10.12.2024 - 14:51 Uhr

ElAttarine
82 Rezensionen

ElAttarine
Top Rezension
36
Das Narzissenverhängnis
Die Palastwände sind voller erotischer Malereien, schöne Körper in liebevollen Posen und lustvollen Umarmungen. Ein nostalgischer Ort, denn die geschmückten Liebenden sind schon lange nicht mehr hier, und doch ist es, als hängt der Blumenduft der erotischen Vergnügungen wie Narzissen und Orangenblüten noch in den Räumen. Meist aber weht der kühle Wind durch den Palast und bewegt die verbliebenen prächtigen Stoffe, die zahlreichen Vogelkäfige und die Kleider der alten Frau, die sich immer noch um diesen Ort kümmert.
Jetzt aber sind die Nonnen gekommen... Der Palast mit seiner nostalgisch-erotischen Aura und den verführerischen Bildern und der Wind, der zartanimalische Gerüche wie zibetgetränkte körperliche Versprechen hier hochträgt, werden sich der Seelen der Nonnen bemächtigen… Erinnerungen, Vorstellungen und aphrodisierende alte Bilder steigen auf und lassen sich nicht mehr kontrollieren, erst recht nicht, als ein schöner junger Prinz auftaucht, unglaublich süß und noch ganz rein in seinen Absichten, dessen Kleider nach kostbarem rauchigen Sandelholz duften…
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Im großartigen Film „Black Narcissus“ von Michael Powell und Emeric Pressburger aus dem Jahr 1947, der in den Bergen des Himalaya spielt, ist es zum einen der ehemalige Palast mit seiner erotischen Präsenz und zum anderen das Parfüm des jungen Prinzen, die sich in den Gedanken und Gefühlen der Nonnen einnisten und sie dazu bringen, letztlich ihrem Begehren zu erliegen. Der Duft strömt beunruhigend und verführerisch von ihm aus und macht sie unfähig, ihre Gedanken und ihre Wünsche zu kontrollieren.
Ich weiß nicht, ob der Titel des Films tatsächlich auf Carons Duft anspielt, aber es würde gut passen. Irgendwie duftet Narcisse Noir einerseits nach fast kindlich-unschuldigen Blüten und gleichzeitig nach dunklen Einflüssen, lasziven Wünschen und Begehren. Neil Chapman beschreibt es auch als „stygisch“, also als etwas unheimlich, kühl, verhängnisvoll. Und wie gerne würde ich dieses Verhängnis mal an einem Mann riechen…
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Getestet habe ich zwei Versionen: Im 1950er-EdC habe ich am meisten Narzisse. Nach dem Auftakt mit herben Zitrusnoten folgt eine kühl-grüne Mischung aus Narzisse-Orangenblüte-Jasmin, die einen dunklen, schwermütig-lasziven Narzisseneindruck erzeugt. Moschus ist auch recht bald mit dabei. Zibet liefert hier eine leicht säuerliche Spur als Grundierung.
In der späteren Version von Anfang der 1970er/Ende der 1960er ist deutlich zu riechen, dass die Orangenblüte mehr hervorgehoben wird im Vergleich zur 1950er Version. Und es gibt mehr säuerliche Zibetschärfe. Also weniger Narzisse, und trotzdem ist es wunderschön, wie das Blumige gleichzeitig frisch, indolisch und dunkel sein kann. Hier nehme ich auch Mysore-Sandelholz viel deutlicher und rauchig wahr, was mir sehr gefällt. Dieses rauchige Sandelholz duftet für mich nach indischem Räucherwerk und versetzt mich in die Filmhandlung. Das Ganze bleibt eine ganze Weile so, holzrauchig, animalisch, erotisch, einfach toll.
In den 1980ern wurde die Tendenz mit der intensiveren Orangenblüte wohl noch weiter verstärkt, diese Version kenne ich aber noch nicht.
Beide getesteten EdC sind auf jeden Fall deutlich weniger seifig als das auch sehr schöne 1960er EdT, von dem ich eine kleine Menge als Vergleich hatte.
Also: Am meisten Narzisse gibt es beim 1950er EdC, mehr laszive Erotik durch Zibet und Sandelräucherwerk beim EdC der späten 1960er, alle Versionen sind aber auf ihre Weise herzbrecherisch schön.
Ein großer Dank an Trollo für den Deal und dazu die sehr seltene 1950er Version, und an Floyd für die Probe des 1960er EdT!
Michael Powell und Emeric Pressburger: Black Narcissus, mit Deborah Kerr, 1947:
https://www.youtube.com/
watch?v=JWHUvI_Y1ro
Den Hinweis auf den Film verdanke ich Neil Chapman auf The Black Narcissus:
https://theblacknarcissus.com/
2015/05/05/narcisse-noir-by-caron-i9ii/
Jetzt aber sind die Nonnen gekommen... Der Palast mit seiner nostalgisch-erotischen Aura und den verführerischen Bildern und der Wind, der zartanimalische Gerüche wie zibetgetränkte körperliche Versprechen hier hochträgt, werden sich der Seelen der Nonnen bemächtigen… Erinnerungen, Vorstellungen und aphrodisierende alte Bilder steigen auf und lassen sich nicht mehr kontrollieren, erst recht nicht, als ein schöner junger Prinz auftaucht, unglaublich süß und noch ganz rein in seinen Absichten, dessen Kleider nach kostbarem rauchigen Sandelholz duften…
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Im großartigen Film „Black Narcissus“ von Michael Powell und Emeric Pressburger aus dem Jahr 1947, der in den Bergen des Himalaya spielt, ist es zum einen der ehemalige Palast mit seiner erotischen Präsenz und zum anderen das Parfüm des jungen Prinzen, die sich in den Gedanken und Gefühlen der Nonnen einnisten und sie dazu bringen, letztlich ihrem Begehren zu erliegen. Der Duft strömt beunruhigend und verführerisch von ihm aus und macht sie unfähig, ihre Gedanken und ihre Wünsche zu kontrollieren.
Ich weiß nicht, ob der Titel des Films tatsächlich auf Carons Duft anspielt, aber es würde gut passen. Irgendwie duftet Narcisse Noir einerseits nach fast kindlich-unschuldigen Blüten und gleichzeitig nach dunklen Einflüssen, lasziven Wünschen und Begehren. Neil Chapman beschreibt es auch als „stygisch“, also als etwas unheimlich, kühl, verhängnisvoll. Und wie gerne würde ich dieses Verhängnis mal an einem Mann riechen…
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Getestet habe ich zwei Versionen: Im 1950er-EdC habe ich am meisten Narzisse. Nach dem Auftakt mit herben Zitrusnoten folgt eine kühl-grüne Mischung aus Narzisse-Orangenblüte-Jasmin, die einen dunklen, schwermütig-lasziven Narzisseneindruck erzeugt. Moschus ist auch recht bald mit dabei. Zibet liefert hier eine leicht säuerliche Spur als Grundierung.
In der späteren Version von Anfang der 1970er/Ende der 1960er ist deutlich zu riechen, dass die Orangenblüte mehr hervorgehoben wird im Vergleich zur 1950er Version. Und es gibt mehr säuerliche Zibetschärfe. Also weniger Narzisse, und trotzdem ist es wunderschön, wie das Blumige gleichzeitig frisch, indolisch und dunkel sein kann. Hier nehme ich auch Mysore-Sandelholz viel deutlicher und rauchig wahr, was mir sehr gefällt. Dieses rauchige Sandelholz duftet für mich nach indischem Räucherwerk und versetzt mich in die Filmhandlung. Das Ganze bleibt eine ganze Weile so, holzrauchig, animalisch, erotisch, einfach toll.
In den 1980ern wurde die Tendenz mit der intensiveren Orangenblüte wohl noch weiter verstärkt, diese Version kenne ich aber noch nicht.
Beide getesteten EdC sind auf jeden Fall deutlich weniger seifig als das auch sehr schöne 1960er EdT, von dem ich eine kleine Menge als Vergleich hatte.
Also: Am meisten Narzisse gibt es beim 1950er EdC, mehr laszive Erotik durch Zibet und Sandelräucherwerk beim EdC der späten 1960er, alle Versionen sind aber auf ihre Weise herzbrecherisch schön.
Ein großer Dank an Trollo für den Deal und dazu die sehr seltene 1950er Version, und an Floyd für die Probe des 1960er EdT!
Michael Powell und Emeric Pressburger: Black Narcissus, mit Deborah Kerr, 1947:
https://www.youtube.com/
watch?v=JWHUvI_Y1ro
Den Hinweis auf den Film verdanke ich Neil Chapman auf The Black Narcissus:
https://theblacknarcissus.com/
2015/05/05/narcisse-noir-by-caron-i9ii/
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