07.06.2014 - 02:07 Uhr
Naaase
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Naaase
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Der edle Gentleman und der laute Mann
Der edle Gentleman und der laute Mann
"Monsieur (m??sjø), abgekürzt M. (mit Punkt), ist eine französische Anredeform und bedeutet Herr." Soviel verrät uns Wikipedia zu diesem Thema. Bis zur Lancierung von "Antaeus" im Jahre 1981 hatte das Haus Chanel nur einen einzigen Duft für den Herrn im Programm. Und das war just "Pour Monsieur" aus dem Jahre 1955. Ein Duft, den Coco Chanel selbst noch mitentwickelt hatte. Und zwar gemeinsam mit dem großen Parfumeur Henri Robert. So wie (fast) jedes Parfum war (und ist) "Pour Monsieur" ein "Kind seiner Zeit": Die Nachkriegsjahre waren doch eher von einer konservativen Grundstimmung geprägt. Die schrecklichen Wirrungen des Zweiten Weltkrieges waren noch deutlich spürbar. Die sexuelle Revolution der 70er Jahre und erst recht die bunten 80er Jahre in weiter Ferne. Die Menschen träumten nach all' dem Schrecken und dem Grauen, das die erst etwa ein Jahrzehnt zurückliegenden kriegerischen Auseinandersetzungen mit sich gebracht hatten, langsam wieder von den schönen Dingen des Lebens: So etwa einem eigenen Auto, aber nicht zuletzt auch von der "Welt der Schönen und der Reichen", die sie insbesondere an der südfranzösischen Côte d'Azur vermuteten. Gerade dieser Luxus, der dort (vermeintlich) zelebriert wurde, stellte für viele Menschen in der damaligen Zeit das Objekt ihrer Träume und ihrer Begierde dar. Der Traum von einem unbeschwerten Leben an einer landschaftlich traumhaft gelegenen Küste unter Palmen. Doch trotz dieser (berechtigten) Wünsche ziemte es sich für den gepflegten Herrn in diesen Jahren nicht, sich bunt und auffällig zu kleiden. Gleiches galt für seinen Geruch. Zweifellos war es angebracht, sein Gesicht tadellos rasiert oder mit einem gepflegten Bart zu präsentieren. Zu diesem Zweck durfte zweifellos auch ein edles Rasierwasser oder gar ein Eau de Toilette benutzt werden. Aber: Doch bitte sehr männlich. Und "männlich" bedeutete in diesen noch recht konservativen Jahren eher "dezent".
Just an dieser Stelle setzten Coco Chanel und Henri Robert bei der Erschaffung von "Pour Monsieur" im Jahre 1955 an. Selbst heute heißt es in der Werbeankündigung für diesen Duft noch: "Ein holzig-aromatischer und frischer Duft von dezent-subtiler Raffinesse. Ganz in der Tradition maskuliner Eleganz, unterstrichen von außergewöhnlichen und modernen Akkorden." Und so verhält es sich auch: Den gepflegten -womöglich gerade frisch rasierten- Herrn erwartet ein zitrisch- erfrischender Auftakt: Zitrone und Orange erwarten uns sogleich in der Kopfnote und mit einem Schuss Eisenkraut liefern uns diese Zutaten bereits zu Beginn des Duftverlaufs eine gehörige Portion "Südfrankreich": Vor unserem geistigen Auge sehen wir das strahlend tief-blaue Wasser des Mittelmeeres unter einem nicht minder blauen wolkenlosen Sommerhimmel. Auf den tanzenden Wellen des kühlenden Nass lauern stattliche Segelyachten und flotte Motorboote, die ebenso einladend wie herausfordernd herüberblicken. Man spürt ein kleines Schlückchen edelsten Champagner auf den ausgetrockneten Lippen und eine salzige Auster gleich dazu. Im weiteren Verlauf wird es würziger, obgleich die anfängliche (erfrischend-) fruchtige Note erhalten bleibt: Würziger Kardamom und Koriander sowie mediterranes Basilikum treten hinzu und geben diesem erfrischend-zitrischen Auftakt eine männliche Würze. Doch tritt nun der Duft in den Hintergrund. Er wird sehr hautnah. Keinen Mitmenschen wird je die Projektion von "Pour Monsieur" belästigen. Allenfalls sein Träger selbst wird -hier und da- mal bei einer raschen Bewegung einen leicht zitrisch-würzigen Hauch verspüren. Das ist die noble olfaktorische Zurückhaltung eines wahren Gentleman. Er schreit nicht laut "Mein Haus, mein Auto, mein Parfum". Nein, er ist zurückhaltend und charmant. So zurückhaltend, dass selbst der Träger selbst meint, "Pour Monsieur" habe sich inzwischen "verduftet". Doch abends, bei einem verliebten Rendezvous blühen edle Hölzer und männliches Eichenmoos unvermittelt wieder auf und verleihen dem "Monsieur" eine männlich-verführerische Aura. Ein Meisterwerk.
Doch hier soll es eigentlich nicht um das im Jahre 1955 kreierte "Pour Monsieur", sondern um seinen Bruder "Pour Monsieur Concentreé" gehen, der 1989 "als Sohn" des (ebenfalls genialen) Jaques Polge das Licht der Welt erblickte. Doch -so meine ich- man kann unseren heutigen Kandidaten "Pour Monsieur Concentreé" nur würdigen, wenn man ihn gemeinsam mit "Pour Monsieur" aus dem Jahre 1955 sieht. Denn: Bereits der Flakon des 1989 erschienenen Duftes verrät die gemeinsame Abstammung: Schlicht und schnörkellos. Der Linie Chanel verpflichtet. Ein erster Sprühstoß verheißt zwar auch fruchtige Aromen. Doch, die zitrische Erfrischung, an der wir uns noch bei "Pour Monsieur" so erfreuten, unterbleibt. Es ist zwar eine schöne und saftige Mandarine. Jedoch ist sie reif und fruchtig. Nur wenig Säure dringt zu uns vor. Dafür eine schöne Südfranzösische Würze, die von Lavendel herrührt. Zwar schön gemacht, aber wo sind meine tanzenden Wellen des tiefblauen Mittelmeeres ? Wo die flotten Yachten und die stolzen Segelboote ? Dafür bleibt der Duft deutlich wahrnehmbar. Und er wird auch würzig: Eine gehörige Portion Kardamom und Muskat schlägt mir ins Gesicht. Nicht der zurückhaltende Gentleman im gut sitzenden Anzug aus den 50er Jahren. Nein, wir haben es hier mit einem nicht gerade zurückhaltenden Burschen aus den lauten und bunten "Eighties" zu tun. Männlich markant allemal. Aber auch etwas laut und aufdringlich. Und unser Bursche hat auch noch ein paar Härchen auf der Brust: Männlich-würziges Eichenmoos und erdiges Vétiver kommen zum Vorschein. Gut gemacht, aber jedenfalls nicht zurückhaltend-dezent. Nach einigen Stunden klingt dieser Duft dann leicht süß-vanillig aus.
Mein Fazit:
Um nicht falsch verstanden zu werden: "Pour Monsieur Concentreé" aus dem Jahre 1989 ist ein gut gemachter Duft. Aber gleichzeitig auch ein "Kind seiner Zeit". Einer Zeit, in der eine charmante Zurückhaltung im Sinne eines vollendeten Gentleman's nicht gerade angesagt war. Und - just an dieser Stelle setzt "Pour Monsieur" aus dem Jahre 1955 (und damit auch ein "Kind seiner Zeit") auf geradezu perfekte Art und Weise an: Er ist nach meiner Meinung (vielleicht neben "Habit Rouge" EdT von Guerlain und dem ursprünglichen "Eau Sauvage" von Christian Dior) der perfekte "Duft für den Gentleman". Und sein Bruder ? "Pour Monsieur Concentreé" ? Der ist eher ein (gut gemachter) "Duft für den Mann". Es ist nicht leicht, der (jüngere) Bruder eines ebenso perfekten wie zeitlosen Meisterwerkes zu sein.
"Monsieur (m??sjø), abgekürzt M. (mit Punkt), ist eine französische Anredeform und bedeutet Herr." Soviel verrät uns Wikipedia zu diesem Thema. Bis zur Lancierung von "Antaeus" im Jahre 1981 hatte das Haus Chanel nur einen einzigen Duft für den Herrn im Programm. Und das war just "Pour Monsieur" aus dem Jahre 1955. Ein Duft, den Coco Chanel selbst noch mitentwickelt hatte. Und zwar gemeinsam mit dem großen Parfumeur Henri Robert. So wie (fast) jedes Parfum war (und ist) "Pour Monsieur" ein "Kind seiner Zeit": Die Nachkriegsjahre waren doch eher von einer konservativen Grundstimmung geprägt. Die schrecklichen Wirrungen des Zweiten Weltkrieges waren noch deutlich spürbar. Die sexuelle Revolution der 70er Jahre und erst recht die bunten 80er Jahre in weiter Ferne. Die Menschen träumten nach all' dem Schrecken und dem Grauen, das die erst etwa ein Jahrzehnt zurückliegenden kriegerischen Auseinandersetzungen mit sich gebracht hatten, langsam wieder von den schönen Dingen des Lebens: So etwa einem eigenen Auto, aber nicht zuletzt auch von der "Welt der Schönen und der Reichen", die sie insbesondere an der südfranzösischen Côte d'Azur vermuteten. Gerade dieser Luxus, der dort (vermeintlich) zelebriert wurde, stellte für viele Menschen in der damaligen Zeit das Objekt ihrer Träume und ihrer Begierde dar. Der Traum von einem unbeschwerten Leben an einer landschaftlich traumhaft gelegenen Küste unter Palmen. Doch trotz dieser (berechtigten) Wünsche ziemte es sich für den gepflegten Herrn in diesen Jahren nicht, sich bunt und auffällig zu kleiden. Gleiches galt für seinen Geruch. Zweifellos war es angebracht, sein Gesicht tadellos rasiert oder mit einem gepflegten Bart zu präsentieren. Zu diesem Zweck durfte zweifellos auch ein edles Rasierwasser oder gar ein Eau de Toilette benutzt werden. Aber: Doch bitte sehr männlich. Und "männlich" bedeutete in diesen noch recht konservativen Jahren eher "dezent".
Just an dieser Stelle setzten Coco Chanel und Henri Robert bei der Erschaffung von "Pour Monsieur" im Jahre 1955 an. Selbst heute heißt es in der Werbeankündigung für diesen Duft noch: "Ein holzig-aromatischer und frischer Duft von dezent-subtiler Raffinesse. Ganz in der Tradition maskuliner Eleganz, unterstrichen von außergewöhnlichen und modernen Akkorden." Und so verhält es sich auch: Den gepflegten -womöglich gerade frisch rasierten- Herrn erwartet ein zitrisch- erfrischender Auftakt: Zitrone und Orange erwarten uns sogleich in der Kopfnote und mit einem Schuss Eisenkraut liefern uns diese Zutaten bereits zu Beginn des Duftverlaufs eine gehörige Portion "Südfrankreich": Vor unserem geistigen Auge sehen wir das strahlend tief-blaue Wasser des Mittelmeeres unter einem nicht minder blauen wolkenlosen Sommerhimmel. Auf den tanzenden Wellen des kühlenden Nass lauern stattliche Segelyachten und flotte Motorboote, die ebenso einladend wie herausfordernd herüberblicken. Man spürt ein kleines Schlückchen edelsten Champagner auf den ausgetrockneten Lippen und eine salzige Auster gleich dazu. Im weiteren Verlauf wird es würziger, obgleich die anfängliche (erfrischend-) fruchtige Note erhalten bleibt: Würziger Kardamom und Koriander sowie mediterranes Basilikum treten hinzu und geben diesem erfrischend-zitrischen Auftakt eine männliche Würze. Doch tritt nun der Duft in den Hintergrund. Er wird sehr hautnah. Keinen Mitmenschen wird je die Projektion von "Pour Monsieur" belästigen. Allenfalls sein Träger selbst wird -hier und da- mal bei einer raschen Bewegung einen leicht zitrisch-würzigen Hauch verspüren. Das ist die noble olfaktorische Zurückhaltung eines wahren Gentleman. Er schreit nicht laut "Mein Haus, mein Auto, mein Parfum". Nein, er ist zurückhaltend und charmant. So zurückhaltend, dass selbst der Träger selbst meint, "Pour Monsieur" habe sich inzwischen "verduftet". Doch abends, bei einem verliebten Rendezvous blühen edle Hölzer und männliches Eichenmoos unvermittelt wieder auf und verleihen dem "Monsieur" eine männlich-verführerische Aura. Ein Meisterwerk.
Doch hier soll es eigentlich nicht um das im Jahre 1955 kreierte "Pour Monsieur", sondern um seinen Bruder "Pour Monsieur Concentreé" gehen, der 1989 "als Sohn" des (ebenfalls genialen) Jaques Polge das Licht der Welt erblickte. Doch -so meine ich- man kann unseren heutigen Kandidaten "Pour Monsieur Concentreé" nur würdigen, wenn man ihn gemeinsam mit "Pour Monsieur" aus dem Jahre 1955 sieht. Denn: Bereits der Flakon des 1989 erschienenen Duftes verrät die gemeinsame Abstammung: Schlicht und schnörkellos. Der Linie Chanel verpflichtet. Ein erster Sprühstoß verheißt zwar auch fruchtige Aromen. Doch, die zitrische Erfrischung, an der wir uns noch bei "Pour Monsieur" so erfreuten, unterbleibt. Es ist zwar eine schöne und saftige Mandarine. Jedoch ist sie reif und fruchtig. Nur wenig Säure dringt zu uns vor. Dafür eine schöne Südfranzösische Würze, die von Lavendel herrührt. Zwar schön gemacht, aber wo sind meine tanzenden Wellen des tiefblauen Mittelmeeres ? Wo die flotten Yachten und die stolzen Segelboote ? Dafür bleibt der Duft deutlich wahrnehmbar. Und er wird auch würzig: Eine gehörige Portion Kardamom und Muskat schlägt mir ins Gesicht. Nicht der zurückhaltende Gentleman im gut sitzenden Anzug aus den 50er Jahren. Nein, wir haben es hier mit einem nicht gerade zurückhaltenden Burschen aus den lauten und bunten "Eighties" zu tun. Männlich markant allemal. Aber auch etwas laut und aufdringlich. Und unser Bursche hat auch noch ein paar Härchen auf der Brust: Männlich-würziges Eichenmoos und erdiges Vétiver kommen zum Vorschein. Gut gemacht, aber jedenfalls nicht zurückhaltend-dezent. Nach einigen Stunden klingt dieser Duft dann leicht süß-vanillig aus.
Mein Fazit:
Um nicht falsch verstanden zu werden: "Pour Monsieur Concentreé" aus dem Jahre 1989 ist ein gut gemachter Duft. Aber gleichzeitig auch ein "Kind seiner Zeit". Einer Zeit, in der eine charmante Zurückhaltung im Sinne eines vollendeten Gentleman's nicht gerade angesagt war. Und - just an dieser Stelle setzt "Pour Monsieur" aus dem Jahre 1955 (und damit auch ein "Kind seiner Zeit") auf geradezu perfekte Art und Weise an: Er ist nach meiner Meinung (vielleicht neben "Habit Rouge" EdT von Guerlain und dem ursprünglichen "Eau Sauvage" von Christian Dior) der perfekte "Duft für den Gentleman". Und sein Bruder ? "Pour Monsieur Concentreé" ? Der ist eher ein (gut gemachter) "Duft für den Mann". Es ist nicht leicht, der (jüngere) Bruder eines ebenso perfekten wie zeitlosen Meisterwerkes zu sein.
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