27.04.2019 - 09:58 Uhr
FvSpee
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FvSpee
Top Rezension
30
Bescheidenheit ist eine Zier...
Eine Probe dieses ungewöhnlichen Duftes ist im Rahmen eines überaus großzügigen Duft-Care-Pakets von Puderduft18 bei mir gelandet, wofür ihr herzlicher Dank gebührt.
Da dieses Duftwasser keine Farbe hat und naturgemäß auch kein Flakon vorhanden war, fiel mir zuerst einmal der Name auf: "Cuir Celeste" (Himmels-Leder) von "Ex nihilo" ("Aus dem nichts"; hier klingt die Konzeption der "creatio ex nihilo", der "Schöpfung aus dem Nichts" an, wobei die Leute, die sich den Namen ausgedacht haben, vermutlich nicht in Theologie promoviert haben). Ok, das gibt also schon mal die Richtung vor: Hier sind Götter und Unsterbliche am Werk, und jedenfalls gilt der Grundsatz "Klotzen, nicht Kleckern".
Ein Blick auf die Homepage der Firma bestätigt den Eindruck: Der Name "Ex nihilo" sei bewusst gewählt, erfahren wir da, weil man, so sinngemäß, ein Duftuniversum habe erschaffen wollen, das mit allen bisher existierenden Duftkonventionen und -traditionen bricht. Also ein Ausklinken aus der Duftgeschichte, eine totale Ruptur, etwas voraussetzungslos Neues. Außerdem habe man radikal davon abgesehen, sich um Preise auch nur einen Pfifferling zu scheren, Rohstoffe, die man habe verwenden wollen, habe man eben gekauft, scheiß doch drauf, und die Mehrkosten kompromisslos auf die Kunden abgewälzt, sollen sie es kaufen oder nicht, deren Problem. (Kosten von 500 Euro für 100 ml werden daher gerne aufgerufen, "Cuir Celeste" gehört vergleichsweise zur Billigware, da ist man mit 260 dabei). Man betrachte sich, (Achtung, jetzt wörtlich!) als "Alternative zu stereotypen Luxusprodukten und zu Massen-Personalisierung". Man muss also nicht zwingend Berliner sein, um brutalstmöglich großkotzig, was sag ich, brutalstmöglichst größtkotzigst, aufzutreten, das ist doch auch irgendwie beruhigend. Das Schöpfertrio (bei so viel Latte Macchiato aus dem Café Größewahn wahrscheinlich kein Zufall, sondern eine bewusste Anspielung an die Heilige Dreifaltigkeit) aus zwei Franzosen und einer Amerikanerin präsentiert sich denn auch außerordentlich, mit fletschendem Grinsen und die Luxusuhr am Handgelenk überdeutlich ins Licht der Kamera gerückt. Überflüssig zu erwähnen, dass die (seit etwa 6 Jahren existierende) Marke auch ein "Manifest" hat. Ich bitt Sie, das hat heutzutage doch jeder Schuppen, der irgendwas auf sich hält. Weltgeschichtlich ist "Ex nihilo" allemal bedeutender als z.B. der Kommunismus. Vereinzelte, ja verlorene Elemente der Bescheidenheit wie der schlicht-schöne Flakon wirken da fast schon als als besondere, noch oben aufgesetzte Provokation.
Da ist man vom Duft dann positiv überrascht: Never judge a book by the cover! Wie schon verbeene in ihrem absolut treffenden Statement vermerkt hat, begegnet hier tatsächlich ein extrem moderner und innovativer (jedoch nicht allzu "synthetischer", außer vielleicht in der ersten knappen Stunde) Duft, sehr gekonnt austariert, sehr fein, sehr edel. Leder kann ich überhaupt nicht spüren (es ist in der Duftpyramide auch nicht verzeichnet, zu dem Namen wird auf der Interetseite irgendwas rumgeschwurbelt, was mit einer Bomberjacke zu tun hat, ich hab das nicht verstanden, war mir auch egal), und überhaupt fällt es mir schwer, einzelne Duftnoten auszumachen. Am ehesten (!) würde ich den Duft als "floral" bezeichnen, aber in einer sehr transparenten, lichten, Weise. Dazu kommen ganz, ganz leichte grün-vegetabile und vielleicht auch animalische Anklänge, gerade genug, um das Ding auf eine diffuse Weise "lebend" erscheinen zu lassen. Moschus und Patschuli in der Basisnote laut Pyramide sollten nicht in die Irre führen, hier taucht keine typische Sauber-Cremigkeit auf (oder gerade nur so viel, dass der Duft sozusagen optimal an den Hautgeruch andockt) und erst wird nicht in Patschuli-Seligkeit geschwelgt, allenfalls ist da eine homöopathische Dosis, die sich in einer ganz luftigen würzigen Süße niederschlägt.
Farblich ist mein Dufteindruck licht und transparent, vielleicht mit einem Twist mal ins Grüne, mal ins Violette. Haptisch weich und lind, aber dünn und luftig erneut, dünne Viskose womöglich in einem Frühlingswind, der gerade so kühl ist, um eben so ein bisschen kühlend zu wirken. Unbedingt unisex, definitiv jung. Zu tragen bei jeder Gelegenheit, bevorzugt vielleicht bei urbanen Freizeitvergnügungen, etwa im Museumscafé oder beim Flanieren am Ufer der Donau oder des Dnipro. Haltbarkeit und Sillage sind modest, was aber nicht heißt, dass man hier ein "gewisses Nichts" vor sich hätte, spürbar ist der Duft schon, und ein paar Stunden halten tut er auch. Man sieht: ich mag den Duft so sehr, dass er sogar den unsäglichen Auftritt überlebt. Ob er seinen Preis wert ist, ist freilich eine andere Frage. Auf die Wunschliste kommt er jedenfalls nicht bei mir; für einen viertel Tausender gefällt er mir dann doch nicht gut genug.
Nachzutragen ist, dass dieses Label über ein ansehnliches Sortiment interessant klingender Parfüms verfügt und dennoch hier bei Parfumo kaum besprochen wird. Möglicherweise liegt dies auch daran, dass dies hier - trotz des Ablegers parfumo.com - eine weitgehend deutschsprachige Angelegenheit ist; der germanophone Teil der Welt wird allerdings von Sylvie, Olivier und Benoit für anscheinend zu bill- und prollig gehalten, um ihn mit diesem himmlischen Nektar zu beglücken: In Deutschland und Österreich gibt es keine "Stores" und in der Schweiz nur in Lausanne und Genf. Dafür neun in Moskau.
Da dieses Duftwasser keine Farbe hat und naturgemäß auch kein Flakon vorhanden war, fiel mir zuerst einmal der Name auf: "Cuir Celeste" (Himmels-Leder) von "Ex nihilo" ("Aus dem nichts"; hier klingt die Konzeption der "creatio ex nihilo", der "Schöpfung aus dem Nichts" an, wobei die Leute, die sich den Namen ausgedacht haben, vermutlich nicht in Theologie promoviert haben). Ok, das gibt also schon mal die Richtung vor: Hier sind Götter und Unsterbliche am Werk, und jedenfalls gilt der Grundsatz "Klotzen, nicht Kleckern".
Ein Blick auf die Homepage der Firma bestätigt den Eindruck: Der Name "Ex nihilo" sei bewusst gewählt, erfahren wir da, weil man, so sinngemäß, ein Duftuniversum habe erschaffen wollen, das mit allen bisher existierenden Duftkonventionen und -traditionen bricht. Also ein Ausklinken aus der Duftgeschichte, eine totale Ruptur, etwas voraussetzungslos Neues. Außerdem habe man radikal davon abgesehen, sich um Preise auch nur einen Pfifferling zu scheren, Rohstoffe, die man habe verwenden wollen, habe man eben gekauft, scheiß doch drauf, und die Mehrkosten kompromisslos auf die Kunden abgewälzt, sollen sie es kaufen oder nicht, deren Problem. (Kosten von 500 Euro für 100 ml werden daher gerne aufgerufen, "Cuir Celeste" gehört vergleichsweise zur Billigware, da ist man mit 260 dabei). Man betrachte sich, (Achtung, jetzt wörtlich!) als "Alternative zu stereotypen Luxusprodukten und zu Massen-Personalisierung". Man muss also nicht zwingend Berliner sein, um brutalstmöglich großkotzig, was sag ich, brutalstmöglichst größtkotzigst, aufzutreten, das ist doch auch irgendwie beruhigend. Das Schöpfertrio (bei so viel Latte Macchiato aus dem Café Größewahn wahrscheinlich kein Zufall, sondern eine bewusste Anspielung an die Heilige Dreifaltigkeit) aus zwei Franzosen und einer Amerikanerin präsentiert sich denn auch außerordentlich, mit fletschendem Grinsen und die Luxusuhr am Handgelenk überdeutlich ins Licht der Kamera gerückt. Überflüssig zu erwähnen, dass die (seit etwa 6 Jahren existierende) Marke auch ein "Manifest" hat. Ich bitt Sie, das hat heutzutage doch jeder Schuppen, der irgendwas auf sich hält. Weltgeschichtlich ist "Ex nihilo" allemal bedeutender als z.B. der Kommunismus. Vereinzelte, ja verlorene Elemente der Bescheidenheit wie der schlicht-schöne Flakon wirken da fast schon als als besondere, noch oben aufgesetzte Provokation.
Da ist man vom Duft dann positiv überrascht: Never judge a book by the cover! Wie schon verbeene in ihrem absolut treffenden Statement vermerkt hat, begegnet hier tatsächlich ein extrem moderner und innovativer (jedoch nicht allzu "synthetischer", außer vielleicht in der ersten knappen Stunde) Duft, sehr gekonnt austariert, sehr fein, sehr edel. Leder kann ich überhaupt nicht spüren (es ist in der Duftpyramide auch nicht verzeichnet, zu dem Namen wird auf der Interetseite irgendwas rumgeschwurbelt, was mit einer Bomberjacke zu tun hat, ich hab das nicht verstanden, war mir auch egal), und überhaupt fällt es mir schwer, einzelne Duftnoten auszumachen. Am ehesten (!) würde ich den Duft als "floral" bezeichnen, aber in einer sehr transparenten, lichten, Weise. Dazu kommen ganz, ganz leichte grün-vegetabile und vielleicht auch animalische Anklänge, gerade genug, um das Ding auf eine diffuse Weise "lebend" erscheinen zu lassen. Moschus und Patschuli in der Basisnote laut Pyramide sollten nicht in die Irre führen, hier taucht keine typische Sauber-Cremigkeit auf (oder gerade nur so viel, dass der Duft sozusagen optimal an den Hautgeruch andockt) und erst wird nicht in Patschuli-Seligkeit geschwelgt, allenfalls ist da eine homöopathische Dosis, die sich in einer ganz luftigen würzigen Süße niederschlägt.
Farblich ist mein Dufteindruck licht und transparent, vielleicht mit einem Twist mal ins Grüne, mal ins Violette. Haptisch weich und lind, aber dünn und luftig erneut, dünne Viskose womöglich in einem Frühlingswind, der gerade so kühl ist, um eben so ein bisschen kühlend zu wirken. Unbedingt unisex, definitiv jung. Zu tragen bei jeder Gelegenheit, bevorzugt vielleicht bei urbanen Freizeitvergnügungen, etwa im Museumscafé oder beim Flanieren am Ufer der Donau oder des Dnipro. Haltbarkeit und Sillage sind modest, was aber nicht heißt, dass man hier ein "gewisses Nichts" vor sich hätte, spürbar ist der Duft schon, und ein paar Stunden halten tut er auch. Man sieht: ich mag den Duft so sehr, dass er sogar den unsäglichen Auftritt überlebt. Ob er seinen Preis wert ist, ist freilich eine andere Frage. Auf die Wunschliste kommt er jedenfalls nicht bei mir; für einen viertel Tausender gefällt er mir dann doch nicht gut genug.
Nachzutragen ist, dass dieses Label über ein ansehnliches Sortiment interessant klingender Parfüms verfügt und dennoch hier bei Parfumo kaum besprochen wird. Möglicherweise liegt dies auch daran, dass dies hier - trotz des Ablegers parfumo.com - eine weitgehend deutschsprachige Angelegenheit ist; der germanophone Teil der Welt wird allerdings von Sylvie, Olivier und Benoit für anscheinend zu bill- und prollig gehalten, um ihn mit diesem himmlischen Nektar zu beglücken: In Deutschland und Österreich gibt es keine "Stores" und in der Schweiz nur in Lausanne und Genf. Dafür neun in Moskau.
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