber, kann man aber auch abends in der Bar und im Club ziemlich gut tragen. „Das ist Ihr Duft, Monsieur!“ sagt sie. Und sie hat recht.
Nein, vielleicht wurde hier olfaktorisch das Rad nicht neu erfunden. Vielleicht punktet Balmain Homme auch nicht durch seine besondere Natürlichkeit (Synthetik muss nicht schlecht sein, siehe Comme des Garcons). Und vielleicht gibt es Anleihen von Fahrenheit, Sauvage und Co. – ganz ehrlich: es interessiert mich überhaupt nicht. Balmain Homme ist für sich genommen ein wohlriechender, gut gemachter und runder Duft. Sehe übrigens scheinbar nicht nur ich so, denn für keinen Duft aus meiner Sammlung habe ich bisher mehr Komplimente bekommen.
Danke, Madame Gerhardt. Danke für alles.
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